Bieger / Heer / Kuster | Einführung in die Managementlehre | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 197 Seiten

Bieger / Heer / Kuster Einführung in die Managementlehre

basierend auf dem St. Galler Management-Modell
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8463-5650-0
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

basierend auf dem St. Galler Management-Modell

E-Book, Deutsch, 197 Seiten

ISBN: 978-3-8463-5650-0
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Tradition der St. Galler Management-Modelle folgend wird in diesem Lehrbuch Management als Funktion und Tätigkeit behandelt. Dabei werden zentrale Konzepte des Managements, der Entscheidungstheorie, der Strategie, der Führung, der Organisation und der Governance aufgegriffen. Im Vordergrund stehen zentrale Spannungsfelder des Managements und die Vermittlung modellhafter Überblicke.

Prof. Dr. Thomas Bieger ist Ordentlicher Universitätsprofessor für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der Tourismuswirtschaft an der Universität St. Gallen.
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Weitere Infos & Material


Vorwort 5
1 Integratives Management und Management-Modelle 13
1.1 Fallstudie: On 13
1.2 Das St. Galler Management-Modell als Basis eines integrativen Management-Verständnisses 17
1.3 Entwicklung der St. Galler Management-Modelle 22
1.3.1 SGMM der ersten Generation 23
1.3.2 SGMM der zweiten Generation 24
1.3.3 SGMM der dritten Generation 25
1.3.4 SGMM der vierten Generation 27
1.4 Integratives Management 28
1.4.1 Ursprünge des integrativen Verständnisses von Management 28
1.4.2 Management als professionelle Tätigkeit 30
1.4.3 Umgang mit Komplexität 32
1.4.4 St. Galler Ansatz 33
1.5 Denken in Systemen und Prozessen 35
1.5.1 Systemsicht auf Organisationen 36
1.5.2 Prozesssicht auf Organisationen 41
1.6 Typen von Unternehmen und Organisationen 45
2 Entscheidungen und Kommunikation 50
2.1 Fallstudie: N26 50
2.2 Betriebswirtschaftslehre als Entscheidungslehre 53
2.2.1 Notwendigkeit von Entscheidungen und Kommunikation 53
2.2.2 Herausforderung von Entscheiden in Organisationen 54
2.3 Grundlagen der Entscheidungstheorie 57
2.3.1 Einfache Entscheidungen 59
2.3.2 Komplizierte Entscheidungen 59
2.3.3 Komplexe Entscheidungen 60
2.4 Methoden der Entscheidungstheorie 61
2.4.1 Einfache Entscheidungen 61
2.4.2 Komplizierte Entscheidungen 62
2.4.3 Komplexe Entscheidungen 64
2.5 Voraussetzungen wirksamer organisationaler Entscheidungen 66
2.6 Kommunikation 68
2.6.1 Organisation von Kommunikation 69
2.6.2 Funktionsweise von Kommunikation 71
3 Strategie und Entwicklungsmodi 74
3.1 Fallstudie: Hiag 74
3.2 Verortung von Strategie im St. Galler Management-Modell 77
3.3 Definitionen von Strategie 78
3.4 Strategie-Inhalt 83
3.4.1 Wettbewerbsvorteile 84
3.4.2 Wettbewerbsstrategien 87
3.5 Strategie-Prozess 89
3.6 Strategie-Instrumente 93
3.6.1 Analyse 94
3.6.2 Formulierung 97
3.6.3 Auswahl 99
3.6.4 Umsetzung 101
3.6.5 Evaluation 101
3.7 Entwicklungsmodi 103
3.7.1 Optimierung und Erneuerung 103
3.7.2 Krisen als Auslöser organisationalen Wandels 106
4 Struktur und Kultur 109
4.1 Fallstudie: Jungfraubahnen 109
4.2 Verortung von Struktur im St. Galler Management-Modell 112
4.3 Grundtypen von Organisationsstrukturen 113
4.3.1 Stab-Linien-Organisation 114
4.3.2 Matrix-Organisation 115
4.3.3 Netzwerk-Organisation 116
4.3.4 Prozess-Organisation 117
4.4 Determinanten von Organisationsstruktur 117
4.4.1 Ökonomische Effekte 118
4.4.2 Rechtliche Faktoren 120
4.4.3 Entwicklungen in der Umwelt 121
4.4.4 Wachstum und interne Spezialisierung 122
4.5 Umsetzung von Organisation 124
4.6 Kultur 127
4.6.1 Interpretation 127
4.6.2 Typologisierung 130
5 Führung und Governance 132
5.1 Fallstudie: Viu 132
5.2 Motivation und Menschenbilder 135
5.2.1 Inhaltstheorien 135
5.2.2 Prozesstheorien 137
5.2.3 Menschenbilder 138
5.3 Verortung von Führung im St. Galler Managementmodell 139
5.4 Führung 140
5.4.1 Führungsstile 141
5.4.2 Führungsprinzipien 143
5.5 Personalmanagement 145
5.5.1 Personalbedarfsermittlung 146
5.5.2 Personalbeschaffung 146
5.5.3 Personalmotivation und -honorierung 148
5.5.4 Personalentwicklung 150
5.5.5 Personalfreistellung 151
5.6 Governance 152
5.6.1 Verhältnis von Governance und Executive Management 152
5.6.2 Ursprung der Diskussion um Corporate Governance 155
5.6.3 Risikomanagement 156
6 Umwelt und Interaktionsthemen 160
6.1 Fallstudie: Flughafen Zürich 160
6.2 Organisationen in ihrer Umwelt 164
6.2.1 Neoklassische Theorie 168
6.2.2 Transaktionskosten-Theorie 169
6.2.3 Ressourcenbasierte Theorie 170
6.2.4 Behavioristische Theorie 170
6.2.5 Kundenwertbasierte Theorie 171
6.3 Organisationen, Umwelt und Interaktionsthemen 172
6.3.1 Umweltsphären 174
6.3.2 Anspruchsgruppen 175
6.4 Rückbezug auf integratives Management 177
Abbildungsverzeichnis 180
Literaturverzeichnis 183
Stichwortverzeichnis 194


2 Entscheidungen und Kommunikation


2.1 Fallstudie: N26


[50] Inspiriert vom Gründergeist der Berliner Startup-Szene und fasziniert vom disruptiven Potenzial des technologischen Wandels im Banking entschloss sich der HSG-Alumnus Valentin Stalf, gemeinsam mit Maximilian Tayenthal eine Unternehmung zu gründen.

Quasi «in der Garage» treiben die beiden Gründer im Jahr 2013 in ihrer Heimat Wien die ersten Konzepte für ein Startup im Finanzbereich voran. Schon bald wird ihnen allerdings klar, dass sie auf ein fruchtbares «Ökosystem» mit Zugang zu Technologie, Mitarbeitenden, Investoren, aber auch attraktiven Erstkunden angewiesen sind. Schliesslich finden die beiden einen Platz in einem «Accelerator» in Berlin sowie eine erste Finanzierung durch die Axel Springer Stiftung im Umfang einer niedrigen sechsstelligen Summe. Für die Entwicklung, die Sicherstellung der Marktreife und das erste Wachstum wird allerdings bald eine neue Finanzierungsrunde notwendig. Sogenannte «Angel Investoren» zeichnen rund ein halbe Million Euro. Bei dem damaligen Nischenprodukt «Papayer» handelt es sich um eine digitale Taschengeldbörsen-App mit Prepaid-Kreditkarte.

Nach rund einem Jahr, Ende Januar 2014, steht das Unternehmen an einem Scheideweg. Es zeigt sich, dass das Ertragspotential des Geschäftsmodells beschränkt ist und die Taschengeld-App vor allem von Eltern statt ihren Kindern genutzt wird. Die Unternehmung hat bereits EUR 400’000 verbraucht und verfügt nur noch über liquide Mittel für rund zwei Wochen Betrieb mit den inzwischen zehn Mitarbeitenden. Statt aufzugeben, werden höhere Ziele gesteckt und neues Kapital akquiriert: Das Team kann seine Investoren überzeugen, dass die Firma in der Lage ist, eine mobile Bank für Kunden aller Alterssegmente aufzubauen.

Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal gelangen an die europäischen «Venture Capital Investoren» EarlyBird und RedAlpine, von denen sie schliesslich eine Seed-Finanzierung im Umfang von EUR 1.5 Mio. für den Relaunch ihres Unternehmens erhalten. Im Frühling 2015 investiert der amerikanische Risikokapitalfonds ValarVentures EUR 10 Mio. in das Startup. Weitere Finanzierungsrunden im Umfang von über EUR 100 Mio. mit Beteiligung asiatischer Investoren verlaufen 2016 bis 2019 erfolgreich. Noch im ersten COVID-19-Lockdown gelingt N26 eine weitere Finanzierungsrunde. Am 5. Mai 2020 [51] wird vermeldet, dass die Online-Bank EUR 92 Mio. frisches Kapital einsammeln konnte. Damit verfügt das Unternehmen über die notwendigen liquiden Mittel für ein weiteres Wachstum, das sich durch die Corona-Krise im Frühsommer 2020 gerade für internetbasierte Leistungen abzeichnet.

N26 bietet Girokonten für Privat- und Geschäftskunden an (vgl. www.n26.com). Mit diesen Konten verbunden ist jeweils eine Mastercard Debit mit unterschiedlichen inkludierten Services und Versicherungen. Die monatliche Grundgebühr ist abhängig vom gewählten Paket, wobei beim Basisprodukt keine Monatsgebühren anfallen. Trotzdem kann N26 auch beim «Gratisprodukt» ohne Kartengebühr Geld verdienen, da sie als «Issuer» der Mastercard Debit von sogenannten «Interchange Fees» profitiert, die ihr von der Bank, welche die Mastercard Debit am Verkaufspunkt (Point of Sale) akzeptiert, überwiesen wird. Sämtliche Interaktionen erfolgen ohne Filialen über eine Smartphone-App – von der Konto-Eröffnung bis zur Verwaltung von Guthaben und Zahlungstransaktionen. Die «mobile-first» Herangehensweise ohne teure Filialen erlaubt günstige Produkte und ein digitales 24/7-Erlebnis. Die grosse Abhängigkeit von Technologie, kombiniert mit dem Fehlen von persönlichem Service im Falle von Zwischenfällen und Pannen, hat allerdings auch schon zu Kritik geführt. Bei N26 werden laufend neue Produkte integriert. Dabei werden auch Services von Drittanbietern eingebunden, etwa im Bereich von Fremdwährungstransaktionen oder bei der Kreditvergabe, wobei die «User Experience» in jedem Fall komplett einheitlich von N26 gestaltet wird.

Neue Finanzdienstleister wie N26 operieren mit skalierbarer Technologie, indem sie für Datenspeicherung und Operations auf Cloudlösungen setzen. Die Fixkosten bleiben dadurch tief, da keine teure technologische Infrastruktur mit Serverfarmen betrieben werden muss. Die Herausforderung des Geschäfts liegt vielmehr darin, auf der einen Seite starkes Wachstum mit den dafür notwendigen Investitionen in Entwicklung und Marketing zu tätigen und andererseits einen ausreichenden Cashflow zu generieren. So liegt auch bei N26 der Fokus von Investoren und Management lange Zeit primär auf dem Wachstum. Die Rendite der einzelnen Kunden ist dabei nicht besonders relevant. Ziel ist es, im sich konsolidierenden Markt für mobile Finanzdienstleistungen einen kritischen Marktanteil zu erringen und dadurch von Netzeffekten zu profitieren. Noch 2018 wird bei einem Umsatz von rund EUR 44 Mio. ein Verlust von EUR 73 Mio. generiert. Für die Neukunden-Akquise wurde mit rund EUR 27 Mio. etwa gleich viel ausgegeben wie für die Entlohnung der Mitarbeitenden (Hüfner, 2020).

Bis anfangs 2020 dominiert im Unternehmen eine Kultur, die auf Wachstum, Innovation und Integration neuer Services ausgerichtet ist. Das Wachstum wird dabei vor allem durch das gewonnene Investorenkapital finanziert. [52] Es folgt ein Wandel vom Wachstumsmodell zu einem Cashflow-Modell, bei dem ausreichende betrieblich generierte Liquidität den Betrieb und das Wachstum finanzieren. So beginnt sich N26 nicht nur auf die reine Kundenzahl, sondern vor allem auch auf aktive Kunden zu konzentrieren, die langfristig für das Unternehmen profitabel sind. Einnahmeseitig kann die Profitabilität z. B. durch das Upselling zu Premium-Konto-Paketen mit höherwertigen Services gesteigert werden.

Die COVID-19-Krise stellt für N26 gleichzeitig Chance und Gefahr dar. Durch «Social Distancing» und «Home-Office» werden während der Pandemie vermehrt standortunabhängige Internet-Dienstleistungen nachgefragt, wie sie Smartphone-Banken bieten. N26 kann so die Aufmerksamkeit neuer Zielgruppen gewinnen, welche bisher primär auf analoges Banking vertraut haben. Die Aktivierung dieser oft kaufkräftigen Segmente stellt ein grosses Potenzial dar, welches mit weiteren Investitionen in das Wachstum ausgenutzt werden kann. Gleichzeitig ist mit den Ausgangs- und Reisebeschränkungen die Konsum- und Bewegungsfreiheit deutlich eingeschränkt, was die Anzahl der Kartentransaktionen im In- und Ausland stark beeinflusst. Zudem hat sich angesichts der durch die Krise ansteigenden Schuldenlast das Investitionsklima verschlechtert. Investoren werfen einen kritischeren Blick auf die «Burn Rate» und legen einen verstärkten Fokus auf die Erzielung von Cash-Flows und Profitabilität.

Die allgemeine wirtschaftliche Verlangsamung zwingt zu grundsätzlichen Überlegungen: Soll zusätzliches Geld in die Entwicklung innovativer Services investiert werden, um damit den Wachstumskurs fortzusetzen und neue Märkte sowie Zielgruppen zu erreichen? Oder soll das Geld in die Optimierung der Geschäftsprozesse, in Up- und Cross-Selling und damit in die Sicherung ausreichender Cashflows investiert werden?

Eckwerte:

N26 wird 2013 in Berlin gegründet.

Nach acht Jahren hat die Unternehmung fast 500 Mitarbeitende.

Im Jahr 2018 wird bereits über EUR 40 Mio. Umsatz generiert.

Seit 2019 ist N26 das wertvollste deutsche Startup im Finanzsektor.

Seit 2020 verfügt N26 über mehr als 5 Millionen Kundinnen und Kunden.

Diskussionsfragen:

A. Um welchen Typ von Entscheid handelt es sich bei der Frage, ob trotz Pandemie weiterhin eine Wachstumsstrategie verfolgt werden soll?

B. Welche Entscheidungsmethoden könnten bei diesem Entscheidungstyp zum Einsatz kommen?

C. Welches sind bei diesem Entscheid wichtige Kommunikationsplattformen und Botschaften?

2.2 Betriebswirtschaftslehre als Entscheidungslehre


2.2.1 Notwendigkeit von Entscheidungen und Kommunikation

[53] Die klassische Betriebswirtschaftslehre versteht sich (wie in Kapitel 1.4 dargestellt) als Unterstützung für Führungskräfte in Organisationen (vgl. Ulrich & Krieg, 1972). Die wichtigste Tätigkeit von Führungskräften ist, für Entscheidungen zu sorgen. Entsprechend wird Betriebswirtschaftslehre oft auch als eigentliche Entscheidungslehre gesehen (vgl. auch Heinen, 1968). Das Treffen von Entscheiden, deren Umsetzung und vorgelagert die Sicherstellung von Entscheidungsfähigkeit sowie die Identifikation einer Entscheidungsnotwendigkeit (Abbildung 2-1) gehören zu den Hauptaufgaben von Führungskräften (z. B. Rüegg-Stürm & Grand, 2020).

Abbildung 2-1: Entscheidungsphasen

Quelle: in Anlehnung an Rüegg-Stürm und Grand (2020)

Dabei...


Heer, Samuel
Dr. Samuel Heer ist Lehrbeauftragter für Betriebswirtschaft und Handlungskompetenz an der Universität St. Gallen, Koordinator der BWL im Assessmentjahr.

Kuster, Simon
Diplomierter Wirtschaftspädagoge, Doktorand am IMP-HSG

Tuckermann, Harald
Harald Tuckermann ist Titularprofessor für Management, Vize-Direktor des Instituts für Systemisches Management und Public Governance, Universität St. Gallen

Bieger, Thomas
Prof. Dr. Thomas Bieger ist Ordentlicher Universitätsprofessor für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der Tourismuswirtschaft an der Universität St. Gallen.



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