Fredriksson | Apfelwetter | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

Fredriksson Apfelwetter

Roman
14001. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8270-7701-1
Verlag: Berlin Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

ISBN: 978-3-8270-7701-1
Verlag: Berlin Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Jenny ist gerade vierzig geworden und plötzlich wird ihr klar, dass ihr Leben keineswegs so läuft wie geplant. Ihre Welt bricht zusammen, als sie erfährt, dass ihr Mann sie betrogen hat. Einzige Lösung: die Scheidung. Ein Glück, dass sie ihre drei besten Freundinnen gerade jetzt auf eine Radtour mitnehmen wollen. Doch der Ausflug droht in einem Desaster zu enden, als Jenny herausfindet, dass eine ihrer Freundinnen in das Geheimnis ihres Mannes eingeweiht war... Jetzt hilft nur noch schonungslose Offenheit.

Anna Fredriksson arbeitete viele Jahre als Drehbuchautorin für Film- und TV-Produktionen in Schweden, u.a. für die Wallander-Filme. Außerdem war sie als Lektorin und Verlegerin tätig. Sie lebt in Stockholm mit ihrem Mann und drei Söhnen.
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JENNY SCHLICH SICH HINTER Johan, der sich gerade Frühstück aus dem Kühlschrank nahm. Sie ließ die Hände unter sein T-Shirt gleiten und drückte ihn fest an sich.

»Guten Morgen«, sagte er und drehte sich um. Er hatte einen kleinen Fruchtjoghurt in der Hand. »Wie geht’s dir?«

»Ganz okay.« Sie nahm ihm den Joghurt aus der Hand. »Vielleicht noch ein bisschen nervös.«

Er nahm noch einen Joghurt für sich selbst heraus und aß ihn, während er sie ansah.

»Weißt du, wie stolz ich auf dich bin?«, fragte er. »Wenn ich heute Abend peinlich werde, darfst du mich unterm Tisch treten. Aber nicht zu fest.«

»Du brauchst es vor den anderen nicht zu übertreiben mit deinem Stolz. Aber es fühlt sich schon ganz schön gut an, endlich irgendwie dazuzugehören.«

»Wie meinst du das?«

»Dir ist es vielleicht nicht aufgefallen, aber ich musste immer danebensitzen und zuhören, wenn ihr euch über Unternehmensführung und Personalführung und all so was unterhalten habt. Es wird toll, wenn ich mich an solchen Gesprächen endlich auch mal beteiligen kann.«

»Ich glaube, ich weiß, was du meinst«, sagte er.

»Und es tut ja auch nicht gerade weh, dass ich fast doppelt so viel Gehalt kriege … So ganz nebenbei bemerkt.«

Sie lächelte ihn breit an, und er lächelte zurück. Genau dieses Lächeln, das sie am meisten an ihm liebte.

»Nein, es ist echt super«, sagte er. »Ich kann es selbst kaum glauben.«

Dann wurde sein Lächeln ein wenig schwächer. Er blickte in seinen Joghurtbecher statt in ihr Gesicht und rührte ein bisschen darin herum. Sie ahnte, woran er dachte.

»Ist es wegen deiner Firma? Du wirst schon sehen, das wird bald wieder. Ihr habt momentan bloß einen Durchhänger.«

»Vielleicht.«

Er seufzte.

»Aber schön ist es nicht. Ich kann mir kaum ein anständiges Gehalt auszahlen. Und die Jungs – an die denke ich am meisten.«

Jenny stand auf und nahm ihn wieder in die Arme. Wie sie es immer machte, wenn er auf seine Kinder zu sprechen kam, seine zwei Söhne im Alter von zehn und dreizehn Jahren. Wegen denen Johan ständig ein schlechtes Gewissen hatte, weil sie ganz bei ihrer Mutter lebten und die Arbeit so viel von seinem Leben schluckte.

»Wenn ich nur mal mit ihnen verreisen könnte«, sagte er. »Nach Mallorca oder so. Ihre Freunde fahren alle mindestens einmal im Jahr ins Ausland, und Love und Sander nie.«

»Dann solltet ihr das mal machen, finde ich«, sagte Jenny. »Fahrt doch nach Mallorca. Nur ihr drei.«

Johan sah sie verständnislos an. Sie strich ihm über die Nackenhaare.

»Ich bezahl das. Ich kann es mir jetzt leisten, und ich fänd’s einfach schön. Letztendlich schulde ich dir ja auch eine Menge, nach dem, was du so alles für mich mitgezahlt hast. Früher.«

Er machte den Mund auf, um zu protestieren, aber sie legte ihm die Hand auf die Lippen. Sanft, aber bestimmt.

»Bitte, lass mich das tun. Ich will. Für dich. Damit deine Kinder merken, was sie für einen tollen Vater haben, und ihr so richtig Zeit miteinander verbringen könnt.«

Sie nahm die Hand von seinem Mund, gab ihm einen Kuss auf die Wange und machte den Kühlschrank auf.

»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, meinte er.

»Wie wär’s mit ›Herzlichen Glückwunsch‹? Zum Job und zu einem glücklichen Mann.«

»Meinst du das wirklich ernst?«

»Ja. Allerdings.«

Sie lächelte, während sie Saft und Aufschnitt aus dem Kühlschrank nahm. Jetzt war sie dran.

Jenny zehrte immer noch von ihrem Glücksgefühl, als sie in die Firma kam. Es hatte etwas Feierliches, auf den Fahrstuhlknopf zu drücken, obwohl sie ins selbe Stockwerk musste wie vorher. Aber jetzt musste sie nach dem Aussteigen nach rechts gehen, wo ihr neues Büro lag. Die ersten zwei Wochen auf der neuen Stelle waren schnell vergangen, mittlerweile war es schon Anfang November.

Sowie sie aus dem Fahrstuhl stieg, kam ihr Erik entgegen. Sein Anzug war ein ganz wenig zerknittert, er hatte keine Krawatte um, und sein Haar, das er sonst locker zurückgekämmt trug, war fast zerzaust. Er fuhr sich immer und immer wieder mit der Hand hindurch, und sein Blick flackerte.

»Jetzt ist es raus«, sagte er.

»Was?«

»Die Umstrukturierung. Ich hätte es gleich wissen müssen, dass das irgendwie durchsickert. Obwohl das Ganze erst nächsten Herbst stattfinden soll. Vielleicht hat sich jemand aus der Geschäftsführung verplappert oder war unvorsichtig. Oder vielleicht war es einfach ein Angestellter, der etwas geahnt und Spekulationen angestellt hat. Jetzt heißt es jedenfalls, so schnell wie möglich handeln.«

Es war wirklich ernst, das hörte Jenny. Doch Erik war schon lange dabei, er wusste, wie man mit so einer Situation umgehen musste.

»Und, was machen wir jetzt?«

»Es wäre wirklich ungut, wenn wir in diesem frühen Stadium schon Unruhe in der Firma hätten, wo es ja noch nicht mal feste Pläne gibt.«

»Ja, natürlich.«

Erik machte ein paar Schritte hin und her, während er überlegte. Er bewegte sich geschmeidig, seine Haltung war aufrecht und selbstbewusst. Bestimmt war er am Morgen schon im Fitnessstudio gewesen.

Wieder fuhr er sich mit der Hand durchs Haar.

»Wir rufen heute Nachmittag alle Angestellten zu einer Mitarbeiterversammlung zusammen. Du musst ihnen erzählen, dass es noch überhaupt keine konkreten Pläne gibt und dass die Arbeit weitergeht wie gehabt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es in der Zukunft Veränderungen geben wird, aber momentan gibt es da noch keinerlei Überlegungen. Die einzige Veränderung besteht darin, dass du die neue Personalchefin und administrative Leitung bist und dass du auch Gunillas frühere Rolle als Büroleiterin mit übernommen hast. Daran kannst du sie bei der Gelegenheit ja auch gleich noch mal erinnern.«

»Verstehe.«

Jenny spürte, wie sich Nervosität in ihr breitmachte. Gott sei Dank war sie vorgestern beim Friseur gewesen. Die ausgeblichenen, strapazierten und viel zu langen Haare, die sie sich in den letzten Wochen in Ermangelung einer richtigen Frisur meistens zum Zopf gebunden hatte, waren der Schere zum Opfer gefallen. Jetzt war ihr Haar schulterlang und kastanienbraun getönt. Der neue Stil passte besser zu der erwachsenen Vierzigjährigen, die sie war. Eine reife, erfahrene und gut vorbereitete Mitarbeiterin, die ihre Verantwortung ganz selbstverständlich übernehmen konnte.

»Die von der Gewerkschaft haben uns gemailt«, sagte Erik. »Kannst du dir im Grunde an den Hut stecken, wir werden ja doch antworten, dass wir vorerst keine Kürzungen vorhaben. Aber lies dir die Mail auf jeden Fall mal durch.«

Sie sah Niklas aus seinem Büro weiter hinten im Flur kommen. Gut gebaut, etwas größer als sie selbst, lässig in Jeans und beiges Sakko gekleidet. Er hatte seine Stelle erst vor relativ kurzer Zeit angetreten, war aber schon etwas vor ihr da gewesen. Er nickte ihr zu und verschwand mit einem Zettel um die Ecke zum Kopierer.

Als Jenny in ihr Büro kam, sah sie im Stehen rasch die Post durch, bevor sie den Mantel auszog.

»Wir sind zutiefst beunruhigt über die Gerüchte, die uns bezüglich einschneidender organisatorischer Veränderungen zu Ohren gekommen sind. Der wichtigste Baustein einer guten Personalpolitik und eines gesunden Arbeitsklimas sind eindeutige und rechtzeitige Mitteilungen.«

Erik war ihr nachgekommen und wartete jetzt an der Tür.

»Wie du siehst, kommen wir nicht mehr darum herum«, sagte er. »Wir müssen jetzt vor allem für Ruhe sorgen, damit die Arbeit weitergehen kann, bis es dann wirklich losgeht, sonst kriegen wir hier echt ein Problem. Viele arbeiten hier nämlich schon seit einer halben Ewigkeit.«

Jenny sollte sich also vor das gesamte Personal stellen und ihnen erzählen, dass alle Befürchtungen unbegründet waren.

»Wie wollen wir das Ganze aufziehen?«, fragte sie.

»Das Wichtigste ist, dass wir jetzt die Wogen glätten und ein gutes Arbeitsklima wiederherstellen. Als Projektleiterin der Umstrukturierung musst du dich trotzdem darauf gefasst machen, dass dir im Laufe der Zeit so einiges an Zorn entgegenschlagen wird. Aber das warten wir jetzt einfach ab bis zum Herbst, wenn der ganze Zirkus wirklich losgeht.«

Sie schluckte. Jetzt durfte sie keinen Fehler machen. Dafür wurde sie bezahlt.

»Versuch dir die Einstellung zuzulegen, dass sich alles zum Besten fügen wird«, sagte Erik. »Menschen sind unglaublich anpassungsfähig, wenn man ihnen nur genug Zeit gibt. Vertrau ihnen. Eine meiner Grundregeln lautet: Wenn man den Leuten nicht vertraut, vertrauen sie einem auch nicht.«

Jenny nickte.

»So, jetzt entspann dich mal. Wird schon alles gutgehen. Betrachte es als einen ersten Test, ob du dem Druck gewachsen bist.«

Sie lachte. Natürlich war das ein Scherz. Aber zugleich merkte sie, dass ihr Lachen nicht so entspannt klingen wollte, wie sie es gerne gehabt hätte.

Sämtliche Mitarbeiter waren im Pausenraum versammelt. Jenny stieg auf das kleine Podium, das man ihr hingestellt hatte, und wartete, bis das allgemeine Gemurmel verstummt war. Das dauerte zwar nur ein paar Sekunden, gab ihr aber Gelegenheit, noch ein paarmal tief durchzuatmen und zu versuchen, ihren Magen zu beruhigen. Ihr Herz hämmerte, aber sie hoffte, dass man es ihr nicht anmerkte und dass sich ihr Puls schnell wieder beruhigen würde, sowie sie angefangen hatte.

Sie ließ den...


Kuhn, Wibke
Wibke Kuhn, geb. 1972, arbeitete nach dem Studium der Skandinavistik und Italianistik zunächst im Verlag. 2004 machte sie sich als Übersetzerin selbstständig und studierte Neogräzistik, Finnougristik und Slavistik. Sieüberträgtskandinavische, italienische und niederländische Romane und Sachbücher ins Deutsche (u.a. Stieg Larsson und Jonas Jonasson) und lebt in München.

Fredriksson, Anna
Anna Fredriksson arbeitete viele Jahre als Drehbuchautorin für Film- und TV-Produktionen in Schweden, u.a. für die Wallander-Filme. Außerdem war sie als Lektorin und Verlegerin tätig. Sie lebt in Stockholm mit ihrem Mann und drei Söhnen.



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