Meck | Vertrauen ist besser | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Meck Vertrauen ist besser

Ortwin Goldbeck - eine Unternehmerbiografie

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-451-82562-0
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ortwin Goldbeck hat mit GOLDBECK seit der Gründung 1969 in Bielefeld eines der führenden Unternehmen der Baubranche aufgebaut – mit heute rund 8000 Mitarbeitenden an über 70 Standorten in Europa. Der Erfolg gründet dabei nicht nur auf seiner Idee des systematisierten Bauens und seinem Innovationswillen: Früher als andere erkennt Goldbeck, dass Vertrauen das zentrale Element ist, um Mitarbeitende zu Höchstleistungen anzuspornen. Georg Meck erzählt die
Aufstiegsgeschichte eines deutschen Vorzeigeunternehmers und damit ein wichtiges Stück bundesrepublikanischer Wirtschaftsgeschichte.
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Europas Gigant am Bau
Frankfurt, im Juli 2021. Die Goldbecks haben zum Sommerfest geladen in ihr neues Domizil am Flughafen. Gateway ­Gardens heißt das noch unfertige Büroviertel, unweit von Terminal 2 gelegen. Über den Köpfen der Festgesellschaft tönen die Luft­hansa-­Flieger im Landeanflug. 40 Jahre ist die Baufirma Goldbeck nun im Rhein-Main-Gebiet, neuerdings in dieser schicken Niederlassung, einer von 90 in Europa, wo sie zeigen, dass sie mehr können als Fabrikhallen, Parkhäuser und Bürogebäude, das Geschäft, in dem sie über die Jahrzehnte so groß geworden sind, dass sie sich mit vollem Recht als das größte Bauunternehmen der Republik in Familienhand bezeichnen können. Im Jahr 2019 haben die Goldbecks das runde 50-Jahres-­Jubiläum gefeiert, nun folgt die verspätete Einweihung der Frankfurter Dependance. Covid-19 hat die ursprünglich für 2020 geplante Feier vereitelt, jetzt, ein Jahr danach trauen sie sich, mit dem Abklingen der dritten Coronawelle und Hygienekonzept, zu erkennen am weißen Testzelt am Eingang. Statt ermüdend gediegener Reden, gibt es eine Art Talkshow: Vater und Sohn Goldbeck stehen schäkernd auf der Bühne, gewähren Einblick in diese außergewöhnliche Unternehmerfamilie, von der als Erstes zu nennen wäre: Vater Ortwin Goldbeck, der Unternehmensgründer und einzig lebende Ehrenbürger Bielefelds, ein Mann ohne Furcht und Tadel: »Angst darf man als Unternehmer nicht haben«, sagt er: »Ich war überzeugt von meinen Ideen.« An seiner Seite die drei Söhne, und vor allem deren Mutter, seine Frau Hildegard, eine »sehr risikoaverse« Lehrerin, deren Gehalt einst den Start erst ermöglicht hat für einen Handwerksbetrieb »ohne nennenswertes Eigenkapital«, wie der jüngste Sohn Jan-Hendrik Goldbeck sagt: »Ohne sie wären wir heute nicht hier.« Um eine 300 000-D-Mark Bürgschaft ging es damals, viel Geld für eine Volksschullehrerin. »Wir waren jung und verliebt, da denkt man über die Folgen nicht nach«, sagt Ortwin Goldbeck, 1939 geboren, ein Mann jenseits der 80 also, mit freundlichem Lachen und ungebrochen frohgemutem Blick. Ob dieses »open space«, von dem die Jungen neuerdings immer reden, frotzelt er, so etwas Ähnliches sei wie das Großraumbüro zu seiner Anfangszeit: »Wir hatten das in den 70er Jahren«. In dem neckischen Ton geht es hin und her, unterlegt von der Grundmelodie des Seniors: »Vertrauen und Verantwortung« – diese beiden Worte sind es, mit denen er seine Werte und damit Kultur wie Erfolg seines Unternehmens erklärt. Allein die Niederlassung Frankfurt am Main hat in den letzten 15 Jahren den Umsatz fast verzehnfacht, davon wagen die vor sich hin schrumpfenden Großbanken in der City der Finanzmetropole nicht mal zu träumen. »Vertrauen vor Kontrolle«, das ist das Motto, das ins Gegenteil verkehrte Lenin-Zitat (»Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser«). Diese Devise steht über allem, danach hat Ortwin Goldbeck seine Firma geführt und groß gemacht, den Ausfluss findet dies in einer Beteiligung der Mitarbeitenden am Kapital, wie er auf dem Sommerfest erklärt. »Unser Produkt ist das fertige Gebäude«, sagt Jan-Hendrik, als wüsste einer der Anwesenden nicht, mit wem sie es hier zu tun hätten: Das Familienunternehmen Goldbeck konzipiert, baut und betreibt Immobilien, vorrangig zum gewerblichen Nutzen, an 90 Standorten in Europa: Lager- und Produktionshallen, Büros, Parkhäuser, Schulen, seit ein paar Jahren auch Wohnungen. Die Firma beschäftigt 8500 Mitarbeitende und erzielte im Geschäftsjahr 2020/21 einen Umsatz von mehr als vier Milliarden Euro. Verluste gab es in dem halben Jahrhundert Firmenhistorie noch nie, allenfalls Jahre mit sehr kleiner Gewinnmarge. Begonnen hat das alles mit diesem Ortwin Goldbeck, einem gelernten Schlosser und studierten Stahlbau-Ingenieur, der da in blauem Anzug und Krawatte auf der Bühne des Sommerfestes steht. Im Jahr 1969 hat er die Goldbeck Stahlbau KG gegründet, mit sieben Mann zu Anfang und dem Konstruktionsbüro im Kinderzimmer, ein Start-up als eine Art Ausgründung aus der Schlosserei der Familie. Die Vorfahren hatten einst als Schmiede Pferde beschlagen, heute verarbeiten die Goldbeck-Werke Zehntausende Tonnen Stahl und Hunderttausende Kubikmeter Beton im Jahr. Gigantische Zahlen. Und eine gigantische Erfolgsgeschichte, wie der Chef der Deutschen Bank, Christian Sewing, in seiner spontanen Lobrede auf dem Sommerfest sagt. Sewing, Ostwestfale wie die Goldbecks, ist mit der Familie gut bekannt, mit den Söhnen befreundet, wenngleich er nicht aus Bielefeld stammt, sondern aus der Nachbarstadt Bünde: »Auf den Unterschied lege ich Wert«. Gelernt hat er, der Vorstandsvorsitzende der einzigen globalen deutschen Bank, einst in der Filiale Bielefeld. Und was war der erste Kreditbericht, den er dort als Azubi für die Deutsche Bank schreiben musste? Richtig. Es ging um jene Goldbecks, damals in den 1990er Jahren, »schon ein gutes Unternehmen«. Aber in einer schwierigen Branche, dem Bau, der in jenen Jahren stark schrumpfte, weshalb die Banken ihr Engagement in der Bauindustrie stark zurückgefahren haben. Heute bewegen sich die Goldbecks in einer anderen Dimension. Mit klassischem Bau, dem kleinteiligen Handwerk gar, hat das nichts mehr zu tun. Sie schichten nicht Stein auf Stein, Goldbeck hat vielmehr das Bauen nach Lego-Art perfektioniert. Industriell vorgefertigte Elemente aus der eigenen Fertigung werden dabei auf der Baustelle montiert. Das sieht simpler aus, als es ist, und geht jedenfalls schnell. Vorbereitung ist Trumpf. Auf den Baustellen ist alles kühl geplant, Improvisation ist unerwünscht. Denn: Improvisation ist teuer. Und es wird immer noch zu viel improvisiert auf den Baustellen. Zu viele zelebrieren auf dem Bau noch das Motto: »Was nicht passt, wird passend gemacht.« Ein Horror für die Goldbecks. Klarer Plan, straffe Termine, automatisierte Abläufe. Das ist es, was bei ihnen zählt. Eine zusätzliche Tür, ein breiteres Fenster – die organisatorischen Kosten sind beachtlich, verglichen mit den vorher geplanten Ansätzen. »Ein Auftrag mit reibungslosem Verlauf und möglichst wenigen Nachträgen ist für uns besser«, so Jan-­Hendrik Goldbeck. »Bauen mit System« nennen das die Ostwestfalen. Abgeschaut haben sie das Prinzip von Henry Ford, dem Autopionier in Amerika: Gebäude als industrielle Ware vom Band hinzustellen, das war die Idee. Und so sieht das Ergebnis auch aus: Die Goldbecks sind nicht die Partner für amorphen architektonischen Dekonstruktivismus, sie entwerfen nicht die Villa samt Park, sondern die Fabrik des Villeneigners, seinen Laden, ganze Konzernzentralen (wie von Vonovia in Bochum oder RWE in Essen), gerne auch die Schulturnhalle, wo der Junior Fußball spielt. Und alles immer in Rekordzeit, versteht sich. Die Funktion, das perfekte Detail und die schnelle Realisierung stehen im Vordergrund, obwohl die architektonische Gestaltung auch hoch geschätzt wird. »Ein schlechtes Projekt macht zehn gute zunichte«, sagt Jan-Hendrik Goldbeck, ein »Rheinländer gefangen im Körper eines Ostwestfalen«, wie Banker Sewing über den aufgeweckten Bauunternehmer spöttelt. »Wer schaffen will, muss fröhlich sein« – dieses Fontane-­Zitat ist das Lebensmotto des Vaters, das gilt heute so wie damals, als die drei Goldbeck-Jungs noch Kinder waren: »Neben Suppe und Nudeln kommen nur gute Nachrichten auf den Tisch«, hat der Vater als Linie vorgegeben, negative Erlebnisse und trübe Gedanken sind in der Firma zu lassen, so gut es nur geht. »Du hast keine Bücher über positives Denken gelesen, du denkst von Natur aus positiv«, würdigt ein leitender Angestellter den Seniorchef, als der sich in den offiziellen Ruhestand verabschiedet, im Jahr 2007 war das. Seine Begeisterung für den Bau, für die Firma lodert weiter, denn nicht zu vergessen: »Wer schaffen will, muss fröhlich sein.« Für einen Mann vom Schlag eines Ortwin Goldbeck geht es schlicht nicht anders: Wie soll eine verzagte Seele andere begeistern, in ihnen Feuer entfachen? Wie soll jemand, der gefangen ist in Selbstzweifeln, aus einer kleinen Schlosserei einen Milliardenkonzern hochziehen? Einen Marktführer gar. Genau das sind sie nämlich, diese Goldbecks aus Ostwestfalen. »Wir sind das größte deutsche Bauunternehmen. Die traditionellen Großunternehmen sind nicht mehr da oder nicht mehr in deutscher Hand«, sagt Ortwin Goldbeck. Geschafft hat er das, indem er Menschen zu Höchstleistungen anspornt – wie im Sport, wo der Spaß die Menschen antreibt, sie sich mit ihrer Aufgabe identifizieren. »Ein Unternehmer sollte ein optimistischer Mensch mit visionärer Kraft sein, der anderen etwas vor Augen führt, was im Moment überhaupt nicht machbar erscheint«, sagt Goldbeck, und bibelfest, wie er ist, schiebt er ein Zitat aus einem Brief von Paulus an Timotheus hinterher: »Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.« So bedeutend das Unternehmen inzwischen ist, so unauffällig ist die Familie dahinter. Der Name Goldbeck sagt außerhalb der Branche den wenigsten etwas. Das mögen sie ganz gerne, sie bevorzugen es, wenn der Machtwechsel am Bau sich im Stillen abspielt. Die ehemaligen, krachledern auftretenden Giganten der Branche, gerne als Baulöwen tituliert, sind abgetreten und aus dem öffentlichen Leben verschwunden; müde, pleite oder aufgekauft. Abgelöst wurden diese Patriarchen von Konzernen wie Bilfinger oder Hochtief, die wiederum längst ihre Tradition abgestreift haben. Diese börsennotierten Unternehmen gehören Aktionären aus aller Herren Länder und wollen mit dem Bau nicht mehr so viel zu...


Georg Meck, geboren 1967, Studium von Volkswirtschaftslehre, Politik und Spanisch; Korrespondent des Focus in Brüssel; 2001 Wechsel zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung; 2002 Auszeichnung mit dem Herbert-Quandt-Medienpreis für seine Unternehmerporträts; Meck gehörte zum Gründungsteam der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung; seit 2016 ist er Ressortleiter Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Mehrere Buchveröffentlichunge, darunter im Verlag Herder 2014 den Gesprächsband "Klare Worte" mit dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder; 2021 war er Ko-Autor eines Buchs zum Wiredcard-Skandal.


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