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E-Book, Deutsch, Band 2718, 128 Seiten

Reihe: Beck'sche Reihe

Priesner Geschichte der Alchemie

E-Book, Deutsch, Band 2718, 128 Seiten

Reihe: Beck'sche Reihe

ISBN: 978-3-406-61602-0
Verlag: C.H.Beck
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Seit jeher umgibt die Alchemie die Aura des Geheimnisvoll-Verbotenen. Hervorgegangen in der Antike aus der gegenseitigen Durchdringung der ägyptischen und griechischen Kultur, war die Alchemie, wie ihre spannende und wechselvolle Geschichte zeigt, nie nur praktische Laborarbeit, etwa den Stein der Weisen herzustellen. Vielmehr erschuf sie zugleich ein Weltbild, in dem Mensch und Natur, Geist und Materie aufs Engste miteinander verwoben sind. Nicht zuletzt dies ist der Grund für die bis heute anhaltende Faszination am alchemistischen Denken.
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Weitere Infos & Material


1;Cover;1
2;Zum Buch;2
3;Über den Autor;2
4;Titel;3
5;Impressum;4
6;Inhalt;5
7;Einführung: Traumland Ägypten;7
8;1. Ägyptische Tempelpriester und griechische Philosophen – Die Anfänge der Alchemie;8
9;2. Göttliche Botschaften – Christentum, Islam und die Alchemie;27
10;3. Die Magie der Natur – Alchemie, Neoplatonismus und Hermetik in der Renaissance und Frühen Neuzeit;45
11;4. Alchemisten, Fürsten und Betrüger – Die Alchemie in der Zeit des Barock;66
12;5. Die Alchemie, die Utopie und die Vernunft – Rosenkreuzer, Alchemisten und Naturwissenschaftler in der Zeit der Aufklärung;75
13;6. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – Die Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft und der modernen Chemie;94
14;7. Das Ende der Alchemie?;113
15;Literaturempfehlungen;125
16;Personen- und Sachregister;126


2. Göttliche Botschaften –
Christentum, Islam und die Alchemie
Die griechisch-alexandrinische Alchemie
oder Von der Schwierigkeit, einen Text zu lesen
Ägypten, insbesondere Alexandria als Zentrum antiker Gelehrsamkeit und Forschung, blieb auch unter der römischen und byzantinischen Herrschaft mit der Alchemie eng verbunden. Das sich als Mittelpunkt des Ostreichs etablierende Konstantinopel spielte zunächst eine geringe Rolle, wurde aber nach der Islamisierung Ägyptens und immer größerer Teile Kleinasiens zu einer wichtigen Sammelstelle alchemischer Texte der Frühzeit. Eine Rolle als Stätte gelehrter Debatten und praktischer Forschung spielte die Stadt am Bosporus indes nicht. Man kann sagen, dass der heidnische Polytheismus der Alchemie förderlicher war als der christliche Monotheismus, was sich schon daran ablesen lässt, dass die Götter mit Planeten und diese wiederum mit den klassischen Metallen in Beziehung gesetzt wurden. Die ägyptische Religion eröffnete den Weg zu praktisch-technologischen Untersuchungen, der griechisch-römische Polytheismus erlaubte eine in vielerlei Hinsicht pragmatische Beziehung zwischen Göttern und Mensch(en), ermöglichte dadurch deren partielle Vermenschlichung und ihre Identifikation mit bestimmten Einzelaspekten des Lebens, beispielsweise in der Assoziationsfolge Mars-Krieg-Eisen oder der Beziehung der Alchemisten als Metallurgen zum Gott Vulkan. Die Alchemie stand von Anfang an in enger Verbindung mit religiöser Mystik, visionären Erlebnissen und magischem Denken. Mit dem zunehmenden Einfluss des Christentums trat mehr und mehr die innere Schau und die allegorische Interpretation des alchemischen Transmutations- bzw. Transformationskonzepts gegenüber der laborpraktischen Alchemie in den Vordergrund, da die Alchemie – nicht ganz zu Unrecht – als eine Lehre heidnischen Ursprungs misstrauisch betrachtet wurde. Man strebte also nach moralischer Vervollkommnung und Gottgefälligkeit, was mit christlichen Wertvorstellungen besser vereinbar war als die Herstellung von Gold mit grundsätzlich unchristlichen Mitteln. Ohnehin wurde schon in den ersten alchemischen Schriften die «Reinheit» von Körper und Geist gefordert. Nicht aus schnödem Gewinnstreben sollte man nach dem Stein der Weisen trachten, sondern fromm, gottesfürchtig und uneigennützig nach der Gnosis, der Erkenntnis, streben. Nur dem reinen Adepten eröffnete sich dann der Weg zu Träumen und Visionen, die ihn mit dem «großen Geheimnis der ägyptischen Priester» vertraut machten, das diese nur mündlich oder in rätselhafter «die Dämonen täuschender» Form mitteilten. Diese Formulierungen entstammen frühen Textzeugnissen, zu deren Autoren neben Zosimos auch der noch vor der Zeitenwende schreibende Pseudo-Demokrit zählt. Lange Zeit nahm man an, dass der berühmte vorsokratische Naturphilosoph Demokrit von Abdera (460–371) der Verfasser dieser Texte sei, die sich mit der Imitation von Edelmetallen durch gold- bzw. silberähnliche Legierungen, durch das Färben von Oberflächen oder das Belegen derselben mit dünnen Schichten echten Metalls befassen. Wer der wahre Autor ist, konnte nicht eindeutig geklärt werden, Vermutungen weisen auf Bolos von Mendes (um 250– um 150), einen Philosophen mit einem Hang zu Magie, Mystik und Zauberei, der in Alexandria wirkte. Hier zeigt sich exemplarisch ein Problem, das die Alchemiegeschichtsschreibung von Anfang an begleitet, nämlich die Zuweisung von Texten zu bestimmten Verfassern. Nicht nur in der Antike, sondern zu allen Zeiten entstanden Werke, deren Autoren sich hinter Pseudonymen verbargen, die oft schwer und manchmal gar nicht zu enträtseln sind. Dazu kommt bei den aus der Antike und dem Mittelalter stammenden Texten noch das Problem der Abschriften: Da die Originale meistens verschollen sind (so auch im Falle des «echten» Demokrit), kennen wir nur Kopien, deren Schreiber in der Regel unbekannt sind, was wiederum zu der Frage führt, was wann von wem ergänzt, verändert oder auch weggelassen wurde. Daher ist es vielfach nicht möglich, eine verlässliche und präzise Zuordnung eines Textes zu einer Person oder einer Zeit vorzunehmen. Dieses Grundproblem der Forschung wird noch dadurch verschärft, dass die Alchemisten sich generell auf eine Ethik der Geheimhaltung beriefen, da die «Heilige Kunst» nicht in unwürdige Hände gelangen durfte. Um dies zu vermeiden, benutzte man die eben erwähnte «die Dämonen täuschende» Schreibweise, indem man die Aussagen hinter irreführenden Formulierungen und nur Eingeweihten verständlichen Chiffren und Symbolen verbarg. Dies macht es schwierig, die Werke vieler Autoren zu verstehen und herauszufinden, was sie tatsächlich wussten bzw. zu wissen glaubten oder womit andere getäuscht werden sollten. Ein gutes Beispiel für eine solche Rätselsprache, die Tiefe nur vortäuscht, ist der Ausspruch «Die Natur freut sich über die Natur, die Natur triumphiert über die Natur, die Natur herrscht über die Natur». Dieser Satz, über dessen Sinn oder Unsinn jeder selbst befinden möge, wurde von dem erwähnten Pseudo-Demokrit in einem nur in einer späteren Abschrift bekannten Werk mit dem Titel «Physika kai Mystika» mitgeteilt und einem legendären ägyptischen Magier und Alchemisten namens Ostanes zugeschrieben, von dem man nicht einmal weiß, ob er je gelebt hat. Die Alchemie – Name, Sprache, Zeichen und Symbole
Der Name der Alchemie war, wie schon erwähnt, am Beginn anders und lautete Hermetische Kunst oder Hermetik. Wie der sich durch die Araber etablierende Name Al-kimiya, aus dem unsere Alchemie wurde, zustande kam, ist nicht genau geklärt. Die Silbe Al macht keine Schwierigkeiten, sie ist einfach ein arabischer Artikel, Alchemie heißt also «Die Chemie»; woher aber stammt das Wort Kimiya? Hier gibt es zwei Lesarten, die eine bezieht sich auf das griechische Wort cheo für «gießen» (von Metallen), und die Alchemie wäre somit ursprünglich die Kunst des Metallgießens. Möglich ist aber auch die Herleitung aus dem ägyptischen Wort keme, womit die «schwarze Erde» bzw. der fruchtbare schwarze Nilschlamm gemeint sein kann, der sich bei den jährlichen Überflutungen ablagerte. Im weiteren Sinn steht diese schwarze Erde für Ägypten überhaupt, und Alkimiya wäre als die ägyptische Kunst zu übersetzen. Nicht unwichtig könnte in diesem Zusammenhang auch der Gedanke sein, dass dieser schwarze Schlamm als allgemeines Substrat der Fruchtbarkeit sehr gut mit dem Anfangszustand des schwarzen Chaos der Materia prima übereinkommt. Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, dass im hellenistischen Ägypten eine Vermischung von cheo mit keme erfolgte, Alchemie also die ägyptische Metallschmelzkunst meint. Nicht nur der Name «Alchemie» entzieht sich einer eindeutigen etymologischen Erklärung, auch die der Alchemie eigene Sprache lässt sich nicht ohne Weiteres verstehen, wobei die Probleme hier weniger linguistischer Natur sind als vielmehr mit dem Wesen und Selbstverständnis der Alchemisten zu tun haben, was ja schon angedeutet wurde. Die geheimen Rituale und Sprüche der ägyptischen Priester mischten sich in der alexandrinischen Epoche mit den ebenso geheimen und geheimnisvollen Ritualen und Reden gnostischer Kulte, wobei, in den Worten des bedeutenden Alchemiehistorikers Edmund von Lippmann, «Ägypten allmählich zur ‹Hochschule› der Betrüger, Schwindler und betrogenen Betrüger heranreifte». Einerseits ging es dabei darum, eine Aura des mit geheimem und entsprechend wirkmächtigem Wissen ausgestatteten Magiers zu erzeugen, also eine bestimmte Außenwirkung zu erreichen, andererseits spielte aber die Überzeugung eine maßgebliche Rolle, dass die Dinge und Wesenheiten (beides in gnostischer Sicht nicht zu unterscheiden) bestimmte «wahre» Namen besitzen, deren Kenntnis dem Magier Macht über diese Dinge und Wesenheiten verleiht. Dieser Gedanke erscheint etwa bei dem christlichen Gnostiker Origenes (185–254) und dem Neoplatoniker Iamblichos (240/45–320/25). Es komme darauf an, stellt Letzterer in einem von ihm oder seinen Schülern verfassten Mysterienbuch klar, dass man diese Namen in der ägyptischen oder chaldäischen Ursprache kennen müsse und allein diese Worte magische Macht besäßen, da «solche fremde Ausdrücke durch jede Übersetzung die Emphase und Kürze des Originals verlieren, das den Göttern auch das gewohntere und angenehmere ist». Zu diesen begrifflichen Besonderheiten der Sprache der Alchemie kommen noch spezifische Notationsformen. In den alchemischen Werken tauchen schon recht bald Symbole für Gold und Silber auf, die mit den astrologischen Zeichen für Sonne und Mond übereinstimmen. Der Kreis, oft mit einem Punkt in der Mitte (nach ägyptischer Lesart die im Sonnenleib reifende, embryonale Sonne des kommenden Tages), stand schon im Alten Reich für die Sonne, und dass das Gold ein Sonnenmetall ist, leuchtet unmittelbar ein. Ebenso war ein der Mondsichel ähnliches Zeichen dem Mond und dieser wiederum dem Silber zugeordnet. Im...


Claus Priesner ist Diplom-Chemiker und apl. Professor für Geschichte der Chemie an der Universität München.


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