Schmidt | Sprachtherapie mit mehrsprachigen Kindern | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 11, 188 Seiten

Reihe: Praxis der Sprachtherapie und Sprachheilpädagogik

Schmidt Sprachtherapie mit mehrsprachigen Kindern


2. Auflage 2021
ISBN: 978-3-497-61535-3
Verlag: Ernst Reinhardt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 11, 188 Seiten

Reihe: Praxis der Sprachtherapie und Sprachheilpädagogik

ISBN: 978-3-497-61535-3
Verlag: Ernst Reinhardt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mehrsprachige Kinder mit Spracherwerbsstörungen benötigen
eine spezielle Therapie und Förderung. Ausgangspunkt
der vom Autor vorgestellten und erprobten "kontrastoptimierten
Therapie", die auf den Prinzipien der
Kontextoptimierung (H.-J. Motsch) beruht, ist die Zweitsprache
Deutsch. Wie Therapeuten auch ohne besondere
Vorkenntnisse die Erstsprache konsequent miteinbeziehen
können, zeigt Marc Schmidt u. a. anhand von 45 konkret
umsetzbaren Therapieeinheiten. Die Besonderheiten
der Erstsprachen Türkisch, Russisch, Polnisch, Portugiesisch
und Französisch werden dem Deutschen gegenüber
gestellt und erklärt.
Auch zur allgemeinen Förderung des bilingualen Spracherwerbs
bietet das Buch Grundlagen und praktische Anregungen.

Schmidt Sprachtherapie mit mehrsprachigen Kindern jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


2Spracherwerb 2.1Sprachtypologie Definition Die Sprachtypologie klassifiziert Sprachen nach grammatischen Merkmalen (z. B. hinsichtlich der Flexion oder der Wortbildung) und ohne Rückgriff auf historisch-genetische Zusammenhänge in verschiedene Sprachtypen. Sprachen, die gemeinsame strukturelle Eigenschaften aufweisen, gehören demselben Sprachtyp an (Marouani 2006; Calañas Continente / Ferrer Mora 2008). In der Therapie mehrsprachiger Kinder stellen die strukturellen Eigenschaften der implizierten Sprachen und deren Kontrastierung einen wichtigen Ansatzpunkt dar: „Der Vergleich ist ein Königsweg der Erkenntnis. Erst der Blick auf das Andere, auch in der Grammatik, schärft den Blick für das Eigene“ (Zifonun 2001, 1). cross-linguistische Kontrastierung Die kontrastoptimierte Sprachtherapie greift auf Erkenntnisse aus der Sprachtypologie zurück, indem sie dem Kind Gemeinsamkeiten und Unterschiede, die zwischen zwei Sprachen bestehen, bewusst macht. Die Zuordnung einer Sprache zu einem bestimmten Sprachtyp ist nicht immer eindeutig. Sprachen zeigen oft gleichzeitig Strukturen des einen oder anderen Typs auf. Folgende Sprachtypen werden vornehmlich unterschieden: Flektierende Sprachen: Griechisch und Latein zählen als ältere indoeuropäische Sprachen zu den flektierenden Sprachen. Unter den neueren indoeuropäischen Sprachen sind bspw. weiterhin Deutsch als germanische Sprache (Kap. 2.2) und Russisch und Polnisch (Kap. 2.4) als slawische Sprachen stark flektierend. Weiterhin, weil sich Sprachen im Laufe der Zeit (mehr oder weniger schnell) verändern: „Natürliche Sprachen ähneln lebendigen Organismen: sie kommen zur Welt, entwickeln sich und sterben aus“ (Calañas Continente / Ferrer Mora 2008, 38). Flektierende Sprachen zeichnen sich dadurch aus, dass die syntaktischen Beziehungen zumindest zum Teil anhand von Affixen (v. a. von Präfixen und Suffixen) markiert werden (Vater 2002):
Er hat einen schwarzen Hund gemalt. Ein typisches Merkmal flektierender Sprachen besteht darin, dass die einzelnen Affixe mehrere Funktionen in sich vereinen können. Die Endung „-t“ weist im Deutschen auf die 3. Person Einzahl und 2. Person Mehrzahl hin: er malt, ihr malt. Außerdem können in flektierenden Sprachen Wortstamm und Affixe miteinander verschmelzen (essen: du isst anstatt du iss-st) und der Wortstamm kann durch die Flexion verändert werden (lesen, er liest). keine eindeutige Funktion der Affixe Deutsch zeigt in seiner heutigen Struktur nicht nur flektierende, sondern bspw. auch isolierende Merkmale auf. Die Akkusativ- und Dativmarkierung zeigt sich zum Teil isolierend – ohne Flexionsmorpheme am Nomen – anhand des Artikels: den Hund, dem Hund. Die Vermischung von Merkmalen (flektierend durch Affixe und isolierend) zeigt sich z. B. im Dativ Plural: den Kindern (Marouani 2006). Agglutinierende Sprachen: Türkisch wird als eine der meist agglutinierenden Sprachen angesehen (Kap. 2.5). Auch Finnisch, Ungarisch, Estnisch und Japanisch, die allesamt nicht zu den indoeuropäischen Sprachen zählen, gehören zu den agglutinierenden („anfügenden“) Sprachen. Aggluntierende Sprachen zeichnen sich genau wie flektierende Sprachen dadurch aus, dass die syntaktischen Beziehungen anhand von Affixen markiert werden: geliyordunuz – ihr kamt gel (Verbstamm), iyor (Präsens), du (Vergangenheit), n (2. Person), uz (Plural) eindeutige Funktion der Affixe In agglutinierenden Sprachen werden Affixe mit eindeutiger Funktion an das Stammelement gefügt, sodass die Segmentierung (Aufgliederung) klar bleibt (Marouani 2006). In anderen Worten kommt einem Affix immer nur eine bestimmte grammatische Funktion zu (im Gegensatz zu den Flexionsmorphemen flektierender Sprachen). Fehlen von Affixen Isolierende oder analytische Sprachen: Chinesisch ist eine typisch isolierende Sprache. Im Französischen und besonders im Englischen, die sich im Verlauf ihrer Geschichte immer mehr von stark flektierenden zu isolierenden Sprachen hin entwickelt haben, sind nur noch Überreste von Flexionsmorphologie vorhanden. Im Englischen bleibt bspw. nur noch die s-Markierung in der 3. P. E. (he eats) und das Plural-s am Nomen (apples). Zudem ist die Wortstellung isolierender Sprachen äußerst rigide. Auf syntaktischer Ebene zeigen Französisch und Portugiesisch Merkmale isolierender Sprachen auf. Es besteht in beiden Sprachen eine relativ strikte Wortordnung (Kap. 2.3). Subjekt und Objekt können – im Gegensatz zum Deutschen – im folgenden Beispiel nicht ohne Bedeutungsänderung die Positionen wechseln: La fille dessine le garçon. Le garçon dessine la fille. Während im Französischen einmal das Mädchen und einmal der Junge malen, bleibt das Mädchen im Deutschen aufgrund der offenen Kasusmarkierung die einzig Malende: Das Mädchen malt den Jungen. Den Jungen malt das Mädchen. Charakteristisch für isolierende Sprachen ist das Fehlen von Flexionsaffixen. Wörter bleiben unverändert. Die Wortstellung ist hingegen rigide. Grammatische Relationen werden nicht durch morphologische Flexive angezeigt, wie bspw. „–st“ in „du malst“, sondern durch freie Morpheme (wie Artikel, Präpositionen, Konjunktionen und Hilfsverben) und Wortstellungsregularitäten. 2.2Erwerb der deutschen Sprache Ungestörter Erstspracherwerb Die in diesem Kapitel dargestellten, allgemeinen Merkmale des ungestörten und gestörten Erstspracherwerbs, beziehen sich nicht nur auf die deutsche Sprache, sondern auch auf die Erstsprachen Französisch, Portugiesisch, Russisch, Polnisch und Türkisch. Die Merkmale, die sich ausschließlich auf die deutsche Sprache beziehen, sind entsprechend im Text gekennzeichnet. sprachübergreifende Merkmale >Bei günstigen Erwerbsbedingungen und (mehr oder weniger) ausbalancierter Mehrsprachigkeit ist der simultane Erwerb zweier Sprachen mit dem monolingualen Erwerb zu vergleichen. Die Merkmale des Erstspracherwerbs beziehen sich demnach auch auf zwei, simultan erworbene (Erst-)Sprachen. Der Spracherwerb kann allerdings in einigen Bereichen etwas länger dauern als bei einsprachigen Kindern. Der Wortschatz in einer der beiden Sprachen ist zudem in der Regel etwas geringer – in der Summe der beiden Sprachen allerdings meist größer (Chilla et al. 2010, 36) – und es werden selbstverständlich auch Sprachmischungen, als Zeichen mehrsprachiger Kompetenz, bei diesen Kindern schon in frühen Erwerbsphasen beobachtet. Vergleich mono- und bilingualer Erwerb Der frühkindliche Zweitspracherwerb bezieht sich auf Kinder, die erst nach dem 2. bis 3. Lebensjahr, also nach dem Erwerb wichtiger Grundzüge ihrer Erstsprache, mit der deutschen Sprache in...


Dr. Marc Schmidt, Sprachheillehrer am Centre de Logopédie, Luxemburg, Dozent in der Lehrerausbildung an der Universität Luxemburg, arbeitet seit über 20 Jahren im Vorschulbereich mit Kindern mit Sprachstörungen.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.