E-Book, Deutsch, Band 2, 332 Seiten
Reihe: Flat-Out Love
Park Flat-Out Celeste
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7363-2196-0
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 2, 332 Seiten
Reihe: Flat-Out Love
ISBN: 978-3-7363-2196-0
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Jessica Park lebt in New Hampshire, wo sie einen großen Teil ihrer Zeit damit verbringt, über Rocker-Jungs und ihre Gitarren, stark koffeinhaltige Getränke und Traumurlaube in den Tropen nachzudenken. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen sie imstande ist, sich auf andere Dinge zu konzentrieren, schreibt sie.
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1. KAPITEL
Was das Beste wäre
»Das ist also mit reductio ad absurdum gemeint.« Celeste strahlte ihre Klassenkameraden an und schloss ihren Laptop. Die Arbeit im vergangenen Monat war es wert gewesen, und die Freude, die sie jetzt empfand, nachdem sich die angestaute Energie und Aufregung über ihren Philosophievortrag gelegt hatte, war ihre Belohnung. Sie hatte keinen einzigen Fehler gemacht. »Wenn ihr euch also das nächste Mal etwas beweisen müsst, indem ihr aufzeigt, dass das Gegenteil nicht zutrifft, werdet ihr ausgesprochen gut vorbereitet sein.« Ihr Vortrag war in der Tat ausgezeichnet und ausführlich gewesen, auch wenn sich das nicht in den leeren Gesichtern ihrer Mitschüler widerspiegelte. Ein Junge mit einer enganliegenden blauen Mütze sah aus, als würde ein Koma eine stärkere Reaktion hervorrufen, und das Mädchen in dem verboten kurzen Minirock warf ihr einen finsteren Blick zu. Celeste sah zu ihrem Lehrer Mr Gil, um zu sehen, wie er reagierte. Er wirkte sprachlos. Etwas stimmte nicht. Irgendwas war geschehen, aber sie hatte keine Ahnung, was. Kurz schloss sie die Augen und ging die letzten fünfundvierzig Minuten noch mal durch. Hatte sie was vergessen? Aber eigentlich war es doch völlig egal, was die anderen dachten. Mr Gil schürzte die Lippen, als müsste er sich ein Lächeln verkneifen, und verließ seinen Platz am Fenster. Ihr war nicht klar, was an der ganzen Sache lustig sein sollte. Ihre Laune verschlechterte sich drastisch. »Das war … das war brillant! Sind wir sicher, dass du auf der Highschool bist und nicht bereits deine Doktorarbeit verteidigst?« Er zwinkerte ihr zu, und im selben Augenblick schrillte die Schulglocke. Endlich konnte Celeste wieder atmen. Die Schüler drängten sich an ihr vorbei, eine stieß gegen ihren Laptop, ein anderer trat ihr nicht gerade versehentlich auf den Fuß. Celeste starrte geradeaus und ließ die Gesichter benommen an sich vorbeiziehen. Es wäre nicht gut, sich jetzt auf sie zu konzentrieren. Aber dass sie die Augen verdrehten, entging ihr ebenso wenig wie das Gemurmel, das sie trotz der lauten Glocke hörte. »Die spinnt ja. Hat irgendwer auch nur ein Wort verstanden?« »Mir war noch nie so langweilig!« »Mir ist egal, wie heiß sie ist, das war doch nicht normal.« »Freak. Loser. Irre.« Sie presste sich den Laptop an die Brust, bis sich das Klassenzimmer geleert hatte. »Celeste?« Die Glocke verstummte, und das schrille Klingeln wurde durch ein neues Geräusch ersetzt, ein Rauschen wie im Radio oder von Wind. »Celeste? Alles in Ordnung?« »Oh? Mit mir? Ja, natürlich. Mir fehlt nichts.« Sie drehte sich um und lächelte Mr Gil an. Sie mochte ihn. Er war nett und sprach immer mit sanfter Stimme. Allerdings roch er nach feuchten Blättern, aber das konnte sie ihm verzeihen. Für die unglückliche Wahl seines Rasierwassers sollte er nicht verurteilt werden. »Bist du sicher? Dein Vortrag war sehr ausführlich, ich kann mir vorstellen, dass die Präsentation anstrengend war. Du hast wirklich viele Informationen untergebracht, und ich bin wie immer beeindruckt, wie viel Mühe du dir damit gemacht hast.« »Ich recherchiere gern. Ich empfinde es als anregend und inspirierend.« Ihre Wangen schmerzten, aber sie lächelte tapfer weiter. »Bist du sicher, dass dir nichts fehlt? Es tut mir leid, dass die Klasse nicht so interessiert war, wie du gehofft hast. Das Thema war vermutlich zu fortgeschritten für sie.« »Ich hatte durchaus erwartet, dass das Rübenbeispiel besser ankommt, aber anscheinend schätzen nicht alle den Hinweis auf ein in der Philosophie verankertes Wurzelgemüse.« Celeste lief zu ihrem Tisch und steckte den Laptop und den Schnellhefter in ihre rote Umhängetasche. »Ich fand ihn goldrichtig und clever.« Er schwieg kurz. »Nur weil das hier eine hervorragende Privatschule mit größtenteils intelligenten und aufmerksamen Schülern ist, heißt das nicht, dass ihnen das gelingen würde, was du gerade getan hast. Oder dass sie es verstehen würden. Aber das ist kein Problem, weißt du? Du spielst in einer ganz anderen Liga als deine Klassenkameraden, das solltest du wissen. Deswegen musst du dich überhaupt nicht schämen.« »Ich schäme mich nicht«, sagte sie hastig. »Entschuldigen Sie, aber ich mag komplexere Themen, und ich hatte gehofft, ich könnte Ihnen meinen Enthusiasmus für dieses Thema vermitteln, was mir auch gelungen ist.« »Du hast gute Arbeit geleistet, und ich möchte dich gern einem College empfehlen. Ich nehme an, dass du dich an den Elitehochschulen bewirbst?« »Ja, danke, über ein Empfehlungsschreiben würde ich mich freuen.« »Ich weiß, es ist erst Oktober, aber ich dachte, du bewirbst dich vielleicht schon für die ersten Entscheidungsrunden. Bewirbst du dich auch an einigen außerhalb der Ivy League? Ich hätte ein paar Vorschläge für alternative Hochschulen, falls du dich dafür interessierst.« »Alternativen? Warum sollte ich nach Alternativen suchen?« Sie schob sich die Umhängetasche auf die Schulter und trat einen Schritt vor. Auf einmal drehte sich das Zimmer leicht, sie blieb abrupt stehen und senkte den Blick. »Ich muss mich entschuldigen. Wie es scheint, hat mich der Adrenalinrausch nach dem philosophischen Vortrag etwas überwältigt.« Mr Gil runzelte die Stirn. »Brauchst du Wasser?« »Ich habe eine freie Stunde, da werde ich etwas trinken und mich sammeln.« Ihre Tasche wog schwer auf ihrer Schulter, und kurz befürchtete sie, dass sie sie durch den Boden bis in die Tiefen der Erde ziehen würde. »Ich gratuliere dir jedenfalls zu deinem herausragenden Vortrag. Du kannst stolz auf dich sein.« Mr Gil knöpfte seine Strickjacke zu und steckte sich einen Kaugummi in den Mund, bevor er sich an seinen Schreibtisch setzte. »Bis morgen.« Celeste hob den Kopf und atmete tief durch. Die Tür zum Gang erschien ihr ungewöhnlich schwer, und sie seufzte, als sie das Klassenzimmer verließ. Für gewöhnlich fand sie Trost in den dunklen Holzdielen und Messinglampen, die zur Architektur der Schule gehörten, aber das Rauschen in ihren Ohren hatte nicht nachgelassen. Was war das? Sie sollte glücklich sein. Der Tag war größtenteils so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte einen erfolgreichen Vortrag gehalten, ohne von den anderen eine Reaktion zu erhalten oder mit ihnen interagieren zu müssen. So, wie es ihr gefiel. Ohne eine Wirkung auf andere zu haben und groß von ihnen bemerkt zu werden. Die abfälligen Bemerkungen hätten ihr erspart bleiben können, aber damit hatte sie gerechnet. Lange würden sie auch nicht anhalten. Dennoch empfand sie keine Freude. Die meisten hatten jetzt Unterricht, und Celeste wollte sich in ihrer freien Stunde in die Bibliothek zurückziehen. Sie hatte keine Hausaufgaben, es wäre also ein guter Zeitpunkt, um Jane Austen noch mal zu lesen. Langsam drehte sie das Zahlenschloss an ihrem Spind, aber er ließ sich nicht öffnen. Sie versuchte es noch mal, doch erst beim dritten Mal wurde ihr bewusst, dass sie wegen der Tränen, die ihren Blick verschleierten, die Zahlen nicht erkennen konnte. Heftig blinzelte sie, bis sich ihre Sicht klärte und sie das Schloss öffnen konnte. Was war heute nur los mit ihr? Sie schob ihre Umhängetasche in den Spind und zuckte zusammen, als ein Mädchen mit langem pinkem Haar gegen die Schließfächer neben ihr stieß. »Dein Vortrag war genial!« Grinsend lehnte das Mädchen den Kopf gegen die Metalltüren. Celeste musterte sie. Ja, sie war in ihrer Philosophieklasse. Dank ihrer Haarfarbe war sie nur schwer zu übersehen, aber Celeste hatte noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Nicht dass Celeste mit allzu vielen Leuten redete. Ihre soziale Isolation war eine Entscheidung, mit der sie sich wohlfühlte, doch jetzt drängte sich dieses Mädchen in ihr Leben. Celeste beschloss, trotzdem höflich zu bleiben. »Du heißt Dallas, nicht wahr?«, fragte sie. »Du sitzt oft am Fenster und siehst nach draußen, statt dem Lehrer zuzuhören.« Das Mädchen lachte. »Du bist ja direkt. Ja, ich bin Dallas, aber nein, ich bin nicht gedankenverloren. Ich lerne besser, wenn ich nicht von Mr Gils tragischer Halbglatze abgelenkt werde.« »Oh. Ich schätze, seine Frisur ist in der Tat nicht perfekt.« »Einmal ist während des Unterrichts ein Vogel gegen die Fensterscheibe geflogen und gestorben. Es war widerlich, aber jetzt behalte ich das Fenster im Blick, damit mir keine weiteren Selbstmordversuche entgehen.« »Das ist verständlich.« »Also, dein Vortrag war unglaublich! Einfach großartig!« Celeste konnte nicht sagen, ob Dallas das wirklich ernst meinte. Es erschien ihr unwahrscheinlich, weshalb sie nichts sagte. Dallas wartete einen Augenblick, während Celeste mit ihren Schnellheftern und Papieren in ihrem Spind rumhantierte. »Entschuldige, hab ich was Falsches gesagt? Du wirkst wütend.« »Es tut mir leid, nein, du hast nichts Falsches gesagt.« Vorsichtig schloss Celeste ihr Schließfach, dann sah sie Dallas an, deren grelles Haar auf eine überraschend angenehme Art mit der braunen Lederjacke im Stil der Siebziger harmonierte. »Mir gefällt deine Jacke. Du hast einen tadellosen und originellen Sinn für Mode.« »Echt? Danke! Aber sieh dich nur an. Dafür, wie dir die blonden Locken auf den Rücken fallen, würden die meisten Mädchen töten, und dein Outfit sieht aus, als wärst du der Vogue entsprungen.« Sie wedelte mit der Hand vor Celestes Oberteil. »Was ist das? Ein Kapuzenpullover aus Kaschmir? Und...