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E-Book

E-Book, Deutsch, 165 Seiten

Russo Green Witch


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-649-63372-3
Verlag: Coppenrath
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 165 Seiten

ISBN: 978-3-649-63372-3
Verlag: Coppenrath
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Als Junghexe darf Elisabeth Aurora Vermeer, genannt Lizzy, sich nicht aussuchen, von wem sie in die Hexenkunst eingewiesen wird. Das entscheiden ihre Tanten, die sich zu Lizzys zwölftem Geburtstag versammelt haben. Und sie scheinen wild entschlossen, Lizzy zu Großtante Camilla in die Ausbildung zu geben - einer total altmodischen Kräuterhexe. Ausgerechnet! Doch dann platzt Ava in die Hexenversammlung, die schönste und verrückteste Meerhexe, die Lizzy je gesehen hat. Was führt sie im Schilde? Und warum ist Großtante Camilla plötzlich verschwunden? Wurde sie etwa ... verhext? Lizzy beschließt, ihren Familiengeheimnissen auf den Grund zu gehen.

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»Bist du aufgeregt, Lizzy?«, fragt meine Mutter leise. »Ein bisschen«, flüstere ich zurück. Das ist natürlich maßlos untertrieben. Schließlich wird nicht jeden Tag entschieden, zu welcher Art von Hexe ich ausgebildet werde. Meine Mutter streicht mir mit dem Zeigefinger über die Wange. »Ich glaube, ich bin nervöser als du. Wie schnell die Zeit vergangen ist …« Sie lächelt und schüttelt den Kopf. »Jetzt bist du schon fast erwachsen und es gibt eine Hexe mehr in unserem Haushalt.« Fast erwachsen … na ja. Heute ist mein zwölfter Geburtstag. Und genau genommen bin ich ja noch keine Hexe, sondern eine Junghexe, die gleich erfährt, bei wem sie in die Ausbildung geht. Dafür treffen sich dreizehn meiner Tanten zum Hexenkreis bei uns zu Hause. Zwölf von ihnen sind schon da, wie ich feststelle, als ich durch die geöffnete Küchentür ins Wohnzimmer schaue. Mit jeder von ihnen bin ich irgendwie verwandt, aber oft nur um tausend Ecken, wie meine Mutter mir erklärt hat. »Vielleicht bringst du schon mal den ersten Kuchen rüber«, schlägt meine Mutter vor und drückt mir die Servierplatte in die Hand. »Es geht gleich los.« Sie streicht mir eine Haarsträhne, die sich aus meinem Zopf gelöst hat, aus dem Gesicht. »Die Tanten sind alle sehr nett. Da kann also gar nichts schiefgehen. Du schaffst das!« Ich nicke und atme tief durch. Wie immer wirkt es Wunder, wenn meine Mutter mir Mut zuspricht – sie ist nun mal eine Lichthexe. Genau wie Tante Fiona, die Schwester meiner Mutter und somit meine einzige echte Tante hier im Raum. Ich steuere auf sie zu. »Eine Hexe fehlt noch«, sage ich zu ihr, während ich den Kuchen auf den Tisch stelle. Tante Fiona lächelt auf ihre warme und geheimnisvolle Art und zwinkert mir zu. »Irrtum! Sie sind schon alle da, Lieschen.« Eigentlich heiße ich Elisabeth. Ich wünschte, meine Eltern hätten mir einen Namen gegeben, den man nicht so leicht abkürzen oder verändern kann. Aber alle nennen mich anders und ich reagiere auf die verschiedensten Varianten: Elisa, Lisa, Betty, Lizzy … Lieschen gehört, ehrlich gesagt, nicht gerade zu meinen Favoriten. Doch aus Tante Fionas Mund hört sich selbst dieser Name schön an. Lichthexen sind so voller positiver Energie, dass man sich sogar wohlfühlen würde, wenn man von ihnen Volltrottel genannt werden würde – ernsthaft! »Aber es sind doch nur zwölf …« Ich mache einen langen Hals und lasse meinen Blick noch einmal über die beiden Tische schweifen, die wir zu einem großen zusammengestellt haben. Die meisten der Hexen sehe ich heute zum ersten Mal. Nur Tante Fiona kenne ich. Und natürlich meine Oma. Sie sitzt neben einer Kräuterhexe. Die beiden sind Cousinen. Dass sie miteinander verwandt sind, kann man allerdings nicht direkt erkennen. Meine Oma würde jeder einfach für eine nette ältere Dame halten und keinesfalls für die mächtige Erdhexe, die sie in Wahrheit ist. Ihre Cousine sieht dagegen genau so aus, wie man sich Hexen in Märchenbüchern vorstellt: Ihr Gesicht ist runzlig, ihre Nase viel zu groß und ihr Haar ist, bis auf eine einzige breite weiße Strähne vorne, noch rabenschwarz. Omas Haar ist dagegen komplett schlohweiß. Als Oma merkt, dass ich zu ihr rüberschaue, winkt sie mir kurz zu, dann sagt sie etwas zu ihrer Cousine, die mich daraufhin lange ansieht und mit zusammengekniffenen Augen mustert. Nett sieht sie nicht unbedingt aus. Ich drehe schnell meinen Kopf weg. Genau in dem Moment spüre ich einen warmen Lufthauch nah an meinem Ohr und kurz darauf flüstert eine kratzig klingende Frauenstimme: »Oh, oh, das sieht schlecht aus für uns beide. Die gute Camilla hat also auch ein Auge auf dich geworfen. Da haben wir anderen wohl keine großen Chancen. Die Cousine deiner Großmutter hatte schon immer einen sehr starken Willen.« Verwundert drehe ich mich zu Tante Fiona um. »Warst du das?«, frage ich, doch sie grinst nur breit und schüttelt den Kopf. »Das war ich – Hedda, deine Großtante zweiten Grades«, flüstert die Stimme, dann kichert sie. »Mach dir nichts draus, wenn du erst eine echte Hexe bist, kannst du mich auch sehen.« Natürlich habe ich schon viel von Schattenhexen gehört. Sie können sich komplett in Luft auflösen. Nur ihre Schatten bleiben sichtbar. Ich suche nach einem großen dunklen Fleck auf dem Fußboden. »Meinen Schatten kannst du hier nicht sehen. Die Lichtverhältnisse sind zu schlecht«, flüstert Tante Hedda und noch einmal spüre ich warme Luft an meinem Ohr vorbeistreichen. »Hach, ist das nicht alles aufregend?« Da hat Tante Hedda allerdings recht. Der Hexenkreis ist aufregend und das schönste Geburtstagsgeschenk von allen. Endlich werde ich eine richtige Hexe! Eine Schattenhexe zu werden, wäre eigentlich nicht schlecht, überlege ich, während ich beobachte, wie sich einer der Stühle am Tisch wie von selbst bewegt. Wenn ich unsichtbar wäre, könnte ich mir unbemerkt jede Klassenarbeit ansehen, bevor ich sie schreiben muss. Wetterhexe wäre auch okay. Da würde ich im Sommer für hitzefrei in der Schule sorgen. Ich habe mir natürlich schon oft den Kopf darüber zerbrochen, welche Art von Hexe ich am liebsten werden würde. Lange wollte ich eine Lichthexe werden wie meine Mutter und Tante Fiona. Dann war ich mir aber nicht mehr so sicher, ob ich nicht doch lieber Erdhexe wie Oma werden möchte. Als Erdhexe kümmert Oma sich um Wälder, Felder und Wiesen. Ich begleite sie oft bei ihren Streifzügen durch die Natur. Es wäre zwar nicht mein Favorit. Aber ich bin gerne draußen. Und Oma würde sich bestimmt sehr freuen, wenn sie mich ausbilden dürfte. Erst neulich hat sie mir gesagt, wie schön es wäre, wenn durch mich die Familientradition aufrechterhalten würde. Eins weiß ich aber ganz sicher: Auf keinen Fall will ich eine Kräuterhexe werden! Das steht ganz hinten auf meiner Hexenausbildungswunschliste – uncooler geht’s ja wohl nicht! Ich hoffe wirklich, dass der Hexenkreis mich nicht zu dieser Camilla schickt. Wenn es nach mir ginge, würde ich die doofe Hexenordnung sowieso ändern und allen Junghexen ein Mitspracherecht gewähren. Wo gibt es so was denn bitte heute noch, dass man nicht selbst entscheiden darf, was man wird! Ich schaue zu Oma rüber und schnell wieder weg. Omas Cousine Camilla beobachtet mich immer noch! Und nicht nur sie: Direkt neben ihr sitzt Santana. Dass sie ebenfalls eine Kräuterhexe ist, habe ich mir gleich gemerkt, als sie mich begrüßt hat. Sie ist nämlich bildschön. Auch sie hat schwarzes Haar, das sie allerdings hochgesteckt hat. Sie ist wesentlich jünger als Camilla, ich schätze sie auf Mamas Alter, und wirkt irgendwie geheimnisvoll. Sie hat große dunkle Augen, trägt schwarze enge Hosen und dazu einen schwarzen Rollkragenpullover. Auch sie betrachtet mich offenbar schon eine ganze Weile. Als sie meinen Blick bemerkt, lächelt sie mir zu. Also noch eine Kräuterhexe, die ein Auge auf mich geworfen hat. Bitte nicht! »Schneid den Kuchen ruhig schon an, Schatz«, sagt da jemand neben mir und reißt mich aus meinen Gedanken. Diesmal klingt die Stimme überhaupt nicht kratzig, sondern warm und liebevoll. Es ist meine Mutter. Ich habe sie nicht kommen hören. Lichthexen verfügen über die Fähigkeit, sich völlig lautlos zu bewegen. Sie stellt eine große Kanne mit Kaffee auf den Tisch und sieht sich prüfend um. »Der Tee fehlt noch. Ich geh ihn holen.« »Okay.« Ich greife nach dem Messer. Das Rezept für den Kuchen habe ich von Stina, meiner besten Freundin. Es ist supereinfach: Alle Zutaten werden mit einer Tasse abgemessen, zusammengerührt, in eine Kastenform geschüttet und gebacken. Fertig. Im Gegensatz zu mir experimentiert Stina gern in der Küche herum. Würde es Küchenhexen geben, würde sie zweifelsohne zu ihnen gehören. Aber die existieren nicht und außerdem ist Stina ein ganz normales Mädchen ohne Hexenblut. In der Regel wird man nur zur Hexe, wenn man Hexenvorfahren hat. Äußerst selten werden auch Mädchen mit ganz besonderen Begabungen ausgebildet. Gut kochen und backen können gehört allerdings leider nicht dazu. Und darum werde ich Stina nie von meiner Hexenausbildung erzählen können, weil normale Menschen natürlich nichts von uns wissen dürfen. Nachdem ich den Kuchen in dicke Scheiben geschnitten habe, tritt meine Mutter neben mich und klatscht in die Hände. »So, meine Lieben, dann legen wir mal los!« Sie hakt sich bei mir unter und geht mit mir zum Kopfende des Tisches. »Du sitzt links neben mir, an meiner Herzseite«, sagt sie leise. »Aber erst einmal bleiben wir kurz stehen und du begrüßt deine...


Andrea Russo, geboren im November 1968, studierte Kunst und Germanistik. Sie lebt mit Mann und Labradorhündin im Ruhrgebiet. Die Inspirationen für ihre Kinderbücher verdankt sie ihrer mittlerweile schon erwachsenen Tochter, die füher jede Menge Flausen im Kopf hatte - und den Schülern und Schülerinnen einer Förderschule, in der sie als Lehrerin arbeitete. Andrea Russo schreibt seit 2009 für verschiedene Verlage.



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