Frank Shadowdwellers - Sagan
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8025-9173-0
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 03, 384 Seiten
Reihe: Shadowdwellers
ISBN: 978-3-8025-9173-0
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Jacquelyn Frank wurde in New York geboren und lebt heute in North Carolina. Zu ihren Lieblingsautorinnen gehören Christine Feehan, J. R. Ward, Kresley Cole und Sherrilyn Kenyon.
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1
Das speziell für seine Spezies entwickelte Gift, das durch seinen Körper floss, hatte viele heftige Auswirkungen, doch als ein bestimmtes Symptom ihn übermannte, bemerkte er die anderen nicht mehr. Halluzinationen. Sagan konnte die Wirklichkeit kaum von den seltsamen Schüben unterscheiden, die sich in seinem fiebrigen Verstand abspielten. Der Priester wehrte sich mit aller Kraft dagegen, indem er sich auf einfache Tatsachen konzentrierte. Auf etwas, was die Verbindung zum Hier und Jetzt aufrechterhielt, anstatt ihn in eine albtraumhafte, unwirkliche Welt zu stürzen. Ich bin Sagan. Ich bin ein Bußpriester, einer der fünf von den Göttern auserwählten Oberpriester. Ich spüre diejenigen auf, die sündigen, und zwinge sie, zu büßen für das, was sie getan haben. Ich bin ein Schattenwandler, und meine Welt ist ein nächtliches Reich schützender Dunkelheit. Ich werde sterben. Sagan fand tatsächlich Trost in dieser Wahrheit, wie auch in allen anderen, denn er wusste, dass sie Gültigkeit hatten. Er wusste, dass er einen entscheidenden Kampf gegen die Feinde des Sanktuariums, des Ordenshauses der Schattenbewohner und des Hofs der Kanzler, verloren hatte. Die verruchte K’ypruti Nicoya hatte ihre Waffen in das Gift getaucht, das nun in ihm brannte, und es hatte nur einen kleinen Kratzer gebraucht, um ihn zu Fall zu bringen. Jetzt würde sie siegreich in die Welt hinausgehen, um, wie ihre Mutter Acadian, ihre finsteren Machenschaften zu betreiben, sie würde ihn von ihren Lakaien wegbringen lassen und ihn zu ihrem neuesten Spielzeug machen. Vorausgesetzt, er überlebte so lange. Und nachdem er Acadians teuflisches Werk auf dem gefolterten und vernarbten Körper eines Freundes gesehen hatte, schöpfte er daraus tatsächlich einen gewissen Trost. Schließlich war er ein tiefgläubiger Mann, und er musste darauf vertrauen, dass Drenna ihn liebevoll empfangen würde, sobald er ins Jenseits hinüberglitt. Doch bis dahin … Der Priester schrie auf, als das Gift in jedem einzelnen Nerv seines Körpers einen brennenden Schmerz auslöste. Im einen Moment war der Schmerz belebend und klärend, und im nächsten tobte in seinem Verstand ein wildes Durcheinander aus chaotischen Bildern und schrillen Visionen. Im einen Moment wähnte er sich im Schattenreich, wo er sich in einer lichtlosen Sphäre bewegte, um einem Verfolger zu entkommen, und im nächsten im Traumreich, und er selbst war der Verfolger, der Sünder jagte. Alles verschwamm und vermischte sich miteinander, bis jeder Winkel seines Gehirns in rastloser Aktivität aufblitzte. Die Nerven seines Körpers und seines Geistes waren völlig überreizt, und wie bei einer schweren Störung in einem Elektrizitätswerk brach alles zusammen. Irgendetwas stimmte hier nicht. Valera wusste es sofort, als sie in die Dunkelheit des Alaska-Morgens hinaustrat. Es war Winter, und es war fast die ganze Zeit dunkel. In anderen Teilen der Welt wurde es hell, doch in ihrem kleinen abgeschiedenen Teil von Zentralalaska herrschte schon seit geraumer Zeit der Nachthimmel. Valera war daran gewöhnt. Sie war auch die schreckliche Kälte gewöhnt, als sie vor ihre Hütte trat, um die bewaldeten Berge zu betrachten. Sogar das ständige Heulen des Winds und die Schneeverwehungen waren so, wie es sein sollte. Was also stimmte hier nicht? Sie war es nicht gewohnt, ihre Intuition zu missachten, doch es war zu kalt, um sich mit der Angelegenheit zu beschäftigen, während sie wie eine Idiotin draußen im Schnee stand. Sie beeilte sich, Feuerholz zu holen, wobei sie mehrmals zwischen dem Holzstoß und dem Vorraum hin- und herging, wo sie es für den gemütlichen Kamin lagerte, den sie in dieser Jahreszeit ständig am Brennen hielt. Ein paarmal hielt sie inne, um sich umzusehen und herauszufinden, was anders war. Es war wirklich lachhaft. Ihr nächster Nachbar war eine Art Forschungsstation, die mindestens hundert Meilen entfernt war und die viel höher lag. Und ehrlich gesagt war der Weg zu weit, um sich mal eben eine Tasse Mehl zu leihen, weshalb sie den Ort noch gar nie gesehen hatte. Sie wusste nur, dass es ihn gab. Sie ging ein letztes Mal Holz holen und eilte dann zum Vorratsschuppen. Sie versicherte sich, dass genug Treibstoff in dem großen Generator war, und beschloss, etwas von dem gefrorenen Fleisch mit hineinzunehmen, das sie in dem brandgeschützten Bau sicher verwahrt hatte. Als sie erneut hinaustrat, hörte sie ein seltsames Scharren hinter der Hütte. Ein Bär. Verdammt, immer wieder versuchten sie, an ihre Vorräte zu kommen. Oh, das Essen war vor ihnen sicher, doch Valera war besorgt um ihr eigenes Wohlergehen. Sie sollte wieder in die Hütte gehen und warten, bis das Tier verschwunden war, doch dort gab es kein Feuer, und sie war schon länger in der tiefen Winterkälte, als sie eigentlich sollte. Also ließ sie die Nahrungsmittel, die sie geholt hatte, so leise wie möglich zu Boden gleiten und hoffte, sich nicht noch mehr zur Zielscheibe zu machen, als sie es sowieso schon war. »Wohin des Wegs?« Valera schrie auf. Es war so kleinmädchenhaft, doch schließlich lebte sie an einem abgelegenen Berghang, mit Elchen und Bären als Nachbarn. Sie war es nicht gewohnt, angesprochen zu werden. Hastig drehte sie sich zu der Stimme um und sah zwei Männer vor sich, die scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht waren. Sie wusste augenblicklich, dass sie in allergrößten Schwierigkeiten war. Eine Frau, zwei Männer und keine Polizei und keine Nachbarn. Es war eine ganz einfache Rechnung, und sie wusste, dass sie sich auf der miesen Seite der Gleichung befand. Ganz sicher war sie sich, als die beiden dicht vor sie traten. Sie waren riesig. Wenn man die Parkas und die Winterausrüstung einmal abzog, waren beide gut einen Meter achtzig groß und gebaut wie aus Backstein. »Na sieh mal einer an! Ich glaube, Davide, wir haben eine Nachbarin gefunden.« »Das habe ich bemerkt«, antwortete Davide und versuchte, Valera den Schal vom Gesicht ziehen. Valera wich zurück. »Sie ist nicht besonders freundlich, was?« »Nun, das liegt daran, dass es so kalt ist, du Dummkopf. Wir bringen sie hinein, wo wir sie aufwärmen können.« Valera wäre eine Idiotin gewesen, wenn sie die Zweideutigkeit nicht verstanden hätte. Die Brust wurde ihr plötzlich eng, und ihr Herz bebte, und der Magen zog sich ihr zusammen vor Angst. Sie sagte nichts, als Davide sie auf einmal packte und sie in Richtung ihrer Hütte stieß. »Hol den Priester, Morrigan.« Priester? Was sollte das denn bedeuten? Sollte sie Opfer einer Zwangsehe werden? Mitten in der Wildnis von Alaska? Valera kam die Situation allmählich ziemlich unwirklich vor, obwohl ihr Puls raste angesichts der Gefahr. Davide erreichte den Hütteneingang, und nachdem er sich vorsichtig mit dem Rücken an die Außenwand gelehnt hatte, stieß er sie vor die Tür, wobei er ihr durch den Anorak hindurch mit den Fingern brutal den Arm quetschte. »Jetzt hör mir gut zu. Öffne die Tür und mach im vorderen Raum alle Lichter aus. Wir wollen es ein bisschen nett und romantisch, verstanden?« Er lächelte sie an, und das Weiß seiner Zähne leuchtete in der dunklen Nacht. »Und wenn du irgendeinen Trick versuchen solltest, dann wirst du es bereuen, das verspreche ich dir. Wir wollen nur ein Plätzchen, wo wir uns tagsüber ausruhen können, etwas zu essen und ein paar Annehmlichkeiten. Dann machen wir uns wieder auf den Weg, und du kannst wieder zurück in dein beschauliches Leben. Aber wenn du mich auf die Probe stellen willst, kann sich das ganz schnell ändern. Hast du verstanden?« Valera nickte, und ein Zittern durchfuhr sie, als ihre Fantasie die Lücken füllte, die er gelassen hatte. Sie wusste, dass er »Annehmlichkeiten« absichtlich nicht näher definiert hatte, und sie wusste, dass seine Versprechen gelogen waren. Das waren starke und gefährliche Männer. Den Ärger, den sie mit sich brachten, konnte man schon von Weitem riechen. Sie versuchte nachzudenken. Versuchte herauszufinden, weshalb sie wollten, dass sie das Licht ausmachte. Der Gedanke beschäftigte sie so, dass er die Furcht verdrängte, die in ihr hochkroch. Sie musste bei klarem Verstand bleiben. Konzentriert. Valera nahm an, dass es Taktik war, damit sie unerkannt blieben. Beide Männer waren dunkelhäutig und in der Dunkelheit kaum zu erkennen, und auch ihre Gesichtszüge waren kaum auszumachen … obwohl sie sich bemühte, keinen von beiden zu lange anzuschauen, damit sie nicht auf den Gedanken verfielen, sie könnte sie sich einprägen wollen, um sie später zu beschreiben. Dass sie ihr Gesicht versteckten, bedeutete wahrscheinlich, dass sie sie am Leben lassen wollten, wenn sie sich aus dem Staub machten. Val betrat langsam ihre Hütte und betätigte den ersten Schalter in dem Raum mit dem Holz. Sie hatte keine Angst, sich im Dunkeln durch die Räume zu bewegen. Sie hatte es schon oft tun müssen, wenn der Generator ausgefallen war oder wenn er keinen Treibstoff mehr gehabt hatte. Manchmal brannte eine Sicherung durch, oder sie musste aus irgendeinem Grund einfach Treibstoff sparen. Sie trat von dem Vorraum in die Hütte. Die Doppeltüren hatten den Sinn, dass man sich beim Holzholen keine Sorgen wegen der entweichenden Wärme machen musste. Das scheiterte natürlich daran, dass ihr Gast die Tür weit aufhielt und ihr langsam und vorsichtig folgte. Das Wohnzimmer war fast ganz dunkel. Nur kleine Lampen auf zwei Ecktischen und das Feuer im Kamin erhellten den Raum. »Kipp Wasser ins Feuer«,...