Roth | Die 101 wichtigsten Fragen - Holocaust | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 7050, 144 Seiten

Reihe: Beck Paperback

Roth Die 101 wichtigsten Fragen - Holocaust

E-Book, Deutsch, Band 7050, 144 Seiten

Reihe: Beck Paperback

ISBN: 978-3-406-77738-7
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



DAS DUNKELSTE KAPITEL DER DEUTSCHEN GESCHICHTE

Wen sahen die Nationalsozialisten als Juden an? War Hitlers "Mein Kampf" ein Fahrplan für den Holocaust? Mussten alle Juden einen gelben Stern tragen? Warum hat man die Vernichtungslager im besetzten Polen errichtet? Ermordeten die Nationalsozialisten die Juden, um an ihren Besitz zu kommen? Und wussten die Deutschen wirklich nichts vom Holocaust?

Der Holocaust ist ein Menschheitsverbrechen, das uns bis heute nicht loslässt. Sechs Millionen Jüdinnen und Juden wurden ermordet, mehr als die Hälfte von ihnen in Vernichtungslagern. Die Erinnerung wachzuhalten, gehört zu den wichtigsten Aufgaben der politischen Bildung in Deutschland. Markus Roth erschließt dieses dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte in 101 Fragen, die einen Einstieg liefern in Vorgeschichte, Ablauf und Folgen des Holocaust.
- Das vielleicht wichtigste Thema der politischen Bildung in Deutschland
- Eine leicht zugängliche Einführung in 101 Fragen
- Vorgeschichte, Ablauf und Folgen des Holocaust
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Vorgeschichte und Ideologie
1. Was bedeutet Holocaust?  Lange Zeit gab es für die Ermordung der europäischen Juden durch NS-Deutschland, die man heute weltweit als Holocaust bezeichnet, keinen Begriff, den man in vielen Sprachen und Kulturräumen verstand. In der jiddischsprachigen Holocaustforschung und Erinnerungsliteratur, die im Geheimen noch unter deutscher Herrschaft, verstärkt aber unmittelbar nach der Befreiung geschrieben wurde, hat sich der Begriff «churbn», deutsch «Zerstörung», etabliert. Er geht zurück auf die Zerstörungen des Tempels in Jerusalem als zentrale Katastrophen der jüdischen Geschichte. Manche sprachen in Bezug auf den Massenmord an den Juden daher auch vom dritten churbn. In anderen Sprachen benutzte man häufig Entsprechungen dazu (engl. «destruction») oder den Terminus «Vernichtung» (engl. «extermination», poln. «zaglada»). Überdies war auch die NS-Formel von der «Endlösung der Judenfrage» vor allem in Deutschland, aber auch in anderen Sprachräumen in Gebrauch. «Holocaust» ist im Englischen als Begriff für große Katastrophen und Massenverbrechen gebräuchlich und wurde bereits in den vierziger und fünfziger Jahren vereinzelt für die Benennung des Völkermords an den Juden benutzt. Er setzte sich aber erst im Laufe der siebziger Jahre durch – zunächst langsam, doch nachdem die vierteilige amerikanische Fernsehserie «Holocaust» 1979 in vielen Ländern der Welt ausgestrahlt worden war, dann sehr schnell. Heute ist es weltweit der gängige Name. Der Begriff ist biblischen Ursprungs, er entstammt der Septuaginta, der griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel, und bedeutet Brandopfer und Ganzopfer. Dieser religiöse Kontext einer Opferdarbietung, der heute freilich kaum bekannt ist, wird bisweilen als problematisch empfunden. Daher präferieren manche das Wort «Shoah» aus dem Hebräischen, das ein großes Unglück und Verderben bezeichnet. Unter diesem Namen war der Holocaust in Israel von Anfang an bekannt, und er wird bis heute meist so bezeichnet, wenngleich mitunter auch «Holocaust» gebraucht wird. Vielfach werden die Begriffe «Holocaust» und «Shoah» synonym gebraucht und beziehen sich, wie auch in diesem Buch, auf den gesamten Komplex der Verfolgung und Ermordung der Juden im nationalsozialistischen Herrschaftsbereich von 1933 bis 1945. 2. Ist der Antisemitismus eine Erfindung der Nationalsozialisten?  Die Geschichte des Antisemitismus reicht zurück ins 19. Jahrhundert. Mit dem seit den ersten Jahren des Kaiserreichs bekannten Begriff setzten sich die Judenhasser bewusst vom bis dato dominanten, meist christlich motivierten und begründeten Antijudaismus ab. Mit der neuen Begriffsschöpfung gaben sie ihrer Ablehnung von Juden einen pseudowissenschaftlichen Anstrich. Sie hoben, nicht zufällig kurze Zeit nach der Emanzipation der Juden, auf ‹rassische›, nicht mehr auf religiöse Kriterien ab und schrieben Juden unveränderliche Rassenmerkmale zu, die eine Bedrohung für die Nichtjuden seien. Religiös motivierten Antisemitismus gab es freilich weiterhin, überdies blieben seine Stereotype auch in der rassischen Spielart wirksam. Juden wurden im Weltbild der Antisemiten gefährliche, zersetzende Eigenschaften wie Geldgier oder ein pervertierter Sexualtrieb zugeschrieben. Antisemitismus war in vielen Staaten Europas vor dem Ersten Weltkrieg verbreitet. Im Ersten Weltkrieg und den ersten Nachkriegsjahren fand vielfach eine Radikalisierung statt, die in manchen Regionen Ostmitteleuropas mit Pogromen gegen die örtliche jüdische Bevölkerung einherging. Im Deutschland der ersten Jahre nach dem Krieg war Antisemitismus weit über radikale völkische Gruppierungen hinaus verbreitet. Hinzu kam nun, dass man Juden für die Kriegsniederlage verantwortlich machte und sie als Drahtzieher einer Verschwörung gegen Deutschland wähnte. Mit der Oktoberrevolution in Russland 1917 und der Novemberrevolution 1918 in Deutschland verschmolz Antisemitismus vielfach mit Antikommunismus zum Phantasma einer jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung, oft verbunden mit dem Konstrukt, dass diese ein Werk eines internationalen ‹Finanzjudentums› sei. Wie in allen völkischen Parteien in Deutschland spielte auch in der NSDAP der Antisemitismus eine zentrale Rolle. Juden sprach das Parteiprogramm von 1920 den Status von Staatsbürgern ab, andere Programmpunkte («Brechung der Zins-Knechtschaft») bedienten sich antisemitischer Stereotype, so dass es gar nicht notwendig war, Juden als Hauptziel ausdrücklich zu nennen. In ihrer Propaganda und ihren vielfältigen politischen Aktionsformen war Antisemitismus während der gesamten Weimarer Republik ein wichtiges Element, sei es unmittelbar in judenfeindlicher Agitation gegen jüdische Politiker und andere Persönlichkeiten, sei es mittelbar im Kampf gegen Bolschewismus, Kapitalismus, Liberalismus als vermeintlich jüdische oder jüdisch gesteuerte Geistesströmungen. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten war nicht originell, er speiste sich aus jahrhundertealten Versatzstücken christlichen Judenhasses ebenso wie aus den Konstrukten eines modernen, sich wissenschaftlich gebenden Rassenantisemitismus. Originär nationalsozialistisch hingegen war die Entwicklung von einem auf Ausschluss wirkenden Antisemitismus hin zu der mörderischen Politik, alle Juden, derer man habhaft werden konnte, zu ermorden. 3. Wen sahen die Nationalsozialisten als Juden an?  Wer als Jude gelten sollte, war die Kardinalfrage des Antisemitismus und der Judenpolitik der Nationalsozialisten, um deren klare Beantwortung sie sich gleichwohl herumdrückten. Bereits frühere Generationen von Antisemiten waren daran gescheitert. Für die betroffenen Menschen war die Antwort von zunehmend existenzieller Bedeutung, für die Verfolgungsinstanzen war es ein bürokratischer Akt, wenn auch ein recht komplizierter. Wollte man beispielsweise Juden aus dem Staatsdienst entfernen, musste bestimmt werden, wer genau betroffen sein sollte. Großmäulige Propaganda half hier nicht mehr weiter. Im Reichsinnenministerium fand man im April 1933 eine erste Antwort auf die Frage: Als Juden, es war allgemein von Nichtariern die Rede, verstand man Personen, unter deren Eltern oder Großeltern sich Juden befanden. Diese wiederum galten als Juden, wenn sie der jüdischen Religion angehörten. Man mischte hier also rassische Kriterien mit religiösen, wobei auch unklar blieb, ob die Religionszugehörigkeit zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes entscheidend war oder ob eine Konversion davor irgendwelche Auswirkungen hatte. Überdies war hier ein sehr weiter Kreis gezogen worden, indem bereits ein jüdisches Großelternteil ausreichte, um als Jude oder Jüdin eingestuft und damit beispielsweise aus dem Staatsdienst entlassen zu werden. Das Problem blieb virulent und wurde spätestens im Kontext der Nürnberger Gesetze 1935 erneut aktuell. Man gelangte im Ministerium schließlich zu der folgenden komplexen Lösung, die vor allem darauf abzielte, den Status von sogenannten Halbjuden zu klären: Wer drei oder zwei jüdische Großeltern hatte und am 15. September 1935 der jüdischen Religion angehörte oder zu diesem Zeitpunkt mit einem Juden oder einer Jüdin verheiratet war bzw. sich danach vermählte, zählte als Jude. Überdies galt dies für uneheliche Kinder, die aus einer jüdisch-nichtjüdischen Beziehung hervorgingen. Was wie reine Abstammungslehre daherkam, enthielt nach wie vor das religiöse Kriterium, da dies entscheidend bei der Einstufung der Großeltern blieb. 4. Was ist Rassenhygiene?  Die Rassenhygiene ist keine Erfindung der Nationalsozialisten, sondern bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts als Idee vorhanden, der zufolge man steuernd in die Fortpflanzung der Menschen eingreifen müsse, um vermeintlichen Schaden für das Volk abzuwenden. Der Ursprung des Begriffs wird Alfred Ploetz zugeschrieben. Konkret ging es um den Ausschluss von Erbkranken von der Fortpflanzung, da andernfalls im Laufe einiger Generationen «schlechtes» Erbgut dominiere. Zwei Wege der «Erbpflege» wurden dabei propagiert: das Prinzip der «Auslese», das mit einer Reihe «positiv» steuernder Anreize funktionieren und etwa mittels sozialer Anreize die Kinderzahl «erbgesunder» Paare erhöhen sollte; auf der anderen Seite der Gedanke der «Ausmerze», der aktiven Verhinderung unerwünschter Fortpflanzung. So propagierten beispielsweise die Wissenschaftler Karl Binding und Alfred Hoche in ihrem 1920 veröffentlichten Buch «Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens» die Tötung unheilbar Kranker, um das Volk von «Ballastexistenzen», wie die Autoren die betreffenden Menschen nannten, zu «befreien». Das Plädoyer von Binding und Hoche...


Markus Roth forscht am Fritz Bauer Institut in Frankfurt a.M. Geschichte und Wirkung des Holocaust.


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