E-Book, Deutsch, 432 Seiten
Reihe: E-Book-Edition ITALIEN
Benni Terra!
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-8031-4215-3
Verlag: Verlag Klaus Wagenbach
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 432 Seiten
Reihe: E-Book-Edition ITALIEN
ISBN: 978-3-8031-4215-3
Verlag: Verlag Klaus Wagenbach
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Kultroman Terra! ist Krimi und Märchen, Fabel und Comic, Abenteuer und Science-Fiction-Roman, Fantasy und politische Satire in einem. Im Jahre 2157 ist nach sechs Atomkriegen eine neue Eiszeit über unseren Planeten hereingebrochen. Da gelangt eine mysteriöse Botschaft in die Kommandozentrale der sineuropäischen Föderation. Ein neuer Planet wurde entdeckt, der der alten Erde gleicht: mit Wasser, Sonnenlicht und echten Pflanzen und Tieren.
Im Jahre 2157 ist nach sechs Atomkriegen eine neue Eiszeit über unseren Planeten hereingebrochen. Da gelangt eine mysteriöse Botschaft in die Kommandozentrale der sineuropäischen Föderation. Ein neuer Planet wurde entdeckt, der der alten Erde gleicht: mit Wasser, Sonnenlicht und echten Pflanzen und Tieren.
So brechen drei Raumschiffe auf, um den traumhaften Planeten 'Erde 2' zu finden.
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Paris: Ein unerhörtes Abenteuer, das in der Kälte beginnt
Am 29. Juni des Jahres 2157 betrug die Außentemperatur in Paris elf Grad unter Null. Es schneite seit genau einem Monat und sechs Tagen, und nahezu alle Gebäude der Altstadt waren zugedeckt. Das Leben jedoch ging seinen geregelten Gang unter der Erde weiter, in den U-Bahn- und Kanalisationsschächten, in Botanischen Gärten und Anlagen, deren Temperatur konstant bei acht Grad gehalten wurde. Vom obersten Stock einer gigantischen, in Eis gefaßten Pyramide aus starrte ein fröstelnder Mann auf die tote Eisfläche, die sich kilometerweit erstreckte und nur gelegentlich von den Lichtern eines Schlittens belebt wurde. Innerhalb der Stadtmauern gab es nur wenige Gebäude, die sich von der dreißig Meter hohen Schneedecke nicht unterkriegen ließen. Der große Zylinder-Tower des Raumhafens Mitterrand warf die Laserleitstrahlen für die Luftkorridore an den grauen Himmel; es sah aus wie wild-bunte Videospiele. Vom Außenkontrollturm auf der Anhöhe des Fort Montmartre, der Polizeizentrale, aus schlingerten Videokameras wie Polypenarme durch die Luft. Weiter hinten ragte der Eiffelturm hervor, in einer Klarsichtkapsel, ein antikes Souvenir. Und über ihm das prismenförmige Showcenter mit seinen Bildschirmwänden, auf denen ununterbrochen Werbefilme, alte Dokumentarstreifen über die Côte d’Azur und Direktübertragungen von Morden in der Métro flimmerten. Der Mann hatte seinen Pelz – eine alte Rattenfelljacke – ausgezogen und versuchte, einen Ärmel zu flicken. Er wollte gerade einen Faden in die Nadel fädeln, aber ein Kälteschauer hinderte ihn daran. Im selben Augenblick sah er auf den Überwachungsmonitoren am Eingang der Pyramide hundertfünfzig Stock tiefer vier rote Pünktchen näher kommen. Kein Zweifel, es war die Farbe der Raumoveralls. Er legte die Nadel weg und drückte die Taste der Video-Gegensprechanlage. Das Gesicht einer Sekretärin mit Brille und einem einsamen roten Haarbüschel auf dem Kopf erschien. »Oh, Fräulein Minnie«, sagte der Mann, »herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Haartracht. Ist ja hübsch gelichtet! Bei wem lassen Sie denn neuerdings frisieren?« »Beim Bestrahlen«, zischte die junge Frau. »Was wünschen Sie?« »Vor allem eine größere Nadel. Und dann möchte ich wissen, ob die Zweibeiner am Eingang die sind, die ich erwarte.« »Jawohl, Herr Premierminister«, sagte die junge Frau, »Ihre Geheimmission ist da.« Die vier Zweibeiner reckten die Köpfe und bestaunten die riesige Konstruktion mit den eisigen Zinnen über sich. Der Sitz der Sineuropäischen Föderation – eine dreifache Pyramide von 512 Meter Höhe – war das dritthöchste Gebäude der Welt nach dem fast 800 Meter hohen Atari-Turm des Japanischen Militärreichs und dem 1030 Meter hohen »Gebirge der Ordnung«, dem Sitz der sieben Aramerussischen Scheichs. Diese Superbauten waren sofort nach dem sechsten Weltkrieg errichtet worden, als drastisch deutlich geworden war, daß sich die große Wolke, die die Sonne von der Erde fernhielt, zumindest auf absehbare Zeit kaum wieder verdrücken würde. Tausende von Gigatonnen Staub, Gas und radioaktive Schlacken, die durch die atomaren Explosionen in die Atmosphäre geschleudert worden waren, hatten der Erde eine Eiszeit ohne Aussicht auf Wende beschert und eine weltweite Energiekrise heraufbeschworen. Und wie um das Glück der Überlebenden vollkommen zu machen, waren sämtliche Meere zugefroren und verseucht und die Außenluft äußerst radioaktiv; außerdem sausten jeden Tag irgendwelche »Hobos« auf die Erde nieder – Einzelteile der dreitausend Satelliten und Raketen, die im Krieg ins All geschossen worden und da oben außer Kontrolle geraten waren. Ein paar davon, nämlich die aus der Serie der Sensorenbestückten, waren noch immer auf längst zerstörte Städte programmiert und irrten weiter um die Welt auf der Suche nach einem feindlichen Ziel, das es schon lange nicht mehr gab. Am Eingang der Föderation standen zwei gepanzerte Gestalten Wache, und zwar reglos – allerdings weniger aus Gründen der Disziplin als vielmehr aufgrund der eisigen Kälte. Zu ihren Füßen dösten zwei Iktaluren vor sich hin, zentnerschwere Katzenfische mit grimmigen Backenbärten. Sie waren vor fünfzig Jahren aus den vereisten Flüssen gestiegen und hatten sich dem Leben an Land angepaßt. Sie hatten einen plumpen Gang; sie bewegten sich mit Schwanzschlägen vorwärts. Aber ihr Biß war grauenvoll. Mit einer gewissen Ehrfurcht gingen die Zweibeiner an diesen Wachfischen vorbei und durch die breite Eingangshalle. In einer Ecke erstrahlte eine Marmortafel mit bunten Ansichtskarten: zum Gedenken an die untergegangenen Städte. Die Zweibeiner schritten die lange Liste mit den Namen ab. Sie begann mit: »Amsterdam: obwohl ein Damm zerstört und die Stadt von überlegenen feindlichen Kräften eingeschlossen war, leistete sie heldenhaften Widerstand, bevor sie am 24. Juli 2130 vom Erdboden radiert wurde-« Am Ende des Flurs, hinter einem azurblauen Kristall, wurden die Zweibeiner von einem Paar Prickelwachen in Empfang genommen. Das waren zwei massige Getränkemünzautomaten auf Rädern. (Im vorletzten Krieg waren fast alle zivilen Maschinen für militärische Zwecke und zu Robotern umgerüstet worden.) Der erste, ein Warmgetränke-Automat mit Fotoauge und Korkenkanone, trat ihnen scheppernd in den Weg und schnarrte: »Stehenbleiben oder ich schieße!« »Danke«, sagte einer der Zweibeiner. »Ich nehme eine Salve Kaffee mit viel Zucker.« Der Automat tat einen Schritt auf ihn zu. »Witzereißen zwecklos, mein Herr. Sie treten jetzt einer nach dem anderen vor und machen ihre Angaben für die Personalien- und Stimmabdruck-Überprüfung.« Der angesprochene Zweibeiner trat vor, ein schwarzer Riese mit lauter Narben im Gesicht. Auf seinem Overall prangte das geflügelte Tigerbaby, das Emblem der Raumpiloten. »Ich heiße Boza Cu Chulain«, sagte er, »geboren bin ich in der Weltraumstation New Africa, meine Mutter war Afrikanerin. Als Vater kämen dreihundert Kandidaten in Frage -« »Das reicht«, unterbrach ihn der Automat. »Der nächste bitte.« Vor dem Fotoauge erschien ein schmächtiger Mann mit Bart. »Mein Name ist Leonardus Christoforus Kook, vierzig Jahre alt, Forscher. Ich arbeite in einer Kapsel auf der Sonnenumlaufbahn. Hier ist es tierisch kalt, und ich möchte mal wissen, wieso ihr dieses ganze Mausoleum hier in Betrieb haltet, wenn ihr nicht mal zum Heizen genug Energie habt.« »Aus Gründen des politischen Anstands«, gab die Wache bereitwillig Auskunft. »Der nächste bitte.« Ein seltsamer Zweibeiner stellte sich vor. Er hatte noch seinen Weltraumhelm auf, war rund und höchstens einen Meter hoch. »Ich heiße Leporello Tenzo E-Atari, ich kann Ihnen leider nicht sagen, wo ich geboren bin, weil -« »Ich bin ja nicht blind«, platzte die Wache dazwischen. »Der nächste bitte.« Der letzte Zweibeiner, ein alter Chinese, verbeugte sich und sagte: »Mein Name ist Fang, geboren ward ich im bergigen Land, wo die Sonne die Dächer das Strahlen lehrt, wie -« Metallisches Scheppern fiel ihm ins Wort. Der eine Wachautomat hatte geniest und dabei zwei oder drei Getränkedosen fallen lassen. »Verzeihen Sie«, sagte der andere Automat, »Von Zeit zu Zeit hat er Stromausfall wegen der Kälte und … äh, dann erleidet er immer einen Rückfall in alte Dienstpflichten.« »Gesundheit auch!« wünschte der Chinese. »Heute schneit es, aber ich bin überzeugt, Herr Kook wird einen Weg finden, um die Sonne an ihrem so fernen Ort wieder einzufangen und ihre Wärme zur Erde zurückzubringen.« »Wollen’s hoffen, Herr Fang«, gab der Automat von sich. »Sie können durchgehen. Die Fahrstühle sind hinten im Korridor IV. Ich empfehle, die Hosen hochzukrempeln, der grüne Belag da ist kein Teppichboden, sondern Schimmel.« »Na, dann Prost auf den Anstand«, brummte Chulain, als er losgehen wollte und ein paar ausgesprochen wohlgenährte Ratten ihm zwischen den Beinen hindurchschossen. »Die Föderation tut ihr Bestes«, seufzte Kook. »Mehr kann man nicht verlangen in diesen Zeiten.« Sie kamen zu den Fahrstühlen und trafen auf einen Roboter aus einer etwas antiquierten Serie, der mit trigonometrischen Formeln vollgemalt war und einen artigen Diener machte. »Seht mal«, sagte Kook, »es ist zwar alles schon ein bißchen verschlissen, aber es funktioniert perfekt, wie dieser höfliche Liftboter hier.« »Fast ein bißchen zu höflich«, gab Chulain zurück, »der steht da immer noch zusammengeklappt.« »Bitte, entschuldigen Sie vielmals«, sagte der Roboter kläglich. »Ich fürchte, ich habe mir ein Rückengelenk verklemmt. Könnten Sie mich freundlicherweise wieder in aufrechte Position bringen?« Die vier halfen dem Roboter wieder in die Senkrechte; seine Rückengelenke gaben ein besorgniserregendes metallisches Quietschen von sich. Kook und der Schwarze tauschten erstaunte Blicke. »Wenn Sie mir jetzt bitte folgen wollen, meine Herren«, sagte der Roboter, »hier ist der Aufzug: Er wird von einem alten 2-PS-Außenbordmotor angetrieben, die Fahrt dauert etwa vierzig Minuten. In der Zwischenzeit kann ich Ihnen eine Reihe nützlicher Informationen über die Stadt liefern. Nehmen wir zum Beispiel das da, wo ich hinzeige -« »Das – wo?« fragte Kook. »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte der Roboter,...