Kühnberger / Wohlgemuth | Kennzahlenbasierte Abschlussanalyse | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 374 Seiten

Reihe: De Gruyter Studium

Kühnberger / Wohlgemuth Kennzahlenbasierte Abschlussanalyse

Ein Vergleich auf der Basis von Jahres- und Konzernabschlüssen ausgewählter deutscher Unternehmen

E-Book, Deutsch, 374 Seiten

Reihe: De Gruyter Studium

ISBN: 978-3-11-077064-3
Verlag: De Gruyter
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Wer Finanzberichte von Unternehmen auswerten möchte, muss sich vorab einigen Grundsatzfragen stellen. Sind die Jahres- oder die Konzernabschlüsse die richtige Datenbasis? Liefern HGB- oder IFRS-Abschlüsse relevante und glaubwürdige Daten? Sind diese vergleichbar oder kann man sie vergleichbar machen? Welche bilanzpolitischen Ziele und Gestaltungen sind möglich und wie beeinflussen diese die Datenqualität? Erst dann kann eine fundierte Kennzahlenanalyse realisiert werden. Das Buch liefert theoretische und empirisch fundierte Grundlagen für eine umfassende Kennzahlenanalyse, die zugleich strikt anwendungsorientiert bleibt. Hierzu müssen die Rohdaten aus den Finanzberichten aufbereitet werden, um zielgerichtet aussagefähige Kennzahlen ermitteln und vergleichen zu können. Dies wird anhand der HGB-Jahresabschlüsse und der IFRS-Konzernabschlüsse über sechs Jahre für drei ausgewählte Unternehmen aus dem DAX30 vorgestellt, sodass ein Zeit- und Unternehmensvergleich möglich ist. Ergänzend werden aktuelle und komplexe Sonderthemen erläutert, die für Kennzahlenanalysen besonders relevant sind.
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2 Bausteine von Unternehmensveröffentlichungen und deren Bedeutung für die Unternehmensanalyse
Gerade bei börsennotierten Großunternehmen ist es üblich, dass im Rahmen der Investor-Relations-Politik auf verschiedensten Kanälen (Roadshows, Homepage, Publikationen, Pressenotizen, Werbebroschüren etc.) Infomationen zur Verfügung gestellt werden. Diese sind oftmals aktueller und spezifischer als die Regelpublizität in Form von JA bzw. KA. Deshalb ist eine Einordnung der Inhalte und deren Vor- und Nachteile zum Einstieg notwendig. 2.1 Vorüberlegungen
Die klassische Analyse der Rechnungslegung, verkürzt oftmals Bilanzanalyse genannt, stützt sich stark auf das standardisierte und geprüfte Zahlenwerk wie Bilanz, GuV, Kapitalflussrechnung (KFR) etc. ergänzt um die Auswertung von Anhang und Lageberichten. Typischerweise geht es um Kennzahlen (KPI), die sich auf die finanzielle Lage und das Risiko beziehen und Rückschlüsse auf die Finanz- und Ertragskraft ermöglichen sollen. Unter Beachtung der historischen Entwicklung kann dann versucht werden, künftige Gewinne oder Cashflows zu schätzen, die mit den Kapitalkosten diskontiert einen intrinsischen Unternehmenswert berechenbar machen. Selbst wenn man den letzten Schritt für zu ambitioniert hält (obwohl der IASB mit den IFRS genau diese Zielstellung im Rahmenkonzept anspricht), geht es regelmäßig nicht nur um die Feststellung wie hoch der Gewinn im letzten Jahr war, sondern es soll ermöglicht werden, auf künftige Erfolge bzw. Cashflows zu schließen. Eine umfassende Unternehmensanalyse muss allerdings wesentlich mehr berücksichtigen als die Informationen der externen Rechnungslegung oder Finanzberichterstattung, die HGB, AktG usw. verpflichtend vorsehen. Eine sog. Bilanzanalyse (Financial Statement Analysis) sollte um eine Branchen- oder Markt- und eine Strategieanalyse erweitert werden. Hinzu kommt, dass gerade kapitalmarktorientierte Großunternehmen ergänzend im Rahmen ihrer Investor Relations-Politik (oder noch umfassender: der gesamten Unternehmenskommunikation mit Stakeholdern) eine große Menge an Informationen offenlegen. Dies kann auf der Homepage erfolgen, via Presse oder Konferenzen oder auf andere Art.1 Graphisch lässt sich die Unternehmensanalyse wie in Abbildung 2.1 dargestellt zusammenfassen. Abb. 2.1 Unternehmensanalyse, in Anlehnung an Subramanyam (2014, 11). 2.2 Inhalte und Zielgruppen von Geschäftsberichten
Beachtlich ist zunächst, dass der Begriff „Geschäftsbericht“ keinen rechtlich bestimmten Inhalt hat, sondern ein freiwilliges Darstellungsformat ist, mit dem die Unternehmen sich präsentieren. Regelmäßig handelt es sich um eine Ansammlung von Dokumenten, die zum Teil rechtlich vorgeschrieben sind (z.?B. Jahres-, Konzernabschluss, Lagebericht usw.), aber auch um freiwillig publizierte Zusatzinformationen („An die Aktionäre“, „Unternehmen und Kapitalmarkt“, „Die Unternehmensvision“ usw.). Teilweise sind diese Dokumente vollständig geprüft, manchmal wird nur testiert, dass ein Dokument vorliegt oder es gibt eine prüferische Durchsicht, die nur darauf abzielt, offensichtliche Fehler zu erkennen. Viele Informationen wurden aber überhaupt nicht verifiziert durch einen unabhängigen Dritten und können reine Werbebroschüren sein. Als Beispiel für die Berichterstattung, die über standardisiertes Zahlenwerk hinausgehen, können die Geschäftsberichte von Mercedes-Benz und Volkswagen aufgeführt werden. Mercedes-Benz macht in seinem Geschäftsbericht 2019 im Abschnitt „An unsere Aktionäre“ (52?ff.) Angaben zu Zielen und der Strategie des Unternehmens und Konzerns. Hierbei spielen Kundenzufriedenheit, Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Attraktivität für die Mitarbeiter und die besondere Bedeutung von Motivation, Vielfalt und Integrität eine wichtige Rolle neben den finanziellen Zielen für die Eigentümer. Vergleichbar geht VW im Lagebericht auf strategische Ziele ein, die neben finanziellen Aspekten explizit nichtfinanzielle Dimensionen wie Umwelt, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit etc. umfassen. Damit liegen die Unternehmen ganz auf der Linie des AktG und des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) 2019,2 die explizit vorsehen, dass die Ziele von AG nicht ausschließlich dem Shareholder Value-Gedanken Rechnung tragen müssen, sondern einem umfassend abzugrenzenden Stakeholderkreis. Damit rückt ein wichtiges Thema in den Fokus: Wer sind die Nutzer der Informationen? In der EU besteht für Kapitalgesellschaften eine (größenabhängig modifizierte) Publizitätspflicht als Preis der Haftungsbegrenzung. Jahres- und Konzernabschlüsse müssen für jedermann einsehbar sein, der Adressatenkreis ist unbeschränkt. Faktisch, wegen der Berichtsinhalte nach HGB und IFRS und aufgrund der Komplexität der Materie, richten sich die Berichte aber an tendenziell gut vorgebildete Nutzer und hier insbesondere an (potenzielle) Investoren. Zu den Investoren gehören Eigen- und Fremdkapitalgeber und es geht zunächst einmal darum Anlage- oder Desinvestitionsentscheidungen zu fundieren. Ergänzend kann es auch um Entscheidungen bezüglich des Managements gehen, z.?B. um die Verlängerung von Vorstandsverträgen, die Entlastung der Organe, die Festlegung der Vergütungen etc. Die letztgenannten Aufgaben werden vielfach der Stewardship- oder Vertragsfunktion der Rechnungslegung zugerechnet und dienen nicht einer fundamentalen Bewertung der Unternehmen. Für deutsche Anleger bestätigt die Befragungsstudie von Pellens u.?a.: Während institutionelle Anleger die Finanzberichte für ihre Entscheidungen nutzen, verlassen sich Privatanleger eher auf andere Quellen, wie die Presse, Berater usw.3 Zudem ist es durchaus plausibel, dass Privatanleger, die sich auf die Finanzberichterstattung stützen, tendenziell auf „Bottom-Line Number“ achten (wie die Saldogröße Gewinn), also stark vereinfachenden Heuristiken folgen. Es scheint also eine Diskrepanz zwischen gesetzlich gewünschtem Nutzerkreis und tatsächlichen Nutzern zu geben. Ein Grund dafür könnte die Vielfalt und Unübersichtlichkeit in der Darstellung sein. Dazu hat beigetragen, dass „viele Berichtselemente nicht im Lagebericht veröffentlicht (werden, d.?V.), obwohl sie grundsätzlich Bestandteil des Lageberichts sind.“4 Dies gilt vor allem für die nichtfinanzielle Berichterstattung (auch Corporate Social Responsibility- oder CSR-Bericht oder Environmental, Social, Governance- oder ESG-Bericht genannt). Der Gesetzgeber hat die Transparenz und Vergleichbarkeit der Unternehmensinformationen nicht gerade befördert, wenn er die Inhalte laufend ändert (i.?A. erweitert) und hierbei eine erstaunliche Vielfalt an Darstellungsvarianten zulässt und die inhaltliche Ausgestaltung an Dritte, vielfach auch (privatrechtliche) Organisationen überträgt. Unklar ist u.?E. auch, warum die Berichterstattung zur Vorstandsvergütung, die bislang als Anhang- oder Lageberichtsteil prüfungspflichtig war, verbessert wird, wenn sie nunmehr in einem gesonderten, ungeprüften Vergütungsbericht nach §?162 AktG publiziert wird. Bislang wurde deutlich, dass Unternehmen eine Fülle auch sehr heterogener Informationen verfügbar machen und diese noch freiwillig ergänzen können. Damit besteht natürlich auch die Gefahr eines Information Overload. Sowohl der IASB als auch der FASB haben deshalb umfassende Projekte initiiert, um dem zu begegnen. Es geht dabei aber auch darum, dass es nicht nur zu viele, unwesentliche Informationen gibt, sondern auch, dass teilweise wesentliche Informationen fehlen oder untergehen. Eine aktuelle Befragungsstudie bei professionellen Nutzern aus den USA zeigt, dass das Risiko der Informationsüberflutung weitgehend nicht geteilt wurde.5 Ob dies aber auch für weniger professionelle Nutzer gilt, kann bezweifelt werden. 2.3 Informationsgehalt und Nutzen nichtfinanzieller Geschäftsberichtsinhalte
Inhaltlich fällt auf, dass die traditionell an finanziellen Zielen orientierten Berichtsinhalte erweitert werden um politische Zielvorgaben anderer Art wie Korruptionsbekämpfung, Klimaschutz, Gleichstellung und Diversität usw. Da die Nutzer der Geschäftsberichte faktisch mehrheitlich professionelle Investoren sind, stellt sich die Frage, welchen Wert solche Informationen für die Nutzer liefern. Ein wesentlicher Grund ist die Annahme eines Wirkungszusammenhangs mit späterem finanziellem Erfolg. Die entsprechenden Inhalte können damit als präfinanzielle Informationen oder KPI betrachtet werden, die spätere Auswirkungen auf finanzielle KPI haben können. Insofern gehören sie durchaus zu einer umfassenden Unternehmensanalyse und können Informationsgehalt haben, also für Investoren und andere Stakeholder entscheidungsrelevant sein. So sind Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit z.?B. wichtige Frühindikatoren, die sich auf die Qualität der Leistungen und die Umsätze auswirken können. Rückläufige Umsätze in der GuV sind demgegenüber eher Spätindikatoren der Unternehmensentwicklung. Die Annahme eines Kausalzusammenhangs zwischen...


Prof. Dr. Manfred Kühnberger war langjährig als Professor an der HTW Berlin tätig. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind Rechnungslegung, Finanzierung und Gesellschaftsrecht. Prof. Dr. Veit Wohlgemuth ist seit 2014 Professor für Allgemeine BWL, Schwerpunkt Corporate Finance an der HTW Berlin.


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