Riese | Machu Picchu | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 116 Seiten

Reihe: C. H. Beck Wissen

Riese Machu Picchu

Die geheimnisvolle Stadt der Inka
2. Auflage 2012
ISBN: 978-3-406-64882-3
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die geheimnisvolle Stadt der Inka

E-Book, Deutsch, 116 Seiten

Reihe: C. H. Beck Wissen

ISBN: 978-3-406-64882-3
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Inka-Stadt Machu Picchu gab Wissenschaftlern seit ihrer Entdeckung durch den Amerikaner Hiram Bingham 1911 Rätsel auf: War sie Zufluchtsstätte der vor den Spaniern flüchtenden letzten Inka und der «Sonnenjungfrauen»? Diente sie als Bollwerk gegen feindliche Tieflandindianer? Wie haben die Menschen dieser frühen Hochkultur gelebt? Kenntnisreich rekonstruiert Berthold Riese die Lebensweise der Bewohner Machu Picchus, erzählt die Geschichte seiner Entdeckung und bietet einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung dieser Stadt eines untergegangenen Volkes.

Berthold Riese war Professor für Ethnologie und Altamerikanistik an der Universität Bonn und ist derzeit Honorarprofessor an der Sun Yatsen-Universität in Kanton (China).
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I. Die Wiederentdeckung


1. Hiram Binghams Expedition von 1911


Hiram Bingham (Abb. 3), protestantischer Theologe und Historiker, hatte schon 1907 und 1909 in zwei Abenteuerreisen Südamerika durchquert und war daher mit den dortigen Lebensumständen und Problemen vertraut, als er eine weitere Reise plante. Hauptmotive dafür waren die Lust auf Abenteuer und Freude an der Selbstdarstellung. Den Drang nach Abenteuern verband er mit dem soliden Wissen des Historikers, indem er seine Kenntnisse der lateinamerikanischen Geschichte nutzte, um sich lohnende Ziele für Entdeckungen zu suchen. So wollte er berühmt werden. Er schmiedete also schon 1910 erneut Pläne für eine dritte Südamerika-Expedition. Sie waren anfangs allerdings noch sehr unklar und konkretisierten sich erst, als der Erdöl-Millionär Edward S. Harkness (1874–1940) als Geldgeber einsprang und ihm gleichzeitig die Wahl der Expeditionsziele weitgehend abnahm. Seinem Förderer zuliebe konzentrierte Bingham sich auf die geologische und topographische Erkundung Perus. Eine Gruppe von sieben Männern war bald zusammengestellt. Die eine Hälfte reiste im Mai, die andere im Juni 1911 mit dem Dampfschiff von New York aus ab.

In Peru angekommen, holte Bingham die Zustimmung des Staatspräsidenten Augusto Leguia zu den Expeditionszielen und geplanten Arbeiten ein und kontaktierte örtliche Wissenschaftler, von deren Erfahrung und Informationen er sich einiges versprach. Unter ihnen war auch Max Uhle (1856–1944), den die amerikanische Archäologie heute als herausragende Forscherpersönlichkeit würdigt. Bingham aber scheint von dem Deutschen wenig beeindruckt gewesen zu sein, wohl vor allem, weil er die Archäologie noch kaum ins Visier seiner eigenen Arbeiten genommen hatte, sondern vor allem geologisch und geographisch zu forschen beabsichtigte.

Zunächst glaubte Bingham, durch alte, bei Cusco ausgegrabene Menschen- und Tierknochen, die er unter vermeintlich mächtigen späteren Ablagerungen entdeckt hatte, einem eiszeitlichen «Homo Americanus» auf die Spur gekommen zu sein. Das wäre eine wissenschaftliche Sensation geworden, denn bis dahin galt die Anwesenheit von Menschen auf dem amerikanischen Kontinent als relativ jung. Daher billigte man den amerikanischen Ureinwohnern auch nicht den Status einer eigenen Großrasse zu, sondern klassifizierte sie als mongolische Rasse. In der vorschnellen und peinlich falschen Annahme des hohen Alters dieser Funde bestärkte ihn der physische Anthropologe George F. Eaton, der die nach Nordamerika gesandten Knochen im Labor der Yale University untersuchte und als Ergebnis behauptete, eine bisher unbekannte Bisonart in ihnen entdeckt zu haben. Da diese Bisonart längst ausgestorben sei, müßten die Knochenfunde sehr alt sein! Man verfügte damals noch nicht über naturwissenschaftliche Verfahren, um das Alter von Knochen direkt zu bestimmen, sondern war auf Indizien angewiesen. Diese bestanden im wesentlichen in geologisch-archäologischer Stratigraphie und konnten nur im Feld angemessen entwickelt und beurteilt werden, nicht jedoch im Labor, wie Eaton es versuchte. Vom vermeintlichen Alter der Bisonknochen schloß man dann darauf, daß die sie begleitenden Menschenknochen ebenso alt seien. Die Fundstelle entpuppte sich, unter anderem wegen der wissenschaftlichen Aufrichtigkeit Eatons, nach einer späteren Untersuchung einfach als Abfallgrube von Rinderschlachtungen; und alle dort gefundenen Knochen wurden als dem erst von spanischen Siedlern eingeführten Hausrind oder dem modernen Menschen zugehörig bestimmt.

Als nächstes ging die Expedition auf die Suche nach bisher unbekannten -Ruinen. Bingham wählte das -Tal (heute: Urubamba), das in seinem Oberlauf (heute: Vilcanota) genannt wird, und sammelte in der Provinzhauptstadt Cusco Hinweise auf möglicherweise interessante Ruinenstätten. Auch hatte er sich als Historiker zur Vorbereitung seiner Expedition mit den Schriften spanischer Chronisten aus der Kolonialzeit vertraut gemacht, die gelegentlich über diese Gegend berichtet haben. In Cusco wurde ihm eine Ruine namens als mögliches Ziel genannt. Zwar hatte schon 40 Jahre vor ihm der französische Forscher Charles Wiener denselben Hinweis erhalten, doch hatte Wiener sich in der Lokalisierung des Ortes verschätzt und war auf seiner Reise daher, ohne es zu merken, unterhalb der Ruine vorbeigezogen. Etwa um die gleiche Zeit hat August Bens, der im Uru Pampa-Tal eine Sägerei betrieb, Machu Picchu vermutlich schon besucht und vielleicht sogar Begräbnishöhlen ausgenommen. Bingham maß der ihm genannten Ruinenstätte damals keinerlei besondere Bedeutung zu. Er erreichte auf seiner Erkundung über das Provinzstädtchen (heute: Ollantaytambo) am 23. Juli 1911 Von diesem Dorf aus führte ihn der ansässige Indianer Melchor Arteaga am folgenden Tag auf einem alten -Pfad den steilen Hang hinauf zu den genannten Ruinen, vorbei an einem alten Haus, in dem sich ein Bauer eingerichtet hatte und wo man auf dem mühsamen Anstieg eine willkommene Rast einlegte.

Wayna Picchu

war nur einer von vielen Ruinenorten, die Bingham auf dieser Explorationsreise besichtigen wollte, und so hielt er sich dort nicht lange auf, sondern setzte seinen Weg abwärts schon am folgenden Tag fort. An der Brücke von etwa 20 Kilometer flußabwärts von entschloß sich Bingham, das hier einmündende steile Tal des Flusses (heute: Vilcabamba) hinaufzusteigen, um nach den dort vermuteten Ruinen der letzten -Festungen aus der Zeit der spanischen Eroberung zu suchen. Er wußte aus seiner Lektüre kolonialzeitlicher Chronisten, daß die den Spaniern dort nach 1532 noch einige Jahrzehnte getrotzt hatten, und er war begierig, ihre Zufluchtsorte und Burgen zu entdecken. Die Brücke von trug immer noch den Namen, mit dem auch alte kolonialzeitliche Chroniken die Eingangspforte zum Reich von bezeichnen. So konnte Bingham sich mit Recht einiges von der Erforschung dieses Seitentales erhoffen.

In und in fand er tatsächlich bedeutende Ruinen aus der Zeit, die er mit den Städten bzw. also den letzten Residenzen der Herrscher, gleichsetzte. Die Unterschiede der ursprünglichen und heutigen Namen erscheinen zunächst verwirrend. Doch wenn man bedenkt, daß Ortsnamen gegenwärtig oft neu erfunden werden, weil das Gebiet zeitweilig unbesiedelt war, und wenn man außerdem berücksichtigt, daß sich die Bezeichnung in den spanischen Quellen oft nur auf die Gegend, also den Flußlauf, beziehen, aber nicht auf bestimmte an ihm gelegene Orte, wird man sich von historisch wenig aufschlußreichen modernen Namen wie «Geisterebene» in der Suche nicht entmutigen lassen. Die Identifizierung dieser Ruinen mit Orten der letzten Zuflucht gelang Bingham aufgrund seines Wissens um diese Probleme und dank seines intensiven Quellenstudiums. Ein Ansatzpunkt für die Identifizierung war, daß einige wenige Namen die Veränderungen überdauert hatten, wie zum Beispiel die genannte Brücke von und das Flußtal Das alles kombinierte Bingham und kam zu durchaus fundierten Rekonstruktionen. Aufgrund ihrer historischen Bedeutung hielt er diese Entdeckungen damals auch für viel wichtiger als die von Erst sehr viel später nahm er eine Umdeutung vor, die ihn von der gut begründeten und auch heute noch akzeptierten Identifizierung der letzten Zufluchtsorte mit wegführte zur schlecht begründeten Zuweisung dieser Rolle an und damit verbunden zu weiteren phantastischen Spekulationen über das Alter und die Geschichte Dabei nahm er nicht einmal die ihm vermutlich bekannten Erwähnungen in den kolonialzeitlichen Quellen zur Kenntnis, die ihn von seinen irregeleiteten Spekulationen hätten abbringen und zu substantielleren, wenn auch weniger spektakulären Deutungen hätten führen können. Dieser Schritt wurde erst 50 Jahre später von dem nordamerikanischen Historiker John Howland Rowe getan.

Nun waren aus damaliger Sicht zwei der vier Expeditionsziele erreicht. Es blieb noch Binghams Hauptziel, die Besteigung des, wie damals vermutet wurde, höchsten Bergmassivs der peruanischen Anden, des (heute: Nevado de Coropuna). Mit zwei einheimischen Begleitern gelang ihm auch dieses anstrengende alpinistische Unternehmen. Er bezwang immerhin einen über 6000 Meter hohen eisgepanzerten Gipfel des Massivs. Doch die eigentliche Motivation, als Erstbesteiger des höchsten Berges von ganz Peru oder wenigstens von dieser Gegend in die alpinistischen Annalen einzugehen, mißlang. Schon bei seiner Vorbereitung wußte er, daß die Alpinistin Annie S. Peck das gleiche Ziel verfolgte, denn sie hatte ihn freundlich...


Berthold Riese war Professor für Ethnologie und Altamerikanistik an der Universität Bonn und ist derzeit Honorarprofessor an der Sun Yatsen-Universität in Kanton (China).



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