Simak | Raumstation auf der Erde | E-Book | www.sack.de
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Simak Raumstation auf der Erde

Roman
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-641-21321-3
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

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ISBN: 978-3-641-21321-3
Verlag: Heyne
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Auf der Durchreise

Enoch Wallace ist anders als seine Mitmenschen. Er führt ein zurückgezogenes Leben auf einer einsamen Farm in Wisconsin, trägt ein Gewehr aus dem 19. Jahrhundert mit sich herum und scheint nicht zu altern – ein Umstand, der die Regierung auf ihn aufmerksam werden ließ. Tatsächlich ist Enoch der letzte Überlebende des Amerikanischen Bürgerkriegs – und leitet seit gut einhundert Jahren eine Durchgangsstation, in der Aliens auf ihren Reisen zwischen den Sternen Halt machen. Doch die Unsterblichkeit ist alles andere als ein Geschenk: Enoch hat längst erkannt, dass der Menschheit nicht mehr viel Zeit bliebt, um ihrer drohenden Vernichtung zu entgehen. Zwar besteht noch eine kleine Chance auf Rettung, doch die könnte sich ebenso gut als Todesstoß erweisen …

Clifford D. Simak, geboren 1904 in Millville, Wisconsin, arbeitete nach dem Studium bis zu seiner Rente 1976 als Zeitungsjournalist. Seit er als Kind die Romane von H. G. Wells gelesen hatte, interessierte Simak sich für die Science-Fiction. Er begann Anfang der Dreißigerjahre, seine ersten Science-Fiction-Kurzgeschichten in den Magazinen von Hugo Gernsback, vor allem in Wonder Stories und später in Astounding, zu veröffentlichen. Sein erster Roman, „Ingenieure des Kosmos“, erschien 1939 in Fortsetzungen und erinnerte noch an die Werke von E. E. „Doc“ Smith, doch Simak fand schnell seinen eigenen, ruhigen Stil. Dieser kam bei Fans wie Kollegen gut an: 1959 erhielt er seinen ersten Hugo Award; in den nächsten zwei Jahrzehnten folgten zwei weitere Hugos, darunter für seinen Roman „Raumstation auf der Erde“, ein Nebula Award und der SFWA Grand Maester. Sein bekanntestes Werk ist der Episodenroman „Als es noch Menschen gab“, der in einer fernen Zukunft angesiedelt ist, in der die Welt, wie wir sie kennen, längst zu einem Mythos geworden ist. Clifford D. Simak starb am 25. April 1988 in Minneapolis.
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2


Dr. Erwin Hardwicke rollte den Bleistift zwischen den Handflächen hin und her, eine störende Angewohnheit. Er sah den Mann vor seinem Schreibtisch forschend an.

»Ich verstehe nur nicht, warum Sie zu uns kommen«, sagte er.

»Na ja, immerhin seid ihr die Nationalakademie, und ich dachte …«

»Und Sie gehören zum Geheimdienst.«

»Hören Sie, Doktor, wenn es Ihnen so lieber ist, betrachten wir diesen Besuch als inoffiziell. Tun wir so, als sei ich ein verwirrter Mann von der Straße, der sich bei Ihnen Aufklärung erhofft.«

»Ich würde Ihnen ja gerne behilflich sein, sehe aber keinen Weg. Die ganze Geschichte ist so nebelhaft und hypothetisch.«

»Menschenskind«, sagte Claude Lewis, »Sie können doch mein Beweismaterial nicht widerlegen – das bisschen, was ich habe.«

»Na schön«, sagte Hardwicke, »fangen wir noch einmal von vorne an und nehmen wir alles langsam durch. Sie sagen, Sie haben diesen Mann …«

»Er heißt Enoch Wallace«, unterbrach ihn Lewis. »Chronologisch ist er hundertvierunddreißig Jahre alt. Er wurde am 22. April 1840 auf einer Farm, wenige Kilometer von Millville, Wisconsin, geboren und ist das einzige Kind von Jedediah und Amanda Wallace. Als Abraham Lincoln die Freiwilligen aufrief, meldete er sich als einer der ersten. Er diente bei der Eisernen Brigade, die in der Schlacht von Gettysburg 1863 nahezu völlig aufgerieben wurde. Aber Wallace gelang es irgendwie, sich zu einer anderen Einheit versetzen zu lassen, und er kämpfte unter General Grant in ganz Virginia. Bei Appomatox erlebte er das Ende mit …«

»Sie haben ihn überprüft.«

»Ich habe mir seine Unterlagen herausgesucht. Den Eintrag über seine Meldung im Kapitol in Madison. Das übrige, einschließlich der Entlassungsverfügung, hier in Washington.«

»Sie sagten, er sähe aus wie Dreißig.«

»Keinen Tag älter. Vielleicht nicht einmal so alt.«

»Aber Sie haben nicht mit ihm gesprochen.«

Lewis schüttelte den Kopf. »Das dachte ich auch, als ich den Auftrag erhielt.«

»Wieso kam es eigentlich dazu? Wie wird der Geheimdienst auf solche Dinge aufmerksam?«

»Ich gebe zu, dass es ein bisschen ungewöhnlich ist«, erwiderte Lewis. »Aber bei den vielen Konsequenzen …«

»Unsterblichkeit, meinen Sie.«

»Daran haben wir vielleicht auch gedacht. An die Chance. Aber nur nebenbei. Es gab noch andere Überlegungen. Eine höchst eigenartige Geschichte, um die man sich kümmern musste.«

»Aber der Geheimdienst …«

Lewis grinste. »Sie meinen, warum kein wissenschaftliches Institut? Vom Standpunkt der Logik aus haben Sie vielleicht recht. Aber es war einer von unseren Leuten, der auf die Sache stieß. Er machte Urlaub bei Verwandten in Wisconsin. Nicht in der bewussten Gegend, aber fünfzig Kilometer entfernt. Er hörte ein Gerücht – nur eine beiläufige Bemerkung. Er fragte ein bisschen herum. Viel bekam er nicht heraus, aber es war immerhin genug, um ihn glauben zu lassen, an der Sache könne etwas dran sein.«

»Das ist es ja, was ich nicht begreife«, sagte Hardwicke. »Wie kann ein Mann in ein und derselben Gegend hundertvierunddreißig Jahre leben, ohne eine Berühmtheit zu werden, aller Welt bekannt? Können Sie sich vorstellen, was die Zeitungen daraus machen würden!«

»Mir wird übel, wenn ich nur daran denke«, gestand Lewis.

»Sie haben mir noch nicht erklärt, wie so etwas möglich ist.«

»Es lässt sich schwer erklären«, gab Lewis zu. »Sie müssten das Land und seine Bewohner kennen. Die südwestliche Ecke Wisconsins wird von zwei Flüssen begrenzt, dem Mississippi im Westen und dem Wisconsin im Norden. Dazwischen flaches, weites Prärieland, fruchtbares Land mit wohlhabenden Farmen und Städten. Aber das Land ist rau und unfreundlich; hohe Berge, tiefe Schluchten und gewisse Gegenden, die Buchten oder Taschen bilden und isoliert sind. Die Straßen sind kaum ausgebaut, und die kleinen Farmen gehören Leuten, die den Pioniertagen des vergangenen Jahrhunderts vielleicht näherstehen als dem zwanzigsten. Sie haben natürlich Autos und Radios und eines Tages vielleicht sogar Fernsehen. Aber ihre Einstellung ist konservativ und familienbewusst – gewiss, das gilt nicht für alle, nicht einmal für sehr viele, sondern nur für diese kleinen isolierten Bezirke.

Früher gab es in diesen abgelegenen Tälern viele Farmen, aber heutzutage kann man sich dort kaum sein Brot verdienen. Die Leute werden durch die wirtschaftlichen Umwälzungen langsam vertrieben. Sie verkaufen ihre Farmen für das, was sie gerade dafür bekommen, und ziehen fort, zumeist in die Großstadt, wo es mehr zu verdienen gibt.«

Hardwicke nickte. »Und die Zurückbleibenden sind natürlich die Konservativsten und Halsstarrigsten.«

»Richtig. Das Land gehört jetzt zum größten Teil Leuten, die gar nicht dort wohnen und es auch nicht bebauen. Sie lassen vielleicht ein paar Rinder dort weiden, aber das ist auch alles. Für Abschreibungen bei der Steuer mag das ganz gut sein.«

»Sie wollen mir weismachen, dass diese Hinterwäldler – so nennt man sie doch wohl? – eine Verschwörung des Schweigens beschlossen haben?«

»So krass kann man das nicht sehen«, meinte Lewis. »Es gehört einfach zu ihrer Art, als Überbleibsel der alten, nüchternen Denkweise. Sie kümmerten sich um ihre eigenen Angelegenheiten. Sie wünschten nicht, dass man sie belästigte, und sie ließen ihre Mitmenschen in Ruhe. Wenn jemand Lust hatte, tausend Jahre alt zu werden, dann konnte man das vielleicht bestaunen, aber es war seine Sache. Und wenn er alleine leben und in Ruhe gelassen werden wollte, während er sich damit abplagte, dann war das gleichfalls seine Sache. Sie besprachen das vielleicht untereinander, aber vor Fremden erwähnte man das Thema nicht. Sie hätten jeden Außenseiter scheel angesehen, der davon anfangen wollte.

Nach einer Weile fand man sich wohl damit ab, dass Wallace jung blieb, während alle anderen alt wurden. Der Reiz der Neuheit verlor sich, und man sprach kaum noch darüber, auch dann nicht, wenn man unter sich war. Neue Generationen akzeptierten es, weil die Älteren darin nichts allzu Ungewöhnliches erblickten – und im Übrigen sah man Wallace kaum, weil er ganz für sich blieb.

Und in der weiteren Umgebung galt das Ganze, wenn man überhaupt daran dachte, als Legende – als verrückte Geschichte, um die zu kümmern sich nicht lohnte. Vielleicht war das Ganze nur ein Spaß von den Leuten, ohne jeden Wahrheitskern. Man hätte sich lächerlich gemacht, wäre man der Sache nachgegangen.«

»Aber Ihr Kollege hat doch auch nachgeforscht.«

»Ja. Fragen Sie mich nicht nach dem Grund.«

»Er wurde aber nicht beauftragt, sich weiter darum zu kümmern.«

»Man brauchte ihn anderswo. Außerdem kannte man ihn dort.«

»Und Sie?«

»Es hat zwei Jahre Arbeit gekostet.«

»Aber jetzt kennen Sie die Geschichte.«

»Nicht alles. Jetzt sind viel mehr Fragen offen als am Anfang.«

»Sie haben den Mann gesehen.«

»Oft«, sagte Lewis. »Aber ich habe nie mit ihm gesprochen. Ich glaube nicht einmal, dass er mich je gesehen hat. Er macht jeden Tag einen Spaziergang, bevor er die Post holt. Er verlässt die Gegend nie, verstehen Sie? Der Postbote bringt, was er braucht. Einen Sack Mehl, ein Pfund Speck, ein Dutzend Eier, Zigarren und gelegentlich Alkohol.«

»Das verstößt doch gegen die Postvorschriften.«

»Sicher. Aber die Postboten treiben das schon immer so. Es tut keinem weh, bis sich jemand aufregt. Und das wird niemand wollen. Die Postboten sind vermutlich die einzigen Bekannten, die er je gehabt hat.«

»Mit dem Boden gibt sich dieser Wallace wohl nicht sehr viel ab?«

»Überhaupt nicht. Er hat einen kleinen Gemüsegarten, mehr bebaut er nicht. Das Ganze ist ziemlich verwildert.«

»Er muss aber doch leben. Er muss irgendwoher Geld bekommen.«

»Das tut er«, sagte Lewis. »Alle fünf oder zehn Jahre schickt er eine Handvoll Edelsteine an eine Firma in New York.«

»Gesetzlich?«

»Wenn Sie damit meinen, ob die Steine gestohlen sind, nein, das glaube ich nicht. Natürlich entspricht nicht alles dem Buchstaben der Bestimmungen, wenn man es genau nimmt. Zu Anfang, als er die ersten schickte, war noch alles in Ordnung. Aber die Gesetze wurden geändert, und ich nehme an, dass er und der Käufer gegen eine ganze Reihe davon verstoßen haben.«

»Und das stört Sie nicht?«

»Ich habe die Firma überprüft. Man war reichlich nervös«, erklärte Lewis. »Sie hatten Wallace maßlos übers Ohr gehauen, das ist ein Punkt. Ich wies sie an, weiterhin zu kaufen. Falls jemand auftauchen und Nachforschungen anstellen sollte, werden sie diese Person direkt an mich verweisen. Ich verlangte im Übrigen, man möge den Mund halten und alles beim alten lassen.«

»Sie wollen vermeiden, dass ihn jemand erschreckt«, sagte Hardwicke.

»Da haben Sie recht, das will ich vermeiden. Ich möchte, dass der Postbote weiterhin den Lieferjungen spielt und die New Yorker Firma Edelsteine kauft. Alles soll bleiben, wie es ist. Und bevor Sie mich fragen, woher die Steine stammen, will ich Ihnen gleich sagen, dass ich das nicht weiß.«

»Vielleicht hat er eine Mine.«

»Selbst bei den mäßigen Preisen, die man ihm dafür bezahlt, müsste er ein anständiges Einkommen erzielen.«

Lewis nickte. »Anscheinend schickt er nur eine neue Lieferung, sobald ihm das Bargeld ausgeht. Er braucht sicher nicht viel. Er lebt recht einfach, nach den Nahrungsmitteln zu schließen, die er einkauft. Aber er hat eine Menge Tageszeitungen, Nachrichtenmagazine und Dutzende von wissenschaftlichen Zeitschriften abonniert und...


Simak, Clifford D.
Clifford D. Simak, geboren 1904 in Millville, Wisconsin, arbeitete nach dem Studium bis zu seiner Rente 1976 als Zeitungsjournalist. Seit er als Kind die Romane von H. G. Wells gelesen hatte, interessierte Simak sich für die Science-Fiction. Er begann Anfang der Dreißigerjahre, seine ersten Science-Fiction-Kurzgeschichten in den Magazinen von Hugo Gernsback, vor allem in Wonder Stories und später in Astounding, zu veröffentlichen. Sein erster Roman, „Ingenieure des Kosmos“, erschien 1939 in Fortsetzungen und erinnerte noch an die Werke von E. E. „Doc“ Smith, doch Simak fand schnell seinen eigenen, ruhigen Stil. Dieser kam bei Fans wie Kollegen gut an: 1959 erhielt er seinen ersten Hugo Award; in den nächsten zwei Jahrzehnten folgten zwei weitere Hugos, darunter für seinen Roman „Raumstation auf der Erde“, ein Nebula Award und der SFWA Grand Maester. Sein bekanntestes Werk ist der Episodenroman „Als es noch Menschen gab“, der in einer fernen Zukunft angesiedelt ist, in der die Welt, wie wir sie kennen, längst zu einem Mythos geworden ist. Clifford D. Simak starb am 25. April 1988 in Minneapolis.



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