Bartels / Raether | Männergefühle | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Bartels / Raether Männergefühle

Eine Enthüllung
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-10-401343-5
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Enthüllung

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-10-401343-5
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Männergefühle: Ein humorvoller Blick hinter die Fassade des männlichen Geschlechts Haben Männer Gefühle, und wenn ja, wie viele? Was meinen Männer, wenn sie donnerstags ihr Auto waschen? Was denken sie, wenn sie nichts sagen? Stephan Bartels und Till Raether nehmen in Männergefühle kein Blatt vor den Mund und gewähren einen amüsanten und erhellenden Einblick in die geheime Welt der männlichen Emotionen. Mit Witz und Charme erkunden die Autoren, was sich hinter der manchmal mürrischen Fassade verbirgt, warum Frauen ein Zuhause gestalten, während Männer eher Bewohner sind, und in welchen Situationen Männer sogar die besseren Frauen sein können. Dabei werden alle Hüllen fallen gelassen, um endlich Licht ins Dunkel der brennendsten Fragen rund um das männliche Gefühlsleben zu bringen. Männergefühle ist ein unterhaltsamer Ratgeber für alle, die Männer besser verstehen wollen. Herrlich humorvoll und doch voller überraschender Erkenntnisse beweist dieses Buch, dass auch das vermeintlich starke Geschlecht eine sensitive Seite hat. Ein aufschlussreicher Spaß für Frauen und Männer gleichermaßen!

Stephan Bartels, Jahrgang 1967, schreibt seit mehr als 13 Jahren als freier Autor für Brigitte Porträts, Kultur-, Reise- und Psychologie-Artikel und ist u. a. für den Stern und Die Zeit tätig.
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Kapitel 2 Was Männer haben, wenn sie schlecht gelaunt sind: Eine Einführung vom Fachmann


Schlechte Laune ist eine echte Männerdomäne. Vor allem am Wochenende. Till Raether erklärt, woher die schlechte Laune der Männer kommt und was man dagegen tun kann.

Die meisten Beziehungen scheitern am Wochenende. Weil plötzlich der oder die Geliebte anruft? Oder ein Maxi-Cosi mit einem unehelichen Kind vor der Tür steht? Weil der Vater die Kinder im Supermarkt vergessen hat? Weil jemand die letzte intakte Kreditkarte bei »Hollister« ruiniert hat?

Nein: weil Männer schlechte Laune haben.

Und mit »scheitern« ist auch nicht gemeint, dass alles aus ist und die Beteiligten den Hausstand und die Kinder künftig auf zwei neue Wohnungen verteilen werden. Sondern: dass wieder etwas nicht geklappt hat, was man sich gemeinsam vorgenommen hat. Verständnis füreinander zu haben. Miteinander so zu leben, dass alle zufrieden sind. Oder: einfach nur ein schönes Wochenende zu haben.

Bei Thomas und Claudia in der Siedlung sieht man jeden Samstagvormittag das gleiche Bild: Die Männer streifen einsam oder mit Kindern durchs Viertel, und die Frauen treffen sich mehr oder weniger zufällig auf dem Hof oder bei den Mülltonnen und reden darüber, was die Männer wieder für eine »Scheißlaune« haben.

Der Samstagmorgen ist für die schlechte Laune, was der Sonntagabend für den »Tatort« ist: gesetzter Termin, hohe Einschaltquote, und einer ist immer der Mörder. An so einem Samstagmorgen wacht Thomas auf, und in wenigen Minuten wird er zum Mörder des Familienglücks werden.

Eigentlich ist alles schön. Er liegt im Bett, im Grunde ist er ausgeschlafen, und aus der Küche kommen die Geräusche, die er vermutlich am meisten vermissen würde, sollte er eines Tages in einem Dschungel von Freiheitskämpfern als Geisel genommen werden: das Klappern von Kaffeegeschirr und eines Backblechs, und die Kinder streiten, wer darauf die Knack-und-Back-Brötchen verteilen darf. Er schließt noch einmal die Augen und wiederholt für sich: Eigentlich ist alles schön. Das operative Wort in diesem Satz ist »eigentlich«. Denn er spürt bereits, dass etwas nicht stimmt: Er hält das Wochenende und all die schönen Dinge, die er sich von ihm verspricht, zwar noch an einem Zipfel, aber dieser Zipfel droht ihm aus den Händen zu gleiten.

Das ist die Ausgangslage, die seine schlechte Laune braucht: Bis gestern Abend war die Zeit bis Montagmorgen eine unendliche Fläche, auf der unbegrenzt Platz war für alles, was er sich von einem gelungenen Wochenende wünscht. In Ruhe einkaufen, schön die Zeitung lesen, endlich wieder Laufen gehen, ein paar Freunde anrufen, mit denen er lange nicht gesprochen hat. Einen Ausflug mit der Familie machen, irgendwohin, wo sie noch nie waren, an einen Ort, an den sie sich lange erinnern werden. Endlich die Beschreibung der Schlacht von Borodino in »Krieg und Frieden« lesen und dabei nicht gestört werden. Selbstverständlich »Sportschau« gucken, oder noch besser: in die Kneipe gehen und dort die Live-Konferenz auf »Sky« schauen. Mit den Kindern ins Kino, auf den Spielplatz, zum Fußball-Turnier und außerdem: ganz viel unstrukturierte Zeit, zusammen was malen, basteln oder kaputt machen. Briefe beantworten. Von seinen Eltern hören. Einfach nur dasitzen und nichts tun. Mit Claudia drei Folgen »Mad Men« schauen und den Rest von »Modern Family«. Seine Schwester bitten, auf die Kinder aufzupassen, und dann gehen Claudia und er was trinken. Mit Claudia im Bett liegen und schauen, was passiert. Die größte Sauerei aus »Jamies Amerika« kochen. Unangemeldeten Besuch bekommen. Mit den Nachbarn auf dem Hof versacken. Der Tochter Radfahren beibringen. Dem Sohn die letzten hundert Seiten von »Komet im Mumintal« vorlesen. Fotos im Computer organisieren. Steuerunterlagen ordnen, damit’s dieses Quartal nicht wieder so gehetzt wird.

Okay, den letzten Punkt können wir streichen, aber: Nur ein Vollidiot würde ernsthaft glauben, dass all dies oder auch nur ein Best-of davon sich in Wochenende auf befriedigende Weise würde unterbringen lassen. Noch Freitagabend ist Thomas dieser Vollidiot und erst am Samstagmorgen schwant ihm: Das wird doch wieder nichts.

Verschärfend kommt hinzu, dass das Wochenende wie ein Sackbahnhof ist, vor dem die Signalanlagen ausgefallen sind, und jetzt rast die Woche ungebremst in diesen Bahnhof, ein überladener, schlecht gewarteter, kaputtgesparter Güterzug mit fünf rostigen Waggons, die sich zum Entsetzen der Umstehenden ineinander verkeilen und entgleisen. Die Woche war hart und ätzend, und jetzt am Samstagmorgen, wird Thomas klar, dass die verbleibenden 36 Stunden des Wochenendes nicht ausreichen werden, um sich von ihr zu erholen. Und weil Thomas ein vernünftiger Vollidiot ist, denkt er: kleine Schritte, einer nach dem anderen, mal sehen, was geht. All seine Hoffnungen ruhen jetzt auf dem ersten Eintrag seiner imaginären Wochenendliste: in Ruhe einkaufen. Wenn er das hinkriegt, dann geht noch mehr, und dass nicht alles geht, hält er dann auch besser aus. Er schaut auf die Uhr. Es ist Viertel nach neun.

Jeder normale Mensch würde sagen: Herrlich, die Familie hat mich ausschlafen lassen, vielen Dank! Aber wer mit einem Fuß in der schlechten Laune steht, ist kein normaler Mensch. Thomas denkt: Verdammt, wenn ich nicht um zehn beim Einkaufszentrum bin, kriege ich keinen Parkplatz mehr, und ich einen kriege, sind die Einkaufswagen weg, und die Schlangen an der Kasse gehen bis zur Tiernahrung.

Um Zeit zu sparen, steigt er in die Kleidung von gestern und stolpert Richtung Familie. In diesem Moment hat er bereits den sorgenvollen Gesichtsausdruck eines Mannes in Not. Fachfrauen wie Claudia bezeichnen diesen Ausdruck als »diese Fresse« oder »so eine Fresse«. Der Grund für »diese Fresse«: Der Frühstückstisch ist liebevoll und großflächig gedeckt, die Eier kochen, und es wird noch mindestens zehn Minuten dauern, bis die Brötchen fertig sind. Mit anderen Worten: Um dieses gemeinsame, besonders schöne samstägliche Familienfrühstück zu würdigen, muss Thomas eine Stunde investieren, die er nicht hat. Denn er hat sich vorgenommen, in Ruhe einkaufen zu gehen. Nicht, in Ruhe zu frühstücken.

Ist es nicht wahnsinnig kleinlich, stur an einem einmal gefassten Plan festhalten zu müssen, weil man unfähig ist, sich auf einen neuen, an sich viel schöneren Plan einzulassen?

Ja, schon. Aber zur Ausgangslage (übersteigerte Erwartungen ans Wochenende gepaart mit Resterschöpfung) gesellt sich nun das Gefühl, nicht verstanden zu werden. Thomas denkt: Sieht meine Frau nicht, dass ich jeden Samstagmorgen einkaufen gehe, und zwar immer zehn, damit ich es in Ruhe tun kann? Versteht sie nicht, dass das Gelingen dieses Vorhabens das einzige Sprungbrett ist, von dem aus ich einen eleganten Köpper ins Wochenende machen kann? Indem sie meinen Plan durchkreuzt, zwingt sie mich zu einer Arschbombe in die schlechte Laune.

Apropos Arsch. Vor den Augen seiner Familie verwandelt Thomas sich nun vom ausreichend fürsorglichen Vater und liebenden Ehemann in ein kleinliches Arschloch. Im Katalog menschlicher Reaktionen auf einen schön gedeckten Frühstückstisch rangiert seine ganz weit unten, knapp vorm cholerischen Umstoßen desselben. Er fährt sich durch die ungekämmten Haare und sagt: »Oh nee.« Vielleicht auch: »Oh nee, ne?«

Der Rest ist schnell erzählt. Thomas sitzt am Frühstückstisch und ärgert sich. Zu zwei Dritteln über die Situation, zu einem Drittel über seine Kleinlichkeit. Andere Gefühle sind nicht mehr möglich, denn die schlechte Laune ist größer als alles andere, sie besiegt jedes auch nur halbwegs positive Gefühl. Sie ist vertraut, sie passt zu ihm, er ist ihr Geschöpf.

Zu Claudia wird er aggressiv einsilbig, zu den Kindern aggressiv vielsilbig: Er meckert sie an wegen Kleinigkeiten. Normalerweise geht die Tochter mit ihm einkaufen, es ist ihr Ritual: Sie kriegt Süßigkeiten und Würstchen und darf bei Edeka vorm Fernseher sitzen. Heute zieht sie es vor, in die Wanne zu gehen und das Kinderzimmer aufzuräumen. Also schiebt Thomas allein den Wagen durch den Supermarkt, ist unfreundlich zu den Kassiererinnen, hupt beim Ausparken einen mutmaßlichen Drängler an und bewegt sich insgesamt überwiegend unter Männern, die alle den ebenso aggressiven wie erloschenen Gesichtsausdruck haben, eben »diese Fresse«. Als er nach Hause kommt, ist keiner da, dabei wäre er jetzt schon fast wieder in der Lage, sich zu beruhigen. Aber die Einheimischen sind vor dem Aggressor geflohen. »Sind mit (Name einer anderen Frau, die auch mit den Kindern geflohen ist) auf dem Spielplatz, dann bei ›Magris Antipasti‹«, steht auf dem betont lieblos geschmierten Zettel, der auf dem fein säuberlich abgeräumten Esstisch liegt. Er könnte nachkommen, das steht zwischen den Zeilen, aber dann müsste er entweder so tun, als wäre nichts gewesen, oder sich entschuldigen, und für beides fehlt ihm die Kraft, denn die Mutter aller schlechten Gefühle hat sie ihm geraubt.

Ironischerweise hätte er nun Zeit, ganz viele Dinge zu tun, von denen er gestern noch geträumt hat, aber zur schlechten Laune gehört genau wie die Zerstörungslust auch ein gewisses Maß an Lähmung sowie die Freude an der Selbstbestrafung. Falls man in diesem Zusammenhang noch von Freude sprechen kann. Der Lohn der Selbstbestrafung ist Selbstmitleid, und so legt Thomas sich aufs Sofa, unfähig, auch nur die Zeitung in die Hand zu nehmen, und versucht, den toxischen Gefühlscocktail zu verdauen, den er intus hat.

Wer ist eigentlich schuld an der ganzen Misere? Im Prinzip natürlich der Kosmos. Die Erde dreht sich auf eine Art und Weise um die Sonne,...


Raether, Till
Till Raether, Jahrgang 1969, war stellvertretender Chefredakteur bei Brigitte und ist freier Autor (u.a. für Stern, Süddeutsche Zeitung Magazin und 'Neue Zürcher Zeitung Folio).

Bartels, Stephan
Stephan Bartels, Jahrgang 1967, schreibt seit mehr als 13 Jahren als freier Autor für Brigitte Porträts, Kultur-, Reise- und Psychologie-Artikel und ist u. a. für den Stern und Die Zeit tätig.

Stephan BartelsStephan Bartels, Jahrgang 1967, schreibt seit mehr als 13 Jahren als freier Autor für Brigitte Porträts, Kultur-, Reise- und Psychologie-Artikel und ist u. a. für den Stern und Die Zeit tätig.
Till RaetherTill Raether, Jahrgang 1969, war stellvertretender Chefredakteur bei Brigitte und ist freier Autor (u.a. für Stern, Süddeutsche Zeitung Magazin und 'Neue Zürcher Zeitung Folio).



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