E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Dyckhoff Ruhegebet
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-451-82239-1
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Fragen und Antworten
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-451-82239-1
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Viele Menschen erleben das Ruhegebet als Quelle der Gelassenheit und Weg zur Gottesbegegnung. Doch was, wenn im Gebet Irritationen aufkommen? Wie beginnt man das Ruhegebet am besten, was gilt es zu beachten? Nicht wenige Beter sind sich noch unsicher und wissen nicht, wer ihnen kompetent Auskunft geben kann. Peter Dyckhoffs Anliegen ist es, diesen Menschen einen Zugang zu diesem Gebetsschatz zu erschließen. Er beantwortet viele der Fragen, die ihm in seiner fünfzigjährigen Zeit der intensiven Beschäftigung mit dem Ruhegebet erreicht haben, und schöpft aus seiner reichen Erfahrung als Gebetslehrer. Kurze Fragen beantwortet er tiefgehend, aber prägnant – für Anfänger und Fortgeschrittene ein Gewinn!
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Erster Teil:
Hinführung zum Ruhegebet
1. Das Ruhegebet: ein christlicher Weg
Bedeutung des Ruhegebetes
Warum ist das Ruhegebet für viele Menschen heute so wichtig? Das Ruhegebet ist eine Gebetsweise, die den ganzen Menschen anspricht, seine Persönlichkeit entfaltet und den Glauben vertieft. Dieser Weg ist daher heute wichtiger denn je. •Momente des Wohlbefindens und der wahren geistlichen Freude finden sich bei vielen Menschen selten. •Es besteht eine große Sehnsucht nach echter Ursprünglichkeit und Natürlichkeit. •Der Körper macht Anspannungen und Leiden sichtbar. Er spiegelt unverarbeitete innere Vorgänge, Erfahrungen und Gefühle in mannigfaltiger Weise wider. •Seelische Belastungen drücken sich in körperlichen Spannungen aus, die auch das Gefühlsspektrum eingrenzen. •Viele Menschen verbringen ihr Leben, ohne zu beten. Oft macht das Leiden sie erst reif dazu, ihr wahres Wesen wirklich zu spüren und die Notwendigkeit des Betens zu erkennen. •Verkrampfungen oder ein Sich-Gehenlassen stehen der individuellen Selbstverwirklichung und dem persönlichen Beten im Weg. •Die Sehnsucht nach Glaubenserfahrung und -vertiefung ist überaus groß – selbst wenn sie von den meisten Menschen nicht erkannt oder zugegeben wird. Der Ruhelosigkeit unserer Zeit wird mit dem Ruhegebet die Methode des in vielen Jahrhunderten des Christentums bewährten Weges in das innere Ruhen entgegengesetzt. Die äußere Lebensaktivität wird täglich zweimal in einem Ruhepunkt aufgefangen. Das Gebet der Ruhe führt allmählich zur andauernden tiefen inneren Ruhe, die in Gott gegründet ist. Für sehr viele Menschen ist das Ruhegebet heute bereits unverzichtbar geworden. Man erfährt in der Öffentlichkeit allerdings nicht viel darüber, weil das Ruhegebet im Verborgenen, »hinter verschlossenen Türen«, gebetet und absichtlich nicht viel darüber gesprochen wird. Das Ruhegebet kommt der Sehnsucht nach Ganzheit entgegen, nach Integration von Geist, Seele und Körper, nach Erkenntnis und Bewältigung des dunklen Schattens im Menschen. Durch das Ruhegebet findet der Betende zunächst einmal zu sich selbst und wird damit auch durchlässig für den Geist Christi. Das Ruhegebet als grundlegendes Gebet
Ich habe viel über das Ruhegebet gelesen und mich mit ihm auseinandergesetzt. Doch würde ich gern – kurz zusammengefasst – erfahren, was das Ruhegebet so wesentlich macht. Diese einfache Gebetsweise, das Ruhegebet, trägt wesentlich dazu bei, Körper, Geist und Seele zu kultivieren, das heißt, uns von allem zu befreien, was nicht zu uns gehört, und uns Gott näherzubringen. Anstatt uns in dem Vielerlei der Oberfläche zu verlieren, erfahren wir durch Sammlung tiefere Dimensionen des Seins und eine Beständigkeit des Herzens. Vor diesem Aufbruch in ungeahnte Tiefen der Schöpfung schrecken viele Menschen zurück, weil ihnen Hingabebereitschaft und Gottvertrauen fehlen. Es kommt noch hinzu, dass viele der Ansicht sind, das Gottesreich würde sich uns ohne Leistung und Anstrengung nicht offenbaren. Dabei geschieht dies einzig und allein durch liebende Hingabe. Das Ruhegebet bereitet uns dazu den Weg, dass wir zu Empfangenden der Liebe Gottes werden. Grundvoraussetzung dafür, dass wir auf den Anwegen richtig Fuß fassen und auf ihnen beständig weiter zu unserem Ziel gehen können, ist das Eingebundensein in eine unseren körperlichen und geistigen Fähigkeiten entsprechende sinngebende Arbeit. Hierdurch ergibt sich ein Wechsel zwischen Ruhe und Aktivität, wie wir ihn als zugrunde liegende Ordnung in der gesamten Schöpfung erleben. Gebet und Arbeit helfen, Belastungen und Sorgen abzubauen und eine größere Stabilität wachsen zu lassen. Der Betende, der mit der Lehre und einfachen Praxis des Ruhegebetes vertraut ist, macht die wesentliche Erfahrung: Dieser Gebetsweg unterscheidet sich grundlegend von allen anderen Gebetsformen und Betrachtungsweisen. Im Ruhegebet werden keine biblischen Texte bedacht; theologisches Wissen ist nicht erforderlich. Es dient nicht der unmittelbaren Wissensgewinnung, sondern führt ohne Leistung, ohne Konzentration und bildhafte Vorstellungen auf dem Weg der Erfahrung nicht nur in einen Bereich tiefer Ruhe, sondern in die göttliche Ruhe, die der Herr am siebten Schöpfungstag allem Geschaffenen eingepflanzt hat. Das Ruhegebet ist ein einfaches und müheloses Gebet, das zum Wesentlichen des Lebens führt, zur wirklichen, unerschöpflichen Kraftquelle. Es ist ein Mittel, die Reinheit des Herzens und der Seele zu erlangen. Durch die Praxis des Ruhegebetes richtet sich der Geist ganz auf Gott aus, damit er sich uns ganz schenken kann. Das Ruhegebet für jeden?
Ich habe das Gefühl, dass das Ruhegebet nicht für alle Menschen das Richtige ist. Hätten sonst die Wüstenväter eine so strenge Auswahl getroffen? Nach welchen Kriterien erfolgt heute die Auswahl? Es gehört zu den wesentlichen Aufgaben eines Menschen, sich zu entwickeln und sich zu entfalten, um somit größere Gottesnähe und Liebe zu erfahren. Das, was wir sein könnten und sollten, werden wir nicht von selbst: Wir müssen lernen, üben, Erfahrungen sammeln und verarbeiten. Vor allem jedoch sollten wir dem Schöpfer einen Teil unserer Zeit zurückschenken, damit er uns mit seiner Gnade erfüllen kann. Das Ruhegebet spricht den ganzen Menschen an und verwandelt ihn dahin, dass er sich mehr und mehr der erbarmenden Liebe Gottes öffnet. Gerade diejenigen, die von sich sagen, nicht beten zu können oder die Freude am Beten verloren haben, werden durch erste Erfahrungen mit dem Ruhegebet ermutigt, ihr Gebetsleben neu zu beginnen. Diese Art zu beten hat wunderbare Auswirkungen auf das eigene Leben, auf Körper, Geist und Seele, und auf das Leben anderer Menschen und auf die gesamte Schöpfung. •Das Ruhegebet kann von allen Christen bedenkenlos praktiziert werden – unabhängig vom Alter oder der Konfession. •Wer jedoch unter hohem Blutdruck, Herzbeschwerden, Atemproblemen, Netzhautablösungen oder Rückenschmerzen leidet, wer ein Kind erwartet, sich gerade von einer Operation erholt oder unter einer chronischen Krankheit leidet, sollte unbedingt vorher einen Arzt fragen. •Psychisch labile und kranke Menschen sollten diesen Weg allerdings nur in Abstimmung mit ihrem Arzt und dann in Begleitung eines erfahrenen Geistlichen gehen. Dasselbe gilt für Alkoholiker und diejenigen, die von Drogen abhängig sind oder waren. •Die Einübung in das Ruhegebet ist ein christlicher Weg für alle, die über die Begrenztheit im Alltag hinaus wollen, um von der wirklichen, unerschöpflichen Kraftquelle zu erfahren – unabhängig vom Beruf, dem persönlichen Lebensweg und theologischem Wissen. •Das tiefste Anliegen des Ruhegebetes besteht darin, dass der Betende in allem und durch alles eine Begegnung mit dem Schöpfer erfährt, dem Urgrund allen Seins, mit Gott, der die Liebe ist. Das Ruhegebet – ein christliches Gebet
Was unterscheidet das Ruhegebet von ähnlichen Gebetsweisen anderer Religionen? Das Ruhegebet unterscheidet sich von ähnlichen Gebetsweisen anderer Religionen und Kulturen dadurch, dass es von seinen Wurzeln her ein christliches Gebet ist. Im Buddhismus und im Hinduismus, in denen es sogenannte mantrische Gebetsweisen gibt, wie auch in anderen Religionen kommt Jesus Christus nicht vor. Von allen Weltreligionen ist das Christentum die einzige Religion, in der Jesus Christus Mensch wird – in allem uns gleich außer der Sünde. Und dieser Sohn Gottes, Jesus Christus, wird im Ruhegebet angerufen oder es erfolgt zusammen mit seinem Namen eine allgemeine Bitte um Erbarmen. Diese einfache Gebetsweise, die hesychastisches Beten genannt wird, wurde im vierten Jahrhundert von Makarios dem Großen und Evagrius Pontikus entwickelt und später von Johannes Cassian verfeinert und aufgeschrieben. Das Ruhegebet ist keine Gebetstechnik, sondern es beinhaltet eine ausdrückliche persönliche Beziehung zu Gott und einen bewussten Glauben an die Menschwerdung Jesu Christi. Das Ziel dieses Gebetes besteht nicht darin, alle Gedanken aufzuheben und die Seele in ein bodenloses Nichts fallen zu lassen, sondern der Sehnsucht der Seele zu folgen, von Gott berührt und eins mit ihm zu werden. Das Ruhegebet ist daher auf eine unmittelbare Begegnung ausgerichtet, auf das Du Gottes. Es setzt ein Bekenntnis des Glaubens an dieses Du als den eingeborenen Sohn Gottes voraus, der in Wahrheit zugleich göttlich und ganz und gar menschlich ist, an Gott, der in Jesus Christus zu unserem Erlöser und Heiland geworden ist. Die Erniedrigung und Erhöhung Christi beschreibt der Philipperbrief mit wunderbaren Worten des Glaubens: Der in der Daseinsweise Gottes war, hielt nicht daran...




