Über chinesisches Denken und seine zeitgenössische westliche Rezeption
E-Book, Deutsch, 518 Seiten
ISBN: 978-3-7873-3715-6
Verlag: Felix Meiner
Format: PDF
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So banal eine solche Feststellung erscheinen mag, so gravierend sind ihre Implikationen, gemessen an der ursprünglichen Fragestellung. Denn die Sichtweise, die die westliche Sinologie bei ihrer Lektüre der chinesischen Klassiker jeweils einnimmt, ist Schauplatz einer sehr westlichen philosophischen Kontroverse zwischen Anhängern positivistischer Welt- und Erkenntnisauffassungen und Verfechtern eines antiaufklärerischen, antirationalistischen Weltverständnisses. Doch weder die Universalisten noch die 'Differenzialisten' sind imstande, diskursiv haltbare Argumente für die Richtigkeit ihrer jeweiligen Interpretation zu bieten. Dies ist, so die These, auch nicht möglich, denn eine Wahrheit, die vom 'konstruktiven' Beitrag des sie aussprechenden Subjekts unabhängig wäre, gibt es ebenso wenig wie den 'wahren' Konfuzius, Laozi oder Zhuangzi.
Mit besonderer Aufmerksamkeit wird die These der grundsätzlichen Andersartigkeit des chinesischen Denkens gegenüber dem westlichen behandelt. Es wird nicht nur gezeigt, dass diese Andersartigkeit eine Erfindung ihrer Verfechter ist, sondern auch, wie rational vorgehendes Denken in die selbstkritischen, autodestruktiven Überlegungen von Zhuangzis Skeptizismus übergehen kann. In diesem radikal kritischen Denkstil sieht der Autor eine Ähnlichkeit mit Hegels und Nietzsches Kritik des Verstandesdenkens.