Buch, Deutsch, 180 Seiten, Format (B × H): 123 mm x 195 mm
Buch, Deutsch, 180 Seiten, Format (B × H): 123 mm x 195 mm
ISBN: 978-3-03867-118-3
Verlag: Brotsuppe, Verlag Die
Als Kind entrümpelt er sein Zimmer und verstaut das Wichtigste in der untersten Schublade seines Schreibtischs – die gälte es zu retten, sollte das Haus einmal brennen. Auch als Erwachsener sucht Bruno Pellegrino nach einem Ausweg aus seiner Angst vor dem Verlieren und Vergessen. Sie begleitet ihn, als er sich durch das Archiv einer Schriftstellerin arbeitet, sich auf die Spuren einer unbekannten Dichterin begibt oder versucht, eine Erinnerung festzuhalten. Natürlich gäbe es da das Schreiben, aber die schwindelerregende Masse an Notizbüchern lässt sich kaum einhegen, und dann ist Papier auch noch brennbar. Mit Präzision und Humor denkt Bruno Pellegrino in neun Miniaturen über unsere Faszination für das Leben anderer nach, über unser Bedürfnis, Dinge aufzubewahren, und das erleichternde Gefühl, sie doch wieder loszulassen.
Bruno Pellegrino und Lydia Dimitrow stehen für Lesungen zur Verfügung.
Zielgruppe
Für Erwachsene und junge Erwachsene, die gerne nachdenken.
Weitere Infos & Material
In ihren letzten Lebensjahren hatte sie sich in ihrem Gehege so wenig geregt, dass dem Zoopersonal an dem Tag, als sie zu atmen aufhörte, gar nichts aufgefallen war. Als sie dem Präparator übergeben wurde, war sie schon eine gute Woche tot. Er erklärt, heutzutage habe sich sein Beruf spezialisiert, entweder du machst Raubvögel oder Lurche, aber damals habe man alles genommen, was kam. Lemur, Hauskatze, Pfau, man wuchs mit seinen Aufgaben. Für ihn war es die erste Schildkröte. Bis er ein entsprechendes Handbuch aufgetrieben hatte, war die Verwesung des Kadavers schon fortgeschritten, der Geruch in der Werkstatt unerträglich geworden. Der Präparator zog nach draußen um, auf den großen Platz vor dem Museum. Vorbeiflanierende Leute traten an seine Werkbank. Die Schwierigkeit bestand darin, den Panzer aufzuschneiden, ohne ihn zu beschädigen. Um ihn offenzuhalten, versuchte er es mit verschiedenen Werkzeugen, Säge, Stichsäge, Trennscheibe. Mit einer Hand vorm Mund wichen die Leute zurück. Nachdem der Panzer geleert und gereinigt war, musste er noch neu befüllt werden. Der Präparator nahm, was er zur Hand hatte, was seine Hosentaschen und seine Werkstatt hergaben, was auf dem Platz vor dem Museum herumlag. Glaswolle, Sand, Schnur, Verpackungspapiere, Kassenzettel aus dem Supermarkt, Busfahrscheine. Ein bisschen unorthodox, erklärt er lächelnd. Was der Restaurator für Augen machen wird, wenn er das Tier in ein paar Jahren öffnet.




