Benjamin | Das rötliche Schwefelholz | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Benjamin Das rötliche Schwefelholz


1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7431-9803-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-7431-9803-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Diese Erzählung zeigt den Werdegang eines in die Jahre gekommenen Menschen auf, der durch sein Handwerk eine Meisterschaft anstrebt und somit erreichen will. Die Geschichte eines Lebensabends. Es ist hier aber nicht die Meisterschaft von einem Künstler oder einem Handwerker gemeint, sondern nichts Geringeres als die Meisterschaft des Lebens als Ganzes. So bemerkt er am Ende, dass seine Berufung schon in jungen Jahren begonnen hat, als er seine Werkstatt baute. In dieser Geschichte ist die Weisheit in eine unterhaltsame Erzählung verpackt, die den Leser ansprechen und natürlich erfreuen soll.

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In der Sägemühle


Die nächsten Tage brachten keine nennenswerten Neuigkeiten mit sich, Thea amtete in Haus und Hof, während Traugott in seiner Werkstatt sass, seine feste Lederschürze um sich gebunden, und ein Werkstück zwischen die Knie geklemmt. Unaufhörlich hörte man das rasch folgende Geräusch das verursacht wird, wenn ein geschärfter Stahl das Holz durchschneidet. Zug für Zug zog er das Schnitzmesser gegen seinen Daumen, dem die Schärfe des Messers nichts mehr anhaben konnte, weil auch die Haut zu Leder geworden, so wie die Schürze, die seine Beine schützte. Unaufhörlich fielen die Späne zu Boden oder verfingen sich in den Aufschlägen seiner Hosenbeine. Seine Hände handelten, wie sie immer taten, sie machten alles wie im Traum, immer war es richtig! Sie nahmen auch immer das richtige Messer, bis sie seine Arbeit erledigt hatten, erst dann kam ein anderes zum Einsatz. Hin und wieder stellte er sein Werkstück auf den kleinen, drehbaren Tisch und drehte ihn mit der Hand, wobei seine Augen kritisch auf sein Werk blickten! Dann nahm er es wieder herab zwischen die Knie und es wurden da noch Millimeter abgenommen und dort noch ein Messerzug angebracht. Dann kam es wieder auf den Tisch und wurde wieder gedreht. Seine Hände brauchten nur noch wenig von seinem Denken, aber seine Gedanken brauchten den grossen Rest! Wie würde er handeln können, wenn ein wirklich grosses Werk unter seinen Händen entstehen sollte, wann würde der Herr ihn auffordern, sein Meisterstück zu schnitzen, was würde es sein? Wird der Herr ihn wohl zu jenen zählen, von denen Er ein grosses Meisterstück fordert? Und warum von ihm, hat er denn diese Gnade überhaupt verdient? Würde er wohl als Meister oder nur als Herrgottsschnitzer sterben?

Wieder kam die Figur auf den Drehtisch, die den sterbenden Stephanus darstellte, inmitten der Steine, die ihn zum Tode trafen. Wieder drehte die Figur, der Sterbende am Boden liegend auf die Hände gestützt, den Blick bittend zum Himmel erhoben, von dort um Erlösung heischend. Wieder glitt der prüfende Blick des Schnitzers über sein Werk. Ist der Ausdruck des heiligen Stephanus, diesem grossen Mann gerecht? Zeigt es seine Himmelsnähe? Sieht man, dass sein Geist schon im Himmel weilt und nicht mehr im elenden und zerschlagenen Körper, dass er sich von der Erde losreisst? Dass er die Wunden, die ihm die Menschen zufügen, gar nicht mehr spürt? Sieht man, dass dem Heiligen sein Körper gar nicht wichtig ist, sondern nur der Geist? Dass er weiss, dass die Menschen ihre Hand nur an den Körper legen können, niemals aber an den Geist, der doch heilig ist? Wieder riss das Schnitzmesser nur wenig Holz vom Bild. Wieder drehte es der Schnitzer und sank auf die Knie, um es von unten zu betrachten, dann von oben her, wieder ein Schnitt und noch einer, fertig! Nun wurde das ganze Bild geschliffen und grundiert. Traugott legte die Messer in die dafür vorgesehene Schublade, fegte die Schnitzel zusammen und füllte sie in den Sack. Danach holte er die Farben und Pinsel hervor und mischte die Farben an. Er musste sich nun die Farbtöne überlegen, die er seinem Bild geben wollte. Der Diakon Stephanus war auf dem Bild mit seinen Attributen dargestellt, der Märtyrerpalme und den Steinen, also brauchte er grün für die Palme, rot für das Gewand, grau für die Steine, braun und grün für das Umfeld. Gesichtsfarbe und Augenblau und dergleichen hatte er auf Vorrat! So arbeitete er noch einmal zwei Tage an der Bemalung. Dann erhob er sich und wendete sich dem Holzlager zu. Er wollte ein neues Stück Holz in die Werkstatt holen, denn eine weitere Figur meldete sich in seinem Kopf und er wollte das Holzstück auswählen. Wie er aber ins Holzlager trat, wo er die Hölzer trocken lagerte, sah er zu seinem Schrecken, dass gar kein Holz mehr da war! Es war halt alles verbraucht, bis auf zwei ungeeignete Stücke, die er schon lange besass, aber noch keine Verwendung für sie fand. Dabei war er doch vor kurzer Zeit bei Michel im Sägewerk gewesen!

Er ging in die Werkstatt zurück und setzte sich auf seinen Stuhl. Er rechnete zurück und zählte die Bilder, die er ausgeführt hatte seit seinem letzten Besuch bei Michel. Ja das waren fünfzehn Stücke, die in eineinhalb Jahren verbraucht waren, es stimmte schon! In seinem Geist ging er alle Stücke durch und überlegte, wo sie hingekommen waren. Alle waren sie verkauft, nur der Stephanus war noch hier, aber der war auch schon vergeben, weil ihn der Pfarrer vom Dorf selbst darum gebeten hatte. Morgenabend soll der Stephanus fertig werden! Es waren nun fünf Tage vergangen, nur mit der Bemalung. Traugott gefiel nun der Gesichtsausdruck des Heiligen, auch der Faltenwurf seines roten Gewandes war mit den Stoffschattierungen gut gelungen. Das Brokatteil über der Brust leuchtete in seinem Gold, und auch die Träne der Enttäuschung über die Menschen konnte man gut erkennen. Nun hatte er noch einen Tag zur Verfügung, um alles zu retuschieren und nachzubessern. Danach benötigte es nur noch den Schutzlack um die Farben zu schützen. Den wollte er aufbringen, wenn er von Michel wieder heimgekehrt sei, bis dahin hätten die Farben gut getrocknet.

Am Abend setzte er sich wieder mit Thea auf die Bank vor dem Haus. „Thea“, sagte er da, „ich gehe Morgen mit dem Wagen zu Michel, bleibe eine Nacht bei ihm wenn es geht, und komme einen Tag später wieder nach Hause. Ich habe kein Holz mehr, das ich gebrauchen könnte, kein einziges!“ „Ja Traugott“, sagte die Frau leise, „passe nur gut auf mit dem Pferd! Die Klara ist alt geworden und erschrickt leicht, du solltest ihr Scheuklappen überziehen!“ „Oh nein, es wird schon gehen, der Wagen ist leicht und ich werde nicht viel Holz laden! Ich gehe lieber einmal mehr zu Michel, denn ich brauche mehr und mehr den Kontakt zu ihm, er ist mein einziger Freund geblieben.“ „Du kannst doch auch zu ihm fahren, wenn du kein Holz brauchst“, sagte darauf Thea, „dann musst du nicht Ross und Wagen nehmen, sondern kannst mit dem Postauto fahren. „Ja das könnte ich schon“, entgegnete ihr der Traugott, „aber ich möchte nicht, dass Michel merkt, dass ich ihn brauche!“ „Warum denn nicht? Das ist doch eine Ehre, keine Schande“, sagte die kluge Frau. „Weisst du Thea, Männer haben andere Beziehungen als Frauen, das kannst du nicht verstehen. Ausserdem bin ich in einem Alter, in dem doch einmal das Meisterstück kommen könnte, dann werde ich alle meine Zeit brauchen, dann kann ich auch nicht mehr zu Michel fahren.“ „Was meinst du mit einem Meisterstück? Du hast doch schon so viele gemacht!“ „Einmal kommt ein Stück, an dem ich Meisterschaft erreichen werde, oder aber sterben muss! Wir haben ja schon davon gesprochen!“ Aber die gute Thea hatte eben schon alles wieder vergessen.

Am nächsten Morgen um neun Uhr, nach dem Kaffee, zog der Traugott den einachsigen Wagen aus der Scheune und holte Klara, die alte Stute aus dem Stall und spannte ein. Das Pferd spürte, dass es nun wieder einmal fortgehen sollte und nicht nur auf die Weide, es tänzelte fast wie ein Jungspund. „Brrr, ruhig Klara ruhig“, versuchte Traugott das Tier zu beruhigen, aber es war nervös bis zum Zeitpunkt, als Traugott die Bremse löste und das erlösende «Hüh» aussprach. Der Wagen polterte hart über den natursteinigen Weg und es schepperte arg. An der Wegbiegung schaute er zurück und sah, dass Thea ihm winkte. Er sandte diesen Gruss zurück und wusste, dass sie nun in die Kirche, ins Dorf hinuntergehen würde. Er konzentrierte sich nun aber auf den Weg, den er alleine befuhr, kein fremder Wagen verirrte sich sonst in diese Gegend! Gegen Mittag machte er halt vor einem Wirtshaus und ging hinein. Nach dem Essen fuhr er gleich weiter. Erst am Abend führte ihn sein Weg über einen kleinen Bergrücken, dann sah er unten im Tal Michels Sägewerk, eingekreist von ein paar Häusern, die sich wie Küken um die grosse Glucke scharten. Nun trieb er voller Freude die Klara an: „Hüh hopp, altes Mädchen, da unten ist unser Ziel, da wartet ein Nachtessen und ein Lager auf uns, also lauf Klara!“ Je näher er dem Werk kam, je besser konnte er die Einzelheiten unterscheiden. Bald sah er seinen Freund Michel, wie er zwischen den langen Baumstämmen hin und herging. Er sah ihn mit der Harke einen dicken Stamm drehen, so dass die Sägeblätter dort einfuhren, wo er eben wollte. Bald hörte er das Singen der Säge und die Rufe, die er seinem Gehilfen zurief. Über das Gesicht von Traugott ging nun ein leises seliges Lachen voller Vorfreude, weil er sich ausmalte wie es bald sein würde, wenn Michel ihn erkennen werde.

Die Klara bog bald in den Vorhof des Sägewerks ein. Vor dem Büro hatte es noch alte Stangen, an denen die Bauern früher die Rosse an zurrten. So tat nun der Traugott mit der Klara, er band die Zügel an die Stange, holte einen Eimer mit Wasser im Stall und stellte ihn der Klara vor. Dann aber eilte er in die Sägestrasse und rief: „Hallo Michel, da bin ich wieder, gerade eingefahren!“ „Ja sieh dir das an, der Traugott ist gekommen, ich dachte bald, dass er nicht mehr komme! Jetzt ist er...



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