E-Book, Deutsch, Band 4, 288 Seiten
Reihe: Die geheime Drachenschule
Skye Die geheime Drachenschule - Das Erwachen der Blattfinger
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7517-0148-8
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Band 4
E-Book, Deutsch, Band 4, 288 Seiten
Reihe: Die geheime Drachenschule
ISBN: 978-3-7517-0148-8
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
In den Zeitungen des Königreichs taucht das verwackelte Bild eines Ungeheuers auf. Die Presse tippt auf einen Nachfahren des legendären Monsters von Loch Ness. Aber das Bündnis der Sieben Feuer weiß es besser: Für die Drachenreiter ist klar, dass es sich um einen der versteinerten Blattfingerdrachen handeln muss, der nach Jahrhunderten erwacht ist. Henry und seine Freunde dürfen keine Zeit verlieren. Sie müssen den verschwundenen Blattfinger wiederfinden, bevor die fiese Lady Blackstone es tut ...
Hinter dem Pseudonym Emily Skye verbirgt sich das Lektorat des Baumhaus Verlags. Pascal Nöldner, geboren 1990 in Essen, ist freiberuflicher Illustrator von Comics, Kinder- und Jugendbüchern und Zeichner von Animationsfilmen. 2015 beendete er sein Design-Studium mit dem Schwerpunkt Illustration an der Fachhochschule Münster mit dem Bachelor of Arts. Neben seiner gestalterischen Tätigkeit ist er freischaffender Schauspieler und Musiker.
Weitere Infos & Material
Morgen, Mum“, nuschelte Henry, als er später am Morgen barfuß und noch in Pyjamahose und Schlafshirt in ihre kleine Küche geschlichen kam. Seine Mutter, die am Herd stand und Teewasser aufsetzte, drehte sich zu ihm um und blickte ihn mit einer Mischung aus Verwunderung und Stolz an. „Wie erwachsen du auf Sieben Feuer geworden bist“, murmelte sie. „Du siehst deinem Vater immer ähnlicher.“ Henry fläzte sich auf die Eckbank und griff nach einem der Scones, die in einem Körbchen auf dem Tisch standen. „Henry!“, tadelte ihn seine Mutter. „Charles kommt doch gleich zum Frühstück.“ „Nur den einen“, bettelte Henry, und seine Mutter seufzte. Schnell brach sich Henry ein Stück des süßen Brötchens ab und löffelte sich etwas Orangenmarmelade auf das noch dampfende Stück. „Lecker“, kommentierte er mit vollem Mund. Seine Mutter setzte sich kopfschüttelnd zu ihm und reichte ihm eine Tasse Tee. „Der Sommer ist viel zu schnell verflogen“, seufzte sie. „Keine Woche mehr, und ich muss dich schon wieder gehen lassen.“ Henry wich ihrem Blick aus. Ihm war der Sommer sehr lang vorgekommen. Die Zeit mit seiner Mum hatte er zwar sehr genossen, aber gleichzeitig konnte er es kaum erwarten, seine Freunde auf Sieben Feuer endlich wiederzusehen. Immerhin war es ihm gelungen, ab und zu ein Band zu Phönix zu knüpfen, seinem Drachen. Auf die Entfernung hatte es sich ein bisschen so angefühlt wie ein Radiosender, den man nur mit ganz schwachem Signal empfing. Sehr viel Rauschen, hin und wieder ein paar klare Fetzen und dann wieder Funkstille. Aber es hatte gereicht, um sich gegenseitig zu vergewissern, dass es dem anderen gut ging. „Henry!“ Seine Mutter hatte nach seiner Hand gegriffen, und er zuckte zusammen. „’tschuldige, ich war in Gedanken.“ Sie drückte seine Hand. „Auch wenn du dich auf Sieben Feuer prächtig entwickelst, deine Ohren scheinen schlechter geworden zu sein.“ Henry strich sich verlegen durch seine abstehenden Haare. Manchmal kam seine Mutter der Wahrheit gefährlich nahe. Er fragte sich, wie sie reagieren würde, wenn sie erfuhr, dass er in der Tat im letzten Jahr auf einem Ohr taub geworden war, weil er einen dreißig Meter hohen Wasserfall hinabgestürzt war. Er war sich ziemlich sicher, dass sie ihm verbieten würde, auf die Wolkenburg zurückzukehren. Und was würde sie wohl erst dazu sagen, wenn er ihr von den Drachen erzählte? Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er Geheimnisse vor seiner Mutter hatte. Und etwas so Großes wie Drachen zu verheimlichen war gar nicht so leicht. Seine Mum drückte seine Hand ein weiteres Mal. „Trödel nicht rum!“, ermahnte sie ihn. „Charles ist sicher gleich da, und du willst ihn doch nicht im Schlafanzug empfangen.“ Wenig später saßen sie zu dritt um den Frühstückstisch und ließen es sich schmecken. Charles trank Kamillentee. Genau wie vor einem Jahr. Damals war das Henry noch komisch vorgekommen. Jetzt dachte er an die mit Kamille gefüllten Säcke in Mistress Leonellas Laboratorium. Wahrscheinlich erinnerte Charles der Geschmack an seine Zeit auf Sieben Feuer, dachte Henry. Seine Haare waren noch feucht vom Duschen, und seine Mutter bemerkte tadelnd die Wasserflecken auf seinem T-Shirt, da er sich mal wieder nicht richtig abgetrocknet hatte. „Die trocknen doch schnell“, sprang ihm Charles zur Seite und deutete aus dem Fenster in den Himmel. „Bei dem Wetter.“ „Männer!“, sagte Henrys Mum nur und rollte mit den Augen. Henry und Charles grinsten sich verschwörerisch an. Noch vor einem Jahr war Charles ein geheimnisvoller Fremder gewesen, der Henrys Leben und das seiner Mutter von einem Tag auf den anderen völlig auf den Kopf gestellt hatte. Mittlerweile war er zu einem Teil ihrer kleinen Familie geworden. Während Henrys Abwesenheit hatte Charles regelmäßig nach seiner Mum gesehen. Und wenn seine Mutter bei jemandem gut aufgehoben war, dann doch wohl bei einem ehemaligen Drachenreiter! „Das kann man ja nicht mit ansehen!“, sagte Henrys Mum gerade lachend an Charles gewandt und reichte ihm die Schüssel mit den Würstchen und den Bohnen, nachdem sie seinen hungrigen Blick gesehen hatte. „Jetzt nimm schon den Rest!“ Ertappt und mit einer leichten Röte im Gesicht nahm Charles die Schüssel entgegen und leerte sie auf seinen Teller. „Ach, du meine Güte!“ Henrys Mum hatte auf die Küchenuhr gesehen, die über dem Backofen hing, und sich die Hand vor den Mund geschlagen. „In zwanzig Minuten fängt meine Schicht im Krankenhaus an.“ Sie sprang auf. „Ich muss los! Aber ihr zwei habt sicherlich genug zu besprechen. Sieben-Feuer-Zeugs und so. Mit mir redet ja keiner darüber.“ Charles errötete noch ein bisschen mehr, und Henry räusperte sich. Und fast zeitgleich sagten sie: „Sieben Feuer bewahrt seine Geheimnisse. So war es von Anbeginn, so muss es für immer sein.“ Henrys Mum stutzte kurz und fing dann an zu lachen. „Ihr zwei seid euch sehr ähnlich. Fast schon unheimlich.“ Sie schnappte sich den langen bunten Schal, der auf der Eckbank lag, und schlang ihn sich um den Hals. „Bis später, ihr beiden. Henry, das Abendessen steht im Kühlschrank, und wenn du dich nützlich machen willst, dann kümmere dich um die Wäsche.“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange, und ohne lange zu überlegen, tat sie bei Charles dasselbe. Den bunten Schal hinter sich her wehend, war sie im nächsten Augenblick verschwunden. Henry hätte es nicht für möglich gehalten, aber Charles war nach dem Abschiedskuss noch eine Nuance röter geworden. Es sah fast so aus, als ob er einen Sonnenbrand hätte. Henry biss sich heimlich auf die Wange, um nicht laut loszulachen. Doch dann fiel ihm wieder Arthurs Nachricht ein, und das Grinsen verschwand von alleine. „Es gibt Neuigkeiten aus Arundel“, sagte er ernst. Charles zog erstaunt die Augenbrauen in die Höhe. „Neuigkeiten?“, fragte er ungläubig. „Ich habe gestern noch mit einem ehemaligen Schüler von Sieben Feuer gesprochen, der nun im Rat der Alumni ist.“ Er senkte die Stimme. „Sie sind zum x-ten Mal zum Grund des Sees getaucht und haben wieder nichts gefunden. Sie sind sich jetzt absolut sicher, dass keine versteinerten Blattfinger auf dem Grund des Sees stehen, und wollen die Suche einstellen.“ Er legte Gabel und Messer neben seinem Teller ab und drückte Henrys Schulter. „Tut mir leid.“ Er räusperte sich. „Vielleicht hat dir dein Gedächtnis doch einen Streich gespielt. Immerhin bist du aus … wie viel Metern einen Wasserfall hinabgestürzt? Fünfzig?“ Henry konnte nicht fassen, was sein Cousin da andeutete. Doch Charles war noch nicht fertig. „Dann die Sache mit deinem Ohr und vorher die Begegnung mit Graham Green. Vielleicht hast du dir den Drachen am Grund des Sees nur eingebildet.“ Henry wurde wütend. Er wusste genau, was er gesehen hatte. Wortlos kramte er sein Handy hervor und schob es zu Charles hinüber. Sein Cousin las sich die Nachrichten durch, die sie sich am Morgen geschickt hatten, und starrte dann lange auf das verwackelte Foto. Henry blickte ihn erwartungsvoll an. Schließlich hob Charles den Blick. „Das ist nicht gut, Henry.“ „Ich weiß“, sagte Henry knapp. „Aber es beweist, dass ich mir den versteinerten Blattfinger nicht eingebildet habe.“ Charles unterbrach ihn. „Das meine ich nicht, Henry.“ Er fuhr sich durch die Haare. „Wie seid ihr nur auf die Idee gekommen, eine Chatgruppe ins Leben zu rufen, in der ihr über Sieben Feuer redet?“ Er griff nach dem Smartphone. „Wer hat die Gruppe gestartet?“ „Arthur“, sagte Henry perplex und hatte im nächsten Augenblick ein schlechtes Gewissen, dass er seinen Freund verraten hatte. Charles begann, eine Nachricht zu tippen: Arthur, hier Charles. Gruppe sofort auflösen. An den Rest: Chatverlauf löschen. Und bringt eure Smartphones nächste Woche zum Treffpunkt mit. Als Nächstes löschte Charles den Chatverlauf auf Henrys Smartphone und gab ihm das Gerät zurück. Er sah ihn ernst an. „Henry, das Internet ist die größte Gefahr für Sieben Feuer. Nirgendwo sonst werden Geheimnisse so schnell verraten wie dort. Kein Wort über Sieben Feuer im Internet. Ist das klar?“ „Klar“, stotterte Henry kleinlaut. „Aber … aber, was ist mit dem Bild, das Arthur gefunden hat?“ Charles erhob sich. So aufgebracht hatte Henry ihn noch nie erlebt. „Wie konntet ihr nur? Ich kümmere mich darum, dass es sowohl von dieser dubiosen Website als auch vom Handy des Anglers verschwindet.“ Henry fragte sich zwar, wie Charles das anstellen wollte, aber viel wichtiger war etwas ganz anderes. „Was ist denn mit dem Bild? Es beweist doch, dass ich recht hatte.“ Charles schüttelte den Kopf. „Noch mal, Henry. Der Rat der Alumni ist den Seegrund Zentimeter für Zentimeter abgetaucht. Da war kein Drache. Und solche Bilder wie die auf deinem Handy tauchen täglich auf. Aliens, Fabelwesen, Einhörner und leider auch Drachen. Und immer sind es Fälschungen.“ Henry konnte es nicht fassen. „Aber wir wissen doch, dass es Drachen gibt. Und es kann doch kein Zufall sein, dass gerade jetzt jemand am Arundelsee einen gesehen haben will“, protestierte er. Charles war bereits in den schmalen Flur verschwunden, der hinter der Küche lag, und...