Kramp | Mord mit Eifelblick | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 9, 250 Seiten

Reihe: Herbie Feldmann

Kramp Mord mit Eifelblick

Eifelkrimi
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95441-471-0
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eifelkrimi

E-Book, Deutsch, Band 9, 250 Seiten

Reihe: Herbie Feldmann

ISBN: 978-3-95441-471-0
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein filmreifer Mord für Herbie Das alte 'Hotel Eifelblick' zehrt vom Ruhm vergangener Tage. In den Sechziger Jahren spielte hier eine der beliebtesten Fernsehserien Deutschlands. Als nun eine Jubiläums-Episode am Originalschauplatz gedreht wird, ist es mit der ländlichen Beschaulichkeit vorbei, denn die berühmte Schauspielerin Hilde Laresser kehrt für diesen Dreh aus den USA in die Eifel zurück, wo vor über einem halben Jahrhundert ihre internationale Karriere ihren Anfang nahm. Der Trubel um den Weltstar ist enorm, weil alte Weggefährten, neugierige Journalisten, fanatische Verehrer und skrupellose Fernsehleute in der Eifel aufeinandertreffen. Aber all das ist nichts gegen die Aufregung, die entsteht, als plötzlich eine Leiche am Set gefunden wird. Ausgerechnet Herbie Feldmann, der als Betreuer eines ungezogenen Filmhunds vor Ort ist, findet sich wieder einmal mitten im mörderischen Geschehen wieder. Gemeinsam mit seinem Begleiter Julius begibt er sich auf Spurensuche ...

Ralf Kramp, geb. 1963 in Euskirchen, lebt in einem alten Bauernhaus in der Eifel. Für sein Debüt »Tief unterm Laub« erhielt er 1996 den Förderpreis des Eifel--Literatur-Festivals. Seither erschienen zahlreiche Kriminalromane und Kurzgeschichten. In Hillesheim in der Eifel unterhält er zusammen mit seiner Frau Monika das »Kriminalhaus« mit dem »Deutschen Krimi-Archiv« (30.000 Bände), dem »Café Sherlock«, einem Krimi-Antiquariat und der »Buchhandlung Lesezeichen«. Im Jahr 2023 wurde er mit dem Ehren--Glauser für »herausragendes Engagement für die deutschsprachige Krimiszene« ausgezeichnet.
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1. Kapitel


Auf diesem Kleid würde man jeden Fleck sehen. Ein Sommerkleidchen so blütenweiß wie frisch von einer Schaufensterpuppe im Kaufhaus abgenommen. Gunda kam mit zierlichen Schritten vom Gatter quer über die Wiese auf sie zugelaufen.

Püppi sah sie zuerst nur als hell leuchtenden Klecks, und dann wurde ihre engelsgleiche Gestalt immer deutlicher erkennbar. Püppi hatte selbst schon ein paar Mal in der Stadt vor einem der Kaufhäuser gestanden und die Kleider und Kostüme bestaunt, die gertenschlanken Frauenfiguren in den Miniröcken und die Männerpuppen mit den weiten Schlaghosen. Daheim in Köln bummelte Gunda bestimmt täglich vor solchen Geschäften herum.

»Hier!«, rief Püppi, drückte den Rücken durch und reckte den Kopf empor. »Hier bin ich, hier oben!«

Gunda blieb stehen und beschattete den Blick mit der flachen Hand, als sie den Hügel hinaufblickte. Dann winkte sie.

Ja, wie eine dieser Schaufensterpuppen sah Gunda aus, mit makelloser Haut, langen Beinen und einer blonden Mähne, die ihr bei jedem Schritt um den Kopf wogte. Sie kam mit eleganten, hüpfenden Bewegungen näher. Um sie herum wirbelten die Schirmchen der Pusteblumen durch die Sommerluft.

Püppi saß im Schatten der alten Feldscheune am Rande des Weißdorngestrüpps, das sich über die ganze Hügelkuppe ausgebreitet hatte. Der Sommer war heiß.

Aus dem kleinen Transistorradio erklang der neue Schlager von Roy Black: Sie hatte ihr leinenes Trägerkleid mit dem großen Blumenmuster an, das sie drei Jahre zuvor von Tante Bärbel geschenkt bekommen hatte. Es war schon so oft geflickt und gestopft worden, dass es ihr bald unweigerlich vom Leib fallen würde.

Im nächsten Moment hatte Gunda sie erreicht und ging mit einem leisen, glucksenden Lachen in die Knie. Bevor sie sich neben Püppi ins Gras setzte, schob sie sich sorgsam den Rocksaum um die Schenkel.

»Schönes Kleidchen«, sagte Püppi.

»Findest du, es steht mir?«

»Du weißt genau, dass es dir gut steht.«

»Es ist ganz neu«, erklärte Gunda. »Ich will fein drauf Acht geben, dass ich es nicht gleich am ersten Wochenende schmutzig mache.«

Püppi kräuselte die Mundwinkel. »Was kommst du auch mit so einem Fähnchen in die Eifel. Hier macht man sich doch überall schmutzig.«

Gunda legte den Kopf schief. »Ich wollte dieses Mal besonders hübsch aussehen.« Dann senkte sie in verschwörerischem Tonfall die Stimme. »Ich treffe nachher wieder den Freddy.«

»War mir schon klar.«

»Also so richtig.« Gunda beugte sich vor, und auf ihren Wangen zeigte sich eine ahnungsvolle Röte. Sie war noch ein wenig außer Atem vom Laufen. »Ich treffe ihn so richtig«, sagte sie mit Nachdruck.

»Ja, ja, habe ich mir schon gedacht. Er spricht auch von nichts anderem.«

Gunda schrak hoch. »Er erzählt es rum?«

»Keine Sorge, der hält dicht, der Freddy. Aber ich kenne ihn schon so lange, ich weiß, was er meint, auch wenn er was anderes sagt.«

»Ich könnte vor Glück zerspringen.«

»Kann ich mir vorstellen.«

Gunda blickte sie jetzt ernst an. Püppis Einsilbigkeit schien sie zu verunsichern. »Freust du dich nicht mit mir?«

Für einen Augenblick hielt Püppi ihrem forschenden Blick stand, doch dann platzte das Lachen aus ihr heraus. »Aber klar freue ich mich. Klar doch!« Sie schlug spielerisch nach Gundas Schulter. »Ihr zwei seid doch wie gemacht füreinander. Wer sollte denn sonst den Freddy kriegen?«

»Ja«, rief Gunda befreit. »Wer sonst?«

»Ja, wer sonst?« Püppis erneutes Echo ging in ein Glucksen über, als sie begannen, sich gegenseitig zu knuffen und zu kitzeln.

Plötzlich hielt Gunda inne, strich sich die blonden Haare aus der Stirn und blickte an der Wand der Scheune empor. »Warum treffen wir uns hier? Warum nicht am Kriegerdenkmal, so wie sonst?«

Püppi erhob sich und stemmte die Hände in die Seiten. »Wenn du dir einen Jung aus der Eifel angelst, dann musst du so ein paar Sachen wissen.«

»Sachen?«

»Du willst deinem Freddy doch nicht wie das Dummchen aus der Stadt erscheinen. Wenigstens das Nötigste vom Dorf musst du kennen. Wenn du mit deinen Eltern alle paar Monate hier im Gasthof logierst, lernt ihr doch nichts. Ihr feiert die Dorfkirmes und steht mit uns am Osterfeuer, dein Vater trinkt unseren Pflaumenschnaps, und deine Mutter lässt sich unsere Kochrezepte geben, trotzdem werdet ihr nie richtige Eifeler sein. Aber du willst den Freddy, das ist was anderes. Guck mal, das hier ist die alte Scheune vom Stroedter Matthes.« Während sie sprach, schob sie einen Riegel beiseite und öffnete die Tür, die in das große hölzerne Tor eingelassen war. Sie hing schief in den Angeln und schrubbte mit dem unteren Rand über den trockenen Lehm und die dürren Grasbüschel des ausgefahrenen Weges, der über die Felder direkt auf das Tor zuführte.

»Der Matthes stellt hier alles ab, was er gerade nicht braucht oder was kaputt ist. So ein Eifeler wirft nix weg, verstehst du?«

Gunda folgte ihr zögernd ins Innere der Scheune. Sie presste mit den Händen die Rockschöße gegen die Schenkel und reckte den schlanken, weißen Hals. Ihre Augen schickten bange Blicke durch das Halbdunkel. Es gab kein Fenster, doch das Licht des Sommertags drang durch zahllose Ritzen in den Bretterwänden und verwandelte das ganze rostige Gerümpel, das den Innenraum füllte, in eine bizarre Schattenwelt. Es war kühl, und die Luft war gesättigt mit dem Geruch von morschem Holz und altem Maschinenöl.

»Das hier«, sagte Püppi mit gespielt lehrerhaftem Ton, »ist ein Trecker.«

Gunda schnalzte mit der Zunge. »Mensch Püppi, du bist doof.« Sie betrachtete das Fahrzeugwrack, an dem nur noch wenige Stellen verrieten, dass es einmal in leuchtendem Rot lackiert gewesen war. Eines der gewaltigen Hinterräder fehlte. Das Ende der Achse ragte rostbraun in die Luft.

»Das früher wohl mal ein Trecker. Ich weiß auch, wie so was aussieht. Ich bin ja nicht blöd.«

»Die hier sind für Kälber.« Püppi gab ein paar rostigen Ketten, die an einem Querbalken baumelten, einen Schubs, sodass sie träge durch die Luft schwangen.

»Mein Kleid!«, rief Gunda schrill und sprang zur Seite. »Hier ist alles voller Rost und Dreck. Ich will wieder raus.«

Aber Püppi ließ sich nicht beirren. Sie verschwand halb hinter einem zinkgrauen, länglichen Wasserfass auf Rädern. Scheppern und Poltern war zu hören, und dann reckte sie etwas in die Höhe. »Guck mal, kennst du das hier?«

»Jaja, eine Heugabel. Toll.«

Püppi lachte heiser. »Nee, das ist eine Mistgabel! Bei der Heugabel ist doch der Stiel viel länger, und die Zinken sind mehr gebogen. Du weißt ja nichts. Du weißt ja wirklich gar nichts!« Sie warf die Gabel in eine Ecke und kramte zwischen anderem rostigen Zeug herum. »Und bei einer Grabgabel, da ist es noch anders, da ist nämlich …«

»Das ist mir egal, Püppi!«, rief Gunda und stampfte mit dem Fuß auf. »Das muss ich alles nicht wissen. Ich bin sechzehn Jahre alt und kein Kind mehr! Und der Freddy liebt mich auch so!« Sie wandte sich um und wollte in Richtung Ausgang davonlaufen, aber Püppi rief: »Warte, warte! Guck mal! Nur noch das hier! Ja, das wird dir gefallen!«

»Wird es nicht!« Gunda wandte sich um. Gerade noch sah sie aus dem Augenwinkel, wie ihre Freundin etwas aus dem Inneren des alten Treckergehäuses hervorholte. »Mir gefällt gar nichts von dem ollen, rostigen Zeug.«

»Wetten wohl?«, rief Püppi aus dem hinteren Teil des Schuppens. Und dann noch einmal: »Wetten wo-hol?« Ihre Stimme kam jetzt näher. »Das ist nämlich etwas ganz Besonderes!«

Gunda hielt inne und wandte sich langsam um. Mit beiden Händen trug Püppi einen länglichen Gegenstand vor sich her.

Gunda betrachtete skeptisch das Gerät, das Püppi ihr entgegenreckte.

»Eine Stange? Ein Rohr? Was soll das sein?«

Püppi hielt das metallene Ding fast ehrfurchtsvoll fest. In ihren Augen war ein Funkeln zu sehen.

»Das ist etwas, das nur ganz Wenige kennen. Ein Gerät, mit dem man ganz besondere Sachen machen kann. Willst du es ausprobieren?« Über Püppis rechte Wange verlief ein...


Ralf Kramp, geb. 1963 in Euskirchen, lebt in einem alten Bauernhaus in der Eifel. Für sein Debüt »Tief unterm Laub« erhielt er 1996 den Förderpreis des Eifel--Literatur-Festivals. Seither erschienen zahlreiche Kriminalromane und Kurzgeschichten.

In Hillesheim in der Eifel unterhält er zusammen mit seiner Frau Monika das »Kriminalhaus« mit dem »Deutschen Krimi-Archiv« (30.000 Bände), dem »Café Sherlock«, einem Krimi-Antiquariat und der »Buchhandlung Lesezeichen«. Im Jahr 2023 wurde er mit dem Ehren--Glauser für »herausragendes Engagement für die deutschsprachige Krimiszene« ausgezeichnet.



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