Chesterton | Pater Brown Geschichten | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: Klassiker der Weltliteratur

Chesterton Pater Brown Geschichten

Dedektivische Kurzgeschichten
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8438-0487-5
Verlag: marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Dedektivische Kurzgeschichten

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: Klassiker der Weltliteratur

ISBN: 978-3-8438-0487-5
Verlag: marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Niemand käme wohl auf die Idee Monsieur Dupin oder Sherlock Holmes zu unterschätzen. Chestertons Father Brown hingegen ist unscheinbar, sieht sogar etwas einfältig aus - was ihm immer wieder zum Vorteil gereicht - und ist dazu noch Priester. Dieser wohl eigenwilligste und interessanteste Held der klassischen Kriminalliteratur schlägt seine Widersacher wie alle anderen großen Detektive natürlich vor allem mit genialer List und Intelligenz. Doch darüber hinaus hat er einen persönlichen Vorteil, den keiner seiner Detektivkollegen mitbringt und der sich bei der Aufklärung der abenteuerlichen Fälle immer wieder als unverzichtbar erweist: Als Priester weiß er mehr über die Sünden und Abgründen der Menschen und so ist es ihm ein leichtes, die kriminellen Absichten und Geheimnisse der Täter zu durchschauen.

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Weitere Infos & Material


DAS BLAUE KREUZ
DIE VERDÄCHTIGEN SCHRITTE
ISRAEL GOWS EHRE
DIE STERNSCHNUPPEN
DIE SÜNDEN DES PRINZEN SARADINE
DER HAMMER GOTTES
DAS ZEICHEN DES ZERBROCHENEN SCHWERTES


DIE VERDÄCHTIGEN SCHRITTE
Wenn man einmal ein Mitglied jenes auserlesenen Klubs der »Zwölf wahren Fischer« trifft, welches, anläßlich des jährlichen Klubdiners, das Vernon-Hotel betritt, wird man, wenn es seinen Mantel abnimmt, bemerken, daß sein Frack grün und nicht schwarz ist. Wenn man (angenommen, man besitzt die schicksalsverachtende Kühnheit, solch ein Wesen anzusprechen) es nach dem Grund fragt, wird es wahrscheinlich antworten, daß es das so mache, um nicht mit dem Kellner verwechselt zu werden. Man wird dann niedergeschmettert seiner Wege gehen, und ebenso ein ungelöstes Geheimnis hinter sich lassen wie eine erzählenswerte Geschichte. Wenn (um denselben Faden unwahrscheinlicher Mutmaßung weiterzuspinnen) man dann einen milden, hart arbeitenden, kleinen Priester namens Pater Brown treffen und ihn fragen sollte, was er für den eigenartigsten Zufall seines Lebens halte, würde er wahrscheinlich antworten, daß er alles in allem seinen besten Streich im Vernon-Hotel vollführt habe, wo er einfach dadurch ein Verbrechen verhindert und vielleicht auch eine Seele gerettet habe, indem er ein paar Schritten auf einem Gang gelauscht hatte. Vielleicht ist er ein klein wenig stolz auf jene kühne und wunderbare Ahnung, und es ist möglich, daß er darauf zu sprechen kommt. Nachdem es jedoch unermeßlich unwahrscheinlich ist, daß man jemals hoch genug in der Gesellschaft aufsteigen wird, um einen der »Zwölf wahren Fischer« zu treffen, oder je so tief, bis zu den Elendsvierteln mit seinen Verbrechern, hinabsinken wird, um auf Pater Brown zu stoßen, fürchte ich, daß man die Geschichte überhaupt niemals zu hören bekommen wird – wenn ich sie nicht erzähle. Das Vernon-Hotel, in welchem »Die zwölf wahren Fischer« ihr jährliches Festessen abhielten, war eine Institution, so wie es sie nur in einer oligarchischen Gesellschaft geben kann. Einer Gesellschaft die über ihre guten Manieren fast wahnsinnig geworden war. Es war das Produkt einer verkehrten Welt – ein »exklusives« kommerzielles Unternehmen. Das heißt: Man hatte es nicht mit einer Sache zu tun, die sich dadurch rentierte, daß sie Leute anzog, sondern gerade dadurch, daß sie die Leute abwies. In einer Plutokratie werden die Geschäftsleute so abgeklärt, daß sie letztlich anspruchsvoller werden als ihre Kundschaft. Sie erzeugen nur deshalb Hindernisse, damit ihr reiches und ermattetes Klientel all sein Geld und all sein diplomatisches Geschick aufbringt, um diese zu überwinden. Wenn es in London ein schickes Hotel gäbe, das niemand betreten dürfte, der kleiner als sechs Fuß wäre: die Gesellschaft würde sich ergebenst in Gruppen von sechs Fuß großen Leuten zusammenfinden, um dort speisen zu können. Wenn es ein teures Restaurant gäbe, das aus einer Laune seines Besitzers heraus nur Donnerstag nachmittags geöffnet hätte, wäre es dort Donnerstag nachmittags erdrükkend voll. Das Vernon-Hotel stand wie durch Zufall in der Ecke eines Platzes in Belgravia. Es war ein kleines Hotel und auch ein sehr unbequemes. Aber gerade seine Unannehmlichkeiten wurden als ein Wall zum Schutz einer besonderen Klasse angesehen. Vor allem aber war eine dieser Unannehmlichkeiten von vitaler Bedeutung, nämlich der Umstand, daß nicht mehr als vierundzwanzig Personen gleichzeitig dort speisen konnten. Die einzige große Speisetafel war die berühmte Terrassentafel, welche im Freien auf einer Art Veranda stand und den Blick über einen der vorzüglichsten alten Gärten Londons gewährte. So kam es, daß selbst die vierundzwanzig Plätze an diesem Tische auch nur bei warmem Wetter genossen werden konnten, und da dies den Genuß nur noch erschwerte, machte es ihn nur um so begehrenswerter. Der Besitzer des Hotels war ein Jude namens Lever, und er hatte nahezu eine Million dadurch verdient, daß er es einem so schwer machte, hineinzugelangen. Natürlich verband er mit der begrenzten Größe seines Unternehmens den sorgfältigsten Schliff in der Ausstattung. Weine und Gerichte waren so gut wie irgendwo sonst in Europa, und das Auftreten des Dienstpersonals spiegelte aufs allergenaueste die festen Gewohnheiten der englischen Oberklasse. Der Besitzer kannte alle seine Kellner wie die Finger an seiner Hand; es waren insgesamt genau fünfzehn. Mitglied im Parlament zu werden war viel leichter, als Kellner in diesem Hotel zu werden. Jeder Kellner war ein Meister der zurückhaltenden Verschwiegenheit und unaufdringlichen Zuvorkommenheit, so als wäre er der Kammerdiener eines großen Herrn. Und in der Tat stand gewöhnlich wenigstens je ein Kellner für jeden speisenden Gentleman bereit. Der Klub der »Zwölf wahren Fischer« hätte sich nie darauf geeinigt, irgendwo anders, als an einem solchen Ort zu speisen, denn er bestand auf luxuriöser Ungestörtheit, und der bloße Gedanke, daß irgendein anderer Klub auch nur in demselben Gebäude speisen würde, hätte für höchste Aufregung gesorgt. Zu der Gelegenheit ihres jährlichen Klubessens pflegten die »Fischer« all ihre Schätze hervorzuholen, ganz so, als wären sie in einem Privathaus. Dazu gehörte insbesondere das berühmte Gedeck aus Fisch-Messern und -Gabeln, das nun einmal das Wahrzeichen des Klubs darstellte, und von dem jedes Stück aufs edelste in Form eines Fisches aus Silber gearbeitet und am Griff mit einer großen Perle versehen war. Es wurde jedesmal für den Fischgang eingedeckt, und dieser Gang war von jeher der großartigste dieses großartigen Mahls. Der Verein hatte Unzählige Zeremonien und Rituale, aber weder eine Geschichte, noch einen Zweck; genau deshalb war er ja auch so ausgesprochen aristokratisch. Man mußte gar nichts bestimmtes sein, um den »Zwölf Fischern« anzugehören; wenn man nicht schon eine gewisse Sorte Person war, erfährt man nicht einmal von Ihnen. Seit zwölf Jahren existierte der Klub. Mr. Audley war der Vorsitzende. Sein Vizepräsident war der Herzog von Chester. Wenn ich damit die Atmosphäre dieses Hotels einigermaßen vermitteln konnte, dürfte sich der Leser mit Recht wundern, wie ich dazu kam, überhaupt davon zu wissen, und er wird sogar darüber grübeln, wie eine so gewöhnliche Person wie mein Freund Pater Brown dazu kam, sich in dieser Luxus-Kombüse wiederzufinden. Was das anbelangt, ist meine Geschichte einfach, ja sogar alltäglich. Es gibt auf dieser Welt einen sehr alten Aufrührer und Demagogen, der in die vornehmsten Zufluchtssorte mit der erschütternden Botschaft einbricht, daß alle Menschen Brüder sind, und wo immer dieser Gleichmacher auf seinem fahlen Rosse erschien, war es Pater Browns Aufgabe, ihm zu folgen. Einer der Kellner, ein Italiener, hatte an jenem Nachmittag einen Schlaganfall erlitten, und sein jüdischer Arbeitgeber gestattete, wenn auch ein wenig die Nase rümpfend ob solchen Aberglaubens, daß man den nächsten katholischen Priester rufen solle. Was der Kellner Pater Brown gebeichtet hatte, geht uns nichts an, und zwar aus dem ausgezeichneten Grund, weil der Geistliche es für sich behielt; anscheinend jedoch veranlaßte es ihn, zwecks Absendung einer Mitteilung, oder um eine Sache gerade zu biegen, eine Notiz oder ein Statement zu verfassen. Mit der bescheidenen Dreistigkeit, die er auch im Buckingham-Palast hervorgekehrt hätte, bat Pater Brown daher um ein Zimmer und um Schreibzeug. Mr. Lever war hin und hergerissen. Er war ein freundlicher Mann und besaß auch jenen schlechten Abklatsch von Güte, der eigentlich nur eine Abneigung gegen jede Komplikation oder Szene ist. Gleichzeitig aber wirkte die Anwesenheit eines außergewöhnlichen Fremden in seinem Hotel an diesem Abend wie ein Schmutzfleck auf etwas kürzlich Gereinigtem. Es hatte nie so etwas wie ein Warte- oder Vorzimmer im Vernon-Hotel gegeben, niemand stand im Eingang und nie kam jemand auf gut Glück. Es waren fünfzehn Kellner und zwölf Gäste da. An jenem Abend einem neuen Gast zu begegnen wäre genauso unerhört gewesen, wie beim Familienfrühstück einen neuen Bruder vorzufinden. Außerdem war das Erscheinungsbild des Priesters zweitklassig und seine Kleidung verschmutzt; nur ein flüchtiger Blick aus der Ferne hätte genügt, um eine Krise im Klub hervorzurufen. Wenn er die Blamage schon nicht verhindern konnte, hatte Mr. Lever doch wenigstens einen Plan zur Ablenkung. Wenn man (was nie passieren wird) das Vernon-Hotel betritt, kommt man durch einen kurzen, mit einigen schäbigen, aber bedeutenden Gemälden geschmückten Gang zum Foyer, welches zur Rechten in Gänge mündet, die zu den Gästezimmern führen. Zur Linken führt ein ähnlicher Gang zur Küche und zur Geschäftsleitung. Unmittelbar zur Linken befindet sich die Ecke eines verglasten Büros, das ins Foyer hineinragt –, gewissermaßen ein Haus innerhalb des Hauses, in der Art einer alten Hotel-Bar, die wahrscheinlich einst diesen Platz einnahm. In diesem Büro saß der Vertreter des Besitzers (niemand an diesem Ort erschien je persönlich, wenn es sich anders einrichten ließ), und gerade dahinter auf dem Wege zum Dienstbotentrakt befand sich die Herrengarderobe, die letzte Grenze des Gästereichs. Zwischen dem Büro und der...


Gilbert Keith Chesterton wurde 1847 in London in eine protestantisch-unitarische Familie hineingeboren. In jungen Jahren war er stark vom Okkulten fasziniert, trat aber 1922 dem römisch-katholischen Glauben bei. Nach nicht abgeschlossenen Studien der Illustration und der Literaturwissenschaft war er zunächst als Karikaturist und Journalist tätig, wurde aber 1900 freier Schriftsteller. In seinem literarischen OEuvre, das alle Gattungen umfasst, setzt er sich mit den verschiedensten religiösen, politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinander. Auch privat führte er oft freundschaftliche öffentliche Dispute mit Männern wie H. G. Wells, George Bernard Shaw und Bertrand Russel. Chesterton starb 1936 om Beaconsfield.



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