Killough-Walden Engelssturm - Gabriel
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-641-08626-8
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Band 2 - Roman
E-Book, Deutsch, Band 2, 400 Seiten
Reihe: Engelssturm-Reihe
ISBN: 978-3-641-08626-8
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Seit zweitausend Jahren wandelt der ehemalige Botenengel Gabriel auf Erden, stets auf der Suche nach der Einen, die für ihn bestimmt ist. Bisher war seine Suche vergeblich … Als Gabriel in einem schottischen Pub der bezaubernden Juliette begegnet, sprühen sofort die Funken zwischen den beiden, dennoch bleibt Juliette misstrauisch. Eigentlich will sie nur ihre Doktorarbeit abschließen, und der sexy Engel mit seinen betörenden Augen ist eine höchst unwillkommene Ablenkung. Doch als Juliette ins Visier der höllischen Mächte gerät, ist Gabriel der Einzige, bei dem sie sicher ist.
Heather Killough-Walden wurde in Kalifornien geboren und studierte unter anderem Religionswissenschaften und Archäologie, bevor sie beschloss, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Texas.
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1
Juliette wich auf dem mächtigen Himmelbett langsam zurück, denn noch immer wollte sie einesteils flüchten. Aber der Engel grinste dreist, kam wie ein großer Kater über sie, geschmeidig und gefährlich, und sie gelangte nicht weit.
Kraftvoll umfasste er ihre Handgelenke, ehe sie auch nur blinzeln konnte. Ihre Atemzüge beschleunigten sich, und sie starrte die starken Muskeln an seinen Armen und seiner Brust an. Dann schweifte ihr kühner Blick über seine glatte gebräunte Haut zu der Stelle, wo sein Körper in seiner aufgeknöpften Bluejeans verschwand.
Ihr Mund fühlte sich heiß und trocken an. Wie rasend schlug ihr Herz. Ihre Hände bebten unter seinen, die sie wie Schraubstöcke umschlossen. Ringsum ragten die Wände des Schlosses empor, am Rand ihres Blickfelds, kahl und doch schützend, uralt und neu zugleich. Zerbröckelnde Grundmauern, verhüllt von Erinnerungen an die Gobelins und Wandleuchter, die sie einst geschmückt hatten.
In dem gigantischen steinernen Kamin knisterten Flammen, die das Gemach des Herrschers wärmten, und von der See her strömte ein kalter Wind durch die leeren Fensteröffnungen herein und fegte durch den in Trümmern liegenden Raum.
Das Schloss war ein Skelett, ein Gespenst, bis auf die Knochen entblößt, umgeben von den Erinnerungen an seine Vergangenheit.
Der Engel jedoch war warm, kein Geist, sein Körper hart und beharrlich und sehr, sehr real. Jetzt senkte er den Kopf und betrachtete Juliettes schlanke Gestalt. Als er sich bewegte, sah sie wieder die großen schwarzsilbernen Flügel an seinem Rücken. Irisierend schimmerten die Federn in den Mondstrahlen, die durch die Fenster hereindrangen und den Schauplatz ihres heimlichen Liebesspiels erhellten.
So schön, dachte sie geistesabwesend.
Er begegnete ihrem Blick, und sie verlor sich im seltsamen Silberlicht seiner Augen. Sie glühen, dachte sie ehrfürchtig.
Mit diesem Blick fesselte er sie an das Bett, beanspruchte sie, nahm sie in Besitz. Kein Mann auf der Welt hatte sie jemals so angesehen wie dieser Engel.
Juliette spürte, wie sie errötete, wie ihre Wangen glühten, wie ihre Brüste anschwollen, wie der Stoff ihrer Bluse über die schmerzhaft verhärteten Brustwarzen rieb. Plötzlich fiel ihr das Atmen schwer. Sie wollte sich unter dem Engel aufbäumen, den Abstand zwischen den beiden Körpern überwinden und ihn berühren. Noch nie hatte sie sich etwas so brennend gewünscht.
Endlos lange starrte er sie an, beobachtete sie, prägte sich ihren Anblick ein, schien sie mit seinen Augen zu verschlingen. Ihre Brust verengte sich. Das ertrug sie nicht, seine absolute Kontrolle über ihren Körper. Zwischen ihren Schenkeln fühlte sie eine feuchte Wärme. Hatte er das mit seiner Willenskraft bewirkt? Leise lachte er, als würde er ihre Gedanken erraten. Wie eine Liebkosung glitt sein Gelächter über ihre Haut, tief und köstlich lasterhaft. Sie erschauerte, schloss die Augen und bekämpfte den Drang, sich unter ihm zu winden. Fast hielt sie es nicht mehr aus. Fast hätte sie ihn angefleht, sie zu nehmen.
Irgendetwas stimmt mit mir nicht, dachte sie. Das passte nicht zu ihr.
Niemals gab sie sich leichtfertig hin. Sie besaß normalerweise einen eisernen Willen. Was war geschehen? Wieso hatte sie diesen Engel in ihr Bett gelassen? War sie ihm nicht eben erst begegnet?
Nicht einmal seinen Namen kenne ich.
Als sie seine weichen Lippen wie Schmetterlingsflügel auf ihren spürte, riss sie die Augen auf. Da hob er herausfordernd den Kopf und musterte sie wieder mit seinem übermenschlichen Blick. Kein Wort sagte er. Aber ein fast grausames Lächeln entblößte seine ebenmäßigen, schneeweißen Zähne, erschien ihr raubtierhaft in seinem viel zu attraktiven Gesicht. Und dann umfasste er ihre Handgelenke mit nur einer Hand. Mit der anderen packte er ihre Bluse.
Der Stoff spannte sich, schabte über ihre empfindlichen Brustwarzen, und sie rang nach Luft. Langsam, beinahe bedrohlich, riss er die Knöpfe ab, einen nach dem anderen, und entblößte ihren Oberkörper.
Jetzt stöhnte sie. Der Wind wehte über ihre nackte Haut, leckte hungrig an den Spitzen ihrer Brüste, die sich noch schmerzhafter aufrichteten.
Er wird mich verschlingen, dachte sie, und es störte sie nicht.
Anmutig senkte er seine Flügel an den Seiten des Betts herab, so dass die schwarzsilbernen Federn sie vor dem Wind schützten. Dann neigte er sich zu ihr, und sie spürte seinen heißen Atem – im intensiven Kontrast zu der Kälte – auf ihrer rechten Brust. Sie spannte sich an, wehrte sich gegen den Griff, der ihre Handgelenke fesselte. Doch der Engel hielt sie mühelos fest, seine Zunge streifte ihre Brustwarze. Schreiend zuckte Juliette zusammen, und wieder glitt sein Gelächter über ihre Haut wie ein sanftes Donnergrollen.
»Bitte«, keuchte sie und wusste nicht einmal, worum sie flehte. Es war einfach zu viel. Zu sonderbar, zu perfekt. Engel durften Menschen nicht quälen, oder?
Und dann sank er auf sie herab, presste seine harte Brust an ihren Busen, und ihr stockte der Atem. Aber er lenkte sie ab, indem er mit seiner freien Hand die Volants ihres Minirocks an ihrem schlanken Schenkel hochschob. Voller Sehnsucht stöhnte sie wieder, als er ihre Hinterbacken streichelte. Sie trug keinen Slip …
An ihrem Ohr spürte sie seinen Atem, eine Gänsehaut am ganzen Körper. »Das tu ich doch gern«, flüsterte er, und seine Hand wanderte nach vorn.
»… klappen Sie die Tische zurück und stellen Sie die Rückenlehnen senkrecht …«
Als der Pilot die Landung ankündigte, schreckte Juliette aus ihrem Schlaf hoch. Der Mann an ihrer Seite warf ihr einen wissenden Blick zu. Zutiefst verlegen unterdrückte sie ein Seufzen und starrte aus dem Fenster. Ihr Spiegelbild starrte zurück – lange, dichte braune Locken, haselnussbraune Augen, in diesem Moment eher grün, gerötete Wangen und Lippen, Folgen ihres Traums.
Nicht zum ersten Mal hatte sie von verfallenen Schlössern und gespenstischen Gestalten geträumt. In manchen Nächten wanderte sie über einen uralten schottischen Friedhof, dessen Grabsteine unleserlich, windschief, zum Teil gar umgefallen waren und zugleich frisch errichtet und jüngst behauen. In anderen Nächten ging sie durch ein Schloss, so wie in diesem letzten Traum. Lauter Ruinen – und trotzdem sah sie, wie sie einst ausgesehen hatten, als hielten sich in ihr hartnäckige Erinnerungen an ihren längst verblassten Glanz.
Immer wieder geriet sie in solche Träume, die Vergangenheit und Gegenwart auf melancholische Weise vermischten. Das zählte zu den Gründen, die sie bewogen hatten, Anthropologie zu studieren. Geschichten aus der Vergangenheit faszinierten sie. Ja, sie schrien geradezu nach ihr.
Aber in diesem Traum war zum ersten Mal ein Mann erschienen. Ein Engel.
»Guten Tag, meine Damen und Herren, hier spricht Ihr Kapitän.« Erneut erwachte die Sprechanlage zum Leben, Störgeräusche durchbrachen die Worte, Musikfetzen aus diversen Filmen, die im Jet liefen. Juliette sah sich um und beobachtete, wie Passagiere zusammenzuckten und hastig ihre Kopfhörer abnahmen. »Unsere bisherige Flugzeit beträgt sechs Stunden und achtunddreißig Minuten. In dreiundzwanzig Minuten werden wir Edinburgh erreichen. Ein kühler Märztag, einundvierzig Grad Fahrenheit, vier Grad Celsius, Nordwestwind, fünfzehn Meilen pro Stunde …«
Juliette verdrängte die Stimme des Piloten aus ihrem Bewusstsein und betrachtete durch das Fenster die grünschwarze Landschaft. In letzter Zeit verreiste sie sehr oft. Während des Vorjahrs hatte sie in Australien dank eines Übersee-Forschungsprogramms studiert und Neuseeland besucht. Sie war zu beiden Küsten der USA geflogen. Jetzt würde sie mehrere Wochen in Schottland verbringen und an ihrer Dissertation arbeiten, finanziert durch ein Forschungsstipendium der Carnegie Mellon University in Pittsburgh.
Aus zwei Gründen war Schottland für sie etwas Besonderes. Zum einen hatte sie schon als kleines Mädchen hierherkommen wollen, denn ihre Eltern stammten aus Schottland. Ihre Mutter war eine MacDonald, ihr Vater ein Anderson, und so lag ihr Schottland gewissermaßen im Blut.
Der zweite Grund hing mit einer neuen Entwicklung zusammen. So oder so hatte sie ethnologische Studien auf den Äußeren Hebriden geplant, der Heimat ihrer Familie väterlicherseits, da hatte ihr Studienberater ihr erklärt, Samuel Lambent, der berühmte, reiche Medienmogul, würde ihr einen Deal anbieten. Er würde ihr ein beträchtliches Honorar und ihren verlängerten Aufenthalt zahlen, wenn er ihre Forschungsergebnisse für eine TV-Miniserie über die Legenden entlegener schottischer Gebiete verwenden dürfte.
Völlig verblüfft hatte Juliette nicht einmal gefragt, warum Lambents Wahl ausgerechnet auf sie gefallen war, obwohl sich Studenten in aller Welt mit Schottland befassten und einige sicher fundiertere Kenntnisse besaßen.
Nur zu gern nutzte sie diese einzigartige Chance. Aber natürlich stellte Lambent gewisse Bedingungen. Er brauchte Material, das er dem TV-Publikum ›verkaufen‹ konnte, und außerdem musste sie jede Woche einen seiner...




