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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 423, 64 Seiten

Reihe: Alpengold

Leitner Alpengold 423

Freiwild
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7517-6385-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Freiwild

E-Book, Deutsch, Band 423, 64 Seiten

Reihe: Alpengold

ISBN: 978-3-7517-6385-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



In dem kleinen Bergdorf Hinterbichl sind die Modei und ihre Enkelin verrufen. Der alten Frau macht der Hass der Dörfler nichts mehr aus, aber die blutjunge Burgl leidet sehr darunter - vor allem, weil sie nicht weiß, was die Leute gegen sie haben.
Mit allen Mitteln versucht sie darum, in die Dorfgemeinschaft aufgenommen zu werden.
Die Burschen sind dem bildhübschen Madel gar nicht abgeneigt und umwerben es schon bald mit den heißesten Liebesschwüren. Burgl ist zum ersten Mal in ihrem Leben glücklich - und übersieht, dass Leidenschaft nicht wahre Liebe ist ...

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Freiwild

Was ein viel zu schönes Mädchen mit den Männern erlebte

Von Monika Leitner

Die Mitterer-Modei und ihre bildhübsche Enkelin Burgl sind in dem kleinen Bergdorf Hinterbichl verrufen. Modei und ihre in jungen Jahren verstorbene Tochter Lena, Burgls Mutter, brachten beide vaterlose Kinder zur Welt. Obwohl Burgl einen untadeligen Lebenswandel führt, steht für die Burschen in dem Ort fest, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt und dem Madl das gleiche Los bevorsteht wie der Mutter und Großmutter. Und so stellen sie der armen Burgl in finsterster Absicht nach, und bald gelingt es einem, sie im einsamen Wald zu überwältigen.

Doch ehe es zum Äußersten kommt, naht in Gestalt des reichen Sägemüllers in letzter Sekunde ein Retter in der Not. Und dieser Mann, der schon ihrer Mutter zum Schicksal wurde, führt auch in Burgls Leben eine entscheidende Wende herbei ...

Zwischen dem Zirbenhäusl unter dem Rabenstein und der einsamen Kapelle »Maria im Schnee« lag ein beschwerlicher Abstieg von einer guten halben Stunde. Die Mitterer-Burgl hatte ihn an diesem späten Sommerabend in der Hälfte der Zeit geschafft!

Hastig atmend erreichte sie die Waldlichtung in dem abgelegenen Tannengrund. Das Mondlicht fiel auf das weiß getünchte Gemäuer der kleinen Wallfahrtskapelle und auf die schmale Steinbank neben dem altersgrauen Portal.

Der Xaver war noch nicht da!

Burgl setzte sich auf die Bank, zog die dicken Zöpfe nach vorn und lehnte den Rücken gegen das abendkühle Gestein.

Der Wind spielte in den Tannenkronen, der Wildbach rauschte durch sein felsiges Bett, weiter drunten in den Erlen sang eine Nachtigall.

Lächelnd griff Burgl nach einem ihrer Zöpfe. Verspielt begann sie, das Haar aufzuflechten und es zu ordnen, bis es weich und wellig über das dunkelrote Samtmieder fiel. Nein, der Xaver sollte nicht noch einmal sagen, mit ihren Zöpfen sähe sie aus wie ein Schulmadl.

Die Mitterer-Burgl lehnte sich wieder zurück und träumte in den Abend hinein. Nach dem Busserl hatte der Xaver zwar ganz anders geredet. Und ungestüm war er geworden, richtig ungestüm, aber lieb.

Die Zeit verrann, Burgl wurde es kaum bewusst. Erst beim Stundenschlag der Kirchenglocke drunten im Dorf schreckte sie auf. Um Viertel vor acht hatte er da sein wollen.

Minuten später erhob sie sich und ging auf die Lichtung bis zum Bachufer. Eine Weile stand sie unschlüssig auf dem ausgetretenen Pfad, und schließlich ging sie zögernd talwärts.

Gewiss hatte das alte Motorrad gestreikt. Dann musste Xaver den langen Weg zu Fuß machen und war sicher froh, wenn sie ihm bis zur Sägemühle entgegenkam.

Nahe der Sägemühle verengte sich das Tal. Der Weg führte aus dem feuchter werdenden Bachgrund zu den jungen Hangfichten hinauf und schlängelte sich durch das dichte Gezweig auf den großen Holzstapelplatz des Sägemüllers zu.

Schon in der ersten Biegung zuckte Burgl zusammen. Wenige Schritte vor sich sah sie die dunklen Konturen eines auf dem Weg abgestellten Motorrads. Gleichzeitig hörte sie die Stimme vom Xaver und ein unterdrücktes Mädchenlachen.

Dicht neben dem Motorrad mussten die zwei zwischen den Fichten liegen.

Wie erstarrt stand die junge Mitterer-Burgl auf dem schmalen Weg.

»Nun hab dich doch net so, Vronerl«, hörte sie den Xaver sagen. »Bist ja sonst net so spröd.«

»Ich hab mich ja net, Xaver«, gurrte das Madl. »Vorher möcht ich nur einmal reden mit dir.«

»Und über was?«

»Am Nachmittag ist der Hagleitner heraußen gewesen. Jetzt wird's ernst, Xaverl.«

»Dass du seinen Hias einmal nehmen musst, weißt du schon seit Ostern. Wir zwei haben seitdem net weniger Spaß miteinander gehabt. Also, zier dich net länger, Schatzl!«

Burgls Hände verkrampften sich, doch sie war unfähig, sich zu rühren.

Drüben raschelten die Zweige. Die Tochter des Sägemüllers stöhnte auf.

»Lass mich aus, Xaver. Sonst schrei ich, so laut ich kann.«

»Ich glaub's net«, brummte der Haindl-Xaver. »Hätt ich das gewusst, wär ich weitergefahren, als du drunten neben dem Holzstapel gestanden bist.«

»Und hätt ich dich net schon ganz anders kennengelernt, tät ich glauben, du hättest ein Herz aus Stein«, erwiderte Vroni. »Aber ich weiß ja, wie du sein kannst. Drum will ich den Hagleitner-Hias net. Ich möcht dich, Xaver! Net so wie bisher. Ich möcht dich im Ehebett.«

»Willst du mich verulken, Vronerl?«

»Ich mein's ernst, Xaverl. Ohne dich könnt ich nimmer leben nach allem, was du schon mit mir angestellt hast.«

Der blutjungen Mitterer-Burgl krampfte sich das Herz zusammen. Sie wollte sich abwenden und konnte es nicht.

»Ein Witz ist das«, brummte der Haindl-Xaver zwischen den Fichten. »Dein großkopferter Alter mit seinen Millionen wird dich einem Holzknecht geben!«

»Ich müsst ihn vor vollendete Tatsachen stellen können, Xaverl. Ich müsst ihm sagen können, dass sein Enkelkind unterwegs wär.«

Wieder blieb es drüben eine Weile still.

»Das besorgen wir schon heut, Vronerl!«, sagte der Xaver plötzlich laut. »Das besorgen wir auf der Stelle! Heut mach ich mein Glück! Ich kann Sägemüller werden! Herrgott!«

»Komm, Xaverl, komm.«

Laut hätte Burgl aufstöhnen mögen, aber die Kehle war ihr wie zugeschnürt.

Endlich schaffte sie es, sich abzuwenden. Ein paar leise Schritte auf dem grasweichen Weg, dann rannte sie wie gehetzt davon.

***

Der Fels des Rabensteins schimmerte im frühen Licht. Das Tal drunten war noch nebelverhüllt.

Ein Morgenraunen ging durch den Wald, ein Flüstern durch die Farne und Gräser. Der Schritt des Madls war leiser.

Das Weidenkörbl an sich pressend, schritt Burgl barfuß über das taunasse Moos. Der von den weichen grünen Kissen überwachsene Waldsteig führte gemächlich bergan zum Wildboden hinauf, in dem zwischen Gestein und Sträuchern die üppigen Erdbeerbüsche standen.

Ihr glänzendes Haar hatte Burgl straff zurückgekämmt und zu einem dicken Zopf geflochten. Sie trug einen kurzen, verwaschenen roten Rock und ein enges, verblichenes Leibchen. Einer der schmalen Träger war ihr über die braunen Schultern gerutscht.

An diesem frühen Morgen lag ein trauriger Zug auf Burgls Gesicht, und die silbernen Pünktchen in ihren dunklen Augen, die von der kühlen Luft rosa angehauchten Wangen und der weich geschwungene rote Mund konnten ihn nicht mildern.

Er war schlecht, der Haindl-Xaver, und noch gestern Abend, noch als sie aus dem feuchten Bachgrund zu den jungen Fichten hinaufgegangen war, hatte sie geglaubt, ihn über alles lieben und sich selber dabei vergessen zu können.

Vor einem dunklen Eibenstrauch inmitten des schattigen Laubwalds blieb Burgl stehen und schaute auf die wegnahen Farne. Die langen grünen Wedel waren noch niedergedrückt – einen Körper lang, zwei Körper breit.

Einen Herzschlag lang war es ihr so, als spüre sie Xavers Hände auf ihrer Haut und seine Lippen auf ihrem Mund, dann aber war das andere wieder da, das kichernde Lachen und dumpfe Stöhnen der Tochter des Sägemüllers drunten zwischen den Fichten.

Burgl wandte sich ab und hetzte weiter, bis sie dorthin kam, wo sie die Erdbeerbüsche noch nicht leer gepflückt hatte.

Das Körbl zwischen den Knien, kauerte sie zwischen den Sträuchern und sammelte emsig mit beiden Händen die dicken, überreifen Beeren. Eine Stunde, und das runde Weidenkörbl war randvoll.

Das Madl richtete den Oberkörper auf und reckte den schmerzenden Rücken, da hörte sie hinter sich ein Geräusch.

Noch auf den Knien rutschte sie herum und sprang hoch.

Fünf Schritte vor ihr stand der Haindl-Xaver, die Beine gespreizt, die schwere Holzeraxt in der Hand.

»Hab ich mir doch gedacht, dass ich dich in der Früh da erwisch!« Lachend kam er heran.

»Komm mir net zu nah«, zischte Burgl ihn an, ließ das Körbl stehen und wich zurück.

»Was ist denn, Schatzl?«

»Ich bin dein Schatzl net.«

»Ja, ich glaub mich auszukennen. Du bist eine von denen, die über Nacht vergessen, was am Tag geschehen ist. Wart, ich helf ein bisserl nach, damit du dich wieder an das erinnerst, was du kürzlich in den Farnen drunten an meinem Ohrwaschl geflüstert hast.« Lüstern starrte er auf ihr enges Leibchen, dessen beide Träger ihr beim Aufspringen weit über die Schultern geglitten waren.

»Bleib, wo du bist!«, drohte Burgl.

Der hochgewachsene Bursch mit dem hübschen Gesicht hielt es für geboten, seine Taktik zu ändern.

»Wenn du wirklich auf mich gewartet hast bei der Kapelle drunten, dann hör auf zu granteln, Burgl. Ich bin ja unterwegs gewesen zu dir. Aber plötzlich hat mein Motorrad gestreikt und keinen Muckser nimmer getan. Bis nach Mitternacht hab ich in den Fichten drunten gebraucht, um es wieder flottzumachen.« Treuherzig schaute er zu ihr herauf.

»Ich...



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