McDonald | Luna - Wolfsmond | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 496 Seiten

Reihe: Luna

McDonald Luna - Wolfsmond

Roman
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-641-19301-0
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, Band 2, 496 Seiten

Reihe: Luna

ISBN: 978-3-641-19301-0
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Auf dem Mond ist der Mensch die tödlichste aller Gefahren
Achtzehn Monate sind seit dem Tod Adriana Cortas vergangen. Die Corta Helio Corporation ist zerschlagen und die mächtigste Familie des Mondes ruiniert. Die vier verbliebenen Drachen, wie die einflussreichen Clans auf dem Mond genannt werden, wittern ihre Chance und liefern sich einen erbitterten Kampf um die Vormachtstellung in der High Society des Mondes - es ist ein Machtspiel voller Verführung, Lügen und Intrigen. Ein Spiel, das die Menschen auf dem Mond schon bald an den Rand eines Krieges bringen wird ...

Ian McDonald, 1960 in Manchester geboren, ist langjähriger Fernsehredakteur und Schriftsteller. Mit 22 veröffentlichte er seine erste Story, seit 1987 lebt er hauptberuflich vom Schreiben. Viele seiner Science-Fiction- und Fantasy-Romane sind mit Genre-Preisen wie dem Hugo, dem Locus und dem Nebula Award ausgezeichnet. Ian McDonald lebt in Nordirland.
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NACH DEM FALL     ARIES 2103

»Fliegt mich zur Erde«, keuchte Lucas Corta.

Besatzungsmitglieder schnallten ihn von der Mondloop-Gondel ab und schleppten ihn – hypoxisch, hypothermisch und dehydriert, wie er war – in die Schleuse.

»Sie sind an Bord des WTO-Cyclers Saints Peter and Paul, Senhor Corta.« Die Schleusenaufseherin schloss die Türen.

»Zuflucht«, flüsterte Lucas Corta, dann übergab er sich. In den fünf Stunden, die die Gondel zur Flucht aus dem zerstörten Imperium von Corta Hélio brauchte, hatte Lucas Corta an sich gehalten. Fünf Stunden, in denen gezielte Schläge sein Unternehmen draußen auf den Meeren von Luna zerstörten, eine Malware seine Finanzen einfror und die Mackenzies seine Stadt in Schutt und Asche legten. Fünf Stunden, in denen seine Brüder mit Messern das Haus Corta verteidigten und er über das Mare Fecunditatis floh, weg vom Mond, hinaus ins All.

Du musst das Unternehmen retten, hat Carlinhos gesagt. Hast du einen Plan?

Ich habe immer einen Plan.

Fünf Stunden, in denen er wie Sprengschutt hinausgewirbelt wurde ins All, weg von seinem vernichteten Reich. Dann endlich lösten die Berührung von Händen, die Wärme von Stimmen und die Stabilität eines Schiffs um ihn herum – keine Büchse aus Aluminium und Plastik, nein, ein richtiges Schiff – die bis zum Zerreißen gespannten Muskeln, und er kotzte sich die Seele aus dem Leib. Die WTO-Besatzung rückte mit tragbaren Allessaugern an.

»Es hilft, wenn Sie sich in diese Richtung orientieren, Senhor Corta.« Die Schleusenaufseherin wickelte eine Foliendecke um Lucas’ Schultern, und die Besatzungsmitglieder bugsierten ihn in den Aufzug. »Gleich bringen wir Sie wieder auf Mondschwerkraft.«

Lucas spürte, wie sich der Aufzug in Bewegung setzte und ihn die Rotogravitation an den Beinen packte. Erde, versuchte er zu sagen. Blut verklebte seine Kehle. In seiner Brust rasselten geplatzte Alveolen. Unten auf dem Mare Fecunditatis, als Amanda Sun alles tat, um ihn zu töten, hatte er Vakuum eingeatmet. Sieben Sekunden lang war er der nackten Mondoberfläche ausgesetzt. Ohne Schutzanzug. Ohne Luft. Ausatmen, die wichtigste Regel der Mondläufer. Die Lunge leeren.

Er hatte es vergessen, hatte alles vergessen bis auf die Luftschleuse des Mondloops, auf die er zusteuerte. Er hatte einen Lungenriss. Jetzt war er ein Mondläufer. Die Nadel hätte ihm zugestanden: Dona Luna, eine Gesichtshälfte schwarze Haut, die andere weißer Schädelknochen. Lucas Corta lachte und glaubte einen Augenblick lang, daran zu ersticken. Auf dem Aufzugboden zu seinen Füßen bildete sich eine Lache aus blutigem Schleim.

Er musste sich klar ausdrücken, damit ihn die Woronzow-Angestellten auch wirklich verstanden. »Fahrt mich runter auf Erdschwerkraft.«

»Senhor Corta …«, begann die Schleusenaufseherin.

»Ich will zur Erde«, keuchte Lucas Corta. »Ich muss runter zur Erde.«

Nur mit einer kurzen Hose bekleidet lag er im Diagnosebett der Bordklinik. Kurze Hosen hatte er schon immer gehasst. Lächerlich und kindisch. Er hatte sich geweigert, sie zu tragen, selbst wenn sie in Mode kamen, was bei dem schnellen Wechsel der Trends auf dem Mond unweigerlich der Fall war. Bloße Haut wäre besser gewesen. Er hätte die Nacktheit in Würde ertragen.

Die Frau stand am Fuß des Diagnosebetts. Sensorarme und Injektoren umgaben sie wie eine Gottheit. Sie war weiß, in mittleren Jahren, müde. Und hatte alles fest im Griff. »Ich bin Galina Iwanowna Wolikowa. Ich bin Ihnen als persönliche Ärztin zugeteilt.«

»Ich bin Lucas Corta«, krächzte er.

Dr. Wolikowas rechtes Auge flackerte, als sie das Patienten-Interface studierte. »Lungenkollaps. Multifokale zerebrale Mikroblutungen. Noch zehn Minuten, dann wären Sie wahrscheinlich an einem Gehirnhämatom gestorben. Schädigung der Augenhornhaut, innere Blutungen in beiden Augäpfeln, geplatzte Alveolen. Und ein gerissenes Trommelfell, das ich wieder geflickt habe.« Ein leises, knappes Lächeln dunkler Belustigung huschte über ihre Lippen.

Da wusste Lucas Corta, dass er mit ihr zusammenarbeiten konnte. »Wie lange …«, zischte er. In seinem linken Lungenflügel mahlten Glasscherben.

»Ich lasse Sie frühestens nach einer Umlaufbahn hier raus«, antwortete Dr. Wolikowa. »Und bitte nicht mehr sprechen.«

Eine Umlaufbahn: achtundzwanzig Tage. Als Junge hatte sich Lucas mit der Funktionsweise der Cycler befasst; wie sie mit minimalem Energieverbrauch ihre Bahnen um den Mond zogen, ihn zweimal berührten und dann wie von einer Schleuder katapultiert zurück Richtung Erde schossen. Das Ganze nannte sich Rückwärts-Orbit. Die zugrunde liegende Mathematik blieb Lucas verschlossen, aber weil es zum Geschäft von Corta Hélio gehörte, musste er wenigstens die allgemeinen Abläufe verstehen. Kreisläufe um den Mond und die Erde, während Erde und Mond ihre eigenen Zyklen um die Sonne beschrieben und die Sonne mit ihren Welten ihrem eine Viertelmilliarde Jahre dauernden Weg um das Zentrum der Galaxie folgte. Alles in Bewegung. Alles ein Teil des großen Tanzes.

Eine neue Gestalt am Fuß des Betts, kleiner und muskulöser als Dr. Wolikowa. »Kann er mich hören?« Die Stimme einer Frau, hell und musikalisch.

»Ja.«

»Und reden«, knirschte Lucas.

Die Gestalt trat ins Licht. Kommandantin Walentina Walerijewna Woronzowa war auf den zwei Welten bekannt, trotzdem stellte sie sich mit vollem Namen vor. »Willkommen an Bord von Saints Peter and Paul, Senhor Corta.«

Kommandantin Walentina Walerijewna Woronzowa war kräftig gebaut; Erdmuskeln, russische Wangenknochen, kasachische Augen. Und Zwilling: Ihre Schwester Jekaterina befehligte den Alexander Newski. Die beiden Kapitäninnen Woronzowa waren legendäre Frauen. Die erste Legende besagte, dass sie als identische Föten von verschiedenen Leihmüttern bei ungleicher Schwerkraft ausgetragen worden waren. Die eine geboren im Weltraum, die andere auf der Erde. Das zweite hartnäckige Gerücht drehte sich darum, dass sie eine innere Telepathie teilten, eine intime Identität jenseits von Kommunikation, egal, wie weit sie voneinander getrennt waren. Quantenmagie. Laut dem dritten Mythos schließlich wechselten sie sich regelmäßig heimlich beim Kommando der zwei WTO-Cycler ab. Von allen Legenden über die doppelten Kapitäninnen erschien Lucas Corta nur diese glaubhaft. Den Feind im Dunkeln tappen lassen.

»Wie ich höre, sind Sie noch nicht über die Situation auf dem Mond unterrichtet worden«, sagte Kommandantin Woronzowa.

»Bin bereit.«

»Das kann ich mir nicht vorstellen. Lucas, ich habe ganz schlimme Nachrichten für Sie. Sie haben alles verloren, was Sie kannten. Ihr Bruder Carlinhos ist tot. Er wurde bei der Verteidigung von João de Deus getötet. Boa Vista ist völlig zerstört. Und Rafael ist durch Dekompression gestorben.«

Fünf Stunden allein auf dem Transfer-Orbit eines Mondloops, konfrontiert mit der nackten Wand der Kapsel. Lucas’ Fantasie war in dunkle Gefilde abgeglitten. Er hatte den Tod seiner Familie gesehen, den Sturz seines Reichs. Die Nachrichten der Kommandantin kamen nicht unerwartet. Trotzdem trafen sie ihn so hart wie das Vakuum selbst.

»Dekompression?«

»Sprechen Sie lieber nicht, Senhor Corta«, mahnte Dr. Wolikowa.

»Mackenzie-Fechter haben die Oberflächenschleuse in die Luft gejagt«, fuhr Kommandantin Woronzowa fort. »Rafael hat alle rechtzeitig in die Schutzbunker gebracht. Wir glauben, dass er zum Zeitpunkt des plötzlichen Druckabfalls in der Siedlung nach Versprengten gesucht hat.«

»Wäre typisch für ihn. Edel und dumm. Was ist mit Luna? Robson?«

»Die Asamoahs haben die Überlebenden gerettet und sie nach Twé gebracht. Bryce Mackenzie hat beim Clavius-Gerichtshof bereits einen offiziellen Antrag auf Robsons Adoption gestellt.«

»Und Lucasinho?« Erst jetzt brachte er die Beherrschung von Muskeln und Gefühlen auf, die er brauchte, um den Namen auszusprechen, den er am liebsten gleich zu Anfang herausgeschrien hätte. Wenn Lucasinho tot war, würde er einfach aus diesem Bett aufstehen und durch die Luftschleuse nach draußen marschieren.

»Er ist in Sicherheit. In Twé.«

»Die Asamoahs waren immer vertrauenswürdig.« Dass es Lucasinho gut ging, war wie sonnenheiße Freude: Helium bei Fusionstemperatur.

»Ariel konnte mithilfe ihrer Leibwächterin nach Bairro Alto entkommen. Sie ist untergetaucht. Genauso wie Ihr Bruder Wagner. Er hat Zuflucht beim Meridian-Rudel gefunden.«

»Der Wolf und der Krüppel«, flüsterte Lucas. »Und das Unternehmen?«

»Robert Mackenzie betreibt bereits die Integration der Infrastruktur von Corta Hélio. Er hat Ihre früheren Arbeiter unter Vertrag...


McDonald, Ian
Ian McDonald, 1960 in Manchester geboren, ist langjähriger Fernsehredakteur und Schriftsteller. Mit 22 veröffentlichte er seine erste Story, seit 1987 lebt er hauptberuflich vom Schreiben. Viele seiner Science-Fiction- und Fantasy-Romane sind mit Genre-Preisen wie dem Hugo, dem Locus und dem Nebula Award ausgezeichnet. Ian McDonald lebt in Nordirland.



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