E-Book, Deutsch, 255 Seiten
Huber Ellen Percy
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-2832-1
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 255 Seiten
ISBN: 978-3-8496-2832-1
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Frauenleben erzählt anhand von romantischen Schicksalen.
Autoren/Hrsg.
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Mylord hatte zwar, seit der mißlungenen Unterhandlung seines Vaters seine Besuche bei mir eingestellt und meiner Weigrung, sie wieder zu erlauben, gehorcht; allein ich wußte sehr wohl, daß es nur eines Winkes bedurfte, um ihn zurückzurufen; diesen erhielt er, und es konnte nicht fehlen, daß er zu gleicher Zeit mit Herrn Maitland, wiewohl durch meine Veranstaltung nicht in den Stunden, wo mein Vater gegenwärtig war, bei mir zusammentreffen mußte. Nun begann ich augenblicklich die elendsten Kunstgriffe eitler Quälsucht in Bewegung zu setzen. Ich zeichnete Lord Friedrich durch jede Zuvorkommung aus, flüsterte mit ihm, ohne ihm etwas Geheimes zu sagen, lachte, ohne einen Gegenstand dazu, machte Anspielungen auf nichtswürdige Kleinigkeiten, denen ich nie Werth beigelegt hatte. Obgleich Miß Arnold beauftragt war, die Wirkung dieser unedlen Posse auf Herrn Maitland zu beobachten, unterließ ich nicht einige Seitenblicke auf ihn zu werfen – ich glaubte ihn erblassen zu sehen, allein meinen Triumph zu vergewissern, gönnte er mir keine Zeit, denn ohne meiner Thorheit mit einem Worte Einhalt zu thun, nahm er nach einer Viertelstunde einen sehr frostigen Abschied. Miß Arnold versicherte mich, daß sie bei diesem ganzen Auftritt auch nicht die mindeste Regung von Eifersucht auf seinem Gesicht wahrgenommen hätte, allein daß ein jeder Empfänglichkeit für feinere Gefühle so fähiger Mann, wie er, wahrscheinlich mehr wie einmal dem Feuer dieser peinlichen Leidenschaft ausgesetzt werden müßte, bevor sie ihm ans Herz dränge – und so versäumte ich kein Zusammentreffen der beiden Männer, ohne mein unedles Spiel zu wiederholen. Alle meine Mühe war vergebens; Herrn Maitlands Gleichmuth blieb unerschüttert, nur seine Heiterkeit schien sich zu trüben, und der Ernst seines Auges stand zu meiner Qual wie ein Zauberspiegel vor mir, der mir meine eigne Gestalt als Verzerrung zurückwarf. Mein Vater machte dieser unwürdigen Komödie ein Ende, indem er mir eines Morgens in der Stellung, mit dem Ton, in dem er seine bedeutendsten Ermahnungen zu geben pflegte, den Befehl ertheilte, Lord Friedrichs Besuche fortan nicht mehr zu gestatten. »Herr Maitland«, setzte er hinzu, »versichert mich zwar, daß dein Herz an dieser Bekanntschaft keinen Theil nimmt, – welches ein solcher Geck auch wenig verdiente – ich finde es aber nach dem, was zwischen mir und seinem Vater vorfiel, nicht dem Anstand gemäß, ihn in meinem Hause zu empfangen.«
Also nicht einmal den Verdacht, daß ich Lord Friedrich einen Vorzug gewährte, gelang mir in Herrn Maitland zu erwecken. Nun gab ich meinen Plan und meine Hoffnungen auf, und um den innern Schmerz dabei zu betäuben, machte ich mir selbst weiß, und Miß Arnold bemühte sich mich darin zu bestärken, daß ein gefühlloser Mensch wie Herr Maitland meiner Bemühung nicht werth sey.
Seit ich Miß Mortimers Brief las, hatte ich oftmals den Vorsatz gefaßt, sie in ihrer Einsamkeit zu besuchen. Jeden Tag wurde ich durch eine längst verabredete, oder nicht abzulehnende Einladung daran verhindert. Jetzt fühlte ich eine Leere in meinem Herzen, die mir sogar Trauer und Schmerz wünschenswerth machte. Der nächste Tag nach dem, an welchem ich meines Vaters Zeugniß über Herrn Maitlands scharfen Blick in mein Herz erhalten hatte, war ein Sonntag, und ich beschloß ihn, dem strengsten Gesetze gemäß, zu einem guten Werke – einem Besuch bei Miß Mortimer zu verwenden.
Es war ein schöner sonnenheller Morgen, an dem ich mich auf den Weg machte. Die Natur hatte den ganzen Reichthum des Sommers enthüllt und besaß nur noch die Frische des Frühlings. Der Schatten der Bäume malte sich dunkel auf dem üppigen Rasen, die Fluthen der Themse trugen zahllose Fahrzeuge, die zum Theil vor Anker liegend, sich in ihrem elastischen Elemente wiegten, zum Theil vom sanften Lufthauch getrieben, ihre schneeweißen Segel, von dem blendenden Licht bestrahlt, majestätisch dahinglitten. Miß Mortimers Wohnung lag nur eine kleine Stunde von der Stadt entfernt; in meiner Kindheit hatte ich sie oft mit meiner Mutter besucht, und noch bestand der Eindruck, der durch die pünctliche Ordnung in ihrem Garten, den Ueberfluß der schönsten Blumen, die sorgfältig gepflegten Geländer an ihren Fenstern sich mir damals einprägte. Die Veränderung in den Umgebungen ihres kleinen Häuschens fiel mir jetzt auf. Die Blumenbeete waren verwildert, der ehedem so sorgfältig gereinigte Weg von dem Hag zur Hausthür, bis auf einen schmalen Pfad mit Gras überwachsen, und die Rankengewächse, welche sich ehedem wohlgeordnet über der Pforte und den Fenstern gewölbt, hingen verworren herab, wie Thränenweiden von einem Grabmal. Eine ehrbare Person in reinlicher ländlicher Kleidung öffnete mir die Thür, geleitete mich die Treppe hinauf und trat, mich anzumelden, vor mir in das Zimmer.
O willkommen, tausendmal willkommen! hörte ich Miß Mortimer rufen, und ich eilte dem Dienstmädchen nach. – Ach, ich rechnete wohl, sie verändert zu sehen, aber so, wie ich sie fand, hatte ich mir sie nicht gedacht. – Eine schwache Röthe flog über ihr Gesicht, um dem Ansehen einer verklärten Unkörperlichkeit Platz zu machen. – Ihr Auge, das sonst so mild schimmerte, strahlte in krankem Feuer, ihre Hand, die sie nach der meinigen ausstreckte, glühte und war so weiß und so abgezehrt, daß das Licht wie durch Alabaster sie zu durchströmen schien, indeß jede kleine Ader sich in mattem Blau auf ihr hinschlängelte. Und dennoch drückten diese verstörten Züge nur Heiterkeit und Güte aus, dennoch tönte in dieser matten Stimme der Wohlklang der Liebe. Auf meine Frage nach ihrer Gesundheit sagte sie mit wehmüthigem Lächeln: »Ich glaube, ich werde noch eine Weile der Erde zur Last seyn müssen. Die Aerzte sagen, die augenblickliche Gefahr sey vorüber«, und wie ich dafür innig Gott dankte, setzte sie hinzu: »Gottes Wille geschehe! Ich hoffte eine Zeitlang dem Himmel so nahe zu seyn, vermeinte nicht auf das stürmische Meer zurück geworfen zu werden. Doch wie es Gott gefällt.« – Die Rinde der Eitelkeit und Selbstsucht meines Herzens war durch ihren Anblick, durch ihre Worte gesprengt, ich sprach von meiner Hoffnung, sie bald in meines Vaters Landgut zu Richmont ihre gänzliche Wiederherstellung abwarten zu sehen. Sie wies diese Aussicht nicht ab, sprach aber mit Entzücken von einer andern, einer überirdischen Genesung. Es ist gut, dachte ich, daß die, so keine Freude mehr in diesem Leben haben, sich an der Aussicht auf ein andres erfreuen. Damals dachte ich nicht, wie bald ich selbst erfahren sollte, daß sich uns diese Aussicht beim Verlust aller irdischen Freuden nicht so unfehlbar darbietet, daß unser Blick im Genuß dieser Freuden schon auf sie gerichtet gewesen seyn muß, um nach ihrer Flucht in ihr Ersatz zu finden. Ich hatte zwei Stunden mit meiner würdigen Freundin zugebracht, in denen sie sich zu Zeiten einer liebenswürdigen Munterkeit überließ. In so einem Moment wagte ich es Herrn Maitland zu nennen; ich äußerte meine Verwunderung, daß er nach ihrem Austritt aus unserm Hause dennoch fortführe, es fleißig zu besuchen. So wie mein durch Miß Mortimers Anblick aufgeregtes Gefühl sich beruhigte, nahm meine gewöhnliche Gedankenreihe ihren Gang, und ich hoffte durch Miß Mortimer einige Aufklärung über Herrn Maitlands Gesinnungen zu erhalten. Ihr Lächeln bei meiner Frage schien von Bedeutung, aber Barbara verhinderte sie zu sprechen, indem sie sehr schöne Früchte und feinen Wein auftrug, mit dem, wie meine Freundin mir sagte, sie reichlich versehen würde von einer Hand, die sie wohl errathen könnte, die den Dank aber ablehne. Ein sanftes Klopfen an der Hausthür lenkte Miß Mortimer zu meinem großen Verdruß abermals von der Beantwortung meiner Frage ab. Barbara kam ehrerbietig herein, Herrn Maitland zu melden, der schon zum dritten Mal eingesprochen hatte, ohne Zutritt zu erhalten. Ihre Gnaden sollten ihn doch nicht wieder abweisen, sagte die treue Dienerin, sich tief verneigend, der ehrenwerthe Herr hat sein Pferd schon an den Zaun gebunden und hofft sicher, vorgelassen zu werden. »Gut, weil Sie bei mir sind, meinen guten Ruf zu verbürgen, mag es drum seyn«, sagte Miß Mortimer mit sanftem Lächeln, »führ' ihn herein.« – Sie wollte zu seinem Empfang aufstehen, war aber sichtlich zu schwach, daß ich sie in meinen Armen aufrecht halten mußte. Wie Herr Maitland mich erblickte, leuchtete die freudigste Ueberraschung aus seinen Augen. »Miß Percy«! war alles, was er sagte, aber ich hätte diese Worte und den Blick, mit dem er sie begleitete, nicht gegen die Schmeichelei der ganzen Welt vertauscht. In diesem Augenblick war mein gefallsüchtiger Sinn von der Nähe der einfachen Liebe und Frömmigkeit gefesselt. Miß Mortimer bot ihm von den aufgetragenen Früchten an, wobei sie einen Wink fallen ließ, der ihre Vermuthung, daß er der Geber derselben seyn möchte, andeutete. Eine flüchtige Röthe zeigte, daß er verrathen war; er nahm sie aber mit der Bemerkung an, daß sie nach einem langen Fußweg in der Sonnenhitze eine willkommene Erquickung gewährten. »Sie beharren darauf, an einem Sonntag Ihre Pferde nicht zu gebrauchen?« fragte Miß Mortimer. – »Meine Geschäfte fordern es selten, und das Vergnügen Miß Mortimer zu besuchen, ist mit einem Spaziergang um einen sehr wohlthätigen Preis erkauft«, antwortete er mit einfachem Ernst. In dieser Stimmung verflog eine Stunde, ohne daß von der Welt Thun und Treiben die Rede war. Nur einmal klagte Herr Maitland, daß seine Hoffnung, das Loos der Sklaven zu mildern, vergeblich gewesen sey. »Ich fürchte aber, setzte er hinzu, ich bedurfte dieser Belehrung. Warum lassen wir...




