E-Book, Deutsch, Band 1, 420 Seiten
Reihe: Cora Remy
Vermeer Mit dem Wasser kommt der Tod
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-95441-275-4
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Thriller
E-Book, Deutsch, Band 1, 420 Seiten
Reihe: Cora Remy
ISBN: 978-3-95441-275-4
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Skrupellose Geschäfte mit dem höchsten Gut
Eigentlich wollte Cora Remy, eine junge Ingenieurin aus dem Westerwald, nur ihren Kollegen vertreten, aber ihre Reise nach Tibet entpuppt sich vom ersten Moment an als wahrer Albtraum.
Kurz nach ihrer Ankunft entgeht sie nur knapp einem Anschlag, und von einem Moment auf den anderen steckt sie mitten in einer schmutzigen Korruptionsaffäre. Während ihrer Eisenbahnfahrt durch das geheimnisvolle, fremde Land verfolgt ein unbekannter Feind sie bis aufs Dach der Welt. Während der Reise muss sie in Qingdao und Lhasa, in der Abgeschiedenheit eines alten Klosters, im Base Camp des Mount Everest und an den Ufern des Brahmaputra um ihr Leben kämpfen. Aber Cora lässt sich nicht einschüchtern.
Mit jeder neuen Information, die mehr Licht in das Dunkel um die Drahtzieher der Mordanschläge bringt, kommt sie Schritt für Schritt einer gigantischen geplanten Umweltsünde auf die Spur. Ein Krieg um Wasser zeichnet sich drohend am Horizont ab - ein Krieg, der die ganze Welt ins Chaos stürzen könnte.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
2. Kapitel
Zwei Tage zuvor Guten Morgen!« Fröhlich und dynamisch wie immer verließ Cora den Fahrstuhl und begrüßte zwei Kollegen, die ihr entgegenkamen. Sie freute sich auf den neuen Arbeitstag und war neugierig, was er ihr bringen würde. Ihr Chef hatte sie zu einem Gespräch einbestellt, gleich um acht Uhr. Das war nicht ungewöhnlich; wahrscheinlich ein neues Projekt. Ihre Spezialisierung schon im Studium auf das Thema Wasser hatte dazu geführt, dass sie für das Ingenieurbüro inzwischen sämtliche Planungen im Hydrobereich leitete und auch selbst oft zu neuen Projekten fuhr. So kam sie viel herum, in Rheinland-Pfalz und Deutschland, aber auch weltweit. Energiegewinnung aus Wasserkraft wurde für viele Entwicklungs- und Schwellenländer immer wichtiger, obwohl die Kohle noch immer der Hauptenergieträger war. Kohle! Wann würden die Menschen lernen, dass Kohle die Vergangenheit war, nicht die Zukunft? Auch die Klärung von Abwässern nahm einen immer größeren Raum in ihrer Arbeit ein; mit dem weltweiten Bevölkerungswachstum und der zunehmenden Urbanisierung wuchsen die hygienischen Probleme im gleichen Maße. Die Auftragslage war für ein spezialisiertes Ingenieurbüro daher prächtig. Ein neuer Turbinenbau an der Mosel oder sogar in den Alpen? Oder Südamerika? Auch dort war sie häufig; sie war die Einzige im Büro, die fließend Spanisch sprach. Und im Gegensatz zu manchen Kollegen reiste sie gerne. Was konnte spannender sein? Cora betrat ihr Büro, warf die kurze Lederjacke nachlässig über die Stuhllehne und blickte auf ihre Armbanduhr. Ein Geschenk ihres Ex-Ehemannes; auch wenn sie ihn schon zwei Jahre los war, hatte sie die Uhr doch gern behalten. Andenken an eine Zeit, als sie noch glücklich mit ihm in seiner spanischen Heimat unterwegs war … Sie schüttelte den Kopf, um den Gedanken an ihn zu verscheuchen. Vorbei. Noch fünf Minuten, sie hatte also noch Zeit, schnell ihre Mails durchzugehen. Die üblichen Spammails, die ihr in diversen Bereichen Unterstützung anboten, nein danke, heute nicht. Ein paar Anfragen, ein Kunde mit dem inzwischen wohl hundertsten Änderungswunsch für eine Anlage, nichts Wichtiges. Konnte alles warten. Punkt acht Uhr klopfte sie der Form halber an den Türrahmen des Chefbüros, die Tür stand – wie in allen Büros hier – sowieso offen. Fischer erhob sich und winkte sie lächelnd herein. »Guten Morgen, Cora. Siehst ja wieder blendend aus! Offensichtlich gebe ich dir zu wenig Arbeit … na, das werden wir ändern müssen!« Er grinste und zeigte auf einen der Stühle an dem runden Besprechungstisch vor dem Fenster. »Setz dich bitte. Kann ich gleich zum Thema kommen?« Er sah das als eine rein rhetorische Frage, was es im Grunde ja auch war. Ohne daher ihre Antwort abzuwarten, legte er los: »Du ahnst es sicher schon, es gibt ein neues Projekt für dich. Also genau genommen ist das Projekt nicht neu, aber es ist neu für dich. Eigentlich sind es sogar zwei Projekte. Es geht um Kläranlagen. Nichts Kompliziertes, aber das Ganze ist doch etwas ungewöhnlich. Du weißt, wir haben da ein paar Spezialkunden, die uns etwas Sorgen machen. Ich brauche dich vor Ort.« Cora hörte neugierig zu. Ihr Chef hatte vor dreißig Jahren begonnen, sich mit seiner Firma Neuwied Ingenieure Beratung, NIB, auf die Planung, Konstruktion und Bauüberwachung von Kläranlagen und Wasserturbinen zu spezialisieren. Damals war das eine überwiegend standardisierte Arbeit gewesen: Eine Stadt benötigte eine Kläranlage, man besprach die Details wie Größe, Standort et cetera, baute – und fertig. Inzwischen waren nicht nur die Anforderungen in ökonomischer Hinsicht deutlich gewachsen, sondern auch die ökologischen Implikationen waren sehr komplex geworden. Wohin baute man so eine Anlage? Was passierte, wenn die Stadt wuchs und die Anlage nicht mehr ausreichte? Konnte man von vorneherein so planen, dass die Anlage erweitert werden konnte? Das dynamische Wachstum afrikanischer und asiatischer Städte überholte jegliche Planung. Wer besaß die beste Technologie? Deutschland war wie in vielen Bereichen auch in dieser Hinsicht sehr weit vorn; in dem berühmten und weltweit bewunderten deutschen Mittelstand gab es auch in der Wasserbranche sogenannte Hidden Champions, also Firmen, die in ihrer Nische Weltmarktführer waren, auch wenn der normale Bürger ihren Namen noch nie gehört hatte. Und die weltweit immer katastrophalere Ausmaße annehmende Umweltverschmutzung führte endlich nicht nur in Europa, sondern auch in den sogenannten Schwellenländern zu einem gesteigerten Bewusstsein für diese Thematik. Wasserqualität war das Thema jeder Klima- und Umweltkonferenz. »Also, es geht um zwei Kläranlagen, eine ist fertig, da musst du nur die Bauabnahme machen. Dürfte Routine sein. Die andere ist etwas spezieller; sie ist noch im Bau, und es treten Probleme auf. Du schaust dir das an und klärst die Situation, okay? Ich brauche da meinen besten Mann, und das bist nun mal du!« Cora lächelte pflichtschuldigst; sie mochte ihren Chef, aber diesen Spruch hatte sie sich schon während des Studiums anhören müssen. Sie war die einzige Frau in ihrem Jahrgang gewesen; Ingenieurwesen war damals mehr noch als heute eine Männerdomäne. Ihre schnelle Auffassungsgabe, ihr Fleiß und ihre ruhige, bestimmte Art hatten ihr nach anfänglichen Problemen, ernst genommen zu werden, schnell den Respekt der Professoren eingebracht. »Okay«, sagte sie. »Alles klar so weit. Wo fahre ich hin? Mir fällt gerade kein Projekt in der Region ein, das du meinen könntest. Worum geht es? Darf ich Koffer packen?« Hoffnungsvoll strahlte sie ihn an. Eine Reise? Womöglich in die geliebten Berge? Vielleicht konnte sie das Projekt mit einer Klettertour verbinden? »Nun«, sagte Fischer etwas gedehnt. »Jetzt kommen wir zu dem interessanten Teil. Es geht nicht um eines deiner Projekte, da wüsstest du ja ohnehin Bescheid. Es geht um zwei Projekte von Michael«, – er nickte mit dem Kopf zu dem gegenüberliegenden Büro hinüber, das ihrem Kollegen Michael Wams gehörte –, »der sich gestern abgemeldet hat. Die Kinder haben die Läuse im Kindergarten, seine Frau ist krank, er muss sich kümmern und kann nicht weg. Du hast das große Los. Die schon fertige Kläranlage ist in China. Qingdao, genau genommen.« Erwartungsvoll schaute er sie an. Er wusste ja, wie sehr sie das Reisen liebte, und in China war sie noch nie gewesen. »China? Qingdao? Ich? Wow!«, rutschte es ihr heraus. »Äh, entschuldige, ich meine, das ist ja sehr interessant, mache ich natürlich gern, wann soll ich denn fliegen?« »Du musst dich im Flugzeug einarbeiten, wir haben es eilig. Gleich morgen Abend 17.10 Uhr ab Frankfurt, Stopover in Beijing. Das Ticket und alle Details der Route, Hotels und so weiter findest du in deinem Kalender auf deinem Smartphone. Irene kümmert sich um das Visum, du kriegst das bei der Ankunft in Beijing als visa on arrival und musst es dann dort verlängern lassen. Das ist mit dem Konsulat in Frankfurt abgesprochen. Michael hat dort einen Freund, er fliegt ja ständig nach China.« China! Sie versuchte gar nicht erst, ihr glückliches Strahlen zu verbergen. Da hatte sie immer schon mal hingewollt, nie hatte es geklappt. Nicht, dass sie viel über das Land wusste, das Übliche eben: unglaublich dynamisches Wachstum, die nächste Weltmacht, Diktatur, Fleiß – die normalen Klischees. Aber sie würde sofort Michael anrufen, der konnte ihr sicher noch Tipps geben. Sie wollte schon aufstehen, als Fischer sagte: »Cora? Du hast etwas vergessen.« »Was denn?« »Die zweite Anlage.« »Ach ja, genau. Wo ist die? Auch Qingdao?« »Nicht ganz. Nyingchi.« »Gesundheit!« »Sehr witzig, Cora. Das ist eine Stadt in China. Genauer, in Tibet.« Jetzt verschlug es sogar der sonst so wortgewandten Cora die Sprache. Ihr blieb der Mund offen stehen, was mit dem fröhlichen Strahlen zusammen einen etwas seltsamen Ausdruck ergab. Kirchen, Westerwald Nachdenklich betrachtete sie ihren Koffer. Zwei Wochen China, was nahm man mit? Es war Ende Juli, also sicher warm in Qingdao. Das überprüfte sie besser noch einmal, sie überließ die Dinge ungern dem Zufall. Sie scrollte durch ihr Smartphone. 32 Grad waren es heute in Qingdao, na, das klang doch vielversprechend. Andererseits würde sie ja den ganzen Tag auf der Baustelle verbringen, da war es schon wieder zu heiß eigentlich. Dann folgte eine Zugfahrt nach Shanghai, hatte Fischer gesagt, dort würde sie einen chinesischen Kollegen treffen, mit dem sie gemeinsam mit dem Zug nach Lhasa, der Hauptstadt der Provinz Tibet, fahren sollte. 44 Stunden dauerte die Fahrt, quer durch China! Aber es war besser so, Lhasa lag auf einer...