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E-Book

E-Book, Deutsch, 352 Seiten

Langer Schneekinder

E-Book, Deutsch, 352 Seiten

ISBN: 978-3-7641-9340-9
Verlag: Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Getrennte Zwillingskinder auf gefährlichen Reisen durch Schnee und Eis – ein Fantasy-Abenteuerroman ab 11 Jahren von beeindruckender literarischer Qualität
Die Zwillinge Elin und Kjell leben in Jorland, einem Land der Vulkane und Geysire, in dem die Winter lang und hart sind. Es herrscht Krieg, und in ihrem Dorf wohnen nur noch Kinder und Alte. Auch Kjell wird mit anderen Jungen zum Arbeiten fortgeschickt. Doch dabei öffnet sich eine Felsspalte - und ein namenloser Schrecken erwacht.
Im Glauben, dass ihr Bruder das Unglück nicht überlebt hat, muss Elin mit den übrigen Dorfbewohnern fliehen. Auf dem bedrohlichen Weg durch Schnee und Eis wird sie ungewollt zur Anführerin. Aber nicht nur von außen, auch aus den eigenen Reihen droht Gefahr …
Atmosphärisch, feinsinnig, spannend – dieser Text geht unter die Haut
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Prolog
Es brauchte nur eine Schneeflocke, um Kjell traurig werden zu lassen. Eine einzige, einsame Flocke, die sich auf seine Hand verirrte, in Windeseile dahinschmolz und nichts weiter als einen kleinen, feuchten Fleck hinterließ. Kjell wischte ihn ab, schulterte seinen Sack und stapfte auf den Stollen zu. Er war der Letzte in einer Kette von Jungen, acht an der Zahl, die wie jeden Tag in den Berg zogen, um ihm mit Hämmern und Meißeln Kohle abzutrotzen. Kohle, mit der die Schmiedeöfen in Sinarvik befeuert wurden, die dem Vernehmen nach Tag und Nacht glühten und wo all die Klingen geschmiedet wurden, die Jorlands König für seinen unseligen Krieg brauchte. Kohle, die Kjell so egal war wie kaum etwas anderes auf der Welt. Der Stollen, der auf den ersten Metern eben in den Berg hineinführte, war schmal und niedrig, aber Kjell kannte ihn weit besser, als ihm lieb war. Mechanisch setzte er einen Fuß vor den anderen, während seine Gedanken abschweiften: zurück zu jenem Tag, an dem Ragnar nach Kyrfjall gekommen war, um ihn und Johan mitzunehmen. An jenem Tag war endlich der Schnee geschmolzen. Der Bach, der sich durchs Dorf schlängelte, hatte wieder zu gluckern und zu gurgeln begonnen und Kjells Schwester war mitten in einer Pfütze gestanden, als sie sich hastig voneinander verabschiedet hatten. Und jetzt – jetzt wurde es schon wieder Winter und Kjell musste sich eingestehen, dass nach Frühling und Sommer nun auch der Herbst an ihm vorübergezogen war. Hilfsdienst in Kriegszeiten, so nannte König Larus das, was Kjell, Johan und die anderen Jungen in diesem Stollen taten. Aber nicht nur hier, in ganz Jorland und selbst im Feindesland leisteten Menschen Hilfsdienst: Ein Los, das alle traf, die alt genug dafür waren und auch einige, für die das nicht galt. Kjell war dreizehn gewesen, als Ragnar ihn mitgenommen hatte. Jetzt war er vierzehn und trotz der ständigen Schinderei fühlte er sich kein bisschen erwachsener. Er war froh, dass nach seiner Mutter nicht auch noch seine Zwillingsschwester in ein Lazarett im Kriegsgebiet gesteckt worden war – oder in eine Feldküche oder eine Nähstube. Nein, Elin lebte nach wie vor in Kyrfjall und das hatte sie der Tatsache zu verdanken, dass sie geschickt mit Pfeil und Bogen umgehen konnte: Irgendjemand musste ja dafür sorgen, dass der Nachschub an frischem Wildfleisch gewährleistet war. Weniger für die Dorfbewohner, die kümmerten König Larus nicht, vielmehr für Ragnar und seine Aufseher. Ragnar war der Mann, der das Sagen hatte, hier am Vallan Paik, dem höchsten Berg Jorlands. Was nicht hieß, dass Ragnar selbst Hammer und Meißel schwang. Nein, er kommandierte die ihm untergebenen Jungen lediglich herum und ritt alle paar Tage ins nahe Kyrfjall, um Vorräte zu besorgen – bevorzugt das Fleisch von Hasen, Hirschen und Rehen, die Elin erlegte und von denen nur die minderwertigen Stücke auf den Tellern der Jungen landeten. Die besten behielten Ragnar und die anderen Aufseher für sich, genau wie sie auch die angenehmen Aufgaben nicht an die Jungen abtraten. Zu gern hätte Kjell einen der Botengänge ins Dorf erledigt, doch nie hatte man es ihm erlaubt. Und so war er kein einziges Mal mehr in Kyrfjall gewesen, seit sich sein Leben ins Innere des Berges verlagert hatte. In diesen verfluchten Stollen, den er und die anderen Jungen lediglich verlassen durften, um draußen geschürfte Kohle aufzutürmen oder nach getaner Arbeit ein karges Abendessen einzunehmen und gerädert ins Stroh ihres Bretterverschlags zu fallen. Es war ein hartes und tristes Leben, aber zumindest waren sie weit weg vom Kriegsgeschehen. Sie waren in Sicherheit. Und dafür, das wusste Kjell, hätte sein Vater alles gegeben. Stattdessen musste er in einem Krieg kämpfen, für den er nichts übrighatte, sein Leben aufs Spiel setzen für eine Sache, die ihm nicht das Geringste bedeutete. Und warum hätte es ihn auch kümmern sollen, ob König Larus nur über Jorland oder auch über Fjerig regierte? Für die einfachen Leute machte das keinen Unterschied, denn davon wurden ihre Tage nicht angenehmer und die Winter nicht kürzer. Und trotzdem konnten sie sich nicht verweigern, die Väter und Mütter, und auch nicht ihre Söhne und Töchter, die zwar noch nicht erwachsen, aber auch keine Kinder mehr waren. Wenn die Männer des Königs kamen, gab es für niemanden eine Wahl. Der Stollen führte nun spürbar in die Tiefe, doch keiner der vor Kjell gehenden Jungen verlangsamte seine Schritte. Sie alle waren diesen Weg schon Hunderte Male gegangen. Ragnar hingegen machte sich schon lange nicht mehr die Mühe, mit ihnen zu kommen. Er hatte ein einfaches, aber höchst wirksames Kontrollsystem entwickelt: Wuchsen die Kohlehaufen vor dem Stollen im Verlauf eines Tages nicht ausreichend in die Höhe, fiel das Abendessen für die Jungen noch kläglicher als sonst aus. Wer von ihnen wie viel Kohle zutage förderte, interessierte Ragnar nicht: Er scherte sie alle über einen Kamm und überließ es ihnen selbst, dafür zu sorgen, dass jeder seinen Teil beisteuerte. Sein System funktionierte. Jeder der Jungen überwachte in gewisser Weise, was die anderen taten, und keiner von ihnen konnte sich vor der Arbeit drücken. Der Einzige, der nicht ganz so viel zum Wachsen ihrer Kohlehaufen beisteuerte, war Birger. Doch Birger war auch so etwas wie ihr Anführer. Einige der Jungen sahen regelrecht zu ihm auf, denn Birger war redegewandt und selbstbewusst. Kjell war weder das eine noch das andere, weshalb er es niemals gewagt hätte, Birger zur Rede zu stellen. Er schwieg. Er schwieg fast immer, im Gegensatz zu Birger. Und im Gegensatz zu Johan. Aber Johan war auch ein vollwertiges Mitglied der Gruppe und hatte schnell neue Freunde gefunden unter den Jungen, die ihr Schicksal teilten. Es schmerzte Kjell, wie sehr sie sich voneinander entfremdet hatten, und immer wieder fragte er sich, ob sie überhaupt Freunde geworden wären, wenn sie nicht in einem kleinen Dorf aufgewachsen wären. Wenn sie nicht die einzigen Jungen im selben Alter gewesen wären, sondern die Wahl gehabt hätten, mit wem sie sich abgeben wollten. Hier, am Vallan Paik, hatten sie die Wahl. Hier waren sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit anderen Jungen in Kontakt gekommen. Und während Johan sich ihnen offen zugewandt hatte, war Kjell schüchtern und zurückhaltend gewesen. Wie sich schnell herausgestellt hatte, lag es ihm nicht, auf andere, ihm fremde Menschen zuzugehen, er war dann nervös und unsicher. Die anderen Jungen wiederum hatten seine Unsicherheit als Desinteresse gewertet und ihn rasch außen vor gelassen. Mehr und mehr war auch Johan ihrem Beispiel gefolgt, während Kjell sich zunehmend in Tagträumen und Erinnerungen verlor. Er und die anderen Jungen waren nun an der Stelle angelangt, wo der Stollen in eine natürliche Höhle mündete: breiter, höher und allem Anschein nach schon immer Teil des Berges. Heiß und dampfig war es hier und ein Fremder aus Fjerig oder Drendir hätte sich über diesen Umstand womöglich gewundert, doch Kjell und die anderen Jungen kannten ihre Heimat und deren Eigenheiten. Sie wussten, dass Jorlands Untergrund nie wirklich zur Ruhe kam, dass es vielerorts im Land rauchte, blubberte, zischte und brodelte. Es gab Spalten im Fels oder in der Erde, aus denen unaufhörlich Dampf austrat, es gab Vulkane, von denen niemand sicher sagen konnte, ob sie auch wirklich erloschen waren, und es gab etliche heiße Quellen. Manche von ihnen, die Geysire, stießen ihr Wasser in Fontänen aus, andere waren Tümpel mit ruhigem, manchmal angenehm warmem, manchmal aber auch siedend heißem Wasser. Am Rande Kyrfjalls gab es solch einen Tümpel, der sich auch im Winter wunderbar zum Baden eignete. Hier, tief unter dem Vallan Paik, war es eine viel heißere Quelle, die für eine Luft wie in einem Waschhaus sorgte. Die Talglichter an den Wänden erleuchteten die Höhle nur spärlich, doch es genügte, dass Kjell den Seitengang erkennen konnte, in dem das Wasser stand. Es stand nicht tief, aber es war derart heiß, dass an ein Durchkommen und eine weitere Erkundung nicht zu denken war. Und damit gab es nur einen gangbaren Weg aus der von der Natur geschaffenen Höhle und das war die Fortsetzung des von Menschenhand in den Berg getriebenen Stollens. Eines Tages, vermutlich lange vor Kjells Geburt, waren die Kohlevorkommen in den oberen Lagen des Vallan Paik erschöpft gewesen. Doch die Schmiede in Sinarvik hatten weiterhin eines ausdauernd und heiß glühenden Brennmaterials bedurft und so war der Stollen weitergeführt worden, noch tiefer unter den Berg. Dorthin, wo es nach wie vor Kohle gab. Kjell stellte sich auf einen weiteren, von schwerer und stumpfsinniger Arbeit erfüllten Tag ein, als ihm auffiel, dass die anderen stehen geblieben waren. Unmittelbar vor dem Übergang in den unteren Stollen hatten sie angehalten und unterhielten sich lebhaft. »Allerdings«, sagte Birger, »es ist kaum noch auszuhalten!« Zunächst glaubte Kjell, das Gespräch der Jungen drehe sich wieder einmal um den leidigen, von allen verhassten...


Langer, Andreas
Andreas Langer ist gelernter Journalist und arbeitete anderthalb Jahrzehnte lang als Lokalredakteur und Werbetexter. Mittlerweile begleitet er vormittags Schwabens ländliche Entwicklung in Wort und Bild, während er sich nachmittags, abends oder auch nachts Geschichten ausdenkt und von fantastischen Welten erzählt. Gemeinsam mit seiner Frau, drei Kindern und zwei dreifarbigen Katzen lebt er in einer kleinen Stadt am Westrand Bayerns. Zu den „Schneekindern“ haben ihn nicht zuletzt seine bevorzugten Reiseziele, nordische Länder und im Besonderen Island, inspiriert.

Andreas Langer ist gelernter Journalist und arbeitete anderthalb Jahrzehnte lang als Lokalredakteur und Werbetexter. Mittlerweile begleitet er vormittags Schwabens ländliche Entwicklung in Wort und Bild, während er sich nachmittags, abends oder auch nachts Geschichten ausdenkt und von fantastischen Welten erzählt. Gemeinsam mit seiner Frau, drei Kindern und zwei dreifarbigen Katzen lebt er in einer kleinen Stadt am Westrand Bayerns. Zu den "Schneekindern" haben ihn nicht zuletzt seine bevorzugten Reiseziele, nordische Länder und im Besonderen Island, inspiriert.


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