May | Tod in der Schlucht | E-Book | www.sack.de
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May Tod in der Schlucht


2. Auflage 2018
ISBN: 978-3-945932-52-0
Verlag: 26|books
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

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Privatermittler Casper Brandt soll die Hintergründe in einem Mordfall recherchieren. Es geht um einen grausigen Leichenfund in einer Schlucht nahe der Biathlonstrecke in Oberhof in Thüringen. Casper meint, einen Zusammenhang zu einem drei Jahre alten Fall zu sehen, als ein Sportler in seinem Wagen in eine Kiesgrube gestürzt war. Bald stößt er auf eine rätselhafte Spur, die der Täter anscheinend absichtlich hinterlassen hat. Langsam aber sicher verknüpft Casper die beiden Fälle und kommt dem Täter gefährlich nahe.

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Das Gesicht eines Toten
Dass ich in Kürze von einer Frau aus dem Bett getrommelt werden würde, wusste ich noch nicht. Ich befand mich gerade traumselig im Nirgendwo; zugegeben, eine Frau kam da auch vor - nur anders. »Herr Brandt«, tönte es von weither, zuerst jedenfalls, bis da plötzlich etwas an meiner Bettdecke zupfte. Und noch einmal: »Herr Brandt«, diesmal schon lauter, ungeduldiger. Wenn jemand mit Ihnen spricht und Sie wissen genau, dass außer Ihnen keine andere Person im Raum ist, weil Sie allein zu Bett gegangen sind, dann bedeutet das ganz scharf nachdenken. Und so was geht morgens um … nun, keine Ahnung wann … überhaupt nicht. Ich öffnete vorsichtig ein Auge und sah vor mir … ein Karomuster. Ein scheußliches Karomuster, das mich an meine Großmutter erinnerte, die mit Vorliebe Kittelschürzenkleider getragen hatte. Diese Kleider mochte ich nicht. Die Großmutter auch nicht. Gezwungen, den Blick ein wenig zu verändern, registrierte ich, dass es sich bei meiner frühen Besucherin um meine Vermieterin handelte - Frau Eusebia. Und sie brachte den eisigen Winter gleich mit ins Schlafzimmer. Im Normalfall wollte sie etwas, dass ich ihr meist nicht geben konnte, zumindest nie pünktlich - die Miete. Die war für mein Gefühl so hoch wie der große Beerberg, zu dessen Füßen sich Suhl-Goldlauter dahinschlängelt. Frau Eusebia hatte mit Sicherheit auch einen Nachnamen, aber den kannte außer meinem Mietvertrag niemand. Ein Blick aus dem Fenster und mir wurde klar, dass sie Weiß heißen musste, denn so hieß hier jeder Zweite und das auch im Sommer. Wie es dazu kam, weiß bis heute niemand. Was also hatte Frau Eusebia in meinem Schlafzimmer zu suchen, was hatte sie überhaupt in meiner Wohnung verloren? Viele Fragen. Zu viele. Ich sollte mindestens eine davon stellen … »Haben Sie geklingelt? Ich habe nicht aufgemacht.« War etwa die alte Höflichkeitsform des Türklingelbetätigens über Nacht abgeschafft worden? »Aber Herr Brandt, ich habe doch einen Schlüssel.« Na ja, dass sie bei mir eingebrochen war, hätte ich auch nicht vermutet, doch gerade begann, zumindest in meinen Augen, der letzte Tag, an dem Frau Eusebia einen Schlüssel hatte. Ich schaute meine Vermieterin durchdringend an um sie zu einer Äußerung über das Warum zu bewegen. »Der kleine Kerl hat so gejammert. Sie sollten ihn wirklich nicht über Nacht draußen in der Kälte lassen.« Aha. Wenn ich jetzt noch wüsste, von wem die Rede ist … wie es schien, tauchte da schon wieder eine neue Frage auf. »Frau Eusebia, wie Sie bestimmt mitbekommen haben, lebe ich hier allein. Ich habe keine Kinder.« »Was sind Sie nur für ein Mensch? So roh und herzlos. Keinen Funken Liebe im Leib«, ereiferte sie sich. Jetzt reichte es aber, fand ich, und wollte mich ruckartig aufrichten. Als überzeugter Nacktschläfer wäre das bei vielen anderen Frauen sicherlich eine gute Idee gewesen. Nicht aber bei meiner Vermieterin, die gerade umständlich hinter sich deutete. Musste ich jetzt Angst haben, dass da noch jemand durch die Türe kommen würde? Ich verrenkte mir fast den Hals, konnte aber niemanden sehen - zuerst. Meine Augen fokussierten auf das Größenverhältnis Mensch, während ein leises Klacken in Bodennähe eine andere, kleinere Präsenz ankündigte. Ich verrenkte mir den Hals noch mehr und Frau Eusebia tat das Gleiche. Wonach schielte sie bloß, sie wusste doch genau, wer da klackte. »Ich erlaube Ihnen, eine Katzenklappe für ihn zu bauen«, bot sie mir großzügig an. »Nein, bestimmt nicht!«, lehnte ich ab, stemmte unter der Bettdecke in einer Verweigerungsgeste meine Hände in die leicht überproportionierten Hüften und ließ dazu einen griesgrämigen Gesichtsausdruck sehen. »Das da«, ich deutete auf das tropfnasse Fellbündel in Ocker-schwarz-weiß, das sich in aller Heimlichkeit gerade anschickte abzutauen und in Kürze die Höhen meines Bettes erklimmen würde, »ist Garibaldi.« »Oh, wie süüüß«, sagte Frau Eusebia und zog die Süße gnadenlos zuckrig in die Länge. »Jaha«, stimmte ich ihr äußerst widerwillig zu, weil ich keine Katzen mochte. »Die Katze gehört dem Nachbarn von 3a.« »Das sieht Garibaldi aber ganz anders«, meinte sie, und untermalte ihre Ansicht mit einem halben Dutzend Kopfnicker, so dass ich schon Sorge hatte, sie würde vom vielen Schaukeln einen Schwindelanfall bekommen. In meinem Schlafzimmer! Wir einigten uns schließlich darauf, dass ich mit meinem Nachbarn über die Katze reden würde. Reden kann man ja über vieles. »Herr Brandt«, begann sie von neuem, als ich schon zu glauben begann, ich wäre sie los. Die Katzensache war doch soweit geklärt. »Es ist wegen der Miete … Sie schulden mir noch den letzten Monat. Und natürlich diesen.« Sie zog ein Gesicht, als hätte sie etwas wirklich Schlimmes gegessen. Derweil trommelten meine Hände, die noch immer unter der Bettdecke steckten, einen Fingerwirbel auf meine nackten Oberschenkel. Die Miete. Das war eine wirklich prekäre Sache. War es fast immer, und dazu mein schlimmster Morgengedanke. »Gerade habe ich einen ausgesprochen einträglichen Auftrag an Land gezogen«, behauptete ich dreist. »Es geht um …« Ich machte eine Kunstpause und ließ dann meine ohnehin tiefe Stimme um zusätzliche 30% in den Keller fahren. »Mord.« »Ohh«, hauchte sie, schlug eine Hand vor den Mund, und die ausstehende Miete war für diesen Moment vergessen. Stattdessen setzte sie sich auf den Bettrand - wohlgemerkt, meinen Bettrand - und jetzt befand ich mich in der blöden Lage, dass meine Hände unter der Decke feststeckten. Frau Eusebia war ziemlich gewichtig, und ihr Hinterteil hatte nun, obwohl sie nur am Rand saß, meine Extremitäten erfasst. Das Gefühl wich allmählich aus meinen Händen und sie begannen wohl schon abzusterben. Frau Eusebias Hintern wusste das sicherlich auch. Ich musste sie unbedingt dazu bewegen, ihre Position zu verändern. Es war ein unangenehm schmerzhafter Wettlauf mit der Zeit. Schnell und noch schneller erzählte ich ihr in aller Kürze meinen Fall und hoffte, sie würde endlich aufstehen. Damit machte ich sie zu einer Vertrauten, aber in meiner gegenwärtig-blanken Finanzsituation war mir selbst das egal. Ich wollte schließlich auch noch in sechs und mehr Wochen ein Dach über dem Kopf haben. Sendenden Auges beschwor ich eine konspirative Situation herauf, und vertraute auf Frau Eusebias Wertschätzung meiner Fähigkeiten als Privater Ermittler. Sie müsste mir eigentlich zu Füßen liegen … doch das tat im Augenblick nur Garibaldi, der mich mit großen Augen und zerzaustem Fell ansah. Die Wahrheit ist, Casper Brandt hatte keinen solchen Fall. Ich hatte überhaupt keinen Fall. Bloß Glen Leborski, der sich gerade anschickte, ein verschleiertes Tötungsdelikt als Mord zu outen. Der hatte einen Fall - in dem Kriminalroman, der aufgeschlagen auf meinem Nachttisch lag. Aber was tat man nicht alles, um sich und das bisschen Gemütlichkeit zu retten. »Der rätselhafte Tod dieses Biathlon-Sportlers. Sie haben bestimmt davon gelesen.« Das war es nämlich. Gelesen hatte ich davon auch. Zur Antwort bekam ich einen Seufzer, auf den ein aufgeregtes »Nein?!?« folgte. »Oh doch!«, gab ich zurück, die Überzeugtheit in Person. »Daran ist nämlich so gut wie gar nichts echt und die Umstände geradezu undurchsichtig furchterregend. Verkaufen es als Selbstmord. Aber, wenn man sich die Einzelheiten betrachtet … der ganze Fall ist absolut nebulös.« In meiner Kommode und dem Kleiderschrank, der vormals Frau Eusebia gehört haben musste, lag in den Fächern überall Zeitungspapier aus. Ich muss nicht erwähnen, dass sich Druckerschwärze und weiße Hemden nicht sonderlich gut vertragen. Mein Glück, dass ich bunte Hemden bevorzugte. Da hinterlässt die Faltenlage des Druckerzeugnisses dann bloß ein Muster mehr auf dem Stoff. Obendrein war die Nachricht über den verunfallten Sportler eine von vor drei Jahren. Na ja, Frau Eusebia hielt ihren/meinen Kleiderschrank eben nicht gerade auf dem aktuellen Stand. Die Schlagzeile lautete vielsagend: »Seine letzte Runde« und die Zeilen berichteten von einem jungen Biathleten (23 Jahre), der mit seinem Audi A sonst was in eine Kiesgrube gestürzt war. Ich sollte meine Socken und Hemden ausräumen und mir die Zeitungsmeldung noch mal vornehmen, denn der Name des Sportlers war wohl zwischenzeitlich in die Nebelregion meiner Gehirnwindungen gerutscht. Auch konnte ich mir nicht denken, was ausgerechnet einen Biathleten - der ja von Berufswegen eine scharfe Waffe mit sich führt - dazu bringt, sich für sein Ausscheiden im doppelten Sinn, ausgerechnet eine abgelegene, ehemalige Kiesgrube auszusuchen. Eine Kiesgrube, die sich nach Beendigung des Aushubs wieder mit Grundwasser gefüllt hatte. Und hinein in diese Lorke hatte sich der junge Mann mittels eines bis zum Anschlag durchgedrückten Gaspedals befördert. Der Wagen war natürlich völlig ruiniert, der Mensch mausetot, und der Biathlonsport war um ein Ausnahmetalent ärmer. Nun kannte ich mich in diesem Sport nicht so rasend aus. Streng genommen beinahe gar nicht. Auch Autos waren nicht mein Steckenpferd. Ich fuhr noch immer meinen alten, schmutzbraunfarbenen Opel Ascona, der, so hab ich mir sagen lassen, inzwischen ein Oldtimer ist. Das klingt jetzt eindeutig vorteilhafter, als es sich in Wirklichkeit verhält. Schönreden kann man sich ein altes Auto nämlich auch. Gut, bei einem Opel Ascona tut man sich da schon etwas schwerer. »Ach, und jetzt hat Sie...


May, Ina
Ina May wurde in Kempten im Allgäu geboren, verbrachte ihre Kindheit bei den Großeltern im Allgäu und war Schülerin in einem katholischen Internat im Chiemgau, bevor ihr persönlicher Kompass Richtung Amerika zeigte.

Sie besuchte eine Privatschule in San Antonio/Texas, kehrte in die Bayerische Heimat zurück und absolvierte ein Europasprachenstudium in München, wo sie eine Ausbildung zur Fremdsprachen- und Handelskorrespondentin absolvierte.
Wenig später bekam May ein unschlagbares Jobangebot - New York. Sie arbeitete viele Jahre für eine Stahlfirma, mit Blick auf den Central Park, bevor sie der Metropole und den USA schließlich "So long!" sagte.

Nominiert für den Jacques-Berndorf-Krimipreis 2013 (»Die Tote im Maar«, erschienen 2013 bei Emons)
Gewinnerin des Krimistipendiums Tatort Töwerland 2010
http://www.inamay.de

Ina May wurde in Kempten im Allgäu geboren, verbrachte ihre Kindheit bei den Großeltern im Allgäu und war Schülerin in einem katholischen Internat im Chiemgau, bevor ihr persönlicher Kompass Richtung Amerika zeigte.

Sie besuchte eine Privatschule in San Antonio/Texas, kehrte in die Bayerische Heimat zurück und absolvierte ein Europasprachenstudium in München, wo sie eine Ausbildung zur Fremdsprachen- und Handelskorrespondentin absolvierte. Wenig später bekam May ein unschlagbares Jobangebot – New York. Sie arbeitete viele Jahre für eine Stahlfirma, mit Blick auf den Central Park, bevor sie der Metropole und den USA schließlich So long! sagte.

Nominiert für den Jacques-Berndorf-Krimipreis 2013 („Die Tote im Maar“, erschienen 2013 bei Emons)
Gewinnerin des Krimistipendiums Tatort Töwerland 2010
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