Reitemeier / Tewes | Schnapsidee | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 15, 248 Seiten

Reihe: Regionalkrimis aus Lippe / Jupp Schulte ermittelt

Reitemeier / Tewes Schnapsidee

Jupp Schulte ermittelt
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-86532-704-8
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Jupp Schulte ermittelt

E-Book, Deutsch, Band 15, 248 Seiten

Reihe: Regionalkrimis aus Lippe / Jupp Schulte ermittelt

ISBN: 978-3-86532-704-8
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im neuen Krimi von Reitemeier?/?Tewes geht es um die feine und nicht ganz so feine Gesellschaft, und ganz nebenbei erfahren wir, wie Karrieren geschmiedet werden, in welchen Restaurants und Kneipen man sowohl in Berlin als auch Ostwestfalen-Lippe die wenigsten Politiker trifft und trotzdem am leckersten isst. Denn nicht nur die Autoren sind Genussmenschen, ihre Helden sind es auch. Allen voran Jupp Schulte, der in einem Reitemeier?/?Tewes-Krimi ebenso wenig fehlen darf wie der alte Schlaubauer Anton Fritzmeier, dem es übrigens ganz besonders schwerfällt, seine heimatliche Scholle für einen Berlintrip zu verlassen: "Jupp, wat war dat nur für eine Schapsidee, mit dich nach Berlin zu fahren!" Und so heißt der neue Roman nicht von ungefähr: Schnapsidee.

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1 Wie jedes Mal blieb Brenke auch heute vor dem Café Einstein Stammhaus stehen und betrachtete die beiden Stolpersteine vor dem Eingang des Restaurants. Er war Stammgast in dieser Gastronomie, seit er Abgeordneter des Bundestages war. Das Essen war ausgezeichnet, der Service ebenfalls, und im Obergeschoss gab es eine gnadenlos gute Bar. Vor einigen Jahren war er, nachdem er das Restaurant längere Zeit nicht mehr besucht hatte, über zwei Metallquader gestolpert, die nur ein paar Millimeter aus dem Boden herausragten. Brenke wusste natürlich, was es mit den metallenen Pflastersteinen ganz generell auf sich hatte, doch seit dem Moment, in dem sie ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hatten, konnte er sie beim Betreten der Gaststätte nicht ignorieren und einfach über sie hinweggehen. Also beschloss er herauszufinden, warum die Steine des Anstoßes ausgerechnet an dieser Stelle eingelassen worden waren. Google hatte ihm verraten, dass die im Stile der italienischen Renaissance erbaute Villa dem jüdischen Privatbankier Georg Blumenfeld und seiner Ehefrau Margarete Lucia gehört hatte, bevor das Paar 1939 aufgrund der nationalsozialistischen Rassengesetze enteignet wurde. Georg Blumenfeld nahm sich das Leben, und auch seine Ehefrau beging 1941 „als letzten Akt der Selbstbehauptung“ Selbstmord. Nachdem Brenke durch diese kleinen Metallsteine auf die traurige Geschichte der ehemaligen Besitzer aufmerksam geworden war, hatte er lange überlegt, ob es sich ziemte, nach der Tragik, die den Blumenbergs widerfahren war, weiterhin den Freuden des Lebens in deren ehemaliger Wohnstätte zu frönen. Brenke hatte sich dazu entschieden, es zu tun. Und jedes Mal, wenn er ins Café Einstein kam, trank er den ersten Whisky nach dem Essen in der Bar Lebensstern in stillem Gedenken an die beiden Blumenfelds und schwor ihnen, alles dafür zu tun, dass diese braune Brut in Deutschland niemals mehr das Sagen bekommen würde. Erst dann wich die Ernsthaftigkeit des Moments der Leichtigkeit, die Brenke seit vielen Jahren für sich in Anspruch nahm. Anderen Menschen wäre seine Angewohnheit vielleicht seltsam vorgekommen, doch außer ihm kannte niemand sein kleines Ritual. Für ihn war es eine passende Umgehensweise mit der tragischen Geschichte der Blumenfelds, die ihm half, sein Leben auf seine Weise weiterzuführen. Als Brenke damals als junger Abgeordneter nach Berlin gekommen war, hatte er sich für seine Freizeit Orte gesucht, wo er selten oder nie seine Abgeordnetenkollegen aus dem Bundestag traf. Es war ihm natürlich nicht gelungen, doch er hatte sich alle Mühe gegeben. Von dem Café Einstein Stammhaus in der Kurfürstenstraße hatte er gelesen, dass es sich um eine Künstlerkneipe handele. Und da er viele seiner Abgeordnetenkollegen für Banausen hielt, für die Kunst nur dann eine Rolle spielte, wenn ein paar Fotografen und Journalisten in der Nähe waren, hatte Brenke gedacht, in einer Künstlerkneipe würde er den Politikern des Bundestages nicht begegnen. Wie man sich doch irren konnte. Dennoch hatte er das Restaurant mit der wunderbaren Bar in sein Repertoire von besuchenswerten Kneipen aufgenommen. Heute jedoch war Brenke im Auftrag der Kanzlerin unterwegs, die ihn gegen seinen Willen in den Verteidigungsausschuss geschoben hatte. Seit einigen Monaten musste er sich nun in der Arbeitsgruppe „Weiterentwicklung Bundeswehr“ gemeinsam mit einem Haufen Militaristen und Lobbyisten den Hintern plattsitzen. An diesem Abend hatten die Männer des einflussreichen Unternehmens Firmness Consulting and Business, kurz FCB, zu einem Arbeitsessen im kleinen Kreis eingeladen. Dazu hatten sie sich ausgerechnet eines von Brenkes Lieblingslokalen ausgesucht, nämlich das Café Einstein Stammhaus. Am liebsten hätte er den Termin unter Angabe von fadenscheinigen Gründen abgesagt, doch die Chefin duldete kein Schwänzen. Nicht in diesem Falle! „Ich will wissen, welche Rolle der dicke MM spielt!“, hatte die Kanzlerin zu Brenke gesagt. Mit dem Kürzel spielte sie auf Markus Miekatz an, den treusten Staatssekretär der Verteidigungsministerin. „Ich habe es in der Nase. Da wird irgendetwas verhackstückt, das mir nicht gefallen wird.“ Und als Brenke nach diesem Gespräch mit seiner Chefin noch einmal in sich hineinhorchte, stellte er fest, dass auch er ein kleines bisschen neugierig geworden war. Warum hatte man ausgerechnet ihn zu dieser illustren Runde dazugebeten? War der Einfluss der Kanzlerin so groß, dass es ihr gelungen war, einen Mann wie ihn bei einem Treffen einzuschleusen, bei dem er an sich mehr störte als nützte? Und so saß Brenke nun mit besagtem MM, einem ehemaligen Bundeswehroffizier namens Roland Horn und diesem undurchsichtigen Bernhard Dietz, dem Chef von FCB, zusammen. Das Essen war wie immer vorzüglich gewesen. Und nachdem sie ihren Espresso getrunken hatten, waren sie nach oben in die Bar gegangen. Auf dem Weg dorthin kam ihnen die Schauspielerin Margaritha Bönisch entgegen. Sie schien hoch erfreut, Brenke zu sehen, und begrüßte ihn mit einem Wangenkuss. „Schön, dich zu sehen. Damit hatte ich jetzt gar nicht gerechnet. Was ist, Rudolf, unternehmen wir noch etwas?“ Während die anderen Männer Brenke so verblüfft anstarrten, als hätte der ihnen gerade offeriert, dass der Etat des Verteidigungsministeriums künftig halbiert werden müsse, grinste dieser nur etwas linkisch und sagte: „Ich muss dir leider einen Korb geben, meine liebe Margaritha. Dienst ist Dienst.“ Brenke zuckte mit den Schultern, und die Schauspielerin streichelte ihm zärtlich über die Wange, bevor sie ihren Weg nach unten fortsetzte. Die Männer nahmen im hintersten Raum der Bar Platz. Das Unternehmen Firmness Consulting and Business hatte den Raum ab 21 Uhr reserviert. Eine Gruppe von Männern, die behaupteten, zum ältesten Stammtisch der Welt zu gehören, nämlich dem Flurverein Detmold, räumte den Politikern nach dieser wichtigen Auskunft bereitwillig das Feld. „Mensch, Brenke, die Bönisch“, posaunte der Staatssekretär heraus. „Woher kennen Sie die denn? Jetzt behaupten Sie bloß nicht, dass dieses rattenscharfe Weib ursprünglich aus dem Hinterland von Höxter stammt.“ Die Männer von FCB lachten, und Brenke überhörte den Kommentar geflissentlich. Kurze Zeit später stand eine Flasche Mineralwasser auf dem Tisch und vor jedem Mann ein Glas mit Hochprozentigem. Brenke hatte keine Bestellung aufgeben müssen. In diesem Lokal wusste man, was er trank. „Dass Sie der faulste Abgeordnete des Bundestages sind, wusste ich ja schon lange“, frotzelte der dicke Miekatz. „Jetzt weiß ich aber auch, warum. Während andere Volksvertreter an ihrer Karriere basteln, treiben Sie sich in den interessantesten Bars und Kneipen Berlins herum. Mich wundert es, dass Ihr Kreisverband Ihnen nicht schon längst den Stuhl vor die Tür gesetzt hat. Und noch mehr wundert es mich, dass Sie mit ihrer Faulheit bei unserem Fraktionsvorsitzenden und der Kanzlerin durchkommen. Wie machen Sie das nur, Brenke?“ „Ich bin sogar so faul, Miekatz, dass ich Ihnen nicht einmal auf diese Frage eine Antwort geben werde“, entgegnete Brenke, ohne auch nur eine Gefühlsregung ob der despektierlichen Worte des Staatssekretärs erkennen zu lassen. „Na, lassen wir das, Brenke“, schlug Miekatz in versöhnlichem Ton vor. „In nächster Zeit werden Sie einiges zu tun bekommen. Die Angelegenheit ist noch nicht spruchreif, aber ich gehe davon aus, dass zwischen FCB und dem Verteidigungsministerium demnächst ein kleines, aber feines Geschäft über die Bühne gehen wird.“ Brenke sah den Staatssekretär erst verwundert an. Doch dann signalisierte er dem Dicken seine absolute Aufmerksamkeit. „Sie wissen ja, Brenke, dass es mit unserer Truppe nicht zum Besten gestellt ist. Auch wenn der Baron damals, als er noch Verteidigungsminister war, die ersten Schritte zur Reform der Bundeswehr eingeleitet hat, so war die Abschaffung des Grundwehrdienstes doch nur der erste Schritt.“ Brenke überlegte, was der Staatssekretär im Schilde führen könnte. „Wir müssen weiter modernisieren“, plauderte Miekatz scheinbar unbeschwert vor sich hin. „Das Zauberwort heißt Privatisierung. Ohne die werden wir bei der Bundeswehr nicht weiterkommen. Und genau bei Ihnen, in Ostwestfalen, fangen wir an. So ist es jedenfalls geplant. Sie wissen ja, dass die Engländer aus der Senne abziehen. Da gibt es natürlich Begehrlichkeiten. Nicht nur die Grünen wollen den Nationalpark. Selbst in unserer Partei gibt es eine Menge Mitglieder, die sich mit diesem Blödsinn ebenfalls anfreunden könnten.“ Brenke überlegte, ob er MM eröffnen sollte, dass auch er einer Nationalparkidee in der Senne nicht abgeneigt war. Doch er hielt sich lieber bedeckt. Ihn interessierten nämlich Miekatz’ Pläne und vor allem, was die Firmness Consulting and Business mit der ganzen Sache zu tun hatte. „Der Kommandeur der Rommel-Kaserne Augustdorf und auch andere Militärs wollen den Truppenübungsplatz natürlich behalten. Doch dieses zusätzliche Projekt würde unseren sowieso schmalen Etat erheblich belasten. Die Ministerin und ich haben allerdings schon eine gute Lösung gefunden.“ Brenke zog die Augenbrauen hoch, und Miekatz feixte. „Das Stichwort lautet Ein-Euro-Geschäft. Die Firmness Consulting and Business legt die Münze auf den Tisch, und die Senne gehört FCB. Das Unternehmen verpflichtet sich dazu, den Truppenübungsplatz Senne zum modernsten Europas zu machen. Die Bundeswehr darf dieses hypermoderne Areal anschließend zehn Jahre lang kostenfrei nutzen. Alle anderen NATO-Partner müssen von Anfang an blechen.“ Sofort fielen Brenke mindestens zehn Argumente ein, die gegen den...


Jürgen Reitemeier, geboren 1957 in Hohenwepel-Warburg/Westfalen. Nach einer handwerklichen Ausbildung zum Elektromaschinenbauer studierte er Elektrotechnik, Wirtschaft und Sozialpädagogik an den Hochschulen Paderborn und Bielefeld. Seit vielen Jahren verheiratet, lebt und arbeitet er seit mehr als zwanzig Jahren in Detmold.

Wolfram Tewes, geboren 1956 in Peckelsheim/Westfalen. Der Vater von zwei erwachsenen Töchtern lebt mit seiner Ehefrau in Horn-Bad Meinberg. Er arbeitet seit vielen Jahren für eine regionale Tageszeitung.



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