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Wallmann / Jansen / Kuhn | Manchmal kehren sie wieder | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 264 Seiten

Wallmann / Jansen / Kuhn Manchmal kehren sie wieder

Zombie Kurzgeschichten
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-96000-349-6
Verlag: Elysion Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Zombie Kurzgeschichten

E-Book, Deutsch, 264 Seiten

ISBN: 978-3-96000-349-6
Verlag: Elysion Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



26 der besten, fiesesten und bizarrsten Kurzgeschichten rund um Zombies. Gibt es gute Zombies? Oder böse Zombies? Hier findet ihr nicht nur die Antwort, sondern taucht ein in Geschichten von Nazi-Zombies und Rache-Widergängern. Manche kommen wieder, um sich an einer einzigen Person zu rächen, andere wollen gleich die ganze Menschheit vernichten. Und einige haben einfach nur Hunger. In einigen Geschichten hat sich die Gesellschaft der Lebenden angepasst, bei einigen bricht die Zombieseuche zum ersten Mal aus - oder zum zweiten Mal. Manche erschaffen die Zombies und manchmal sind sie sogar rein Gesellschaftlich - und die Rettung ist manchmal so simpel wie verwerflich. Es darf gelacht werden - oder man kann sich fürchten - sogar gleichzeitig.

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Sammlerstück


Johnny Wallmann

Welcher Narr ist so töricht, zu glauben, das Ende der Welt sei gekommen, nur weil es nach seinen zahlreichen Ankündigungen und anschließend gescheiterten Versuchen erneut einen Anlauf nimmt, um zum großen, endgültigen Schlag auszuholen?

Welcher Narr behauptet, dass die sich stets in Schönfärberei sonnende, nichtsahnend am Rande des Abgrunds taumelnde Menschheit abermals darum bittet, ausgelöscht zu werden?

Nun, diesmal bin ich der Narr.

Aufgewacht aus einem mehrtägigen Koma kämpfte ich mich zurück an die Oberfläche des Bewusstseins und schaffte es, im Krankenhausbett die Augen wieder aufzuschlagen und die ersten Atemzüge in dieser neuen, fremden Welt zu machen, die nicht mehr mit jener alten zu vergleichen war, in der ich meine fast einundsechzig Jahre bis dahin verbracht hatte. Ich wachte also in diesem dämmerig dunklen Krankenhauszimmer auf, allein und verwirrt. Nach und nach kam die Erinnerung zurück, dass ich an einer monströsen Maschine angeschlossen war, die die Sauerstoffzufuhr regulierte, weil ich selbstständig nicht mehr atmen konnte. Die Schläuche, die tief in meinen Rachen geführt hatten, waren inzwischen wieder entfernt worden, genauso wie die Maschine selbst. Ursache für diesen ganzen Schlamassel war ein Virus, das meine Atemsysteme befallen und sich in meine Lungen eingenistet hatte. Ein gottverdammtes Virus aus einem weit entfernten Land, das mit Gott so wenig anfangen konnte wie die Bank mit einer gesperrten Kreditkarte.

Ich saß also auf dem Bett und mir wurde bewusst, das ich es überlebt und dieses vermaledeite Virus besiegt hatte, und eine überschwängliche Euphorie breitete sich in mir aus, ähnlich wie sich das Aroma eines exzellenten Whiskeys im Rachen ausbreitet, den man sich nach einer langen Zeit der Abstinenz gönnt.

Ich stand auf und ging, wenn auch noch ein wenig wacklig auf den Beinen, zum

Kleiderschrank hinüber, um die elendige Patientenkleidung, die wie ein Totenhemd an meinen Knochen herunterhing, loszuwerden und gegen die beige-melierte Bundfaltenhose, das weiße Hemd aus gebürsteter Baumwolle (das durch seine mehrtägige Lagerung in dem engen Schrank arg in Mitleidenschaft gezogen worden war), dem dolomitengrauen Kaschmircardigan und den schwarzen Oxford-Schuhen, die dringend einer Reinigung bedurften, einzutauschen. Wiederhergestellt und gesellschaftsfähig, verließ ich meine vorbehaltliche Grabkammer und ging in den Krankenhausflur, aber ich traf niemanden an; keine von diesen emsigen Schwestern, die noch bei meiner Einlieferung den Flur bevölkert hatten, noch irgendjemanden, der mir an der Rezeption weiterhelfen konnte.

»Hallo.« Meine Stimme hörte sich an wie eine ratternde Fahrradkette, die nicht ordentlich über die Ritzel läuft, also holte ich tief Luft und rief noch einmal.

»HALLO! JEMAND DA?«

Während ich auf eine Antwort wartete, bemerkte ich auf dem Rezeptionstisch einen dieser Abreißkalender. SEI DU SELBST! ALLE ANDEREN SIND BEREITS VERGEBEN, stand dort über Dienstag, dem 3. Oktober. Wenn die Buchführung hier im Krankenhaus ordentlich gemacht und das Datum richtig angezeigt wurde, waren mittlerweile fünf Tage vergangen, seit ich mit akuten Hustenanfällen und hohem Fieber eingeliefert worden war.

Anscheinend wurde ich erhört, denn die Tür hinter der Rezeption, auf der PRIVAT stand, bewegte sich und eine Frau lugte mit großen, fragenden Augen durch den Türspalt.

»Wo sind die anderen denn alle hin? Ist irgendetwas passiert?«, fragte ich räuspernd.

Die Frau, Mitte Dreißig, lange, blonde Haare, die ihr bis über die Schultern fielen, musterte mich – wie ich fand, eine Spur zu lange, so als ob sie sich vergewissern wollte, ob ich nicht nach einem gravierenden Ärztepfusch oder einer Fehldiagnose den Löffel abgegeben hatte und nun als Gespenst zurückgekehrt war (aber da wusste ich noch nicht, dass sie mich auf ganz andere Symptome abcheckte) – und nach ein paar Sekunden löste sie sich von der Tür und näherte sich mir, auch wenn sie den Mantel der Furcht nicht ganz ablegen konnte.

»Sie sind doch der Patient aus dem Aufwachraum«, sagte sie. »Sie sind der Schriftsteller.«

Angesichts des sonderbaren Umstandes, dass das Krankenhaus bis auf sie und meine Wenigkeit verlassen zu sein schien, reichten ihre Worte aus, um ein Lächeln auf mein Gesicht zu zaubern.

»Gestatten, Reginald von Zimmern.«

»Schwester Simone«, sagte die Frau, klaubte ein paar Habseligkeiten vom Rezeptionstisch, die sie in ihrer Handtasche verschwinden ließ, streifte sich eine rote Strickjacke über und drehte sich wieder zu mir um.

»Es hat wohl einen Ausbruch gegeben,« sagte sie endlich, um meine Frage zu beantworten.

»Ja, ich weiß. Dieses verflixte Co-«

»Nein, ich meine einen Ausbruch. Mitten im Lockdown, als alle in Quarantäne steckten. Es gibt kaum Informationen über dieses Virus, aber was ich so mitbekommen habe«, und dabei blickte sie flüchtig zur Tür, durch sie gerade gekommen war, »scheint es das Gehirn anzugreifen, und es verbreitet sich rasend schnell. Ich ... Hören Sie, ich habe Ihre Bücher sehr gemocht. Schade, dass Sie nichts mehr geschrieben haben, ist schließlich ne Weile her seit dem letzten. Ich wünschte, ich hätte Sie unter anderen Umständen kennengelernt, aber ich sollte jetzt besser das Weite suchen. Das sollten Sie auch tun, und zwar so schnell wie möglich.« Sie blickte mich mit ihren grünen Augen noch eine Sekunde lang an, bevor sie durch eine angrenzende Flurtür verschwand.

Ich war wie zu Stein erstarrt, mein Lächeln nur noch ein gefrorener, gebogener Strich im Gesicht. 14 Jahre, sagte ich in Gedanken, aber ich hätte es laut ausgesprochen, wenn sie noch einen Moment länger gewartet hätte. 14 Jahre und sieben Monate, um genau zu sein, sind seit dem letzten Buch vergangen, rief ich ihr stumm nach. Aber haben Sie wirklich gedacht, das AUS ALTEN ZEITEN das Ende meiner Karriere war? Oder haben Sie etwa den Kritikern alles geglaubt, was sie über mich geschrieben haben – allen voran Fritz Motzinski, dieser aufgeblasene Wichtigtuer, der nur darauf wartet, auf mein Grab zu pi.... Halt, warten Sie doch. Es war nur eine ... kreative Schaffenspause, denn es gibt endlich etwas Neues von mir, und zufällig kommt es morgen heraus. Sie glauben mir nicht? Wenn Sie mit mir nach Hause kommen, erhalten Sie ein kostenloses Exemplar, ich versprech's Ihnen. Gottbehüte, dies ist doch kein plumper Annäherungsversuch, ganz im Gegenteil. Ich finde Sie recht sympathisch, und deswegen sollen Sie als erstes mein neues Werk bekommen. Und wissen Sie was? Ich werde es signieren, damit es ein echtes Sammlerstück wird.

Das hätte ich alles sagen können, aber ich bekam kein Wort heraus. Ich starrte auf die Tür, die sich hinter ihr geschlossen hatte, und lauschte den leisen Geräuschen, die sonst niemand bemerkte, wenn im Krankenhaus Betrieb herrschte, und doch präsent waren: das durchgehende Summen der Leuchtstoffröhren und das anhaltende Sirren der Computer und Maschinen, die unentwegt am Stromkreis hingen. Und da war noch etwas anderes, was für einen Moment meine Aufmerksamkeit erregte: Es erklang hinter der Tür an der Rezeption, auf der PRIVAT stand und durch die Schwester Simone vorhin aufgetaucht war. Es ähnelte am ehesten den Klagelauten von Tieren, die feststeckten oder eingeklemmt waren und – wenn sie merkten, das ihre Kraft zu schwinden begann – resignierten, weil sie sich nicht aus ihrer misslichen Lage befreien konnten und dem Tode ausgeliefert waren, aber dafür waren die Laute zu , um von Tieren zu stammen.

Ich erinnerte mich wieder an Schwester Simones Ratschlag, wandte mich zur Tür und verließ das Krankenhaus.

Es war nicht das erste Mal, dass ich nach Einbruch der Dämmerung in den Straßen Sonnbergs unterwegs war. Die besondere Atmosphäre, die diese Stadt auf ihre Einwohner ausübt, ist auch mir durchaus vertraut, egal, ob man sich im Zustand eines maßvollen Rausches befindet, den man sich nach dem Besuch einer der vielen Pinten angeeignet hat, oder nüchtern ist. Die hereinbrechende Dunkelheit schwebt wie ein riesiger Samtschleier aus der Höhe herab und legt sich mit sanfter Anmut auf die Dächer, die Baumkronen und alles andere, was sich in den Straßen befindet. Die nächtlichen Lichter der Stadt leuchten auf und gehen eine Symbiose mit der Dunkelheit ein. Ein neuer Ort wird erschaffen, ein Spiegelbild zu dem, welcher am Tage herrscht, verstärkt durch den Glanz der uralten Sterne, der die Einwohner wie durch ein Traumreich wandeln lässt.

Doch jetzt, auf dem Weg nach Hause, das vier Straßen entfernt war, geschwächt von dem mehrtägigen Krankenhausaufenthalt und dem mühsamen Fußmarsch, spürte ich diesen Zauber nicht mehr.

Die Stadt fühlte sich tot an.

Dabei hatte Sonnberg schon einmal seine ganz eigene, persönliche Katastrophe erlebt, vor vielen Jahren in einem Spätsommer, als es aufgrund immenser Regenbrüche über den Ort zu Überflutungen kam und die Wassermassen ein ganzes Stadtviertel bis zur Unkenntlichkeit verwüsteten. Mittlerweile waren die Wunden verheilt, die Toten hatten ihren Frieden gefunden und die Mauern waren in unermüdlichem Einsatz wieder errichtet worden, und doch schien nun ein neues Unheil am Horizont aufgezogen zu sein, das weit subtiler daherkam als die gewaltigen Fluten, die dem Wasser des Roten Meeres gleich über die ahnungslosen Köpfe der Sonnberger zusammengeschlagen waren. Ich bemerkte es an den dunklen Straßenseiten und den Schatten, die jetzt nicht mehr so sanft und tröstlich waren, sondern ein unruhiges, flimmerndes Unbehagen in mir auslösten. Und wieder hörte ich diese tiefen Klagelaute, diesmal gepaart mit dem...



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