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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 7, 288 Seiten

Reihe: Regionalkrimis aus Lippe / Jupp Schulte ermittelt

Reitemeier / Tewes Jugendsünden

Jupp Schulte ermittelt
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-86532-695-9
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Jupp Schulte ermittelt

E-Book, Deutsch, Band 7, 288 Seiten

Reihe: Regionalkrimis aus Lippe / Jupp Schulte ermittelt

ISBN: 978-3-86532-695-9
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In der Detmolder Arbeitsagentur wird ein Mitarbeiter getötet, kurz darauf hängt ein Paderborner Rechtsanwalt aufgeknüpft an einer Brücke. Jupp Schultes Tochter Lena bekommt Stalker-Anrufe mit Morddrohungen gegen ihren Vater. Seine zweite Tochter Ina bekommt ein Kind. Seine Jugend holt den schnodderig-beliebten Hauptkommissar in diesem Lippe-Krimi ein. Gedanken über das Älterwerden und Zwischenmenschliches zeigen seine tiefsinnige Seite. Maren Köster und Axel Braunert, aber auch der alte Bauer Fritzmeier stehen ihm dabei zur Seite. Ein fesselnder Krimi bis zur letzten Seite.

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2 Die ersten Sonnenstrahlen des Tages brachen sich in den Scheiben der Butzenfenster. Diese Richtungsänderung führte dazu, dass die Strahlen genau ins Gesicht von Grafenberg fielen. Trotz der geschlossenen Augenlider störte ihn die Helligkeit des Lichtes ungemein. Innerhalb der nächsten Minuten wich der Schlaf aus seinem Körper. Er öffnete die Augen, räkelte sich und sah auf die Uhr. Es war noch nicht halb sechs. Doch er wusste sofort, dass er nicht mehr einschlafen würde. Das Sommerwetter, das sich schon im April eingestellt hatte, freute und beunruhigte ihn gleichzeitig. Grafenberg fühlte sich unausgeschlafen. Doch sollte er weiter im Bett liegen? Wissend, dass der Schlaf sich doch nicht mehr einstellen würde? Ächzend stemmte er sich hoch und hielt Ausschau nach seinen Hausschuhen. Bei dieser ersten intensiven Bewegung des Tages merkte er körperlich, dass er schon über fünfundvierzig Jahre war. Das Gefühl, alt zu werden, wurde von einem leichten Kater verstärkt, den er sich gestern Abend im Café Treibsand eingefangen hatte. Der Wein hatte ihm geschmeckt. Grafenberg hatte die Nähe zu Maren Köster genossen, doch das Auftauchen ihres Kollegen Schulte hatte ihn verunsichert. Der Mann war nicht unfreundlich zu ihm gewesen, doch er hatte ihn auch nicht mit Achtung und Wertschätzung überschüttet. Genau genommen war Grafenberg vom Kommissar behandelt worden, als sei er für ihn nicht anwesend. Irgendetwas war da zwischen Schulte und Maren Köster. Das konnte man geradezu somatisch wahrnehmen. Dieser Eindruck hatte nicht gerade zu einer entspannten Atmosphäre geführt. Vielleicht hatte auch die durch Schulte ausgelöste Verunsicherung dazu beigetragen, dass er ein Glas Wein mehr getrunken hatte, als es für ihn bekömmlich war. Er durchwühlte die Schublade des Küchentisches nach einer Tablette Aspirin. Gott sei Dank hatte Maren Köster die Zeche gezahlt. Hätte er selber seinen Anteil an der Rechnung begleichen müssen, wäre er bis zum nächsten Freitag blank gewesen. Erst an diesem Tag könnte neues Geld hereinkommen, da er auf einer Silberhochzeit mal wieder einen Auftritt als „Leo, der letzte Lipper“ haben würde. Grafenbergs Tätigkeit als Comedian brachte ihm nicht das Meiste an Einkommen. „Zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“, hieß es bei den Bremer Stadtmusikanten. Das war auch seine Standardantwort, wenn er gefragt wurde, ob sich dieser Job lohnte. Grafenberg musste sich unbedingt nach weiteren Erwerbsquellen umsehen, sonst würde er das gerade geerbte Haus nicht halten können. Zwar hatte er vor einiger Zeit im Fußboden seines gerade bezogenen Domizils einige Silbermünzen und etwas Schmuck aus dem siebzehnten Jahrhundert entdeckt. Der Wert dieser kleinen Kostbarkeit würde ihm unter Umständen etwas Geld einbringen. Doch die Besitzansprüche waren noch nicht abschließend geklärt. Also blieb es bei der ihm bekannten Armut. Heute würde er in Detmold beim Arbeitsamt, genauer gesagt bei Lippe pro Arbeit vorsprechen, um sich zu erkundigen, welche Möglichkeiten es für ihn gäbe, in Lohn und Brot zu kommen. In seinem ‚hohen‘ Alter war das gar nicht so einfach, was er schon zu spüren bekommen hatte. Auch eine Erfahrung, die nicht spurlos an Grafenberg vorübergegangen war. Maren Köster, die nur eine Straße weiter wohnte, würde ihn mit nach Detmold nehmen. So sparte Grafenberg Benzin und konnte gleichzeitig noch zusätzliche Zeit mit seiner Traumfrau verbringen. Maren Köster hielt ihn, obwohl auch sie Grafenberg sehr mochte, immer wieder auf Distanz. An dieser Frau würde er sich noch einige Zeit die Zähne ausbeißen. Im Anschluss an den Besuch beim Arbeitsamt wollte Grafenberg den Nachbarn seiner Eltern, Hermann Rodehutskors, besuchen. Er war ihm im letzten Jahr, nach langer Zeit, wieder begegnet. Seitdem hatten sich die beiden ungleichen Männer angefreundet und trafen sich in unregelmäßigen Abständen. In der Küche stellte Grafenberg den Wasserkessel auf den Herd. Dann ging er ins Badezimmer. Unschlüssig stand er vor der Duschwanne. Er überlegte, ob er sich wirklich unter den kalten Wasserstrahl stellen sollte. Das Nächste, was er in diesem Haus anschaffen würde, wäre fließend warmes Wasser. Dies schwor er sich jeden Morgen, wenn er den Kampf mit sich ausfocht: Kalt duschen oder nur ’ne Katzenwäsche? Auch heute entschloss er sich Wasser zu sparen. Wenige Minuten später saß Grafenberg auf einem alten Stuhl im verwilderten Garten seines kleinen Hauses und genoss die erste Tasse Kaffee des Tages. Gerade wollte er sich eine weitere einschenken, da klopfte es an der Haustür. Maren Köster bat um Einlass. In der linken Hand hielt sie eine Tüte mit frischen Brötchen. Um ein Frühstück im Freien zu ermöglichen, stellte er schnell einen wackeligen Tisch auf die Rasenfläche und einen zweiten Stuhl. Was für ein Tag, dachte Grafenberg, als er in seine Brötchenhälfte biss und sich dabei gleichzeitig glücklich fühlte, in das hübsche Gesicht Maren Kösters blicken zu dürfen. Später stoppte Maren Köster ihr Cabriolet auf der Shell-Tankstelle an der Elisabethstraße. Bevor Grafenberg ausstieg, küsste er sie auf die Wange. Dann überquerte er die Straße zum Arbeitsamt. Der Name „Agentur für Arbeit“ ändert auch nichts an der Situation der Menschen, die regelmäßig dieses Gebäude besuchen müssen, dachte Grafenberg. Und das vor einiger Zeit für viel Geld geänderte Logo, sowie die damit verbundenen Kosten für neue Briefköpfe, Visitenkarten und so weiter, hätte man auch lieber den Menschen, die keine Arbeit haben, zu Gute kommen lassen können. Er betrat das Gebäude, in dem schon reger Betrieb herrschte. Überall standen Leute in Schlangen und warteten darauf, dass sie ihr Anliegen erledigen konnten. Grafenberg, der heute zum ersten Mal hier war, stellte sich an das Ende einer Reihe vor der Information. Langsam rückte er weiter auf. Nach einer viertel Stunde saß er vor einem Schreibtisch und erklärte den Grund seines Kommens. Eine junge Frau von circa zwanzig Jahren erklärte ihm genervt, dass er hier total falsch sei. Grafenberg sei, wenn überhaupt, jemand, der ALG II Empfänger sei. Da müsse er zwei Etagen höher. Also ging er auf die Suche nach der, wie die junge Frau sagte, ALG II Abteilung. Dort angekommen bemerkte er, dass es auch bei der Agentur für Arbeit Menschen erster und zweiter Klasse gab. Hier oben waren die Flure enger als in den Räumen unten im Gebäude. Sie hatten keine Fenster und die Kunden, wie man das Besucherklientel gerne nannte, saßen viel zu eng vor den Zimmern, in die sie eingelassen werden wollten. Die Luft war verbraucht und stickig. Nach fast einer Stunde hatte Grafenberg sich durchgefragt. Er hatte den Namen eines Fallmanagers, wie die Berufsbezeichnung seines Ansprechpartners war, genannt bekommen und die Zimmernummer. Nun saß er mit anderen, die wohl ebenfalls zu dem Bediensteten mit dem Namen Hoppe wollten, vor dessen Tür und wartete beharrlich darauf, aufgerufen zu werden. Anscheinend war der Mann hinter der verschlossenen Tür der Meinung, dass die Menschen, die zu ihm kamen, keine Eile hatten, da sie ja sowieso nicht arbeiteten. Plötzlich öffnete sich die Tür. Ein grauhaariger, etwas übergewichtiger Mann mit übellaunigem Gesicht betrat grußlos den Flur und schloss seine Bürotür von außen zu. Er beachtete die Wartenden in keiner Weise. Als er von jemandem angesprochen wurde, der nachfragte, ob das Büro jetzt geschlossen sei, sagte der Missgelaunte unfreundlich: „Auch ich habe das Recht auf eine Pause!“ Nach dieser Antwort ging er missmutig den Flur hinunter. Von der guten Laune, die Grafenberg noch vor wenigen Stunden beim Frühstück so reichlich hatte, war nichts mehr vorhanden. Die letzten anderthalb Stunden hatten ihn maßlos deprimiert. Er begann darüber nachzudenken, seine Suche nach einer geregelten Arbeit wieder aufzugeben. Oder war es nur eine Prüfung? Wurde hier im Arbeitsamt schon im Vorfeld geprüft, ob man wirklich bereit war etwas auf sich zu nehmen, um Arbeit zu finden? Begann hier schon der Auswahlprozess der wirklich Arbeitswilligen aus der Masse der Erwerbslosen? Zweifel und Verärgerung machten sich in Grafenberg breit. Diese Gefühlslage wurde mit jeder Minute, die er wartete, ausgeprägter. Als er sich gerade dazu entschlossen hatte sein Warten aufzugeben, kam der Griesgram, der sich Fallmanager nannte, wieder den Flur hinauf. In der Hand trug er einen Becher Kaffee. Als er an Grafenberg vorbei ging, roch dieser kalten Zigarettenrauch und säuerlichen Schweiß. Der Mann kramte in seiner Hosentasche nach dem Schlüsselbund und verschwand nach dem Aufschließen wieder in seinem Büro. Nichts passierte. Die Minuten begannen wieder dahin zu schleichen. In den Reihen der Wartenden wurde es unruhig. Einige formulierten erste Unmutsäußerungen. Ein kräftiger Mann, bekleidet mit Jeans, Sandalen und beigefarbener Windjacke, erhob sich und betrat ohne anzuklopfen das Zimmer des Sachbearbeiters. Einige Anwesende, die anscheinend länger als dieser Mann warteten, murmelten Proteste. Weiße Tennissocken und Sandalen – geschmackloser kann man sich nicht anziehen, dachte Grafenberg. Plötzlich kam aus dem Büro ein ohrenbetäubender Knall. Die Wartenden schreckten zusammen. Im nächsten Moment wurde die Tür aufgestoßen. Grafenberg, der frontal auf die aufgestoßene Tür blickte, sah eine zersprungene Fensterscheibe. Die Glasreste, die noch im Rahmen steckten und die weiße Wand waren über und über mit Blut bespritzt. Der Sachbearbeiter saß in unnatürlicher Haltung auf seinem Bürostuhl. Er stierte den unfreiwilligen Betrachter mit weit aufgerissenen, leeren Augen an. Auf seiner Stirn...


Jürgen Reitemeier, geboren 1957 in Hohenwepel-Warburg/Westfalen. Nach einer handwerklichen Ausbildung zum Elektromaschinenbauer studierte er Elektrotechnik, Wirtschaft und Sozialpädagogik an den Hochschulen Paderborn und Bielefeld. Seit vielen Jahren verheiratet, lebt und arbeitet er seit mehr als zwanzig Jahren in Detmold.

Wolfram Tewes, geboren 1956 in Peckelsheim/Westfalen. Der Vater von zwei erwachsenen Töchtern lebt mit seiner Ehefrau in Horn-Bad Meinberg. Er arbeitet seit vielen Jahren für eine regionale Tageszeitung.



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