E-Book, Deutsch, 200 Seiten
Unterreiner Sisi - das geheime Leben der Kaiserin
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8000-8067-0
Verlag: Carl Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 200 Seiten
ISBN: 978-3-8000-8067-0
Verlag: Carl Ueberreuter Verlag
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Einblicke in Sisis private Welt
Das bewegte Leben Kaiserin Elisabeths scheint hinlänglich bekannt – auch die Tatsache, dass Sisi sich zunehmend aus der Öffentlichkeit zurückzog und ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen führte. Wie aber sah dieses "geheime Leben" der exzentrischen Kaiserin tatsächlich aus? Da Elisabeth großen Wert darauf legte, ihren Weg nach außen hin im Verborgenen zu halten, um völlig ungestört ihren Interessen nachgehen zu können, blieb ihr Leben abseits des Wiener Hofes weitgehend unbekannt.
· Wie sah Sisis Alltag aus?
· Wofür interessierte sie sich wirklich?
· Wo und mit wem verbrachte sie ihre Zeit?
· Wer waren ihre engsten Vertrauten und welche bislang unbekannten Spleens leistete sie sich?
Neue Quellen ermöglichen einen Blick auf diese bisher unbeleuchtete Parallelwelt, die die Kaiserin völlig frei gestalten konnte, und geben neue und überraschende Einblicke in die private Welt der Ikone Sisi.
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Die Zäsur
Als Elisabeth nach achtmonatiger Verlobungszeit am 24. April 1854 Kaiser Franz Joseph heiratete, ging sie weder ahnungslos oder völlig unvorbereitet in die Ehe, noch konnte sie von der Etikette bei Hof tatsächlich überrascht sein. Was führte also zu ihrer Weigerung, das Leben, das von ihr erwartet wurde, auch tatsächlich zu leben? Kaiser Franz Joseph war sicher nicht der ideale Partner für die romantisch veranlagte Elisabeth. Er empfand seine Position als Kaiser als von Gott gegebene Funktion, die er ohne Wenn und Aber zu erfüllen hatte. Seine wichtigste Aufgabe sah er nicht darin, seine Ehefrau glücklich zu machen, sondern als Kaiser zu bestehen. Elisabeth, die vergleichsweise in großer Freiheit und Unbekümmertheit in Bayern aufgewachsen war, konnte sich hingegen mit dem Hofleben und ihren repräsentativen Pflichten niemals richtig anfreunden oder arrangieren. Sie fand aber auch keine Erfüllung in ihrer Ehe, und in ihrer Rolle als Mutter schon gar nicht. So kämpfte sie für ein unabhängiges Leben, das sie frei gestalten konnte. Elisabeth hatte in den ersten vier Jahren ihrer Ehe drei Kinder, zwei Töchter und einen Sohn, zur Welt gebracht, sie hatte ihre ältere Tochter Sophie im Alter von nur zwei Jahren verloren, und die Geburt des Kronprinzen war schwierig verlaufen. Elisabeth erholte sich nur langsam davon, und Franz Joseph war ihr in dieser Zeit keine Stütze. Er war dazu erzogen worden, persönliche Befindlichkeiten ausnahmslos hintenanzustellen. Die professionelle Erfüllung seiner Pflichten stand an erster Stelle. Elisabeth empfand sich im Gegensatz zu ihrem Mann in erster Linie als Privatperson und erst in zweiter Linie als Kaiserin, und so mussten diese diametral entgegengesetzten Lebensanschauungen unweigerlich zu einer Ehekrise führen. Elisabeth fühlte sich eingeengt, überfordert und wünschte sich weit weg vom Wiener Hof. Da man sich als Kaiserin keine „Auszeit“ nehmen konnte, bot eine Krankheit die einzige Möglichkeit für einer längere Abwesenheit. Die Quellen widerlegen eindeutig eine ernsthafte Erkrankung der Kaiserin. Elisabeth litt zwar an hartnäckigem Husten, von einer schweren Lungenerkrankung war jedoch von ärztlicher Seite keine Rede. Da Lungenerkrankungen jedoch auch in adeligen Kreisen damals weit verbreitet waren, kam diese Diagnose einem Exit-Szenario gleich, das man in der Öffentlichkeit glaubwürdig verbreiten konnte. So wunderte sich niemand darüber, dass der zu Rate gezogene Lungenspezialist Dr. Skoda der Kaiserin einen Kuraufenthalt empfahl. Auch in der Familie gab es keine größere Aufregung, und Erzherzogin Sophie schrieb an ihren Sohn Ferdinand Max: „Skoda hat die Lunge ganz frei gefunden, nur eine kleine Schleimschwellung am Kehlkopf … Sisi soll viel weinen, u. der nahe Abschied ihr sehr schwer werden, ein unerklärl. Rätsel. Die armen Kinder verlieren viel an ihrem wohltuenden Einfluß …“1 Auch alle übrigen Verwandten zeigten sich vom notwendigen Kuraufenthalt überrascht, da Elisabeth nicht ernsthaft krank auf sie wirkte. So schrieb Erzherzogin Therese, Tochter Erzherzog Albrechts, an ihren Vater: „Gestern war Tante Marie bei der Kaiserin; sie nahm ein großes Sacktuch mit, weil sie glaubte, viel zu weinen; indessen war die Kaiserin ganz lustig, sie freut sich unendlich, nach Madeira zu gehen.“2 Elisabeth machte noch zahlreiche Besuche – wurde also nicht von ihrer Familie getrennt, wie bei einer ernsthaften Erkrankung zu erwarten gewesen wäre –, und Franz Joseph reiste unbekümmert nach Ischl zur Jagd, was er andernfalls wohl unterlassen hätte. In den Zeitungen wurde vermeldet, die Kaiserin reise über den Winter nach Madeira, um ihren hartnäckigen Husten zu kurieren. Um die lange Abwesenheit zu rechtfertigen, war immer wieder von „Lungenaffectation“ die Rede, bald wurde daraus „Lungenschwindsucht“, also Tuberkulose, eine damals weitverbreitete und medikamentös noch nicht heilbare Krankheit, die auch die „Wiener Krankheit“ genannt wurde. Vor allem Frauen waren äußerst anfällig dafür, da sich das Tragen eines Korsetts äußerst negativ auf die Lungen auswirkte. Die Atemkapazität reduzierte sich dadurch um ca. ein Drittel, womit kein vollständiger Luftaustausch mehr möglich war und man wesentlich anfälliger für Erkrankungen war. Lungenerkrankungen betrafen Frauen aller Schichten, auch zahlreiche Mitglieder der kaiserlichen Familie erkrankten daran. Für einige von ihnen verlief die Krankheit sogar tödlich, wie etwa für die Schwägerin des Kaiserpaares, Erzherzogin Maria Annunziata, die Gemahlin Erzherzog Carl Ludwigs und Mutter des späteren Thronfolgers Franz Ferdinand. Von den Hofärzten wurden Meeraufenthalte empfohlen, da das Einatmen jodhaltiger Meeresluft desinfizierend und somit heilend wirkte. Zur generellen Stärkung gehörte auch kräftigendes Essen, vor allem vermehrter Fleischkonsum sowie (maßvoller) Bierkonsum, der geschwächte Kranke „aufpäppeln“ sollte. Dass Franz Joseph in seinen Briefen aus dieser Zeit an seine Mutter berichtete, dass Elisabeth weniger huste, viel Fleisch esse und Bier trinke, spricht dafür, dass es primär um Erholung ging und um das Auskurieren des Hustens. Diese Briefe belegen zudem eindeutig das bereits damals kursierende Gerüchte um eine venerische Krankheit der Kaiserin, mit der sie Franz Joseph angeblich angesteckt haben soll. Die permanenten Zwistigkeiten der Eheleute, Elisabeths Vorwürfe, der Kaiser kümmere sich zu wenig um sie, das schwierige Verhältnis zwischen seiner Mutter, Erzherzogin Sophie, zu der er Zeit seines Lebens absolut loyal war, und Elisabeth, die von ihrer Rolle als Kaiserin eine andere Vorstellung hatte als ihre Schwiegermutter, sollen Franz Joseph in die Arme einer anderen Frau getrieben haben, und das Verhältnis soll nicht ohne gesundheitliche Folgen geblieben sein. Dass Franz Joseph seine Frau betrogen hat, ist nicht eindeutig nachzuweisen. Da Zeitgenossen jedoch immer wieder Andeutungen darüber machten und diese Kränkung eine große Zäsur im Zusammenleben der beiden darstellte, ist eine Affäre des Kaisers nicht ausgeschlossen. Was jedoch ausgeschlossen werden kann, ist, dass er Elisabeth mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt hat. In den Rezeptbüchern, aus denen alle Krankheiten der Mitglieder der kaiserlichen Familie hervorgehen, auch Geschlechtskrankheiten von Gonorrhoe bis zu Syphilis, finden sich keine diesbezüglichen Behandlungen Franz Josephs. Auch Elisabeth wurden ausschließlich Medikamente gegen Verdauungsbeschwerden, Blutarmut und Husten verabreicht. Während Kaiser Franz Joseph über Jahrzehnte Codein gegen Husten verschrieben wurde, enthalten Elisabeths Hustenpulver das wesentlich schwächer gegen Husten wirkende Cannabis, das im 19. Jahrhundert in erster Linie zur Behandlung von Appetitlosigkeit sowie Nervenleiden aber auch, wie etwa im Fall der englischen Königin Viktoria, gegen Menstruationsbeschwerden eingesetzt wurde. Eine Verschreibung von Cannabis gegen Husten war am Wiener Hof selten und hängt vielleicht mit seiner appetitanregenden Wirkung zusammen. Zudem hatte Elisabeths generell eine Vorliebe für Naturheilmittel, und Cannabis wurde vor allem von Homöopathen empfohlen. Elisabeth hatte Zeit ihres Lebens eine eher misstrauische bis ablehnende Einstellung Ärzten und ihren Verschreibungen gegenüber. Sie bevorzugte „natürliche“ Heilmethoden. Sie suchte später auch den Kontakt zu sogenannten Naturheilern und bezog auch allerlei Heilmittel der damals weit gerühmten „Doktor-Bäuerin“ Amalie Hohenester, einer Bauerntochter, die den Kurort Mariabrunn aufgebaut hatte und auch zahlreiche Mitglieder der Hocharistokratie behandelte. Cannabis wurde jedenfalls damals nicht, wie manchmal behauptet, gegen Tripper-Infektionen verschrieben. Daraus ist ersichtlich, dass die Vermutung, Franz Joseph hätte seine Frau mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt, nicht zutreffend ist. Elisabeths Entschluss, nach Madeira zu reisen, hatte zwei Gründe. Erstens war es von allen möglichen Kurzielen das von Wien am weitesten Entfernte, womit keine Besuche aus Wien zu erwarten waren. Vor allem aber hatte Elisabeths Schwager Erzherzog Ferdinand Max, der jüngere Bruder Franz Josephs und spätere Kaiser von Mexiko, kurz davor Madeira bereist und begeistert von der blühenden Atlantikinsel geschwärmt. Da sich die österreichische Flotte zu dieser Zeit in Kriegsbereitschaft befand, stellte die englische Königin Viktoria Elisabeth für ihre Reise ihre Yacht „Viktoria & Albert“ zu Verfügung. Die Reisegesellschaft ging in Antwerpen an Bord, wobei alle Passagiere mit Ausnahme Elisabeths bei stürmischer Seefahrt seekrank wurden: „… Helene Taxis, die sich in Leiden und Üblichkeiten aufzulösen schien. Marie Doré (Anm. das Kammermädchen) war so krank, dass sie gern gestorben wäre. Alle litten mehr oder weniger … Sisi litt nicht einen Augenblick, auch stellte ihr der Capitän … das Zeugnis aus, dass sie sich als...