Seeck | Feindesopfer | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 400 Seiten

Reihe: Jessica Niemi

Seeck Feindesopfer

Thriller
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7517-2824-9
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, Band 3, 400 Seiten

Reihe: Jessica Niemi

ISBN: 978-3-7517-2824-9
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zetterborg, ein erfolgreicher Geschäftsmann, wird in seinem Haus in Helsinki tot aufgefunden. Er hatte zuvor harte Maßnahmen und Entlassungen angekündigt und sich so unzählige Feinde gemacht. Das Mordmotiv scheint klar, als Jusuf die Ermittlungen übernimmt. Der findet jedoch heraus, dass Zetterborg noch ganz andere Feinde hatte. Auf einem Foto, das man in seinem Haus findet, sind neben dem Ermordeten zwei Männer zu sehen, deren Gesichter vom Täter ausgekratzt wurden. Wer sind diese zwei Männer? Sind sie weitere Opfer? Jusufs Kollegin Jessica Niemi, noch geschwächt von ihrem psychischen Zusammenbruch, wird durch dieses Foto gezwungen, sich erneut den Dämonen der Vergangenheit zu stellen ...



Max Seeck war zunächst im Marketing und Vertrieb einer finnischen Firma tätig. Seit einigen Jahren widmet er sich ganz dem Schreiben von Thrillern. Mit großem Erfolg. HEXENJÄGER, sein internationaler Durchbruch, wird zurzeit in Hollywood verfilmt und stand sowohl auf der SPIEGEL- als auch der NEW-YORK-TIMES-Bestsellerliste. Mit TEUFELSNETZ und FEINDESOPFER setzt er die Erfolgsgeschichte fort. Max Seeck lebt mit seiner Familie in Helsinki.
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1


Der Kasten des alten Aufzugs scheppert im Schacht. Unter der Decke surrt das Drahtseil.

Verdammter gieriger Scheißer.

Eliel Zetterborg riecht das aufdringliche Rasierwasser seines Leibwächters und rümpft die Nase. Er denkt an die Worte auf den Transparenten, die er vor einer Stunde durch die getönten Scheiben des Maybach betrachtet hat.

Seine Finger krümmen sich kurz wie zur Faust, die Hände fühlen sich schwach an. Die undankbaren Idioten wissen nicht, wovon sie sprechen.

Eliel verlässt den Aufzug und geht mit dem Schlüssel in der Hand die paar Schritte zu seiner Wohnungstür. Joonas schließt das Gitter des Aufzugs hinter sich. Das metallische Knacken weckt bei Eliel nostalgische Gefühle. Das Geräusch erinnert an die mechanischen Geräte früherer Zeiten, an Eisen- und Metallteile, die nach Schmieröl rochen, durch Federn, Dampf oder Schwerkraft bewegt wurden und den Menschen Arbeit abnahmen. Dagegen ist die moderne Technologie völlig geruch- und geschmacklos. Maschinen, die man mit den Händen bedienen konnte, haben sich in eine Serie ausgeklügelter Algorithmen und Mechanismen verwandelt, deren Funktionsweise so abstrakt ist, dass die Werbe- und Kommunikationsprofis sie in schöne Geschichten verpacken müssen, um ihnen wenigstens ein bisschen Leben einzuhauchen. Da können die Millennials sagen, was sie wollen, früher war alles besser.

Du hast diese Stadt getötet, Zetterborg.

Als Eliel Zetterborg auf den Tag genau vor fünfzig Jahren mit Eetu Montto die EZEM Rohrsystem AG gründete, konnte man aus dem Namen des Unternehmens noch auf seinen Geschäftsbereich schließen. In der Werkstatt im Industriegebiet Herttoniemi fummelte man damals nicht an Computern herum, sondern schmiedete und drehte Teile, aus denen etwas Reelles und Greifbares gebaut wurde. Keine Stromleitungen und Transistoren, sondern nach Blut und Schweiß riechender Stahl. Schwerindustrie im wahrsten Sinn des Wortes.

Eliel schließt die Augen und spürt den süßen Geruch des glühend heißen Metalls in der Nase, hört das Knistern, das entsteht, wenn die Schweißer sich hinten in der südlichen Fertigungshalle an der Puusepänkatu an die Arbeit machen.

»Alles in Ordnung?«, fragt Joonas und blickt sich verstohlen im Treppenhaus um. Joonas Lamberg, Eliels langjähriger Chauffeur und Leibwächter, begleitet ihn auch an diesem Abend und wird dann am Steuer des Maybach in der Muukalaiskatu warten, bis Eliel fertig ist. Danach wird Joonas ihn zum Festplatz bringen, der im benachbarten Viertel ist. Normalerweise würde Joonas jetzt schon Feierabend machen, aber die Lage ist im Moment nicht normal: Viele gewöhnliche Menschen hassen Eliel Zetterborg und den Vorstand der RealEst aus tiefstem Herzen, deshalb ist es besser, wenn Joonas den ganzen Abend in der Nähe bleibt.

»Danke, ja. Wir sehen uns bald unten wieder«, antwortet Eliel, schließt die Tür auf und gibt den Code in die Alarmanlage ein.

Joonas nickt knapp, späht nach oben und geht dann zu Fuß die Treppe hinunter. Das tut er jeden Abend, um sich zu vergewissern, das sich niemand ins Treppenhaus geschlichen hat, der dort nicht hingehört. Joonas ist loyal und gewissenhaft. Er war früher beim Einsatztrupp der Polizei und ist immer noch gefährlich, obwohl er schon fast fünfzig und unbewaffnet ist.

Eliel Zetterborg klopft die Schuhe auf der Fußmatte ab und zieht den Mantel aus, der auf dem Weg vom Auto zur Haustür an den Schultern nass geworden ist. Die Wohnung duftet nach dem neuen Putzmittel, das die Putzfrau auf seine Bitte hin gekauft hat. Es überdeckt den muffig-süßlichen Geruch der Antiquitäten und der aus der Kriegszeit stammenden Möbeltextilien, gegen den Eliel in letzter Zeit eine Antipathie entwickelt hat. Dieser Geruch erinnert ihn daran, dass er alt geworden und – wie alle anderen auf Erden – dazu verurteilt ist, früher oder später zu sterben. In seinem Fall zweifellos früher. Seit Anne-Maries Dahinscheiden erscheint ihm jeder Tag wie ein langsames Abgleiten zum Tod, es ist, als würde sein Herz von Tag zu Tag seltener schlagen, bis es eines Nachts plötzlich stehen bleibt und ihn von seiner Qual erlöst.

Eliels Blick fällt auf die gelbe Plastiktüte, die im Flur herumsteht. Die Putzfrau hatte die Bücher am Vormittag in die Stadtbibliothek in der Rikhardinkatu bringen und bei der Gelegenheit die Vorbestellungen abholen sollen. Verflixt. Die Frau wird offenbar nachlässig.

Eliel geht weiter, die Hände in den Hosentaschen, und seufzt tief. Das Firmenjubiläum stimmt ihn nostalgisch.

Ein halbes Jahrhundert. In dieser Zeit ist RealEst zu einem globalen Börsenunternehmen herangewachsen, und es wird immer schwieriger, Gemeinsamkeiten mit dem kleinen Metallbetrieb zu finden, den er vor fünfzig Jahren mit Eetu gegründet hat.

Das Jahr 1970 war wie eine andere Wirklichkeit: Das von Kekkonen geführte, finnlandisierte Land unterschied sich fundamental vom heutigen Finnland, im Guten wie im Schlechten. Aus der Sicht seiner Eltern zweifellos im Schlechten. Eliel Zetterborgs Vater war Politikredakteur bei der Zeitung Helsingin Sanomat und trat entschieden für die Pressefreiheit ein. Seine Mutter machte als Bühnenschriftstellerin Karriere. Die künstlerischen und liberalen Zetterborgs empfanden die Nachkriegsatmosphäre als bedrückend und einlullend; vielleicht war das einer der Gründe, weshalb ihr einziger Sohn Eliel ein aktiver Gegner der Selbstzensur wurde, die der finnische Staat gegenüber der Sowjetunion betrieb. Andererseits profitierte die EZEM Rohrsystem AG (die im Zusammenhang mit der Fusion und der Börsenlistung im Sommer 1990 den Namen RealEst AG annahm) besonders in den 1980er Jahren erheblich vom bilateralen Handel zwischen den beiden Ländern, was seine Auffassung von der Sowjetunion deutlich positiver färbte. Solange der Nachbar im Osten zufrieden war, lief das Geschäft.

Opportunistischer Wendehals.

Eliel weiß, dass er ein Paradebeispiel dafür ist, wie man in der Hoffnung auf die schnellen Gewinne, die der Kapitalismus bietet, seine Ideologie verrät. Im Lauf der Jahre wurde ihm immer wieder vorgeworfen, er habe seine Prinzipien verkauft, von so vielen verschiedenen Menschen, dass er sich gar nicht mehr darüber ärgern mag. Außerdem stimmt es ja, auch wenn das alles Jahrzehnte zurückliegt. Dennoch bereut er nichts, keine Sekunde. Die Entscheidungen haben ihm und Anne-Marie ein großartiges Leben ermöglicht. Ihnen und Axel, der im Gegensatz zu Eliel in Wohlstand und Überfluss aufwachsen durfte. Mitunter überlegt Eliel, ob sich sein Sohn bei kargerem Nährboden anders entwickelt hätte: Ist ihre Beziehung gerade deshalb so schwierig, weil ihre Ausgangspositionen so sehr verschieden waren?

Eliel stellt sich vor den großen Spiegel und betrachtet sein weißbärtiges, gefurchtes Gesicht. Das Display des Handys blinkt auf der Kommode, aber er will nicht drangehen. Das Telefon hat heute so oft geklingelt wie nie zuvor. Reporter, Gratulanten, Berufs- und Hobbypolitiker, Beinahe-Freunde, Schulterklopfer. Schmarotzer. Heute ist ein großer Tag für die finnische Industrie und für RealEst. Die mittlere Führung des Unternehmens feiert gerade in einem riesigen Zelt auf dem Marktplatz Hietalahti, wo im Rahmen des Festprogramms verschiedene Künstler auftreten. Die Führungsgruppe und die Vorstandsmitglieder samt Ehepartnern versammeln sich im Salon des nahe gelegenen Restaurants Saslik zum Jubiläumsdinner.

Schlächter.

Eliel schließt die Augen und versucht zu vergessen.

Er sieht sie immer noch vor sich, die weißen Transparente, die den hellen Sonnenschein reflektieren. Es sind Dutzende, und sie werden von Hunderten Händen gehalten. Auf ihnen stehen in großen Buchstaben alle nur denkbaren Beschimpfungen. Tausende Menschen haben sich vor der Fabrik versammelt, und keiner von ihnen ist gekommen, um die fünfzigjährige Erfolgsgeschichte des Unternehmens zu feiern. Der Lärm, den die wütende Menschenmenge erzeugt, ist ohrenbetäubend, und als Dirigent wirkt ein Gewerkschafter, der mit seinem Megafon auf einem Podest steht.

Eliel öffnet die Augen und spürt, wie sein Herz hämmert. Diese undankbaren Knilche. Natürlich ist die Maßnahme radikal, aber sie wurde nicht leichtfertig beschlossen. Wenn die Fabrik zu retten wäre, würde sie gerettet. Bei dem Beschluss des Vorstandes, die Einheit in Kouvola zu schließen, geht es nicht darum, Produktionskosten zu senken, vielmehr soll die Rohrleitungstätigkeit heruntergefahren werden, weil sie einfach nicht mehr rentabel ist. Die Fabrik, die fast dreitausend Menschen beschäftigt, ist schon seit zehn Jahren ein Minusgeschäft im Unternehmen, und das Plus, das die anderen Bereiche der Geschäftstätigkeit erwirtschaften, ist kein hinreichender Grund, sie bis in alle Ewigkeit weiterzuführen. Noch problematischer als die Schließung der Fabrik ist wohl, dass es kaum möglich sein wird, die Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, in den anderen Bereichen des Unternehmens zu beschäftigen. Das Umfeld, in dem die RealEst AG tätig ist, hat sich in den letzten zehn Jahren wesentlich verändert. Selbst wenn die Firma die teure Umschulung bezahlt, wird ein fünfzigjähriger Metallarbeiter nie lernen, auch nur eine Zeile zu programmieren. Jedenfalls nicht schnell genug.

Zieh nach Schweden wie Nalle Wahlroos, du verdammtes Schwein.

Eliel seufzt. Er liest die Textnachricht, die schon vor fünfzehn Minuten gekommen ist. Axel hat sie geschickt.

Bin auf dem Weg zum Restaurant. Sei...


Max Seeck war zunächst im Marketing und Vertrieb einer finnischen Firma tätig. Seit einigen Jahren widmet er sich ganz dem Schreiben von Thrillern. Mit großem Erfolg. HEXENJÄGER, sein internationaler Durchbruch, wird zurzeit in Hollywood verfilmt und stand sowohl auf der SPIEGEL- als auch der NEW-YORK-TIMES-Bestsellerliste. Mit TEUFELSNETZ und FEINDESOPFER setzt er die Erfolgsgeschichte fort. Max Seeck lebt mit seiner Familie in Helsinki.



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