E-Book, Deutsch, 260 Seiten
Klein Morde, Esel, KVB
2. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8192-7181-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein bunter Strauß von Kurzgeschichten
E-Book, Deutsch, 260 Seiten
ISBN: 978-3-8192-7181-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Norbert Klein, Jahrgang 1949, war fast drei Jahrzehnte lang als Richter am Finanzgericht Köln tätig. In dieser Zeit übte er neben seiner richterlichen Tätigkeit auch lange die Funktion des Baudezernenten für das denkmalgeschützte historische Gerichtsgebäude Appellhof aus, in dem früher die Staatsanwaltschaft und die Strafgerichtsbarkeit arbeiteten, jetzt aber das Finanzgericht und das Verwaltungsgericht untergebracht sind. Während des Studiums war der Autor über zwei Jahre freier Mitarbeiter des Kölner Stadt-Anzeiger gewesen, wobei er journalistische Erfahrungen sammelte. Nach den juristischen Examina begann Norbert Klein zunächst eine Berufstätigkeit in der Finanzverwaltung NRW, bevor er als Richter an das Finanzgericht wechselte. Sein 2019 veröffentlichtes erstes Buch "Mörder, Stadtrat und FC - Kölner Gerichtsgeschichten um den Appellhof" wurde ein unerwarteter regionaler Bestseller, der immer noch jedes Jahr aufgrund der anhaltenden Lesernachfrage stark verkauft wird.
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Gottes Bodenpersonal oder Die Lotsen im Nebel
„Das sieht doch gut aus“, sagte Rieke beim Blick durch das Küchenfenster des Ferienhauses zu Wolfgang, als die vier Gäste im Laufschritt durch den sturmgepeitschten Schneeregen mit ihren Rollkoffern vom Auto auf die Haustür zu rannten.
Wolfgang nickte. „Ja, der Autozug ist trotz des Unwetters pünktlich in Westerland angekommen und das Navi hat das Haus problemlos gefunden.“
Rieke hatte aber die Bettzeug-Bündel gemeint, die die vier unter den Armen hatten. Die Absprache für die Einladung funktionierte zumindest in diesem Punkt schon mal, worüber Rieke doch erleichtert war.
Sie hatte dem heutigen Abend mit einer gewissen Sorge entgegengesehen. Die drei Männer waren zwar schon immer ein Herz und eine Seele gewesen. Das war unter den drei Ehefrauen aber keineswegs der Fall, wie bei früheren Treffen deutlich geworden war. Und miese Stimmung mit Sticheleien ausgerechnet am Heiligen Abend war das Letzte, was Rieke sich wünschte.
Die Begrüßung war herzlich. „Frohe Weihnachten und danke für Eure Einladung!“ - „Gerne! Ebenfalls frohe Weihnachten! Schön, dass alles geklappt hat! Kommt mit hoch, ich zeige Euch Eure Zimmer. Danach können wir gleich zu Abend essen.“
Ein großer, duftender Tannenzweig hing dekorativ an der Wand. Wolfgang hatte den offenen Kamin angefeuert, der im Esszimmer nicht nur eine angenehme Wärme, sondern auch eine wohlige Atmosphäre verbreitete. „Genau das Richtige bei diesem Wetter da draußen“, bemerkte Ulla, als alle zum Abendessen Platz genommen hatten.
„Für die Sylter ist der heftige Sturm wohl nichts Ungewöhnliches“, meinte Wolfgang, „aber ich habe so etwas hier in unseren vielen Urlauben noch nicht erlebt.“ Wie zur Bestätigung drückte eine Sturm-Böe durch den Kamin und ließ das Feuer auflodern.
Harmonie am offenen Kamin
Das Abendessen verlief erfreulich harmonisch. Einige Gäste lobten höflich die Auswahl der Käsesorten und das Aroma der Oliven. Hobby-Koch Bastian sah zwar sparsam begeistert auf den Käseteller. Er meinte aber, das von Rieke aufgebackene Sylter Insel-Baguette habe eine - wie er sich fachmännisch ausdrückte – ‚rösche Krume‘.
Dabei konnte man allerdings eine unterschwellige Ironie heraushören. Denn natürlich wurde das Brot in einer Großbäckerei auf dem Festland hergestellt, vermutlich aus tiefgefrorenen Teig-Backlingen von Gott-weiß-woher in Osteuropa. Ulla mümmelte zufrieden aus der mitgebrachten Tupperdose Brokkoli-Salat mit Tofuwürfeln.
Als Dessert hatte Rieke Sylter Rote Grütze mit flüssiger Sahne aufgetischt, was allgemeinen Zuspruch fand. Ulla hatte für sich als Nachtisch in einer zweiten Tupperdose die ihr vertrauten Trockenfrüchte aus kontrolliert-biologischem Anbau vorgesehen.
Der Hausherr versorgte die Gäste umsichtig mit gut gekühltem Flensburger Pils sowie einem Rotwein von der Ahr, der von Bastian ein ehrliches Lob bekam: „Wolfgang, der ist exzellent! Nicht so ein ‚Chateau Migräne‘ aus dem Supermarkt-Sonderangebot. Sonst hätte ich auch Sodbrennen.“
Unter normalen Umständen wäre das für Dörte die perfekte Steilvorlage gewesen, um detailliert über ihre letzte Magenspiegelung und den rätselhaften Befund zu berichten. Aber in Anerkennung der Gastgeber-Regel ‚Keine Krankheitsgeschichten!‘ verzichtete sie darauf und hielt sich an einer weiteren Portion Rote Grütze mit reichlich Sahne schadlos.
Das wiederum nahm ihr Ehemann Bastian zwar missbilligend, aber stillschweigend zur Kenntnis. Für seine Duldsamkeit belohnte er sich mit einem weiteren Glas von dem guten und so bekömmlichen Roten. Dann hob er das Glas. „Liebe Rieke, lieber Wolfgang! Wir danken nochmals für Eure Einladung! Und auf einen schönen Weihnachtsabend. Prosit!
Die drei großen K in der ‚Stadt mit K‘
„Wolfgang, du bist ja Journalist mit dem Ohr am Volk: Was bewegt die Kölner Seele denn derzeit in der ‚Stadt mit K‘?“ frage Kunibert. – „Unverändert die drei großen K, nämlich Karneval, Kirche und KVB.“ – „Hast Du da nicht den 1. FC Köln als viertes bewegendes Thema vergessen?“ fragte Dörte mit einem leisen Anklang von Spott.
Wolfgang lächelte nachsichtig. „Nein, liebes Rendsburger Nordlicht! Denn der FC ist ja Teil des Karnevals, als Ganzjahres-Fastelovend sozusagen.
Jedes Heimspiel in Müngersdorf ist wie Rosenmontag. Wenn für Köln ein Tor fällt und über die Stadionlautsprecher dann dat Trömmelche jeht, singen über 40.000 glückliche Zuschauer im Refrain Kölle Alaaf! mit.“
Die Lotsen im Nebel
„Und beim Stichwort Kirche ist vermutlich das dominierende Thema immer noch unser Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und seine schwache Erinnerung an die von seinem Vorgänger, Joachim Kardinal Meisner, so genannten ‚Brüder im Nebel‘. Also die kirchlichen Missbrauchstäter und diverse Vertuschungsaktionen ihrer Sexualstraftaten durch die Kirchenobrigkeit?“
„So ist es! Die Taten und Versäumnisse von Gottes Bodenpersonal ist ein auf kleiner Flamme vor sich hin köchelnder Dauerbrenner in der Kölner Presse. Und in besonders dichtem Nebel scheinen auch manche verantwortlichen Lotsen zu stehen.
An diesem Thema bleibt mein Kollege Joachim Frank von der Chefredaktion des Kölner Stadt-Anzeiger sehr hartnäckig dran. Der wurde übrigens 2022 als Journalist des Jahres geehrt. Etwa zeitgleich verpasste ihm die Führung des Erzbistums Köln unter Leitung von Rainer Maria Kardinal Woelki, wie man hört, den Spitznamen ‚Reporter des Teufels‘. Was Kollege Frank als Kompliment auffasste.“
Der ‚rheinische Kardinal‘
„Nicht wenige ältere Kölner werden sich mit Wehmut an Josef Kardinal Frings erinnern, der fast dreißig Jahre lang von 1942 bis 1969 Erzbischof in der Domstadt war und den die Kölner liebten,“ seufzte Kunibert.
„Der ‚rheinische Kardinal‘, volkstümlich und in der Koseform mit seinem Vornahmen im Dialekt ‚et Jüppche‘ genannt.“ Ulla kannte sich da aus. „Über ihn gibt es viele Anekdoten. Hier ist eine.
Der Kardinal sieht sich vor dem Weißen Sonntag im Dom eine Stellprobe der Kommunionkinder an. Da sagt ein Kommunionkind leise zu ihm: ‚Ich weiß auch, wer Du bist. Du bist dat Jüppche!‘.
Darauf Frings zu dem Kind: ‚Ja, stimmt! Aber sag es keinem weiter!‘ “
„Gegen Kardinal Woelki läuft ja seit Jahren ein Ermittlungsverfahren wegen Meineids“, begann Rieke. „Weil er ja unter Eid ausgesagt hat, von bestimmten Missbrauchsfällen bzw. deren Vertuschung nichts gewusst zu haben, woran es begründete Zweifel gibt.
Das Ermittlungsverfahren kommt aber erstaunlicherweise nicht von der Stelle. Es dauert und dauert. Meine WDR-Kollegen haben deshalb schon einmal in der Sendung Westpol vermutet, dass der Grund dafür eine besondere Rücksicht der Staatsanwaltschaft auf den Kardinal sein könnte.“
Und kein ‚Mea Culpa‘!
Bastian schüttelte den Kopf. „Ich verstehe das nicht. Jeder Messdiener, ich natürlich auch, hat sich früher in der Lateinischen Messe beim Runterschnurren des Confiteor-Gebets an die Brust geklopft und mit ‚Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa‘, also ‚Durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine übergroße Schuld‘, als Sünder bekannt. Unseren Kirchenoberen kommt das selbst unter den bekannten skandalösen Umständen nicht über die Lippen.“
„Die sind ja auch keine Messdiener“, spottete Dörte. „Und Ihr Katholen, wenn ich das so als Rendsburger Nordlicht und Evangelin sagen darf, habt doch auch noch den ehemaligen Aachener Weihbischof Johannes Bündgens an der Backe.
Der hatte ja von dem Konto einer dementen alten Witwe 128.000 € auf sein eigenes überwiesen und ist dafür wegen Untreue zu neun Monaten Knast auf Bewährung verurteilt worden. Ein ‚Mea culpa‘-Geständnis hat man von dem auch nicht gehört, oder?“
„Im Gegenteil“, seufzte Bastian. „Wie man in der Zeitung lesen konnte, wollte er danach angeblich sogar noch an das Erbe der zwischenzeitlich verstorbenen, sehr wohlhabenden Dame ran. Tausendfache Kirchenaustritte allein im Erzbistum Köln sind dafür dann die Quittung.
Der ADAC soll inzwischen mehr Mitglieder in Deutschland haben als die katholische Kirche. Das wundert dann auch niemanden. Und ehrlich,“ Bastian wurde richtig emotional, „ich habe auch schon überlegt, aus diesem Verein auszutreten!“
Vereinsaustritt? – Aber nicht doch!
Kunibert summte eine Melodie vor sich hin. Irritiert sah ihn Bastian an. „Das ist doch ein Kirchenlied, oder? Wie hieß das doch gleich?“ Jetzt sang Kunibert aus voller Kehle:
„Fest soll mein Taufbund immer...




