E-Book, Deutsch, 704 Seiten
Smith Das Elfenbein-Kartell
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98952-475-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Thriller | Ihr Reichtum ist mit Blut erkauft ...
E-Book, Deutsch, 704 Seiten
ISBN: 978-3-98952-475-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Wilbur Smith (1933-2021) wurde in Zentralafrika geboren und gehört zu den erfolgreichsten Schriftstellern der Gegenwart. Der Debütroman seiner Jahrhunderte umspannenden Südafrika-Saga um die Familie Courtney, begründete seinen Welterfolg als Schriftsteller. Seitdem hat er über 50 Romane geschrieben, die allesamt Bestseller wurden, und in denen er seine Erfahrungen aus verschiedenen Expeditionen in die ganze Welt verarbeitete. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt. Wilbur Smith starb 2021 in Kapstadt im Kreise seiner Familie. Die Website des Autors: www.wilbursmithbooks.com/ Der Autor bei Facebook: www.facebook.com/WilburSmith/ Der Autor auf Instagram: www.instagram.com/thewilbursmith/ Die große Courtney-Saga des Autors um die gleichnamige südafrikanische Familie erscheint bei dotbooks im eBook. Der Reihenauftakt »Das Brüllen des Löwen« ist auch als Hörbuch bei SAGA Egmont erhältlich. Die große Ägypten-Saga über den Eunuchen Taita ist bei dotbooks als eBook erhältlich. Der Reihenauftakt »Die Tage des Pharao« ist auch als Hörbuch bei SAGA Egmont erhältlich. Außerdem bei dotbooks erschienen der Abenteuerroman »Der Sonnenvogel« sowie die Action-Thriller »Greed - Der Ruf des Goldes«, »Blood Diamond - Tödliche Jagd«, »Black Sun - Die Kongo-Operation«, »Das Elfenbein-Kartell« und »Atlas - Die Stunde der Entscheidung«. Weitere Bände in Vorbereitung.
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Kapitel 1
Es war ein fensterloses, strohgedecktes Haus aus geglätteten Sandsteinblöcken, das Daniel Armstrong vor fast zehn Jahren mit eigenen Händen gebaut hatte. Damals war er gerade Wildhüter in der Verwaltung des Nationalparks geworden. Jetzt hatte man das Gebäude in ein regelrechtes Schatzhaus verwandelt.
Johnny Nzou steckte seinen Schlüssel in das schwere Vorhängeschloß und öffnete die Doppeltüren aus einheimischem Teak. Johnny war der Oberwildhüter des Chiwewe Nationalparks. Früher war er Daniels Spurensucher und Gewehrträger gewesen, ein aufgeweckter junger Matabele, dem Daniel am Licht Tausender Lagerfeuer Englisch lesen, schreiben und fließend zu sprechen gelehrt hatte.
Daniel hatte Johnny das Geld geliehen, um seinen ersten Fernkurs an der Universität von Südafrika zu belegen, der schließlich zu einem Abschluß als Bakkalaureus der Naturwissenschaften geführt hatte. Die beiden jungen Männer, der eine schwarz, der andere weiß, hatten gemeinsam, oft zu Fuß oder mit dem Fahrrad, in den unendlichen Weiten des Nationalparks patrouilliert. In der Wildnis hatten sie eine Freundschaft geschmiedet, der auch die folgenden Jahre der Trennung nichts anhaben konnten.
Jetzt schaute Daniel in das düstere Innere des Gebäudes und pfiff leise.
»Teufel auch, Johnny, du hast während meiner Abwesenheit die Hände wirklich nicht in den Schoß gelegt.«
Der Schatz war bis zu den Dachsparren hochgestapelt und Hunderttausende Dollar wert.
Mit zusammengekniffenen Augen musterte Johnny Nzou Daniels Gesicht, um zu sehen, ob sich Kritik in der Miene seines Freundes abzeichnete. Doch diese Reaktion war nichts als ein Reflex, denn er wußte, daß Daniel ein Verbündeter war, der sich des Problems noch bewußter war als er selbst. Dennoch war das Thema derart emotional geladen, daß ihm die Erwartung von Gefühlsumschwüngen und Kritik zur zweiten Natur geworden war.
Daniel aber hatte sich bereits wieder seinem Kameramann zugewandt. »Können wir hier einen Scheinwerfer anbringen? Ich möchte ein paar gute Innenaufnahmen haben.«
Der Kameramann schleppte sich unter dem Gewicht der schweren Akkus, die an seiner Hüfte befestigt waren, vorwärts und schaltete die Bogenlampe in seiner Hand ein. Die hohen Stapel des Schatzes wurden von einem grellen, blauweißen Licht beleuchtet.
»Jock, folge mir und dem Wildhüter durchs ganze Lagerhaus«, wies Daniel den Kameramann an. Der nickte und trat näher heran, wobei er die glänzende Sony-Videokamera auf seiner Schulter balancierte. Jock war Mitte Dreißig. Er trug nur eine kurze Khakihose und offene Sandalen. In der Hitze des Sambesi-Tales glänzte seine nackte Brust vor Schweiß. Sein langes Haar hatte er mit einem Lederriemen im Nacken zusammengebunden. Er sah aus wie ein Popstar, war aber ein Künstler mit der großen Sony-Kamera.
»Verstanden, Boß«, sagte er und schwenkte die Kamera über den unordentlichen Haufen von Elefantenstoßzähnen, um bei Daniels Hand zu verharren, die über die elegante Krümmung eines leuchtenden Stücks Elfenbein glitt. Dann trat er zurück, um Daniel in die Totale zu bekommen.
Daniel war nicht allein wegen seines Doktortitels in Biologie, seiner Bücher und Vorlesungen zu einer internationalen Autorität und zum Wortführer der afrikanischen Ökologen geworden. Er verfügte außerdem über das gesunde Aussehen eines Mannes, der viel draußen in der Natur ist, und strahlte jene Art von Charisma aus, die sich so gut auf dem Fernsehschirm macht. Seine Stimme war tief und fesselnd, und in seinem Akzent klangen noch genügend Sandhurst-Untertöne mit, um die klanglosen, unmelodischen Vokale der Kolonialsprache weicher zu machen. Sein Vater war während des Zweiten Weltkriegs Stabsoffizier in einem Regiment der Guards gewesen und hatte in Nordafrika unter Wavell und Montgomery gedient. Nach dem Krieg ging er nach Rhodesien, um Tabak anzubauen. Daniel war in Afrika geboren worden, wurde aber nach England geschickt, um seine Ausbildung in Sandhurst zu beenden, bevor er wieder nach Rhodesien zurückkehrte, um in den National Parks Service einzutreten.
»Elfenbein«, sagte er jetzt, während er in die Kamera blickte, »seit der Zeit der Pharaonen eine der schönsten und kostbarsten Natursubstanzen. Die Zierde des afrikanischen Elefanten – und sein schreckliches Verhängnis.«
Daniel begann an den Reihen der gestapelten Stoßzähne entlangzugehen, und Johnny Nzou trat neben ihn und hielt mit ihm Schritt. »Zweitausend Jahre lang hat der Mensch den Elefanten gejagt, um dieses lebende weiße Gold zu bekommen. Und trotzdem hat es vor nur einem Jahrzehnt noch über zwei Millionen Elefanten auf dem afrikanischen Kontinent gegeben. Die Elefantenpopulation schien eine unerschöpfliche Ressource zu sein, ein Vermögen, das geschützt, geerntet und kontrolliert wurde – bis dann etwas auf schreckliche und tragische Weise fehlschlug. In den vergangenen zehn Jahren sind fast eine Million Elefanten abgeschlachtet worden. Es ist kaum vorstellbar, daß dies zugelassen werden konnte. Wir sind hier, um herauszufinden, was fehlgeschlagen ist und wie der afrikanische Elefant, der kurz vor der Ausrottung steht, gerettet werden kann.«
Er sah Johnny an. »Heute ist Mr. John Nzou bei mir, Chefwildhüter des Chiwewe Nationalparks und ein Vertreter der neuen Generation afrikanischer Umweltschützer. Zufällig bedeutet Nzou in der Sprache der Shona Elefant. Doch nicht nur dem Namen nach ist John Nzou Mr. Elefant. Als Wildhüter des Chiwewe ist er für eine der größten und gesündesten Elefantenherden verantwortlich, die es in der afrikanischen Wildnis noch gibt. Sagen Sie uns, Herr Reservatsaufseher, wie viele Stoßzähne haben Sie hier, in diesem Lagerraum des Chiwewe Nationalparks?«
»Derzeit sind hier fast fünfhundert Stoßzähne gelagert – vierhundertsechsundachtzig, um genau zu sein – mit einem Durchschnittsgewicht von sieben Kilo.«
»Auf dem internationalen Markt ist ein Kilo Elfenbein dreihundert Dollar wert«, fiel Daniel ein, »so daß der Gesamtwert des hier lagernden Elfenbeins über eine Million Dollar beträgt. Wo kommt das alles her?«
»Einige Stoßzähne sind Funde – Elfenbein von Elefanten, die tot im Park entdeckt wurden. Einiges ist illegales Elfenbein, das meine Ranger von Wilderern konfisziert haben. Aber der Großteil dieser Stoßzähne stammt aus den Auslese-Operationen, die meine Abteilung durchzuführen gezwungen ist.«
Die beiden blieben am anderen Ende des Ganges stehen, machten kehrt und blickten wieder in die Kamera. »Über das Ausleseprogramm werden wir später sprechen, Herr Reservatsaufseher. Aber können Sie zuerst ein wenig mehr über die Aktivitäten der Wilderer in Chiwewe erzählen? Wie schlimm ist das?«
»Es wird jeden Tag schlimmer.« Johnny schüttelte traurig den Kopf. »Da die Elefanten in Kenia, Tansania und Sambia praktisch ausgerottet sind, richten die Profis ihre Aufmerksamkeit auf unsere gesunden Elefantenherden weiter südlich. Sambia liegt direkt auf der anderen Seite des Sambesi, und die Wilderer, die auf diese Seite hinüberkommen, sind organisiert und besser bewaffnet als wir. Sie schießen, um zu töten – auf Menschen ebenso wie auf Elefanten und Nashörner. Wir sind gezwungen, das gleiche zu tun. Wenn wir auf eine Bande Wilderer stoßen, schießen wir zuerst.«
»Und alles hierfür ...« Daniel legte seine Hand auf den nächsten Stapel Stoßzähne. Es gab keine zwei Elfenbeinschäfte, die identisch waren. Jeder Zahn war anders geschwungen. Einige waren fast gerade, lang und dünn wie Stricknadeln. Andere waren wie ein gespannter Langbogen geschwungen. Einige waren so scharfspitzig wie Speere, andere wieder flach und stumpf. Es gab perlengleiche Zähne und andere im Farbton dunkelgelben Alabasters; wieder andere waren durch Pflanzensäfte dunkel gefleckt und durchs Alter zernarbt und abgewetzt.
Das meiste Elfenbein stammte von Elefantenkühen oder Jungtieren. Ein paar Stoßzähne waren nicht länger als der Unterarm eines Mannes. Sie stammten von jungen Kälbern. Nur sehr wenige waren prächtig geschwungene, herrliche Schäfte – das schwere, reife Elfenbein alter Bullen.
Daniel strich über einen dieser Stoßzähne, und sein Gesichtsausdruck galt nicht nur der Kamera. Wieder einmal spürte er die ganze Schwere der Melancholie, die ihn überhaupt erst dazu bewegt hatte, über das Dahinschwinden und die Zerstörung des alten Afrikas und seiner zauberhaften Tierwelt zu schreiben.
»Ein kluges und großartiges Tier ist auf dies hier reduziert worden.« Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »Selbst wenn sie unvermeidlich sind, können wir doch die Augen nicht völlig vor den tragischen Veränderungen in der Natur, die diesen Kontinent erschüttern, verschließen. Ist der afrikanische Elefant symbolisch für sein Land? Der Elefant stirbt. Stirbt Afrika?«
Seine Ehrlichkeit war unbestreitbar. Die Kamera zeichnete alles getreu auf. Es war diese Ehrlichkeit, die die enorme Wirkung seiner Fernsehsendungen in aller Welt ausmachte.
Jetzt faßte sich Daniel mit offensichtlicher Mühe und wandte sich wieder an Johnny Nzou. »Was meinen Sie, Herr Oberaufseher, ist der Elefant zum Untergang verurteilt? Wie viele dieser wundervollen Tiere gibt es in Simbabwe, und wie viele davon leben im Chiwewe Nationalpark?«
»In Simbabwe gibt es schätzungsweise zweiundfünfzigtausend Elefanten. Unsere Zahlen für Chiwewe sind weit genauer. Erst vor drei Monaten konnten wir im Park eine Zählung vom Flugzeug aus durchführen, die von der Internationalen Union für Naturschutz gefördert wurde. Das ganze Parkareal wurde fotografiert, und die Tiere wurden auf den Vergrößerungen gezählt.«
»Wie viele?« fragte Daniel.
»Allein in Chiwewe sind es achtzehntausend...




