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E-Book

E-Book, Deutsch, 148 Seiten

der VHS-Baar / Mahr / Schnell Am Wegesrand

Kurzgeschichten
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7345-6615-8
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kurzgeschichten

E-Book, Deutsch, 148 Seiten

ISBN: 978-3-7345-6615-8
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das Buch ist eine Anthologie von Geschichten, die in den vergangenen Jahren in der Kreativen Schreibwerkstatt der VHS-Baar, Donaueschingen, entstanden sind.

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Der Teufel kratzt um Einlass
Stadtgeschichte Donaueschingen - Kapelle St. Sebastian Anno 1611, Donaueschingen ehemals Esgingen. Es ist schon spät, als das heftige Gewitter über die Baar zieht. Ein heller Blitz zuckt über den nächtlichen Himmel und erhellt die kleine Ansiedlung Esgingen. Keine Menschenseele zeigt sich auf den schlammigen Wegen, die sich kreuz und quer durch die Siedlung ziehen. Das wenige Vieh, das den Bauern nach dem Überfall der Villinger geblieben war, steht zum Schutz vor dem Unwetter in den kleinen Hütten. Die Menschen, die hier leben, sind meist arme Bauern, den Grafen von Fürstenberg unterstellt. Ja, die Grafen leben wohl in ihrem Schloss. Hinter den dicken Mauern lassen sie es sich gut gehen, während die Bauern von Missernte und Krankheit geplagt werden. Doch die Esginger sind ein zähes Volk, gottesfürchtig und hart arbeitend leben sie ihr ärmliches Leben voll der Mühsal und Entbehrungen. Noch ein heftiger Blitz zerreißt die Himmelsschwärze und schlägt in den Baum ein, der ganz am Rande der Siedlung neben einer kleinen Bauernhütte steht. Der Baum spaltet sich, ein dicker Ast streift an der Wand der Kate entlang und fällt zu Boden. Die krumme Berta zieht ängstlich den ergrauenden Haarschopf ein, als sie das laute Scharren vernimmt. »Oh, Hans, der Teufel kratzt um Einlass! Maria, hilf uns armen Sündern!«, fleht die Berta und hinkt so schnell sie kann an den Tisch. Schwer stützt sie sich an der Tischkante ab um nieder zu knien. »Gegrüßet seist du, Maria voll der Gnaden…«, beginnt Berta zu murmeln. Sie hat die Hände vor der bebenden Brust gefaltet. Ihr dünner Körper schlottert vor Angst. Da zerreißt ein Donner die Stille, so dass die kleine Kate ordentlich wackelt. Die krumme Berta schreit laut auf in ihrer Angst. Noch lauter betet sie. »Frau, gib Ruhe! Der Herrgott schickt den Donner nur, weil du den ganzen Tag zeterst. Kein gutes Wort hast du für deinen Mann. Und was am Haus entlang gekratzt hat, will ich gleich nachschauen, ich muss eh auf den Abort.« Hans lächelt breit, so dass man die wenigen schwarzen Zahnstummel im Mund erkennen kann. Er zieht sein fadenscheiniges Hemd am Kragen zusammen und geht gemächlich zur Tür. »So, Weiblein, lass sehen, was das Unwetter angerichtet hat«, murmelt der Hans. Er öffnet die Tür und schaut prüfend zum Nachthimmel hinauf. »Ach, siehst du, Weib, der Herrgott hilft uns schon. Der Himmel ist still und dunkel. Und nicht der Teufel hat am Haus gekratzt. Nein, es war der Ast vom Apfelbaum. Brauchst keine Sorge haben, wenn ich auf dem Abort bin. Es geschieht dir kein Leid.« Doch die Berta betet unverdrossen weiter, die Augen fest geschlossen. Gerade, als der Hans unter der Tür hindurchtreten will, vernimmt er eine Kinderstimme: »Hans, mein Onkel, warte, der Vater schickt mich. Ich bin die Marie vom Bauer Franz, deinem Bruder von Pfohren.« »Ja«, brummt der Hans, ich weiß schon, wer du bist.« »Der Vater hat gesagt, ich soll dir sagen, dass der Sensemann mit der Pestilenz unterwegs ist. Oben beim Vetter Hagen in Neuffen sind alle tot! Nur ein Mann und sein Weib haben überlebt. Und in Balginga sind an die 40 Dutzend wohl gestorben. Der Vater hat gesagt, ich soll bei dir bleiben. Ich darf nimmer heim. Erst wenn der Sensenmann weg ist.« Als der Hans die Tropfen von Maries dunklen Zöpfen fallen sieht, weicht sein gutes Herz gleich mit auf. Er tritt zur Seite, um das Kind hereinzulassen. Noch bevor die Marie auch nur einen Schritt tun kann, ist die krumme Berta schon am Hans vorbei gewitscht. Sie gibt der Tür einen heftigen Schubs, so dass sie mit lautem Knall zuschlägt. »Du Narr!« zischt sie den Hans an, der sich mit vor Schreck geweiteten Augen zu ihr umdreht, « Das Balg kommt mir nicht in die Stube! Sie wird uns die Luft hier herinnen verpesten! Weißt du nicht, dass die Pestilenz mit der Luft kommt! Der Sensenmann reitet auf dem Todesvogel und wirft die Pestdecke über eine Stadt, so dass sie darunter ersticken soll. Sie hat den Sensenmann schon auf den Fersen! Er ist ihr gefolgt, um Esgingen zu finden! Dann wird er die Pestdecke auch auf uns legen! Schnell! Schick das Balg weg!« Die Berta packt den Hans an seinem dünnen Arm und dreht ihn zur Tür. »Aber ich bin ihr Onkel! Und wo soll sie denn hin in der Nacht?«, wagt Hans leise zu widersprechen. »Die Marie ist nur ein dummes Ding! Was glaubst du denn, warum dein Bruder nicht den Sebastian geschickt hat, den Hoferben. Bring kein Unheil über uns! Schick sie weg! Nach Zindelstein, das ist wohl weit genug!« So schimpft die Berta auf den armen Hans ein, so dass der nicht mehr von Recht und Unrecht unterscheiden kann. »Marie, mein Kind, du musst zurückgehen. Wir können dich nicht nehmen. S‘ist kaum genug Essen für zwei. Wir kriegen dich nicht gefüttert!«, ruft der Hans dem Kinde zu. Den wahren Grund vor Scham verschweigend. »Aber, Onkel, wo soll ich denn hin gehen? Der Vater lässt mich nicht auf den Hof zurück. Wohin soll ich gehen in der Nacht? Und mein Umhang ist ganz nass! Schuhe hat der Vater mir auch nicht geben wollen!« Deutlich hört der Hans das Kind weinen und das Herz wird ihm schwer. »Marie, hör, mein Kind! Du gehst hier über das Feld und immer weiter durch die Wälder. Bleib auf dem Weg von den Fuhrwerken, dann findest du die Burg Zindelstein! Hörst du, Marie, dort werden sie dich nehmen. Der Herrgott segne und beschütze dich allezeit auf deinem Weg! Nun geh geschwind, Kind, der Weg ist weit!« Mit gesenktem Kopf und Tränen in den gutherzigen Augen schlurft der Hans an den Tisch in der Stube. Schwer lässt er sich auf den Stuhl nieder. Sein ausgezehrtes Gesicht ist zusammengefallen. Verzweifelt fährt er sich mit den schwieligen Händen durch sein verbliebenes Haar. »Oh, Weib, was sollen wir tun? Wir haben das Kind weggeschickt! Nach Zindelstein! Ich werd`s mir nimmer verzeihen…«, laut schnäuzt Hans seine Nase in den Hemdsärmel. Doch die Berta kniet schon wieder am Tisch. Sie ruft die Schutzheiligen um Hilfe an. »Oh, heiliger Sebastian, schütze uns vor der Pestilenz! Heilige Mutter Gottes, bitte für uns! Heiliger Rochus, hilf auch unserem Vieh! Oh, all ihr Heiligen, legt eure schützenden Hände über unser Esgingen! Verschont uns vor dem schwarzen Tod!« Die Berta steht auf. Sie bekreuzigt sich und entzündet einen Glimmspan. Behutsam streicht sie über das geschnitzte Holzkreuz an der Wand. Dann dreht sie sich zum Hans um, der immer noch am Tisch sitzt. Er hat den Kopf auf die Hände gestützt. Tränen laufen über seine Wangen. Die krumme Berta sieht es nicht. »Hans, der Pfarrer hat‘s gepredigt am Sonntag! Im Gottesdienst! Er hat‘s gesagt!«, flüstert Berta aufgeregt. Sie schwenkt den Glimmspan, so dass die Funken herab regnen. Als sie den Span in die Feuerstelle legt, leckt sogleich ein lustiges Flämmlein an den dürren Ästen. Nervös knetet Berta die alte braune Schürze in den Händen. »Hütet euch vor dem Bösen, hat er gesagt! Es kommt in Gestalt eines Fremden. Wir hätten ihn totschlagen sollen, diesen Fremden. Er war gewiss der Teufel persönlich!« »Still, Weib, du versündigst dich!«, befiehlt Hans erschrocken. Aus Berta sprudelt weiter alles Leid: »Erst hat der Frühling unsere Felder überschwemmt. Alles war verfault. Dann hat der Hagel die Dächer zerschlagen. Das waren die Vorboten des Bösen, dann kam der fremde Krämer. Er wollte sehen, was er angerichtet hat. Hernach haben die Villinger uns heim gesucht. All unser Vieh haben sie weg getrieben. Dann wurde es heiß. Auch das Obst am Baum ist verdorrt. Der Teufel war hier! Der Pfarrer hat`s gepredigt:« Aufgeregt ob ihrer neuen Erkenntnisse watschelt die alte Berta durch die kleine Kate. Unentwegt knetet sie ihre Schürze und findet keine Ruhe. »Hans, du musst in aller Herrgottsfrüh zum Pfarrer, ihn um Rat fragen!« »Wir müssen drin bleiben! Wir atmen sonst den schwarzen Tod ein und verrecken!«, widersprach Hans. »Warte, wenn der Hahn kräht in der Früh, so ist die Luft noch sauber und du kannst gehen!« So beten Hans und Berta die ganze Nacht um den Beistand der Schutzheiligen. Als am Morgen der Hahn kräht, begibt sich der brave Hans auf den Weg zum Pfarrhaus. Traurig schlurfen seine alten Schuhe auf dem Weg. Sein Kopf hängt so tief, als wolle er gleich abfallen. Während Hans dem Herrn Pfarrer weinend vor der drohenden Pest berichtet, ist die krumme Berta schon emsig von Haus zu Haus gehuscht. So kommt es, dass alle Einwohner Esgingens schon vor dem Pfarrhaus warten, als der Herr Pfarrer mit dem Hans vor die Tür tritt. Schnell geht Hans um die Wartenden herum, es mögen wohl an die 30 Dutzend sein, die sich unter dem schwarzen Himmel versammelt haben. Hans stellt sich...



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