Reitemeier / Tewes | Letzte Runde | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 10, 320 Seiten

Reihe: Regionalkrimis aus Lippe / Jupp Schulte ermittelt

Reitemeier / Tewes Letzte Runde

Jupp Schulte ermittelt
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-86532-699-7
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Jupp Schulte ermittelt

E-Book, Deutsch, Band 10, 320 Seiten

Reihe: Regionalkrimis aus Lippe / Jupp Schulte ermittelt

ISBN: 978-3-86532-699-7
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wird für Jupp Schulte die letzte Runde eingeläutet? Im nunmehr zehnten Lippe-Krimi des Duos Reitemeier?/?Tewes kommt es für Schulte knüppeldick. Eigentlich wollte er nur helfen, aber plötzlich steht er unter Mordverdacht, sein Gedächtnis lässt ihn im Stich, seine Kollegen wenden sich von ihm ab. Und je heftiger er sich zur Wehr setzt, desto fester zieht sich die Schlinge um seinen Hals zusammen.

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1 Es war schon wieder knackekalt und sehr dunkel. Klar, es war kurz vor Neumond. Die noch bis vor drei Tagen geschlossene Schneedecke hatte sich in gefrorenen Matsch verwandelt. Bei solchen Lichtverhältnissen konnte man schnell schwermütig werden. Doch setzte der Sonnenschein, der heute den ganzen Tag über geherrscht hatte, den anrückenden Selbstmordgedanken etwas entgegen. Schulte drehte mit seinem Hund Monster die übliche Abendrunde. Auch ihm ging dieses Wetter mittlerweile ziemlich an die Nieren. Da der Hund nicht mehr der Jüngste war und ziemlich langsam hinter seinem Herrn hertrottete, verlegte Schulte die Wartezeiten auf das Tier jeweils an Orte, die von einer Straßenlaterne beschienen wurden. Hier betrachtete er Eiskristalle, die wie viele Tausend Diamanten glitzerten. Dieser Eindruck entschädigte ihn für das deprimierende Grau in der Dunkelheit. Wieder schnüffelte der Hund unendlich lange an einem nichtssagenden Ort. Das nervte langsam. Schulte sah auf die Uhr. Es war kurz vor neun. Verdammt, das Bayern-Spiel hatte schon angefangen, und dieser blöde Köter hatte nichts Besseres zu tun, als sich irgendwelche Duftstoffe durch die Nase zu ziehen. „Monster, los jetzt! Wir müssen nach Hause.“ Der Hund hob den Kopf und sah in die Richtung seines Herrn. Dann pinkelte er auf die Stelle, die er eben noch so intensiv berochen hatte. Erst danach setzte das Tier seinen massigen Körper langsam in Bewegung. Schulte reichte es. Er kramte in seiner Jackentasche, zog eine Leine hervor. Ab jetzt bestimmte er das Tempo. Der Hund ließ sich mehr oder weniger von ihm ziehen und trottete nur widerwillig hinter seinem Chef her. In der Einfahrt seines Hauses bewegte sich Schulte sehr vorsichtig. Erst gestern war er ausgerutscht, war gestürzt und hatte sich empfindlich wehgetan. Die Gelenkigkeit vergangener Jahre war ihm längst abhandengekommen. Als er seine Haustür aufschloss, umhüllte ihn eine wohlige Wärme. In seinem Wohnzimmer prasselte das Feuer im Ofen. Wie hatte er nur all die Jahre auf diese Form der Gemütlichkeit verzichten können? Schulte hängte seine Jacke an einen Haken, holte sich eine Flasche Detmolder aus dem Kühlschrank und machte es sich auf dem Sofa gemütlich. Der Fernseher meldete mit drei Orgeltönen, dass er betriebsbereit war. Im nächsten Moment stand das Bild. Links oben am Rand konnte Schulte in einem kleinen Kasten lesen, dass es schon 1:0 für Bayern München stand. Der Abend schien schon wieder verdorben. Doch da, ein langer Pass auf Nöthe. Ein Fehler von Demichelis und Nöthe schob den Ball ganz cool ins Tor. Fürth hatte ausgeglichen. „Jawohl!“, brüllte Schulte begeistert und gönnte sich den ersten Schluck des Abends. So hatte er es sich vorgestellt. An einem gemütlichen Abend auf dem Sofa liegen, ein bisschen ins Feuer gucken, die eine oder andere Flasche Bier trinken und am Ende würden die Bayern womöglich noch verlieren. Je älter man wird, desto weniger braucht man, um zufrieden zu sein, dachte Schulte. Die Titelmelodie aus dem Easy-Rider-Film, Born to be wild, störte seine Gedanken. Wer konnte das sein? Schulte hatte Feierabend und heute keinen Bereitschaftsdienst. Wenn seine Tochter Ina jetzt glaubte, er würde babysitten, dann hatte sie sich aber gewaltig geschnitten. Ans Telefon ging er dennoch und war ziemlich verwundert, als ein offenbar betrunkener Axel Braunert sich meldete. „Jupp“, lallte er. „Ich brauche deine Hilfe! Hast du eine halbe Stunde Zeit für mich? Können wir uns irgendwo treffen?“ „Tor! Tor! Tor, in der 41. Minute für Greuther Fürth! Nach dem Freistoß von Robben trifft Demichelis den Ball nur mit der Hacke. Das Leder geht übers Tor. Im Gegenzug trifft Allagui mit dem Kopf zum 2:1 für Fürth!“, brüllte ein begeisterter Fußballmoderator. Ausgerechnet jetzt. Schulte hasste solche Situationen. Natürlich würde er sich mit Braunert treffen. Also würde er darauf verzichten, die Niederlage der Bayern genussvoll auszukosten. Apropos Genuss, Schulte hatte noch nichts gegessen. Vielleicht könnte er das Notwendige mit dem Nützlichen verbinden. „Klar können wir uns sehen, Axel. Wo bist du denn? In Hiddesen? Kennst du die Knispel? Ja, genau, die Eckkneipe. Okay, ich bin gleich da.“ Zehn Minuten später betrat Schulte den Schankraum. Er sah Braunert hinten rechts an einem einzelnen Tisch sitzen. Da drehten sich zwei Männer, die an der Theke saßen und mit dem Wirt knobelten, zu ihm um. „Na, Schulte, heute ohne Hund?“ „Den habe ich im Auto. Die Kneipe hier soll ja nicht sein zweites Zuhause werden.“ Die Männer lachten. Braunert, durch das Gespräch auf seinen Kollegen aufmerksam geworden, gab Schulte ein Zeichen. Die Heiterkeit, die am Tresen herrschte, stand in einem ausgeprägten Kontrast zu der Niedergeschlagenheit, die von dem Polizisten im hinteren Teil der Kneipe ausging. „Dein Hund scheint ja hier ziemlich bekannt zu sein“, versuchte Braunert ein Gespräch in Gang zu bringen. „Ja leider, immer wenn ich in letzter Zeit abends nicht da bin, büxt der blöde Köter zu Hause aus und sucht mich hier in der Kneipe. Wenn der Hund jetzt mal verschwunden ist, wissen wir, wo wir ihn finden. Aber als er mit dieser Marotte anfing, haben sich Fritzmeier und meine Tochter einen Wolf gesucht. Irgendwann wussten sie sich nicht mehr anders zu helfen und haben aus lauter Verzweiflung bei den Kollegen in der Wache angerufen. Jetzt lachen sowohl die, wie auch die Gäste dieser Kneipe über mich. So nach dem Motto, wie der Herr, so’s Gescherr. Aber du weißt ja, ist der Ruf erst ruiniert … und so weiter. Aber, was ist los mit dir? So fertig habe ich dich ja noch nie erlebt.“ Der Wirt hatte seine Knobelrunde anscheinend beendet. Er kam zu den beiden Polizisten an den Tisch und fragte nach der Bestellung. Schulte bestellte ein kleines Steak und ein Detmolder Herb. An Braunert gewandt sagte er: „Es gibt nicht viele Kneipen in Detmold, in denen du für kleines Geld ein so gut gebratenes Steak bekommst wie hier. Solltest du probieren.“ Braunert winkte ab. „Lass mal gut sein, Jupp. Ich habe keinen Appetit.“ Zum Wirt sagte er: „Bringen Sie mir bitte noch ein Bier und einen Grappa.“ Als der Mann gegangen war, ergriff Schulte wieder das Wort: „Also, Axel, raus mit der Sprache! Wo drückt der Schuh?“ Braunert wand sich wie ein Aal. „Weißt du, Jupp, die ganze Sache ist mir ziemlich peinlich. Du kennst mich, ich bin nicht der Typ, der die Tatsache, schwul zu sein, vor sich herträgt. In Kollegenkreisen bin ich, wenn es um die Frage meiner Sexualität geht, noch einmal besonders vorsichtig. Ich habe mich damals nicht freiwillig geoutet, sondern irgendwann ließ sich mein Schwulsein einfach nicht mehr verheimlichen. Mittlerweile habe ich bei der Polizei eine ganz ansehnliche Karriere gemacht. Diese Tatsache erschwert es bestimmten Leuten, sich über mich lustig zu machen, sodass ich im beruflichen Alltag persönlich selten beleidigt und verletzt werde. Das war nicht immer so, aber der relativ hohe Dienstgrad bewirkt, dass das eine oder andere Lästermaul sich begreiflicherweise reichlich überlegt, wann es sich den Mund verbrennt und wann nicht.“ Er machte eine kurze Pause und sah zu den anderen Männern an der Theke hinüber. Dann fuhr er fort: „Vor circa einem Monat bin ich in eine kleine Affäre hineingeschlittert. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Doch einige Wochen später erzählte mir ein ebenfalls schwuler Freund, dass Sexvideos von mir auf besonders widerwärtigen, geschlossenen Internetseiten zu sehen seien. Ich selber habe zu diesen Domains keinen Zutritt und hatte auch kein Interesse, ihn zu bekommen. Aber besagter Freund war im Besitz des nötigen Keys, mit dem man sich die Videos ansehen kann. Er zeigte mir den Film von mir. Ich wandte mich daraufhin an meinen vermeintlichen Liebhaber und stellte ihn zur Rede. Doch der war von meinem Auftritt relativ unbeeindruckt. Er gab mir zu verstehen, dass diese Aufnahmen erst der Anfang meiner Karriere als Akteur in Pornofilmen für Schwule sei. Und wenn ich nicht nach seiner Pfeife tanze, dann bekäme nicht nur jeder Detmolder Polizist eine Mail mit besagten Aufnahmen, sondern auch Nachbarn, Freunde und Bekannte. Als ich ihn fragte, was er mit ‚nach seiner Pfeife tanzen‘ meine, da sagte er, das würde ich schon rechtzeitig erfahren. Es könne ja nichts schaden, einen Polizisten zu kennen, der ihm noch ein paar Gefallen schulde.“ Wieder hielt Braunert kurz inne und schluckte. Es war offensichtlich, dass er sich zusammenreißen musste, um überhaupt weitererzählen zu können. „Mit anderen Worten, wenn ich mich nicht auf seine zukünftigen Forderungen einlasse, dann will er mir die Grundlage, ein bürgerliches Leben führen zu können, ebenso entziehen, wie den nötigen Respekt und die nötige Autorität, die man braucht, um den Beruf des Polizisten auszuüben. Wie gesagt, ich habe mein Schwulsein immer als Privatsache begriffen. Du bist einer der wenigen Heteros, mit dem ich überhaupt jemals über diese Sachen gesprochen habe. Und jetzt benötige ich ernsthaft Hilfe. Ich habe natürlich zunächst darüber nachgedacht, Maren Köster zu bitten, mir zur Seite zu stehen. Doch bei ihrem Temperament bin ich mir nicht sicher, ob nicht früher oder später die Pferde mit ihr durchgehen. Ich habe mir natürlich auch überlegt, mit Margarete Bülow zu sprechen. Aber auch bei ihr hatte ich nicht unbedingt das Gefühl, dass sie die richtige Ansprechpartnerin ist. Also bleibst nur du.“ Nach ein paar langen Sekunden des Schweigens pfiff Schulte durch die Zähne. So, als wolle er die angestaute schlechte Luft ablassen. Dann sagte er: „In deiner Haut möchte ich wirklich nicht...


Jürgen Reitemeier, geboren 1957 in Hohenwepel-Warburg/Westfalen. Nach einer handwerklichen Ausbildung zum Elektromaschinenbauer studierte er Elektrotechnik, Wirtschaft und Sozialpädagogik an den Hochschulen Paderborn und Bielefeld. Seit vielen Jahren verheiratet, lebt und arbeitet er seit mehr als zwanzig Jahren in Detmold.

Wolfram Tewes, geboren 1956 in Peckelsheim/Westfalen. Der Vater von zwei erwachsenen Töchtern lebt mit seiner Ehefrau in Horn-Bad Meinberg. Er arbeitet seit vielen Jahren für eine regionale Tageszeitung.



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