E-Book, Deutsch, Band 364, 256 Seiten
Reihe: Historical
Townend Verschwundene Liebesbriefe an Ritter Tristan
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7337-4835-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 364, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7337-4835-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Liebster Ehemann, es ist mein vordringlichster Wunsch, dass unsere Ehe fortbestehen wird.' Voller Sehnsucht schreibt Francesca an Tristan des Îles. Seit zwei Jahren ist der Graf in der fernen Bretagne, hat auf keinen ihrer Briefe geantwortet. In ihren Träumen fühlt sie sich ihm so sinnlich verbunden wie damals. Doch was, wenn Tristan sich nicht meldet, weil er ihre Ehe annullieren will? Denn inzwischen hat Francesca durch einen Schicksalsschlag ihr Erbe verloren. Und dann steht sie ihm unerwartet auf einem Fest gegenüber! Beim Blick in seine tiefblauen Augen schlägt ihr Herz rasend schnell. Sie weiß: Die Nacht der Entscheidung ist gekommen ...
Carol Townend schreibt packende Romances, die im mittelalterlichen England und Europa spielen. Sie hat Geschichte an der Universität London studiert und liebt Recherchereisen nach Frankreich, Griechenland, Italien und in die Türkei - historische Stätten inspirieren sie. Ihr größter Traum ist, den Grundriss einer mittelalterlichen Stadt zu entdecken, die einzelnen Orte abzuschreiten und sich ihre Heldinnen und Helden dort vorzustellen. Beim Schreiben hat sie einen lateinischen Leitspruch 'Omnia vincit amor', das bedeutet 'Liebe siegt über alles'.
Weitere Infos & Material
PROLOG
Oktober 1175 – das Gut Paimpont in der Champagne
Seufzend legte Francesca die Schreibfeder zur Seite. Ihre Magd Mari legte weitere Scheite ins Feuer und murmelte missmutig vor sich hin. Sie war schon seit vielen Jahren im Dienst von Francescas Familie, ihr vertrautes Gesicht war von Falten zerfurcht. Obwohl Mari viel älter war, sah Francesca in ihr nicht nur ihre Dienstmagd, sondern auch ihre Freundin. „Mari?“
„Mylady?“
„Willst du hören, was ich geschrieben habe?“
Mari schob mit dem Schürhaken einen Scheit tiefer in den Kamin. „Wenn es sein muss.“
„Ich würde gern deine Meinung hören.“
Mari zog die Augenbrauen finster zusammen, der Schürhaken landete scheppernd auf dem Boden. „Ich weiß nicht, warum Ihr ihn mir vorlesen wollt, wenn Ihr ihn doch in die Bretagne abschickt, ganz gleich, was ich dazu zu sagen habe.“
„Das mag ja sein, dennoch weiß ich deine Meinung zu schätzen.“ Francescas Blick blieb an ihrem Siegelring hängen, den sie am Tag ihrer Heirat von Tristan erhalten hatte. Ihr zog sich die Kehle zu, als sie Tristan klar und deutlich vor ihrem geistigen Auge sah: die strahlend blauen Augen, das volle pechschwarze Haar, der kantige Kiefer. Tristan war der bestaussehende Mann, den sie kannte. Diese Ansicht wurde von vielen geteilt, was ihm den Beinamen Tristan le Beau – der schöne Tristan – eingebracht hatte. Zu Francescas Bedauern hatte sie ihn nie vergessen können, da die Erinnerung an ihn stets so lebhaft geblieben war, als hätte sie ihn eben noch gesehen.
Die Falten rund um Maris Mund wurden noch deutlicher sichtbar, als sie zum Tisch kam und auf das Pergament schaute. „Mylady, würdet Ihr meine Meinung schätzen, hättet Ihr gar nicht erst begonnen, diesen Brief zu schreiben. Ihr vergeudet damit nur Tinte. Das ist dieser Mann nicht wert.“
Francesca atmete tief durch. „Der Mann, wie du ihn nennst, ist Comte Tristan des Îles. Der Comte ist derzeit auch mein Ehemann. Ich möchte dich bitten, das nicht zu vergessen.“ Mari erwiderte darauf etwas Unverständliches, das eine Entschuldigung sein mochte, aber nicht sein musste. „Ich habe dich nicht darum gebeten“, fuhr sie fort, „deine Meinung über Lord Tristan kundzutun, denn die hast du bereits deutlich zu verstehen gegeben. Es geht um deine Meinung zu meinem Brief, nicht zu meinem Ehemann.“
„Ihr wollt ihn wiederhaben“, sagte Mari. „Mylady, er hat auf keinen Eurer Briefe geantwortet. Wieso glaubt Ihr, dass er es jetzt tun wird?“
Ein Anflug von Hoffnung. Francesca strich mit dem Zeigefinger über die drei Kelchblätter, die in ihren Ring geprägt waren. Ein Stich ging ihr durch die Brust, der noch immer so schmerzhaft war wie an jenem Tag vor fast zwei Jahren. Tristan. Tagsüber versuchte sie, ihn aus ihrem Gedächtnis zu vertreiben, doch in ihren Träumen kehrte er in jeder Nacht zurück. Seine blauen Augen, umrahmt von dichten, dunklen Wimpern, seine starken Arme, die er um sie legte, seine vorwitzigen Finger, die an den Schnüren ihres Kleides zogen und den Stoff zur Seite schoben …
Als sie dann Mari ansah, hoffte sie, nicht bereits errötet zu sein. „Was ist, wenn meine Briefe ihn nie erreicht haben? Das wäre doch möglich.“
Mari schnaubte ungläubig. „Ein einzelner Brief mag verschollen sein, doch Ihr habt mehrere Briefe abgeschickt, und es können nicht alle Briefe verloren gegangen sein.“
Francesca biss sich auf die Unterlippe. Mari war davon überzeugt, dass sie auch weiterhin nichts von ihrem Ehemann hören würde. Dennoch wollte Francesca noch einen letzten Versuch wagen. Zugegeben, ihre Ehe mit Tristan war arrangiert worden, doch sie war sich sicher, dass nicht nur sie diese Freude am Tag ihrer Heirat verspürt hatte. Das hatte Mari nie verstehen können.
Tristan und ich, wir konnten uns gut leiden. Wir konnten uns wirklich gut leiden.
Leider blieb ihnen keine Gelegenheit, aus diesen Gefühlen Liebe entspringen zu lassen, zumindest nicht von Tristans Seite. Zuerst war er gerufen worden, um der kleinen Duchesse zu helfen und zu verhindern, dass die Bretagne zerfiel. Als Nächstes war Lady Clare auf Fontaine eingetroffen, und umgehend war Francesca als Erbin von Fontaine abgesetzt worden. Francesca war in dem Glauben aufgewachsen, die Tochter von Comte Myrrdin zu sein, bis sie schließlich dahintergekommen war, dass nicht einmal eine entfernte Verwandtschaft bestand. Sie war ein Niemand und hatte, wenngleich auch unwissentlich, Tristan unter falschen Voraussetzungen geheiratet.
Es hatte eine Zeit gegeben, da war Francesca davon überzeugt gewesen, wirklich etwas für Tristan zu empfinden. Und sie war auch der Meinung gewesen, dass Tristan sie mochte, da er sich nach ihrer Heirat als der aufmerksamste Liebhaber erwiesen hatte, den sie sich vorstellen konnte. Sie hatte angenommen, er würde eines Tages ihre Liebe erwidern. Und deshalb war sie auch nicht davon abzubringen, ihm noch einen letzten Brief zu schreiben. Sie hatten nie eine Gelegenheit gehabt, sich erst einmal kennenzulernen.
„Mari, wenn Comte Tristan diesmal nicht antwortet, werde ich ohne jeden Zweifel wissen, dass unsere Ehe beendet ist.“
„Das habt Ihr bei Eurem letzten Brief auch schon gesagt, und da hat er ebenfalls nicht geantwortet.“
Francesca ballte die Hände zu Fäusten, sodass sich ihr die Fingernägel in die Handflächen drückten. Etwas Wichtiges ging ihr durch den Kopf. Ich schenkte ihm nie ein Kind. Er brauchte einen Erben, und ich habe versagt. War er deshalb nie zu ihr zurückgekehrt? Fürchtete er, sie könnte keine Kinder bekommen? „Ich muss von ihm selbst erfahren, welche Absichten er hegt.“
Mari atmete aufgebracht aus. „Ihr habt den Mann seit fast zwei Jahren nicht mehr gesehen. Alle Eure Briefe blieben unbeantwortet. Worauf wartet Ihr noch? Nichts kann Euch an einem Neubeginn hindern. Das ist schon so, seit Ihr die Bretagne verlassen habt.“
„Als sich Lord Tristans und meine Wege trennten, herrschte in der Bretagne das Chaos. Das Herzogtum brauchte ihn unbedingt.“ Sie starrte auf das Siegelwachs auf dem Tisch. Es war silbern und entsprach einem Feld auf dem Schild ihres Ehemanns. „Die Bretagne braucht ihn nach wie vor.“
„Mylady, er ist Euer Ehemann. Er hätte doch sicherlich einige Wochen erübrigen können, um sich davon zu überzeugen, dass Ihr wohlauf seid, oder meint Ihr nicht?“
Francesca konnte nicht anders, als ihren Ehemann zu verteidigen, obwohl sie wusste, das würde zu nichts führen. Sie beide hatten darüber schon so oft gestritten, da Mari nicht von ihrer Haltung abrücken wollte, dass Tristan seine Ehefrau vernachlässigte.
„Mari, du vergisst die Rolle, die die Politik dabei spielt. Mylord Tristan verwaltet große Ländereien im Herzogtum, und das verpflichtet ihn dazu, der Duchesse seine Unterstützung zu geben. Die Duchesse ist noch nicht erwachsen, sie ist auf Comte Tristan und andere Lords angewiesen, die loyal zur Bretagne stehen. Zu viele Adlige gehen mit ihrer Verantwortung allzu nachlässig um. Aber nicht Tristan. Die Duchesse und ihr Herzogtum verlassen sich auf ihn.“
Mari konnte nur den Kopf schütteln und schürzte die Lippen. „Es gibt keine Hoffnung für Euch, Ihr seid von diesem Mann völlig betört. Das wart Ihr schon, als Ihr Fontaine verlassen habt, und daran hat sich bis jetzt nichts geändert. Aber er ist das nicht wert.“
Daraufhin stand Francesca auf und ging langsam zum Feuer. Es fiel ihr nicht leicht, beim Reden die Ruhe zu bewahren, doch es gelang ihr. „Solange unsere Ehe nicht aufgelöst worden ist, bleibt Lord Tristan mein Ehemann.“ Sie kehrte zurück zu ihrem Tisch.
„Mylady, er hätte bereits im letzten Jahr zu Euch zurückkehren sollen!“
„Himmel, Mari, das war ihm nicht möglich. Der englische König hatte zahlreiche bretonische Grafschaften in Schutt und Asche legen lassen, und der Rat verließ sich ganz auf meinen Ehemann, dass er die örtliche Bevölkerung beschützen würde.“ Wieder ging Francesca zum Kamin. Die Flammen züngelten an den Kanten der Scheite. Gereizt zog sie an ihren Röcken, dann drehte sie sich um und steuerte abermals auf den Tisch zu.
„Comte Tristan hat das Herzogtum verlassen, wie mir zu Ohren gekommen ist“, sagte Mari.
„Er hat sich auf den Weg nach England gemacht, um sich für das Herzogtum einzusetzen. Schließlich muss er dort die Interessen von Duchesse Constance vertreten.“
„Und auch seine eigenen Interessen, wage ich zu behaupten. Dieser Mann hat nur Politik im Kopf.“
Francesca wusste, dass ihre Magd den Finger genau in die Wunde gelegt hatte. Für Tristan gab es nichts Wichtigeres als Politik. Politik und seine Pflicht. Sie als seine Frau war ihrer vorrangigen Pflicht nicht nachgekommen, denn sie hatte ihm keinen Erben geschenkt. Bedauernd griff sie nach dem Pergament und rollte es zusammen. „Ich verstehe, warum du mir nicht helfen willst.“
Hastig streckte Mari eine Hand aus. „Es tut mir leid, Mylady. Bitte lest mir den Brief vor.“
„Danke. Und denk immer daran, dass es der letzte Brief ist, den ich ihm schicken werde.“ Sie rollte das Pergament auseinander und begann vorzulesen:
Rechtmäßiger und geehrter Ehemann,
ich schreibe dir von deinem Gut in Provins. Ich bete zu Gott, dass du bei guter Gesundheit bist und dass dir seit meinem letzten Brief kein Schaden zugefügt wurde. Uns kam zu Ohren, dass die Scharmützel, die zwischen König Henry von England und den Rebellenführern ausgebrochen waren, ein...




