E-Book, Deutsch, Band 501, 64 Seiten
Reihe: Der Notarzt
Stein Der Notarzt 501
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-8088-9
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Im Schatten der Kliniklichter
E-Book, Deutsch, Band 501, 64 Seiten
Reihe: Der Notarzt
ISBN: 978-3-7517-8088-9
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Gabriel Steiner ist einer der besten Herzchirurgen des Landes - kühl, präzise und stets Herr der Lage. Doch als bei einer routinemäßigen Operation plötzlich eine unkontrollierbare Blutung auftritt, gerät sein perfekt orchestriertes Vorgehen ins Wanken. Er rettet das Leben seiner Patientin Sina Westphal in letzter Sekunde. Doch als sie nach dem Eingriff nicht wieder erwacht, beginnt ein Albtraum, der sich nicht mit Skalpell und Naht beheben lässt. Dr. Steiner ahnt, dass die mysteriöse Narbe an ihrer Herzwand der Schlüssel sein könnte - eine Spur aus der Vergangenheit, die nie hätte existieren dürfen. Während er fieberhaft nach Antworten sucht, wächst seine Angst: Hat er einen fatalen Fehler begangen? Oder steckt etwas weit Unheimlicheres hinter Sinas Zustand?
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Im Schatten der Kliniklichter
Jede seiner Operationen war ein Erfolg – bis heute
Von Caro Stein
Dr. Gabriel Steiner ist einer der besten Herzchirurgen des Landes – kühl, präzise und stets Herr der Lage. Doch als bei einer routinemäßigen Operation plötzlich eine unkontrollierbare Blutung auftritt, gerät sein perfekt orchestriertes Vorgehen ins Wanken. Er rettet zwar das Leben seiner Patientin Sina Westphal in letzter Sekunde, doch als sie nach dem Eingriff nicht wieder erwacht, beginnt ein Albtraum, der sich nicht mit Skalpell und Naht beheben lässt.
Dr. Steiner ahnt, dass die mysteriöse Narbe an ihrer Herzwand der Schlüssel sein könnte – eine Spur aus der Vergangenheit, die nie hätte existieren dürfen. Während er fieberhaft nach Antworten sucht, wächst seine Angst: Hat er einen fatalen Fehler begangen? Oder steckt etwas weit Unheimlicheres hinter Sinas Zustand?
Vor dem fünfunddreißigjährigen Dr. Gabriel Steiner lag der offene Brustkorb von Sina Westphal.
Das Herz seiner zweiunddreißigjährigen Patientin pochte regelmäßig, wirkte dabei aber ungeschützt und verletzlich. Deshalb war es umso wichtiger, dass er seine Arbeitsschritte sorgfältig in Gedanken durchging, bevor er einen Handgriff tat. Das Risiko, empfindlichen Schaden anzurichten, war bei Herz-OPs einfach viel zu hoch, als dass man sich Fahrlässigkeit hätte leisten können.
Dr. Gabriel Steiner griff mit ruhiger Präzision zum Skalpell und setzte einen feinen Schnitt an der verdickten Herzmuskelwand. Mit einer speziellen Mikrostanze entfernte er vorsichtig überschüssiges Gewebe.
Währenddessen tauchte das grelle Licht der OP-Lampen den sterilen Raum in eine kalte Helligkeit, die für den erfahrenen Herzchirurgen so selbstverständlich und natürlich war wie Sonnenlicht. Das monotone Piepen der Überwachungsmonitore empfand er sogar als beruhigend. Das Geräusch gab ihm einen gewissen Rhythmus vor, in dem er einen Handgriff nach dem nächsten erledigte – ähnlich wie beim Tanzen, obwohl er sich selbst als miserablen Tänzer bezeichnete.
Sina Westphal war vor zwei Monaten zu ihm gekommen, da sie zunehmend unter Kurzatmigkeit, anhaltender Erschöpfung und gelegentlichen Brustschmerzen litt. Anfangs war es schwierig gewesen, die Ursache für ihre Symptome herauszufinden. Eine Reihe von Untersuchungen, wie ein Herzultraschall, eine Magnetresonanztomographie und ein Belastungs-EKG, waren nötig gewesen, um eine strukturelle Anomalie an der linken Herzkammer festzustellen.
Als er ihr gegenüber zum ersten Mal die »Hypertrophe Kardiomyopathie mit Obstruktion« erwähnt hatte, hatte sie ihn nur mit einer hochgezogenen Augenbraue stumm aufgefordert, Klartext zu sprechen.
»Im Wesentlichen handelt es sich dabei um eine verdickte Herzwand, die die Pumpfunktion des Herzens beeinträchtigt. Die Verdickung behindert den Blutfluss, da sie den Weg aus der linken Herzkammer zur Hauptschlagader teilweise blockiert«, hatte er ihr ruhig erklärt und auf die entsprechende Stelle auf ihrem Ultraschallbild gezeigt. »Das erhöht das Risiko für Herzrhythmusstörungen, und im schlimmsten Fall kann es zum plötzlichen Herztod führen.«
Bei dieser Ankündigung war Sina blass geworden. Aber es hätte keinen Sinn gehabt, ihr dieses Detail zu verschweigen, bloß um sie nicht zu beunruhigen. Dr.Steiner bevorzugte die harte Wahrheit gegenüber beschönigenden Floskeln.
Er hatte ihr schließlich eine Operation empfohlen, um den verdickten Herzmuskel zu reduzieren und so den Blutfluss zur linken Herzkammer zu verbessern. Der Eingriff klang zwar komplex, gehörte aber zu den Routineeingriffen in der Herzchirurgie – zumindest für ihn.
Bislang war die Operation nach Plan verlaufen. Dr. Steiner entfernte weiteres Gewebe aus der verdickten Herzregion, während sich Dr. Hannes Fischer um die Anästhesie der Patientin kümmerte. Nur noch ein, zwei Millimeter, dann wäre es geschafft, und er konnte den Brustkorb wieder schließen. Danach würde er ...
Plopp.
Dr. Steiner erstarrte mitten in der Bewegung. Mit angehaltenem Atem wechselte er einen Blick mit der zweiundvierzigjährigen Dr. Katharina Hellmann, die als Kardiologin an der Sauerbruch-Klinik arbeitete und ihm bei dieser Operation als erste Assistenz zur Seite stand.
Dann ertönte ein hektischer Alarmton, der das gleichmäßige Piepen des EKGs unterbrach.
»Blutung an der Herzwand!«, rief Dr. Hellmann.
Dr. Steiner hatte es ebenfalls erkannt: Entlang des Muskelgewebes zeigte sich ein feiner Riss, der zwar klein war, aber fatale Folgen nach sich ziehen konnte. Innerhalb weniger Sekunden breitete sich eine dunkle Blutspur über das Operationsfeld aus und verströmte einen metallischen Geruch.
»Saugvorrichtung!«, befahl Gabriel Steiner scharf. Er griff blitzschnell nach einer Pinzette und suchte nach dem undichten Punkt. Sein Puls raste nun im Takt des Alarmtons, aber seine Hände blieben ruhig. Immerhin ging es um das Leben seiner Patientin, da durfte er sich den Luxus von zitternden Fingern nicht erlauben.
Sein zweiter Assistent reichte ihm den elektrischen Kauter, ein chirurgisches Instrument, das gleichzeitig schneiden und Blutgefäße verschließen konnte. Gabriel nahm es mit ruhiger, aber angespannter Hand entgegen.
Jede Bewegung musste jetzt absolut präzise sein. Ein falscher Handgriff – ein zu tiefer oder unsauberer Schnitt –, und das Gewebe könnte noch weiter einreißen, was die Blutung unkontrollierbar und damit tödlich machen würde.
»Saugen.« Dr. Steiners Stimme klang zwar ruhig, doch sein Herz schlug schneller, als ihm lieb war.
Dr. Hellmann führte den Saugkatheter an die betroffene Stelle und ermöglichte ihm so eine freie Sicht, um weiter nach der Wunde zu suchen.
Doch dann stockte er erneut. Sein Magen zog sich unangenehm zusammen. Direkt an der inneren Herzwand befand sich eine unregelmäßige Vernarbung, genau dort, wo die Blutung aufgetreten war. Er schüttelte den Kopf, um sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Blutung musste gestoppt werden.
»Mehr Druck auf die Pumpe, Kreislauf stabil halten!«, wies er Dr. Hannes Fischer und sein Anästhesieteam an.
Dann führte er die Kauterisation durch, um die verletzte Stelle zu behandeln. Der Schritt war nicht ungefährlich. Ein falscher Handgriff, und das Gewebe würde weiter reißen.
Das Blut floss weiter.
Angespannt arbeitete sich Dr. Steiner weiter vor, um die Wunde vollständig zu schließen.
Endlich stoppte die Blutung. Sinas Vitalwerte stabilisierten sich.
Der Herzchirurg atmete erleichtert aus. Er würde einen Moment abwarten. Nur um sicherzugehen, dass ihre Werte auch weiterhin stabil blieben. In der Zwischenzeit konnte er sich die ungewöhnliche Narbe an der Herzwand genauer ansehen.
Kaum hatte er einen Blick darauf geworfen, runzelte er die Stirn. Er hatte bereits unzählige Herzen operiert, alte OP-Narben gesehen, Gewebe, das sich nach Eingriffen verändert hatte – aber diese Narbe passte in kein bekanntes Muster.
Sie war fein, aber ungleichmäßig, als wäre sie nicht durch einen sauberen chirurgischen Schnitt entstanden, sondern durch etwas Grobes, Unsachgemäßes. Aber das Gewebe war auch fester und unelastischer als erwartet. Das war keine übliche Struktur für einen hypertrophen Herzmuskel, also wie jene Stellen, die er eben entfernt hatte.
Vorsichtig fuhr er mit dem mikrochirurgischen Instrument an den Rändern der Narbe entlang. Sina hatte ihm nichts von einer früheren Herz-OP erzählt. Auch ihre medizinischen Unterlagen enthielten keinerlei Hinweise auf einen entsprechenden Eingriff. Handelte es sich dabei womöglich um eine natürliche Vernarbung, die durch die veränderte Gewebedichte hervorgerufen worden ist? Das könnte eine Erklärung sein.
»Dr. Steiner?« Dr. Hellmanns Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen. »Alles in Ordnung?«
Er zögerte für den Bruchteil einer Sekunde. »Ja ... vermutlich nur eine ungewöhnliche Gewebereaktion.«
Das war die einzig logische Erklärung. Davon abgesehen war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um sich irgendwelchen Spekulationen hinzugeben. Sina lag immer noch offen vor ihm, und ihr Herz schlug kontrolliert unter seinen Händen.
»Wir schließen.«
Während er seine Patientin zunähte, fraßen sich Zweifel in seine Gedanken. War die unerwartete Blutung doch sein Fehler gewesen? Hatte er beim Schneiden die Schwachstelle übersehen?
Als er fertig war, kontrollierte er Sinas Vitalwerte am Monitor. Ihr Herz schlug ruhig und gleichmäßig. Sie hatte es geschafft. Dennoch blieb die Frage, weshalb sie beinahe auf seinem Operationstisch verblutet wäre.
»Bringen Sie sie auf die Intensivstation«, ordnete er seine Assistenten an. Dann wandte er sich an den OP-Pfleger. »Rufen Sie Dr. Kersten an. Und Prof. Weidner.«
Obwohl noch einmal alles gutgegangen war, konnte er die Angelegenheit nicht einfach unter den Teppich kehren.
Er musste herausfinden, was hier passiert war.
***
Als Dr. Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme, das Zimmer von...