Payk | Depression | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 96 Seiten, Gewicht: 129 g

Payk Depression


1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-8463-3372-3
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 96 Seiten, Gewicht: 129 g

ISBN: 978-3-8463-3372-3
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Millionen Menschen leiden an depressiven Störungen, die selbst von Ärzten und Psychologen oft nicht erkannt werden. Dieses Buch informiert über die Depressionsarten und -formen und zeigt an Fallbeispielen die vielgestaltigen Symptome auf.

Diagnostisches Vorgehen und Untersuchungsmethoden werden eingehend beschrieben, gefolgt von einer kritischen Darstellung der gegenwärtigen Theorien und Forschungsergebnisse zu den Ursachen und Entstehungsbedingungen. Schließlich wird ausführlich erklärt, wie man Depressionen vermeiden und behandeln sowie Rückfällen begegnen kann.

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Inhalt
Einführung
Hauptteil
1 Krankheitsbilder 17
2 Formen und Verläufe 27
3 Untersuchungen 37
4 Entstehung 49
5 Therapieverfahren 63
6 Rehabilitation und Prophylaxe 77
Anhang
Hilfreiche Adressen 83
Medikamente (Wirksubstanzen – Generika) 84
Glossar 86
Literatur 91
Sachregister 93


1 Krankheitsbilder
Wie die beiden folgenden Beispiele zeigen, kann sich eine Depression mit vielfältigen Beschwerden bemerkbar machen, auf die eine Behandlung auszurichten ist. Im Zentrum steht allerdings stets ein quälender Verlust der gewohnten, selbstverständlichen Lebensfreude mit und Tatkraft und Zuversicht.
Fallbeispiel Frau A., eine 36-jährige Abteilungsleiterin in einem großen Warenhaus, betritt zögernd, fast unschlüssig das Sprechzimmer, nachdem sie fast eine Stunde vor dem vereinbarten Termin gekommen ist. Mit dem besorgten Begleiter, der zunächst im Wartezimmer verbleibt, wird vereinbart, ihn bei weiterem Informationsbedarf hinzuzuziehen. Im Verlaufe des Untersuchungsgesprächs äußert sich Frau A. wie folgt:
„Ich weiß nicht mehr weiter. Ich schaffe zu Hause nicht mehr die alltäglichsten Dinge, erst recht nicht mehr meine Arbeit. Ich bin jetzt seit fast drei Wochen krankgeschrieben, trotzdem hat sich an meinem Zustand nichts geändert. Ich stehe vor dem Kühlschrank oder dem Herd und weiß nicht, was ich eigentlich tun soll. Bei der Arbeit unterliefen mir zuletzt bei den einfachsten Sachen Fehler, weil ich unkonzentriert und geistesabwesend war, mir nichts mehr einfiel. Ich kann mich zu nichts aufraffen, sitze den ganzen Tag nur herum und grübele über Gott und die Welt nach, über die verrücktesten Dinge, über Fehler, die ich bei der Arbeit gemacht habe, über falsche Entscheidungen. Manchmal ist der Kopf einfach nur leer wie ein Ballon, oder wie mit Watte angefüllt. Manchmal habe ich Angst, verrückt 18zu werden, weil ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Dann überfallen mich richtige Panikzustände und jagen mich durch die Wohnung, obwohl ich mich sonst ohne Energie und Kraft fühle. Nicht einmal ablenken kann ich mich. Wenn ich versuche, zu lesen oder fernzusehen, bekomme ich nichts richtig mit. Musik kann mich nicht aufmuntern, Unterhaltungen sind furchtbar anstrengend. Angefangen hat das Ganze vor inzwischen über einem Monat mit Schlafstörungen. Ich werde seitdem fast jede Nacht nassgeschwitzt und mit Herzklopfen wach, kann nicht wieder richtig einschlafen, döse vor mich hin, drehe mich von einer Seite auf die andere. Am Tag bin ich müde und zerschlagen, richtig kaputt. Frühmorgens halte ich es vor innerer Unruhe nicht mehr im Bett aus, stehe auf und tigere durch die Wohnung, hin und her. Mir graut vor jedem neuen Tag, der wie ein Riesenberg vor mir liegt. Inzwischen traue ich mir nichts mehr zu. Wenn ich mir nur ausmale, was normalerweise als Tagespensum ansteht, bin ich verzweifelt, weil ich nicht weiß, wie ich das bewältigen soll. Dann kommen wieder die Angstvorstellungen, keine normale Angst wie beim Zahnarzt, sondern ein zäher, dunkler Nebel. Ich muss mich zwingen, morgens wenigstens eine Tasse Kaffee zu trinken, die mir aber nicht mehr den gewohnten „Kick“ gibt. Sie schmeckt genauso fade wie alles andere, was ich sonst überhaupt noch esse und trinke, eigentlich mehr hineinzwinge, obgleich mir oft übel ist. Inzwischen habe ich mindestens sieben oder acht Kilo an Gewicht verloren. Auch fallen mir die Haare aus. Ich habe mich ganz und gar zurückgezogen. Die Radtouren an den Wochenenden zusammen mit meinem Freund habe ich aufgegeben. Schon nach fünf Minuten bin ich total erschöpft, und meine Arme und Beine sind schwer wie Blei. Manchmal raffe ich mich zu einem gemeinsamen Spaziergang auf, möchte aber bald wieder umkehren, obwohl es mir zu Hause nicht besser geht. Einen regelrechten Horror habe ich vor dem Gewimmel in der Stadt, so dass mir mein Freund inzwischen alle Besorgungen abgenommen hat. Die Leute nerven mich mit ihrem Gerenne. Ich verstehe nicht, wie so ein Einkaufsbummel überhaupt Spaß machen kann. Ich habe das Gefühl, überall schief angesehen zu werden, auch von guten Freunden, die vielleicht denken, ich bin zu faul zum Arbeiten. Vielleicht denken sie auch, ich will nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Am unerträglichsten ist aber das Gefühl von Sinnlosigkeit und eigener Nutzlosigkeit. Wozu lebt und arbeitet man überhaupt? Rackert sich ab? 19 Ich sehe alles schwarz, ohne einen Lichtblick. Mein Freund versucht mich abzulenken, zu trösten, aber ich kann ihm nicht richtig zuhören. Überhaupt fühle ich eigentlich nichts mehr richtig, bis auf eine grauenvolle innere Leere – schlimmer als körperliche Schmerzen. Das ist kein Leben mehr, das ist wie Folter, eine Höllenstrafe.“
Frau A. sitzt blass, verkrampft und mit starrem Gesichtsausdruck im Patientensessel, den Blick auf den Boden gerichtet. Sie berichtet leise und monoton, mit häufigen Pausen, von ihren seelischen Nöten und Belastungen, ohne dass sie einen genaueren Grund hierfür angeben kann. Privat habe sich nichts verändert. In beruflicher Hinsicht sei es sogar aufwärts gegangen. Vor ungefähr einem Vierteljahr sei sie in eine andere, „schönere“ Abteilung versetzt worden, was sie sich schon immer gewünscht habe. Sie habe dadurch mehr Gestaltungsmöglichkeiten bekommen, verdiene auch besser. Ihren Beruf habe sie stets gern ausgeübt. Ihr neuer Arbeitsplatz sage ihr zu, die Atmosphäre im Betrieb sei gut, die Mitarbeiter seien zuverlässig und korrekt – besser hätte sie es eigentlich gar nicht treffen können. Trotzdem könne sie sich nicht darüber freuen. Auch zu Hause sei alles in Ordnung. Sie habe seit fünf Jahren einen festen Lebenspartner, von Beruf Ingenieur beim Bauamt der Stadt, mit dem sie sich gut verstehe, und der auch jetzt viel Verständnis für sie zeige. Von ihrem großen Bekanntenkreis habe sie sich inzwischen allerdings zurückgezogen, da sie an den gemeinsamen Unternehmungen nicht mehr teilnehme, schon deswegen nicht, weil sie sich nicht mehr mit den anderen richtig unterhalten könne. Teils sei ihr deren Anteilnahme an ihren psychischen Problemen regelrecht lästig, teils finde sie deren Pläne und Sorgen unwichtig, wolle ihre Freunde aber auch nicht kränken. Sie habe sowieso an nichts mehr Interesse, nicht einmal an den regelmäßigen Radtouren und Kegelabenden, die ihr sonst immer viel Spaß gemacht hätten. Sie fühle sich überall „außen vor“, wie fremd, richtig „ausgestoßen“, so dass sie sich am liebsten verkriechen möchte. Ihr Hausarzt habe sie untersucht, aber nichts außer einem leichten Eisenmangel festgestellt. Er habe ihr eine Art Erschöpfungszustand bescheinigt und außer Eisentabletten Johanniskraut verschrieben. Obgleich ihr Freund meine, sie sei wieder etwas lebhafter geworden, verspüre sie bislang keinerlei Besserung. Früher neugierig und meistens gut aufgelegt, sei sie jetzt ein ganz anderer Mensch geworden, eine „leere Hülse“, ein „Roboter“, der nur noch so funktioniere. Ernsthaft krank 20sei sie bislang nicht gewesen, schon gar nichts habe sie mit seelischen Problemen zu tun gehabt. Ihr Partner, der gegen Ende des Gesprächs anwesend war, bestätigt im Großen und Ganzen Frau A.s Angaben. Trotz einer gewissen Hilflosigkeit im Umgang mit seiner Freundin waren seine Bemühungen, sie nach besten Kräften zu unterstützen, unverkennbar.  
Die schlechte seelische, aber auch beeinträchtigte körperliche Verfassung der Frau A. machte eine unverzügliche Intervention notwendig. Ihr wurde ein Antidepressivum mit genauen Anweisungen zur Einnahme verordnet, das bei Verträglichkeit während der nächsten Tage auf die üblicherweise wirksame Dosis gesteigert werden sollte. Zusätzlich wurde ein schlafförderndes Medikament verschrieben. Unter der Auflage, sich bei Besonderheiten jederzeit telefonisch zu melden, wurde sie für den übernächsten Tag wieder einbestellt. Gleichzeitig wurde mit ihr über eine stationäre Aufnahme gesprochen, falls sich in Kürze keine Erleichterung zeigen würde. Die Patientin stand einer solchen Maßnahme allerdings sehr kritisch gegenüber. Ihr Partner, der sich Urlaub genommen hatte, versprach zudem, rund um die Uhr ohne viel Aufhebens in ihrer Nähe zu bleiben, so dass von einem Krankenhausaufenthalt vorerst Abstand genommen wurde; lebensmüde Gedanken oder gar Absichten waren nicht zu erkennen. Zum Termin zwei Tage später erschien Frau A. – wiederum in Begleitung  – pünktlich und berichtete von einem etwas verbesserten Schlaf und einer leichten Linderung ihrer Angstzustände. Die Stimmung war jedoch weiterhin deutlich gedrückt und mutlos. Der Partner wirkte zwar etwas erschöpft, war aber zuversichtlich. Die weiteren Behandlungskontakte – anfangs zwei Mal pro Woche, nach 14 Tagen ein Mal wöchentlich – beschränkten sich jeweils auf kürzere Bestandsaufnahmen. Größeren Raum nahm hingegen ein stützender, ermutigender Zuspruch ein, verbunden mit einfachen Erklärungen zur vermutlichen Krankheitsentstehung und zum wahrscheinlichen, weiteren Verlauf. Immer wieder erkundigte sich die Patientin zwischen blassen Hoffnungen und tiefen Zweifeln nach ihren „Chancen“ für eine „Befreiung aus ihrem falschen Leben“, dessen vermeintliches Misslingen sie sich auf irrationale, kaum nachvollziehbare Weise selbst zuschrieb. Als nach ein bis zwei Wochen erste spürbare Zeichen einer Besserung zu registrieren waren, schien das Eis gebrochen. Frau A. wirkte nun deutlich gelockerter und lebhafter, riskierte bald ein scheues Lächeln und interessierte sich wieder ansatzweise für Geschehnisse in ihrer Umgebung. 21Das Thema „Klinik“ war endgültig vom Tisch, nachdem sich die Patientin nun Schritt für Schritt zügig freizuschwimmen begann und schließlich wieder in den Fluss des früheren Lebens eintauchen konnte. Es war ebenso überraschend wie erfreulich...



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