Milton | Das verlorene Paradies | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 230, 320 Seiten

Reihe: Große Klassiker zum kleinen Preis

Milton Das verlorene Paradies


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-641-28391-9
Verlag: Anaconda Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 230, 320 Seiten

Reihe: Große Klassiker zum kleinen Preis

ISBN: 978-3-641-28391-9
Verlag: Anaconda Verlag
Format: EPUB
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Der englische Dichter John Milton schuf Mitte des 17. Jahrhunderts mit seinem Versepos »Das verlorene Paradies« eines der bedeutendsten Werke der europäischen Literatur. In für die damalige Zeit untypischen Blankversen erzählt es von den wiederholten Versuchen Satans, Gott seine Macht zu entreißen. Als Satan in Schlangengestalt ins Paradies eindringt und den Sündenfall Adams und Evas provoziert, ist der Garten Eden schließlich verloren. Miltons kunstvolle Komposition von »Paradise Lost« blieb lange Zeit Wegweiser für die englische Literatur.

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Erster Gesang

Des Menschen erste Schuld, die Frucht des Baumes,
Des untersagten, deren gift’ge Kost
Tod in die Welt gebracht, all unser Wehe
Und Edens Einbuß, bis ein Mächt’gerer
Uns sühnt’ und neu errang den Sitz des Heiles:
Sing, Himmelsmuse, die auf ödem Gipfel
Des Horeb oder Sinai den Hirten
Entflammt, der das erkorne Volk zuerst
Gelehrt, wie anfangs Himmel sich und Erde
Entrang dem Chaos. Doch wenn Zions Hügel
Dir lieber und Siloas Bach, der nahe
Des Herren Tempel floss: fleh ich von dorther
Um Hilfe dich für meinen kühnen Sang,
Der nicht bloß mittlern Flugs den Berg Äoniens
Zu überschweben sucht; denn er erstrebt
In Pros’ und Vers noch ungewagte Dinge.

Vornehmlich du, o Geist, der allen Tempeln
Du vorziehst das aufricht’ge, reine Herz:
Belehre mich! Du kennst es; gegenwärtig
Warst du von Anfang; mächt’ge Schwingen breitend,
Brütetest überm Abgrund taubengleich du.
Ihn fruchtbar machend. Das, was in mir dunkel,
Erleuchte! Was zu niedrig, heb und stütze!
Dass ich, entsprechend dem gewalt’gen Stoffe,
Die ew’ge Vorsicht preisen und den Menschen
Rechtfertigen die Wege Gottes mag. –

Sag – nichts ja birgt der Himmel deinem Blicke,
Nichts auch der Hölle Schlund – sag, was bewog
Denn dies Urelternpaar, im Glückesstande,
Vom Himmel so begünstigt, abzufallen
Von ihrem Schöpfer und um
ein Verbot
Sein Wort zu übertreten, Herrn der Welt sonst?
Wer hat sie zu der schnöden Tat verleitet?

Der Höllendrach’; er war es, dessen Tücke,
Von Neid und Nachsucht aufgereizt, die Mutter
Der Menschen hinterging, da ihn sein Hochmut
Stürzt’ aus dem Himmel samt dem ganzen Heere
Rebellischer Engel, unter deren Beistand,
Sich über seinesgleichen stolz erhebend.
Er sich dem Höchsten gleichzustellen hoffte,
Wenn er ihm trotzt’; und mit ehrsücht’ger Absicht
Begann er gegen Gottes Thron und Obmacht
In stolzer Schlacht ruchlosen Kampf im Himmel.
Fruchtlos jedoch. Es stürzt ihn der Allmächt’ge
Blitzschleudernd häuptlings vom ätherischen Sitze
Mit schreckenvollem Fall und Brand zum Abgrund
In bodenlos Verderben, dass dort weile
In Demantfesseln und in Flammenpein,
Er, der gewagt, der Allmacht Schwert zu trotzen.

Neunfach die Zeit, die Tag und Nacht abmisst
Den Sterblichen, lag mit der Gräuelrotte
Besiegt er, sich im Feuerschlunde krümmend,
Betäubt und doch unsterblich; denn sein Bannspruch
Bewahrt ihn größerm Zorn. Von nun an quält
Ihn der Gedank’ an das verlorne Glück
Und stete Pein. Rings wirft er düstre Blicke;
Von tiefem Grame zeugten sie und Schrecken,
Gemischt mit hartem Stolz und starrem Hass.
Mit eins, so weit als Engel schaun, durchblickt er
Die schreckenvolle Gegend, wüst und wild
Nach jeder Seit’, ein furchtbares Gefängnis,
Durchflammt von Ofenglut; jedoch kein Licht
Strahlt von der Glut; vielmehr sichtbares Finster
Dient nur, des Wehs Graunszenen zu enthüllen!
Der Qual Gefilde! Jammervolle Schatten!
Wo Fried’ und Ruh nicht weilt, nicht Hoffnung naht,
Die allen naht, nur endelose Pein
Stets drängt und eine Feuerflut, genährt
Von immer glühndem, unverzehrtem Schwefel!
Den Ort schuf ew’ges Recht für die Empörer.
Zum Kerker ihnen hatte sie bestimmt
Und zuerteilt urtiefe Finsternis,
So weit von Gott und Himmelslicht entlegen
Als zu dem fernsten Pol dreimal vom Zentrum.
O wie ungleich dem Ort, von wo sie fielen! –
Dort schaut sogleich er seines Falls Genossen,
Von Feuerflut und Wirbelsturm bedeckt,
Auch einen, ihm an Macht und Schuld der nächste,
Noch lang nachher bekannt in Palästina,
Genannt Beelzebub, der sich zur Seit’ ihm
Hinwälzte. Drauf zu ihm mit wilden Worten
Der Erzfeind, drum Satan genannt im Himmel,
Sein furchtbar Schweigen brach und so begann:
»Bist
du’s? – O wie gefallen, wie verwandelt
Von dem, der in dem sel’gen Lichtgebiet
Im Strahlenglanz Myriaden, noch so leuchtend,
Weit übertraf! – Bist du’s, den Wechselbündnis,
Gleichart’ger Sinn und Rat, wie gleiches Hoffen
Und Wagnis im ruhmvollen Unternehmen
Mir einst gesellt und Elend jetzt verbunden
In gleichem Sturz? – In welchen Abgrund, siehst du,
Von welcher Höh’ gestürzt! Um so viel mächt’ger
Bewies sein Donner sich; und wer erkannte
Bis da der Schreckenswaffen Kraft? Doch nicht sie
Noch was in seinem Zorn der mächt’ge Sieger
Sonst antun kann, lässt mich bereun, noch ändert’s,
Obwohl an Ruhm verkürzt, den festen Sinn,
Den hohen Stolz gekränkten Selbstgefühls,
Der mit dem Mächtigsten zum Kampf mich antrieb.
Und mit mir bracht’ ich zu dem wilden Streite
Zahllose Scharen wohl bewehrter Geister,
Die seiner Herrschaft trotzten und, mir folgend,
Der höchsten Macht sich feindlich widersetzten
In zweifelhafter Schlacht am Himmelsplan;
Sein Thron erbebt’. Ist auch die Schlacht verloren,
Doch alles nicht: der ungebeugte Wille,
Der Rache Streben, Hass, der nimmer stirbt,
Mut, der sich niemals unterwirft noch weicht,
Und was sonst nicht zu überwält’gen ist –
Nie soll
den Ruhm sein Grimm noch seine Macht mir
Entringen! Beugen mich und Gnad’ erflehen,
Demüt’gen Knies, sein Ansehn zu vergöttern,
Ihn, der vom Schrecken dieses Arms noch neulich
Sein Reich bedroht sah – traun, dies wäre niedrig!
Dies wäre Schand’ und Schmach, bei Weitem ärger
Als dieser Sturz! Das Schicksal lässt es nicht
An Götterkraft und Himmelsstoff uns fehlen;
Der große Unfall hat uns klug gemacht –
In Waffen schlechter nicht, an Vorsicht reicher:
Mit größrer Hoffnung können wir beschließen,
Durch List und durch Gewalt und unversöhnlich
Allew’gen Krieg dem großen Feind zu bieten,
Der jetzt siegprangt und in der Freude Jubel
Allein nun als Tyrann des Himmels herrscht.«
So sprach in Qual der abgefallne Engel,
Laut prahlend, ob Verzweiflung gleich ihn foltert;
Sogleich versetzte kühnlich sein Genoss:

»O Fürst! O Haupt so vieler Herrschermächte,
Der du der Seraphim Schlachtreihn zum Kampfe
Hast angeführt und, schreckensvoll in Taten,
Furchtlos angriffst des Himmels ew’gen König,
Des Oberhoheit auf die Probe stellend.
Ob Kraft, ob Zufall, ob Geschick sie stütze –
Den Schreckensfall zu wohl seh und beklag ich,
Da traur’ger Sturz und schlimme Niederlage
Uns nahm den Himmel und dies mächt’ge Heer
In fürchterliche Trümmer schlug, so sehr
Als Himmlische und Götter nur zugrunde
Gehn können; denn es bleibt ja unbesieglich
So Sinn als Geist, und Kraft bleibt unbesiegt,
Ist aller Ruhm auch hin und unser Glücksstand,
Den endeloses Elend hier verschlungen.
Doch wie, wenn unser Sieger (den ich jetzt
Allmächtig glauben
muss, da kein Geringrer
Ein Heer wie unseres besiegen konnte)
Uns Geist und Stärk’ in voller Kraft gelassen,
Um ungeschwächt zu dulden unsre Qual,
Damit sein Rachegrimm befriedigt würde;
Wenn wir ihm größern Dienst als seine Sklaven
Nach Kriegsrecht leisten müssten – die Geschäfte
Hier in der Hölle Feu’r ihm zu besorgen,
Botschaft zu tragen in der finstern Tiefe?
Was kann es nützen, fühlen wir die Kraft
Und unser ew’ges Wesen unverringert,
Sich solchem ew’gen Bann zu unterziehn?« –
Worauf mit raschem Wort der Erzfeind sprach:

»Gefallner Cherub! Jämmerlich ist Schwäche,
Im Tun, im Leiden sei’s; doch des sei sicher,
Dass unser Werk nie sein wird: Gutes tun;
Nein, Übles stets, als einziges Ergötzen,
Weil’s seinem hohen Willen widerstrebt,
Dem feind wir sind. Wenn seine Vorsicht dann
Zu Gutem sucht zu wenden unser Böses:
Sei’n wir bestrebt, den Zweck zu hintertreiben
Und Übelskeim aus Gutem aufzufinden,
Was uns wohl häufig glückt und Kränkung ihm
Vielleicht gewährt und, irr ich nicht, ihn ablenkt
Vom sichern Ziel in seinen tiefsten Plänen.
Doch sieh! Der zorn’ge Sieger rief zurück
Die Diener seiner Rach’ und der Verfolgung
Zum Himmelstor; der Schwefelhagel, den er
Uns nachgesandt im Sturm, hat übertobt
Die feur’ge Flut, die uns im Niedersturze
Vom Himmel aufgenommen, und der Donner,
Beschwingt mit rotem Blitz und Sturmeswut,
Hat wohl verbraucht die Speer’ und hört nun auf,
Zu heulen durch die grenzenlose Tiefe.
Lass es uns nutzen, mag Verachtung nun,
Mag Wutersättigung den Feind nun hemmen.
Siehst du die traur’ge Wüste, einsam wild,
Sitz der Verzweiflung, alles Lichtes bar,
Bis auf den Schimmer dieser blauen Flammen
Bleich und erschreckend? Dorthin lass uns gehen,
Von dem Gewoge dieser Feuersgluten
Dort auszuruhn, wenn Ruh dort wohnen kann,
Und, die verstörten Scharen wieder sammelnd,
Beraten, wie wir unsern Feind am besten
Verletzen können, den Verlust herstellen,
Wie überwinden diesen grausen Unfall,
Wie wir durch Hoffnung uns erholen können;
Wenn nicht – was für Entschluss das Elend endet.«

So sprach Satan zum nächsten Schuldgenossen,
Mit aus der Wog’ erhobnem Haupt und Augen,
Die funkelnd brannten; seine andern Glieder
Bedeckten schwimmend, lang und breit gestreckt,
Der Flut gar manche Hufe,...



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