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E-Book

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Adler Knochenjob


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95991-193-1
Verlag: Drachenmond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

ISBN: 978-3-95991-193-1
Verlag: Drachenmond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Drei wissenswerte Tatsachen 1. Dies ist eine Geschichte über den Tod. 2. Dies ist eine Geschichte über den Tod, der das Nasenbein gestrichen voll hat von rostigen Sensen und kratzigen Umhängen. 3. Dies ist eine Geschichte über den Tod, die folgende Dinge beinhaltet: - Das Leben - Das Schicksal - Eine Reise zur Zeit - Den todesmutigen Versuch, ein paar Menschen zu retten - Und ein zufällig gelüftetes Geheimnis, das alles über den Haufen wirft. Aber lest selbst.

Hallo! Nun, was sagt man in solchen Texten schon über sich? Lass mich nachdenken. Ich bin Sarah, Jahrgang 1994, und habe das beklemmende Gefühl, dass es für eine halbwegs aufschlussreiche Autoreninfo entweder viel zu viel oder viel zu wenig zu sagen gibt. Die wesentlichen Punkte lauten, denke ich, folgendermaßen: Ich interessiere mich brennend für alles Alte und irgendwie Gammlige (vermutlich eine der Hauptvoraussetzungen für Archäologiestudenten), verbringe den Großteil meiner Freizeit mit meiner Tastatur und wollte Autorin werden, seit... nun, seit ich meine ersten Geschichten verfasste, in denen es meistens um Kaninchen und magische Eichhörnchen ging. Wohlwollend könnte man sagen, dass ich mich seither zumindest ein wenig verbessert habe. Das geschriebene Wort war mir (auch, wenn es momentan womöglich nicht den Anschein hat) schon immer das Liebste. Ich verschlinge alles, das mit Buchstaben geschmückt ist, lese ab und zu zum Spaß im Wörterbuch und mache mir ständig Notizen, wenn mir merkwürdige Redewendungen auf- oder Ideen für meine Geschichten einfallen. Kurzum: Ich bin ein echter Junkie. Ein Leben ohne Schreiben ist für mich nicht möglich... und anders möchte ich es auch gar nicht haben.
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Kapitel 1


Anderswo war die Luft schwer vor Nebel.

Das einzige Geräusch war das endlose Branden der Wellen gegen zerklüfteten Stein.

Wo befinden wir uns? An der Küste von Cornwall. In welcher Zeit? Sagen wir einfach: Eines Tages …

Eines Tages saß ich an der Küste von Cornwall und las in einem abgegriffenen Buch, und das Schicksal war auch da. Seine langen, himmelblauen Gewänder spielten im Wind. Es stand nur ein paar Meter von mir entfernt und beobachtete vergnügt zwei miteinander zerstrittene englische Anwälte, die sich auf den Klippen entgegenkraxelten und dadurch unerwarteterweise zu Wanderkumpanen wurden. Erst dann, als sie sich in neu gefundener Eintracht eine Packung Trockenpflaumen teilten, drehte Schicksal sich zu mir um und tat so, als hätte es mich gerade eben erst bemerkt.

Was für ein Heuchler. In der Tat wusste ich, dass es mich schon gesehen hatte, bevor ich überhaupt dazu gekommen war, mich zu setzen.

Unter dem Schleier hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln.

»Wie schön, dass man dich auch mal wieder sieht, Tod. Es muss Ewigkeiten her sein. Was tust du?«

Und hier wird unsere Geschichte merkwürdig.

Ich hob meine Lektüre ein bisschen an, um den Blick auf den Einband freizugeben. Auf ihm waren die leicht abgewetzten Worte »Erste Hilfe – Spezialausgabe Sanitäterausbildung« zu lesen. Darunter prangte das Bild eines recht bleich geschminkten Mannes mit Platzwunde am Kopf, der (das wusste ich aus Berufserfahrung) ganz bestimmt nicht tot war. Es war nicht der alltäglichste Lesestoff für jemanden meines Berufs, auch wenn die Umstände, unter denen ich an das Buch geraten war, dunkel und verworren waren und die ein oder andere Leiche natürlich nicht entbehren konnten.

»Ich lerne, wie man Menschen das Leben rettet.«

Wie das Schicksal so spielte, stand es plötzlich recht unerwartet neben mir – das war eine seiner nervenaufreibenderen Eigenschaften – und hieb mir ziemlich fest auf die Schulter.1 Sein verschleierter Blick senkte sich neugierig auf die erste Seite und es ließ ein Geräusch hören, das entfernt an ein Lachen erinnern mochte. »Tod, du Trottel!«, verkündete es leichthin. Nerven muss man haben. »Das ist ein Buch von vor über zehn Jahren! Die Richtlinien sind bestimmt alle schon längst wieder überholt!«

Ich fragte nicht, woher es das wusste. Man hätte meinen sollen, das Schicksal habe mit Medizin nicht allzu viel am Hut – aber die traurige Tatsache war, dass die Type seine Finger so ziemlich überall drin hatte. Oh, natürlich kümmerte es sich in seiner Freizeit auch um tragische Liebende und was es an dergleichen Überflüssigkeiten noch so gab, aber einen erstaunlichen Großteil seiner Ränkeschmiedereien durfte am Ende der finstere Genosse auf dem Felsen mit dem Buch in der Hand ausbaden.

Wovon ich rede? Von Strängen, die im Hintergrund aus Langeweile gezupft, von Vorschriften, die geändert wurden, und von Todesopfern, die darunter leiden mussten, dass sich in den ersten paar Wochen niemand eine genaue Vorstellung davon bilden konnte, wie man sich mittlerweile zu verhalten hatte.

Davon, dass es auf der ganzen Welt mit ihrem unermesslichen Umfang nur einen gab, an dem dergleichen jedes einzelne Mal hängen blieb. Mich.

Dies ist eine Geschichte über den Tod, und sie beginnt nicht zufällig mit dem Schicksal.

Nennt es eine bis auf die Knochen reduzierte Biographie.

Eine kleine Vorgeschichte

Ein aufmerksamer Leser wird nicht umhinkommen, sich zu fragen, wie ein sonst so pflichtbewusster Tod auf die Idee kommt, Leben retten zu wollen, anstatt sie zu nehmen.

Das Ganze begann vor sechstausendeinhundertsechsundachtzig Jahren und ein paar Zerquetschten.

Damals hing der Rauch in dicken Schwaden in der kleinen Hütte. Geräuchertes Fleisch und getrocknete Pflanzen lagen in gut verschnürten Bündeln neben der Feuerstelle.

Damals beugte ich mich gerade über die in einer Ecke kauernde vogelnesthaarige Alte, die aussah wie ein Dörrapfel, und wartete geduldig darauf, dass sie endlich den Löffel abgab, als es geschah.

Sie sah mich an. Sie entblößte einen scharfen, gelblichen Zahn. Sie fluchte.

»Rotz und Bärenscheiße!« spie sie mir ins Gesicht. »Ich hasse den Tod!«

Ich fuhr zurück. Das für sich allein genommen war schon beleidigend genug, aber nichts, woran ich nicht gewöhnt gewesen wäre.2

Es kam jedoch noch dicker. Damals ließ die ganze Sippe, die sich um die muffige Bettstätte versammelt hatte, ein einträchtiges Brummen hören, das in der heutigen Zeit mit zustimmenden Ellenbogenstößen einhergegangen wäre. Damals ließ das junge Mädchen, das auf Kopfhöhe der Alten am Bett saß und garantiert weder von Tuten oder Blasen noch von Sterben eine Ahnung hatte, ein enthusiastisches Quäken hören, das mir verdächtig nach »Ich auch!« klang.

In der folgenden halben Stunde, die ich mich unwohl fühlend im Kreis dieser düsteren Gestalten herumdrücken musste, keimte ein Gedanke.

Damals gab es noch keine Bücher über Erste Hilfe.

Am Tag besagten Eines Tages schreckte ich in die Zukunft zurück und warf Schicksal einen strafenden Blick zu. Es hatte sich die Sache gespannt angehört, und jetzt erschien es mir beinahe, als lachte es mich aus. Ich ließ meinen Blick noch ein klein wenig finsterer werden.

»Rotz und Bärenscheiße, ich hasse dich. Glaubst du denn, jemand käme auf die Idee, dem Leben in die Augen zu schauen und so etwas zu sagen?

»Ach, darum geht es also. Du regst dich mal wieder über Leben auf.«

Das war mehr oder weniger mein Job, und jeder andere hätte sich an meiner Stelle auch aufgeregt. Aber das wollte ich Schicksal nicht wissen lassen.

»Die Menschen sind schlecht erzogen. Die meisten von ihnen heulen sich zwar unentwegt darüber aus, wie furchtbar ungerecht das Leben doch sei, aber dann schicken sie ganz schnell ein aber natürlich haben andere es schlechter hinterher, oder zumindest einen flüchtigen Gedanken à la aber sterben möchte ich doch noch nicht. Heuchler.«

»Das erscheint mir ganz angebracht für Lebewesen mit einem gesunden Arterhaltungstrieb.«

Davon wollte ich nichts hören.

Ihr müsst verstehen, warum ich auf Schicksal nicht besonders gut zu sprechen war.

Letzten Endes lief es seit Jahrmillionen auf eines hinaus: Meine Kollegen hatten ihren Spaß, und ich bekam jedes Mal die Scherereien ab, ohne dass jemand auf die Idee gekommen wäre, mich vorzuwarnen. Das wäre auch mal eine nette Abwechslung gewesen: Dass jemand es ausnahmsweise, welch haarsträubender Gedanke, für nötig gehalten hätte, sich mit mir abzusprechen. Aber nein; der Tod kennt keine Kompromisse, hieß es.

Diese Sorte von alten Vorurteilen führt dazu, dass meinereiner nie einen einzigen Tag Urlaub bekommt. Ich bin sogar sehr kompromissbereit. Es versucht nur nie einer.

»Natürlich bin ich nicht der Einzige, der sich Woche um Woche und Jahrtausend um Jahrtausend den Hintern wund schuftet«, fuhr ich fort; in erster Linie, um oben genannte Kompromissfähigkeit zu beweisen.

»So wie ich«, sprang Schicksal hilfreich ein.

»Ja. So wie du. Und du findest deinen Job –«

»Großartig. Für Glück und Freude zuständig zu sein, die Menschen zum Lachen und Lieben bringen zu können …«

»Ich kann nicht umhin, zu bemerken, dass du die ganzen Todesfälle auslässt.«

»Es ist, wie der Geschäftsleiter der größten Süßwarenfabrik des Universums zu sein und ab und zu ein paar Tonnen Gratisbonbons zu verteilen.«

Und das, da musste ich zustimmen, war ziemlich treffend formuliert. Der einzige Nachteil war, dass sich irgendjemand um die anfallenden Bonbonpapierchen kümmern musste, die in der realen Welt nur allzu oft einem Haufen Leichen entsprachen. Und da, oh Freude, kam dann wieder ich ins Spiel.

Ich war sozusagen die Müllabfuhr.

»Es ist einfach keine besonders gerechte Aufteilung.«

»Und noch schlimmer als das.«

»Ja?«

»Du hast noch nicht einmal einen Hintern, den du dir wund schuften könntest. Du hast nur ein Becken.«

Wenn, wenn, wenn.

Wenn die Welt eine Grundschullehrerin gewesen wäre, hätte sie die ganzen Smileysticker an das Leben verteilt und an mich die Zusatzaufgaben in Mathe.

Ich hatte es satt, dass alle schrien: »Oh Gott, nicht du schon wieder!«, wenn ich mich meldete, um höflich meinen Senf beizutragen. Ich fand es unverschämt, dass das Leben die Mitte vom Pausenbrot bekam und ich immer nur die Ränder. Und ganz gewiss wollte ich keine deprimierenden Klassenbucheinträge mehr, nur weil ich rechtzeitig zur Schulstunde erschienen war!

Das würde sich alles ändern, hatte ich mir vorgenommen. Nun gut, vielleicht hatte ich sechstausendeinhundertsechsundachtzig Jahre gebraucht, um diesen Entschluss zu fassen, aber ich...



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