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Leendertz / Meteling Die neue Wirklichkeit

Semantische Neuvermessungen und Politik seit den 1970er-Jahren

E-Book, Deutsch, Band 86, 316 Seiten

Reihe: Schriften des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung Köln

ISBN: 978-3-593-43394-3
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Buch befasst sich mit der Macht der Sprache und ihrer Bedeutung für die Politik seit den 1970er-Jahren. Damals häuften sich Bezeichnungsrevolutionen und Bedeutungsverschiebungen, die von einer veränderten Sicht auf die Welt zeugten. Auf welche Begriffe brachten die Zeitgenossen die neue Wirklichkeit? Welche politischen Handlungsimperative leiteten sie daraus ab? Die Beiträge vermessen
erstmals diese semantischen Umbrüche und ergründen ihre gesellschaftliche und politische Bedeutung am Beispiel der Bundesrepublik und der USA. Das Buch liefert wichtige Anregungen zur Diskussion um die jüngere Vergangenheit als Vorgeschichte unserer Gegenwart.
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Weitere Infos & Material


Inhalt
Notiz der Herausgeberinnen 7
Autorinnen und Autoren 9
Bezeichnungsrevolutionen, Bedeutungsverschiebungen und Politik: Zur Einleitung
Ariane Leendertz und Wencke Meteling 13
Vernetzung als Modell gesellschaftlichen Wandels: Zur Begriffsgeschichte einer historischen Problemkonstellation
Alexander Friedrich 35
"Eine Welt" im Bild: Medialisierungen des Selbst-Welt-Verhältnisses in den 1970er- und 1980er-Jahren
David Kuchenbuch 63
Das Komplexitätssyndrom: Gesellschaftliche "Komplexität" als intellektuelle und politische Herausforderung
Ariane Leendertz 93
Auf der Suche nach der neuen Wirklichkeit: Konzepte der Gegenwartsdiagnose im Merkur der 1970er- und 1980er-Jahre
Friedrich Kießling 133
Das Ende der Welt als Beginn einer neuen Zeit: Zur Formierung der temporalen Ordnung unserer Gegenwart in den 1980er-Jahren
Steffen Henne 155
Wachstum und Décroissance - Bruchstücke einer Genealogie zweier Begriffe seit den 1970er-Jahren
Dietmar Wetzel 189
Nationale Standortsemantiken seit den 1970er-Jahren
Wencke Meteling 207
Von der Lebensleistung zum Leistungsleben: Legitimationsprobleme des "Ruhestands"
Stefan Lessenich 243
Zukunftsmanagement zwischen Planung, Selbstorganisation und Prävention
Ulrich Bröckling 269
Die neue Wirklichkeit von Sicherheit und Risiken: Wie wir mit dystopischen, utopischen und technokratischen Diagnosen von Sicherheit zu leben gelernt haben
Martin H. Geyer 281


Notiz der Herausgeberinnen
Dieses Buch geht auf eine Tagung zurück, die im Mai 2013 am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln stattfand. Wir danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die Beiträge für den Band verfasst beziehungsweise als Vortragende und Diskutanten zum Gelingen der Tagung beigetragen haben: Ulrich Bröckling, Alexander Friedrich, Martin Geyer, Bernd Greiner, Steffen Henne, Ralph Jessen, Friedrich Kießling, Martin Kindtner, David Kuchenbuch, Stephan Lessenich, Uwe Schimank, Wolfgang Streeck, Tobias Werron und Dietmar Wetzel. Insbesondere bedanken wir uns dafür, dass alle bereits im Vorfeld der Tagung die Einleitung des prospektiven Buches (die hier in etwas erweiterter Fassung erscheint) gelesen und sich mit ihren Beiträgen intellektuell darauf eingelassen haben. Unsere Hoffnung, dadurch während der Tagung besonders intensiv und zielgerichtet an der übergreifenden Fragestellung arbeiten zu können, hat sich in rundum anregenden Diskussionen erfüllt. Unser Dank gilt darüber hinaus den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, die uns bei der Organisation und Durchführung der Tagung tatkräftig unterstützt haben; den unermüdlichen Testleserinnen und -lesern, die unsere Manuskripte kommentiert und verbessert haben; schließlich der Redaktion des MPIfG, die das Endlektorat und die Drucklegung übernommen hat. Es freut uns, dass der Band in der institutseigenen Reihe erscheint.
Köln und Marburg, im November 2015
Ariane Leendertz und Wencke Meteling
Autorinnen und Autoren
Ulrich Bröckling ist Professor für Kultursoziologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Arbeitsschwerpunkte: Soziologie der Sozial- und Selbsttechnologien, Theorien der Subjektivierung, Governmentality Studies, Anthropologie. Ausgewählte Publikationen: Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2007, engl. Übersetzung: The Entrepreneurial Self, London: Sage 2016; Das Andere der Ordnung. Theorien des Exzeptionellen (Hg. mit Christian Dries, Matthias Leanza und Tobias Schlechtriemen), Weilerswist: Velbrück 2015.
Alexander Friedrich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Technischen Universität Darmstadt. Arbeitsschwerpunkte: Kultur- und Technikphilosophie, Metaphorologie und Begriffsgeschichte, Biopolitik und Wissenschaftsforschung. Ausgewählte Publikationen: Die Vergänglichkeit überlisten - Leben und Tod in kryogenen Zeitregimen, in: Jahrbuch Technikphilosophie, Berlin 2016, S. 35-56; Metaphorologie der Vernetzung. Zur Theorie kultureller Leitmetaphern, Paderborn: Fink 2015; Library Life. Werkstätten kulturwissenschaftlichen Forschens (mit Friedolin Krentel, Katja Barthel u. a.), Lüneburg: Meson Press 2015.
Martin H. Geyer ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Ludwig- Maximilians-Universität München. Arbeitsschwerpunkte: deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts, politische Kulturgeschichte, Geschichte der Sozialpolitik. Ausgewählte Publikationen: Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945, Bd. 6: Die Bundesrepublik 1974 bis 1982. Der Sozialstaat im Zeichen wirtschaftlicher Rezession, Baden-Baden: Nomos 2008; Kritik und Krise. Sprachkritik und Krisendiskurse in den 1970er Jahren, in: Thomas Mergel (Hg.), Krisen verstehen. Historische und kulturwissenschaftliche Annäherungen, Frankfurt a. M./New York: Campus 2012, S. 257-274; Auf der Suche nach der Gegenwart. Neuere Arbeiten zu den 1970er und 1980er Jahren, in: Archiv für Sozialgeschichte 50 (2010), S. 643-670; Die Gegenwart der Vergangenheit. Die Sozialstaatsdebatten der 1970er-Jahre und die umstrittenen Entwürfe der Moderne, in: Archiv für Sozialgeschichte 47 (2007), S. 1-48.
Steffen Henne ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Neuere Geschichte an der Philipps-Universität Marburg. Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs "Dynamiken der Sicherheit" der Universitäten Marburg und Gießen promoviert er zum Thema "Die Computerisierung des Regierens in der Bundesrepublik der 1970er und 1980er Jahre. Zu Geschichte und Vorgeschichte des Datenschutzes". Arbeitsschwerpunkte: jüngste Zeitgeschichte (1970er- bis 1990er-Jahre), Kulturgeschichte der Technik, Wissensgeschichte und Geschichtstheorie.
Friedrich Kießling ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Arbeitsschwerpunkte: Geschichte der internationalen Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert, Internationale Geschichte, moderne deutsche Kultur- und Ideengeschichte. Ausgewählte Publikationen: Die undeutschen Deutschen. Eine ideengeschichtliche Archäologie der alten Bundesrepublik 1945-1972, Paderborn u. a.: Schöningh 2012; Mit dem Wandel leben. Neuorientierung und Tradition in der Bundesrepublik der 1950er und 60er Jahre (Hg. mit Bernhard Rieger), Köln u. a.: Böhlau 2011; Gegen den "großen Krieg"? Entspannung in den internationalen Beziehungen 1911-1914, München: Oldenbourg 2002.
David Kuchenbuch ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut der Justus-Liebig-Universität Gießen. Arbeitsschwerpunkte: Kultur- und Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts. Ausgewählte Publikationen: Geordnete Gemeinschaft. Architekten als Sozialingenieure - Deutschland und Schweden im 20. Jahrhundert, Bielefeld: transcript 2010; Das Peckham-Experiment. Eine Mikround Wissensgeschichte des Londoner "Pioneer Health Centre" im 20. Jahrhundert, Wien u. a.: Böhlau 2014.
Ariane Leendertz ist Forschungsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Arbeitsschwerpunkte: deutsche und US-amerikanische Geschichte des 20. Jahrhunderts, Geschichte der transatlantischen Beziehungen, Ideengeschichte, Wissenschaftsgeschichte. Ausgewählte Publikationen: Interdependenz, Krisenbewusstsein und der Beginn eines neuen Zeitalters. Die USA und die Neuverortung der transatlantischen Beziehungen in den 1970er Jahren, in: Frank Bösch/Peter Hoeres (Hg.), Außenpolitik im Medienzeitalter. Vom späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Göttingen: Wallstein 2013, S. 232-250; "Finalisierung der Wissenschaft". Wissenschaftstheorie in den politischen Deutungskämpfen der Bonner Republik", in: Mittelweg 36, 22:4 (2013), S. 93-121.
Stephan Lessenich ist Professor für Soziale Strukturen und Entwicklungen am Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Arbeitsschwerpunkte: Wohlfahrtsstaatstheorie und Vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung, Soziologie des Alter(n)s, Soziologie gesellschaftlicher Transformationen und soziologische Zeitdiagnose. Ausgewählte Publikationen: Theorien des Sozialstaats zur Einführung, Hamburg: Junius 2012; Der Vergleich in den Sozialwissenschaften. Staat - Kapitalismus - Demokratie (Hg. mit Jens Borchert), Frankfurt a. M./New York: Campus 2012; Soziologie - Kapitalismus - Kritik. Eine Debatte (mit Klaus Dörre und Hartmut Rosa), Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2009; Die Neuerfindung des Sozialen. Der Sozialstaat im flexiblen Kapitalismus, Bielefeld: transcript 2008.
Wencke Meteling ist Wissenschaftliche Assistentin am Seminar für Neuere Geschichte, Philipps-Universität Marburg, und Teilprojektleiterin im Marburger und Gießener Sonderforschungsbereich "Dynamiken der Sicherheit". Arbeitsschwerpunkte: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Bundesrepublik und Großbritanniens, Kriegs- und Militärgeschichte Deutschlands und Frankreichs sowie Geschichte des Wohnens und städtischer Infrastruktur im 19. und 20. Jahrhundert. Ausgewählte Publikationen: Internationale Konkurrenz als nationale Bedrohung. Zur politischen Maxime der "Standortsicherung" in den neunziger Jahren, in: Ralph Jessen (Hg.), Konkurrenz in der Geschichte. Praktiken - Werte - Institutionalisierungen, Frankfurt a. M./New York: Campus 2014, S. 289-315; Miraculous Germany. Changing perceptions of German economic performance, in: Renewal 22, Nr. 3/4 (2014), S. 60-73.
Dietmar J. Wetzel ist Privatdozent an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Co-Director im Sinergia-Projekt "Theory and Practice of Authenticity in Global Cultural Production" an der Universität Bern. Arbeitsschwerpunkte: Soziologische Theorie/n, Sozialtheorien, Wirtschafts- und Kultursoziologie, französische Soziologie, qualitative Sozialforschung. Ausgewählte Publikationen: Zur Aktualität von Jacques Rancière. Einleitung in sein Werk (mit Thomas Claviez), Wiesbaden: Springer VS 2016; Finanzmarktpublika. Moralität, Krisen und Teilhabe in der ökonomischen Moderne (Hg. mit Andreas Langenohl), Wiesbaden: Springer VS 2014; Soziologie des Wettbewerbs. Eine kultur- und wirtschaftssoziologische Analyse, Wiesbaden: Springer VS 2013; Diskurse des Politischen. Zwischen Re- und Dekonstruktion, München: Fink 2003.
Bezeichnungsrevolutionen, Bedeutungsverschiebungen und Politik: Zur Einleitung
Ariane Leendertz und Wencke Meteling
Vor dem Hintergrund aktueller Debatten in der Zeitgeschichtsforschung zum Schwellencharakter der 1970er-Jahre untersuchen wir in diesem Band den Zusammenhang von Bezeichnungsrevolutionen, Bedeutungsverschiebungen und Politik. Uns interessiert, inwiefern sich seit den 1970er-Jahren in neuen oder umgedeuteten Begriffen, Bildern, Metaphern, Topoi und Argumentationsweisen eine neue Wirklichkeit abzuzeichnen begann, unter welchen Bedingungen sich semantischer Wandel vollzog und welche Akteure daran beteiligt waren. Mit diesem Zugriff hoffen wir, der zeitgeschichtlichen, sozial- und kulturwissenschaftlichen Diskussion über die Einschätzung der jüngsten Vergangenheit Impulse zu verleihen und einen intensiveren Austausch zwischen den Disziplinen über die Geschichte der Gegenwart anzuregen. Den Ausgangspunkt bildet die Bundesrepublik, doch beziehen sich mehrere Beiträge auf transnationale Zusammenhänge sowie auf die USA. Ergänzend zum wirtschafts- und sozial(staats)- geschichtlichen Primat vieler Studien über den Epochenbruch der 1970er- und 1980er-Jahre in Deutschland schlagen wir vor, die politische und gesellschaftliche Bedeutung zeitgenössischer Wirklichkeitskonzeptionen systematisch zu untersuchen. Wo stoßen wir auf Bedeutungsverschiebungen oder Bezeichnungsrevolutionen, mithin konzeptuelle Umbrüche und semantische Neuvermessungen, die auf eine epistemische Wendezeit hindeuten könnten? Wenn erstens die Annahme vieler Zeithistoriker, Soziologen und Kulturwissenschaftler zutrifft, dass seit den 1970er-Jahren grundlegende soziale, kulturelle und ökonomische Wandlungsprozesse stattfanden, die unsere Gegenwart prägen oder sich in ihr fortsetzen, und wenn wir zweitens davon ausgehen, dass sich die soziale Wirklichkeit und ihre Veränderung in zeitgenössischen Beschreibungen sprachlich manifestieren, dann sollte es möglich sein, sich den neuen Wirklichkeiten durch eine Analyse der politisch-sozialen Sprache anzunähern.


Ariane Leendertz ist Leiterin der Forschungsgruppe »Ökonomisierung des Sozialen und gesellschaftliche Komplexität« am MPIfG in Köln.
Wencke Meteling ist Akademische Rätin auf Zeit am Seminar für Neuere Geschichte der Universität Marburg.


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