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E-Book, Deutsch, 160 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 225 mm

Schnell / Dunger Forschungsethik

Informieren – reflektieren – anwenden

E-Book, Deutsch, 160 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 225 mm

ISBN: 978-3-456-95850-7
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Pflegewissenschaft, Gesundheitswissenschaften und die neu entstehenden Wissenschaften der Therapie- und Heilberufe benötigen als Qualitätsmerkmale ethische Standards und zugleich Kenntnisse über die rechtlichen Aspekte von Forschung (Datenschutzgesetz, Betreuungsrecht etc.). Das vorliegende Buch ist ein Arbeitsbuch: es gibt Forschern Orientierung und konkrete Hinweise, welche forschungsethischen Prinzipien, Datenschutzbestimmungen (D, CH, A) und Richtlinien im Umgang mit Ethikkommissionen zu beachten sind. Die Beispiele beziehen sich methodisch auf die Bereiche: Experteninterview, Patienten, Beobachtung durch Videoaufzeichnung, randomisierte Studien, Angehörige, pflegende Kinder, Menschen mit Demenz, Frührehabilitation. Nahrungsverweigerung und Selbstverletzung, DCM, ambulante Pflege, familiale Sorge, Wachkoma und randomisierte Studien. Die zweite vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage bietet neu: - Eine kurze Geschichte der Forschungsethik - Eine Verzahnung von Forschungsethik und Datenschutzgesetzen, damit der Leser auf einen Blick sieht, welche ethischen UND rechtlichen Normen bei der Forschung zu beachten sind. - Fallbeispiele und Übungsaufgaben aus den oben genannten Bereichen - Forschung am Probanden mit Demenz und anderen nicht-einwilligungsfähigen Personen - Grundlagen Online Research-Ethics
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Zielgruppe


Gesundheitsberufe allgemein (Forscher)

Weitere Infos & Material


1;Forschungsethik;1
1.1;Inhalt;7
2;Geleitwort von Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik;11
3;Vorwort zur 2. Auflage;15
4;1 Einleitung in das Problemfeld;17
4.1;1.1 Was ist Forschung und was ist Forschungsethik?;19
4.2;1.2 Forschungsethik, Datenschutz, Forschungsmethoden, Wissenschaftstheorie;20
4.3;1.3 Erkenntnis, Publikationen und ethisches Verhalten;22
4.4;1.4 Aufbau des Buches;24
5;2 Kurze Geschichte der Forschungsethik;25
5.1;2.1 Pflegewissenschaft als Vorreiterin im Bereich der nicht-medizinischen Forschungsethik;26
6;3 Grundlagen der Forschungsethik und des Datenschutzes;31
6.1;3.1 Menschenwürde und Menschenrechte;31
6.2;3.2 Forschungsethisches Verhalten und informierte Zustimmung (informed consent);32
6.3;3.3 Forschungsethische Prinzipien;34
6.4;3.4 Datenschutz und Gesellschaft;37
6.5;3.5 Wissenschaftliche Forschung im Rahmen des Bundesdatenschutzgesetzes;38
6.6;3.6 Zusammenfassung: der Kern der Forschungsethik;42
7;4 Vulnerabilität als Schlüsselbegriff der Forschungsethik;43
7.1;4.1 Vulnerabilität in der Forschung;44
7.2;4.2 Wie ist Vulnerabilität zu bestimmen?;44
7.3;4.3 Das Individuum vor dem Hintergrund der Typik;45
7.4;4.4 Auf dem Weg zum Individuum;45
7.5;4.5 Forschung mit Kindern;46
7.6;4.6 Forschung an nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen am Beispiel Demenz;46
7.7;4.7 Grenzen der Anonymisierung bei einzigartigen Probanden;50
7.8;4.8 Unvorhersehbarkeit in der Forschung;51
8;5 Skala ethisch-methodischer Komplexität;53
8.1;5.1 Beispielstudie 1: Freiberufliche Hebammen in den „Frühen Hilfen“;53
8.2;5.2 Beispielstudie 2: Wirksamkeit eines lymphologischen Kompressionsverbandes nach Implantation einer Knieprothese;56
8.3;5.3 Beispielstudie 3: Anwesenheit von Angehörigen in lebensbedrohlichen Situationen;57
8.4;5.4 Beispielstudie 4: Wirksamkeit einer kombinierten Therapie bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen;59
8.5;5.5 Beispielstudie 5: Wirksamkeit eines präventiven Trainings zur visuellen Wahrnehmungsförderung bei Kindern;61
8.6;5.6 Beispielstudie 6: Akzeptanz und Selbstwahrnehmung bei Stottern im Kindesalter;62
8.7;5.7 Beispielstudie 7: Spiritual Care am Lebensende;63
8.8;5.8 Zusammenfassung;65
9;6 Die Prüfung von Forschungsvorhaben durch Ethikkommissionen;67
9.1;6.1 Historische Entwicklung forschungsethischer Kommissionen;68
9.2;6.2 Aufbau und Arbeitsweise einer Ethikkommission;71
9.3;6.3 Grenzen der ethischen Prüfung;79
9.4;6.4 Beispiel eines Antragsverfahrens;80
10;7 Übungsaufgaben;85
10.1;7.1 Übungsbeispiel 1: Niedrigschwellige Betreuungsangebote für Menschen mit Demenz;85
10.2;7.2 Übungsbeispiel 2: Einschätzungsinstrument zu selbstverletzendem Verhalten bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung;87
10.3;7.3 Übungsbeispiel 3: Psychische Belastungssituation und Lebensqualität von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen;88
10.4;7.4 Übungsbeispiel 4: Pflegerische Entscheidungsfindung bei Patienten mit schwerer Atemnot;89
10.5;7.5 Beantwortungen;90
11;Anhang 1: Ethik und Wahrheit;101
12;Anhang 2: Online Research Ethics;105
13;Anhang 3: Informationsmaterial;109
14;Anhang 4: Glossar;141
15;Literaturverzeichnis;145
16;Über die Autoren;149
17;Sachwortverzeichnis;151


2 Kurze Geschichte der Forschungsethik

Die Geschichte der modernen Forschungsethik verweist auf die inhumanen Experimente während des Nationalsozialismus zurück. Die Forschungsethik ist eine Reaktion auf diese Experimente. Sie zeigt, dass Medizin und Wissenschaft aus dem Unrecht positive Lehren gezogen haben.

Der Nürnberger Ärzteprozess (1946–1947) verdeutlichte die zentrale Stellung der Ärzte und der Heilberufe im nationalsozialistischen Staat und bei der Durchführung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit (vgl. Mitscherlich & Mielke, 1995). Angeklagt waren zwar nur Ärzte und Zahnärzte als Vertreter von Professionen. Pflegende wurden jedoch als Mittäter identifiziert. Krankenschwestern verrichteten Hilfsdienste, weswegen sie keine eigene Profession mit einem eigenen und legitimen Ethikvorbehalt bildeten, wie dieser den Ärzten zusteht. Dieser Umstand legitimierte ihr Handeln jedoch keineswegs. Zahllose Angehörige der Pflegeberufe haben im deutschen Inland und an den Fronten im Osten und Westen diese Verbrechen und die militärischen Kriegshandlungen gleichwohl aktiv unterstützt (vgl. Schnell, 2007). So wäre ohne das Deutsche Rote Kreuz der Russlandfeldzug nicht möglich gewesen!

Der Nürnberger Prozess zeugt von einem moralischen Fortschritt der Menschheit. Die im Anschluss erlassene Menschenrechtskonvention verbietet die Überordnung binnenstaatlichen Rechts über die Menschlichkeit. Er zeigte speziell, dass der Hippokratische Eid, dessen Schwur unterstellt, dass ein Arzt das Beste will und auch tut, offenbar Grenzen hat, da er zur normativen Strukturierung der verantwortungsvollen Tätigkeit eines Arztes allein nicht ausreicht. Im Ausgang vom Nürnberger Prozess beginnt die Medizin, sich zur Demokratie zu bekennen und legt ethische Grundlagen für Forschung und Behandlung.

Der Nürnberger Kodex von 1947 enthält unter anderem das Prinzip des informed consent (informierte Zustimmung): „Die freiwillige Zustimmung der Versuchsperson ist unbedingt erforderlich. Das heißt, dass die betreffende Person im juristischen Sinne fähig sein muss, ihre Einwilligung zu geben; dass sie in der Lage sein muss, unbeeinflusst durch Gewalt, Betrug, List, Druck, Vortäuschung oder irgendeine andere Form der Überredung oder des Zwanges, von ihrem Urteilsvermögen Gebrauch zu machen; dass sie das betreffende Gebiet in seinen Einzelheiten hinreichend kennen und verstehen muss, um eine verständige und informierte Entscheidung treffen zu können.“

Der moralische Fortschritt liegt in dem Bekenntnis, dass Schaden und Unwahrheit mit guter Forschung nicht zu vereinbaren sind. In der historischen Folge wird der Kodex mehrfach erweitert und renoviert (vgl. Kohlen, 2009). Die ethischen Grundsätze des Weltärztebundes für die medizinische Forschung am Menschen gelten allgemein als Standard ärztlicher Ethik. Sie werden in den meisten Ländern angewendet, allerdings in unterschiedlichen Fassungen. In Deutschland beziehen sich die Ethikkommissionen im Rahmen klinischer Studien derzeit auf verschiedene Revisionen dieser Deklaration. Die World Medical Association (WMA) akzeptiert allerdings nur die jeweils aktuelle Version als gültig. Die Ethikkommission der Deutschen Bundesärztekammer ist selbst Initiator spezifischer Ethikdebatten (vgl. Wiesing, 2003).

2.1 Pflegewissenschaft als Vorreiterin im Bereich der nicht-medizinischen Forschungsethik

Forschung in der Pflegewissenschaft und den Therapiewissenschaften etablierte sich, abgesehen von vereinzelten durch Mediziner durchgeführte Studien zu pflegerischen Fragen, wie die von Martin Mendelssohn in Berlin, erst Jahrzehnte nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Sie partizipiert an den Lehren, die die Medizin gezogen hat (vgl. Schnell, 2015). Die seither verpflichtenden Richtlinien für Ethik in der Forschung gelten auch für alle nicht-medizinische Forschungen mit und an Menschen.

Die in den USA seit Jahrzehnten bereits etablierte und praktizierte Pflegeforschung blickt auf eine Tradition der Forschungsethik zurück. Die American Nurses Association formulierte im Jahre 1968 ethische Richtlinien für die Pflegeforschung. Die 1985 aktualisierte Fassung sieht als ethischen Mindeststandard, neben der Achtung der Menschenrechte und der Vermeidung von Nachteilen für die Probanden, die Prüfung eines Forschungsvorhabens durch eine Ethikkommission (Institutional Review Board) vor.

Die in Europa erst später als in den USA – und in Deutschland erst in den ausgehenden 1980er-Jahren des 20. Jahrhunderts – institutionalisierte Pflegewissenschaft ist mittlerweile in den Prozess einer immer weiter fortschreitenden Professionalisierung eingetreten. Aufgrund der Leistungen und Erfolge der Pflegeforschung ist die Behauptung gerechtfertigt, dass die Pflegewissenschaft auf dem Weg ist, sich im Konzert der Gesundheitswissenschaften einen eigenen Platz zu erobern.


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