Fuchs Ballade des Herzens
1. Erstauflage 2021
ISBN: 978-3-96074-535-8
Verlag: Papierfresserchens MTM-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 420 Seiten
ISBN: 978-3-96074-535-8
Verlag: Papierfresserchens MTM-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Eigentlich könnte Julians Leben so schön sein. Feiern, mit seinen Kumpels abhängen und seine Freundin treffen. Aber dann überschlägt sich plötzlich alles – seine Freundin macht für einen anderen mit ihm Schluss und die völlig paranoide Sängerin aus seiner Lieblingsbar hält ihn für einen Stalker! Dabei wollte er sie nur verscheuchen, nachdem er sie auf dem Baum am Rand seines Gartens entdeckt hatte. Wer ist diese Göre überhaupt? Und warum behauptet sie, im leerstehenden Haus auf der anderen Querstraße zu wohnen? Kaum findet Julian mehr über sie heraus, wird er in eine Sache hineingezogen, die viel größer und blutiger ist, als er jemals vermutet hätte. Schon bald begreift er, dass die Paranoia der Sängerin nicht unbegründet ist. Und von da an ist auch sein Leben in Gefahr.
Autoren/Hrsg.
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* Ein berührendes Lied
Woher soll man denn wissen, was gut oder schlecht und was wahr oder falsch ist? Jeder hat Geheimnisse, die er vor anderen verbergen will oder sogar muss. Und dadurch wird die Suche nach der Wahrheit zu einer echten Gratwanderung. Reglos saß ich auf dem breiten Fensterbrett und starrte hinaus, ohne wirklich etwas zu sehen. Alles um mich herum erschien mir trüb und düster, obwohl heute ein Sommertag wie aus dem Bilderbuch war. Die Sonne strahlte, keine Wolke zeigte sich am blauen Himmel, einige Vögel sangen und draußen im Garten, der genau in meinem Blickfeld lag, blühten Blumen in den verschiedensten Farben. Ich seufzte leise und wandte mich von der Idylle ab, blieb jedoch weiter auf der Fensterbank sitzen. Ich hatte einfach nicht die Kraft, mich jetzt zu erheben. Das Ereignis vor vier Tagen lähmte mich heute noch. Ich wusste, dass ich mich nicht so hängen lassen sollte. Auch wenn es wehtat, es war kein Weltuntergang. Aber trotzdem konnte ich mich nicht dazu aufraffen, aufzustehen und das Chaos in meinem Zimmer aufzuräumen. Oder mal wieder was anderes zu essen als die Pizza vom Lieferservice. Ich war seit vier Tagen zu nichts zu gebrauchen. Weil ich es einfach nicht fassen konnte! Weil ich es nicht wahrhaben wollte. Was brachte es einem, sehr wohlhabende, einflussreiche Eltern zu haben und sich jeden Wunsch erfüllen zu können, wenn man nicht mal die alltäglichsten Dinge kontrollieren konnte? Schön, ich wohnte in einem der exklusivsten Viertel von Nürnberg, in einer Villa mit über zwanzig großen Zimmern, einem weitläufigen Garten und fünf Angestellten. Da meine Eltern meistens geschäftlich unterwegs waren, hatte ich das Haus oft für mich allein und konnte tun und lassen, was ich wollte. Ich durfte sogar jederzeit mit meinen Kumpels feiern – seit ich vor drei Jahren die Schule abgeschlossen und das Abitur irgendwie bestanden hatte, war mein Leben eine einzige Party. Es gab ja keinen Grund zu arbeiten, so viel Geld ich auf dem Konto und in den Taschen hatte. Diesen Herbst würde ich, wie mit meinen Eltern ausgemacht, ins Familienunternehmen einsteigen, und bis dahin hatte ich alle Zeit der Welt. Vor allem hatte ich die finanzielle Möglichkeit, meine Freizeit zu gestalten, wie ich wollte. Und dennoch hatte sie mich einfach so ...! Ich wollte gar nicht mehr daran denken, doch es gelang mir nicht, ihre letzten Worte an mich auszublenden. „Julian, ich hab dich echt gern und alles, aber das mit uns beiden hat keinen Sinn mehr. Das siehst du doch sicher auch ein, nicht wahr? Aber ich würde gern mit dir befreundet bleiben.“ Das durfte ich mir nach einem halben Jahr anhören. Mandy hatte mich eiskalt abserviert, nachdem ich ihr wirklich jeden Wunsch erfüllt hatte. Für einen anderen Kerl, einen Bekannten von mir, wie ich kurz darauf über Facebook erfahren hatte. Und das war der nächste Schlag in mein Gesicht gewesen. Aber anstatt sie zu hassen, musste ich ihr ja nachtrauern. Ich kam nicht von ihr los, ich hing an ihr und ja, zugegeben, ich liebte sie immer noch. Leider. Wirklich wütend war ich nur auf diesen verfluchten Dennis. Neureiches Ekel, biederte sich erst an und spannte einem dann die Freundin aus. Wenn ich den Kerl demnächst treffen sollte, was recht wahrscheinlich war, da er wie viele andere wohlhabendere Leute der Stadt irgendwo hier in Erlenstegen wohnte, könnte ich für nichts garantieren. Und nachdem man über fünf Jahre lang regelmäßig ins Fitnessstudio gegangen war und Krafttraining gemacht hatte, stellte es kein Problem dar, so einem dahergelaufenen Dennis die Nase zu brechen. Zumal dieses Weichei nur Pudding in den Armen hatte und keine Muskeln. Was konnte ein so hübsches Mädchen wie Mandy nur an diesem weichlichen Typ finden? Wieder mal blieb mein Blick an dem Bilderrahmen auf meinem Nachtschrank neben dem zerwühlten Bett hängen. Das Foto hatten Mandy und ich vor zwei Monaten aufgenommen, es zeigte uns beide draußen in meinem Garten. Mandy, mit ihrem strahlenden Lächeln und den dunklen Augen, wie sie sich durch ihre wunderschönen glatten, schwarz gefärbten Haare fuhr, und mich, der ihr einen Arm um die Schultern legte. Verdammt, die erste Frau, die mir so viel bedeutete, hatte mich einfach so, aus heiterem Himmel, abgeschossen. Sie war keiner meiner vielen One-Night-Stands gewesen, keine kurze Affäre, nein, im Gegenteil. Und während sie sich mit ihrem tollen Dennis vergnügte, saß ich den ganzen Tag in meinem Zimmer und starrte Löcher in die Luft oder aß billige Pizza. Auf die Anrufe meiner Freunde hatte ich in den letzten Tagen nicht reagiert, ich ließ ja nicht mal unsere Haushälterin herein, damit sie mein Bett machen oder das Zimmer putzen konnte. Nur gut, dass meine Eltern seit letzter Woche geschäftlich in Südamerika waren. Sie hatten bloß noch irgendetwas von einem neuen Erdölvorkommen und wichtigen Verhandlungen gemurmelt, dann waren sie aufgebrochen, um das Treibstoffimperium Römer – unser Imperium – weiter auszubauen. Erst Anfang Juli wollten sie zurück nach Hause kommen. Bis dahin hatte ich mich hoffentlich wieder gefasst. Oder Mandy zurückgewonnen. Seit gestern spielte ich mit dem Gedanken, wieder mit meiner Exfreundin zusammenzukommen. Nur wie? Ob ich sie anrufen oder mich mit ihr treffen sollte? Vielleicht konnte sie mir ja erklären, was sie an dieser Memme so anziehend fand. Denn ich verstand es einfach nicht. Gerade als ich mein Smartphone aus der Hosentasche ziehen und sie anrufen wollte, hörte ich von draußen eine helle Stimme, die gedämpft zu mir vordrang. Es klang so, als würde jemand singen. Da mich die Neugier packte, stand ich auf und öffnete das Fenster, um besser zu hören. Feeling numb, still want to cry, Why do I have to say goodbye? Why won’t the pain vanish, why won’t the fear? Why does it get harder tear by tear? You’re gone, so I am left alone, Don’t know how to go on, Don’t know how to live while you don’t. Can’t you come back or take me with you? How many days will I have to pass through? I’m broken, I’m lost, so how can I go on? Without you I just don’t know how to be strong. Diese Stimme erschütterte mich, nicht nur, weil sie so unglaublich schön klang. Es lag so viel Trauer in diesem Lied, so viel Verzweiflung, dass ich wie erstarrt vor dem Fenster stand und mich nicht rühren konnte. Ich kannte das Lied nicht, doch ich beherrschte genug Englisch, um zu verstehen, worum es ging. Die Sängerin kam nicht mit dem Tod einer ihr nahestehenden Person klar, so interpretierte ich es zumindest. Weil ich wissen wollte, wer das eben gesungen hatte, sah ich mich um. Ich rechnete allerdings nicht damit, jemanden zu entdecken, in meinem Blickfeld lagen schließlich nur mein Garten und der angrenzende Garten des Hauses auf der nächsten Querstraße. Das Haus dort hinten stand leer, vor ein paar Tagen war das Ehepaar, das dort gelebt hatte, gestorben. Meine Familie hatte nie viel mit ihnen zu tun gehabt, ich wusste nur, dass den beiden ein großer Konzern gehört hatte, Holz, Metall, irgendwas in der Art. Außerdem hatten sie allein gelebt. Dennoch schaute ich umher, über die Hecken und Blumen in unserem Garten, über den Rasen, die Grenze zum anderen Anwesen und die Bäume, die dort standen. Moment mal ... Verdutzt rieb ich mir die Augen und blickte noch mal genauer hin. Tatsächlich, auf einem der Bäume an der Grundstücksgrenze, mitten im Geäst, saß jemand! In der Entfernung konnte ich nicht genau erkennen, wer da hockte. Doch ich war mir sicher, dass es sich um die Sängerin von eben handelte. „Hey, was machst du in meinem Garten?“, rief ich ihr durch das offene Fenster zu. Abrupt drehte sich das Mädchen zu mir um. Ich sah es nicht besonders gut, doch ich glaubte, dass es nicht sehr alt sein konnte. Achtzehn vielleicht. Auf jeden Fall jünger als ich. „Was heißt hier dein Garten?!“ Eindeutig dieselbe Stimme – das war die Sängerin. Doch mir passte nicht, dass sie meinen Besitz, beziehungsweise den Besitz meiner Familie, anzweifelte. „Der Baum gehört zu meinem Grundstück! Mach, dass du da weg kommst!“, fuhr ich sie an. „Du kannst mich mal! Ich wohne hier, warum sollte ich mir von irgendeinem dummen Schnösel was sagen lassen? Du suchst wohl Streit, was?“ Mir klappte der Mund auf – so hatte es noch niemand gewagt, mit mir zu reden. „Wie du willst!“, entgegnete ich wütend. „Dann komme ich zu dir und pflücke dich von dem Baum runter!“ „Versuch’s doch!“, zischte sie. „Du hast ungefähr zwei Minuten, um von selbst zu verschwinden! Dann bin ich die Treppe runter und in den Garten gelaufen“, drohte ich ihr. Immerhin befand ich mich im ersten Stock, es dauerte eine kurze Zeit, runter ins Erdgeschoss und raus in den Garten zu kommen. Die Gänge dieser alten Villa waren lang und die große Wendeltreppe zog sich...