E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Roberts Haben Sie kein Herz, Dr. Wolfe?
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7515-0453-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7515-0453-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als Dr. Thomas Wolfe mit seiner Ex-Frau Rebecca zusammenarbeitet, merkt er gleich: Er begehrt sie noch immer! Allerdings hat ihre Beziehung nur eine neue Chance, wenn er endlich um ihre tote Tochter trauert. Kann er es wagen, die schützende Mauer um sein Herz einzureißen?
Alison wurde in Dunedin, Neuseeland, geboren. Doch die Schule besuchte sie in London, weil ihr Vater, ein Arzt, aus beruflichen Gründen nach England ging. Später zogen sie nach Washington. Nach längerer Zeit im Ausland kehrte die Familie zurück nach Dunedin, wo Alison dann zur Grundschullehrerin ausgebildet wurde. Sie fand eine Stelle als Lehrerin im Norden des Landes, wo sie ihren Traummann kennenlernte, der einen Wirbelsturm aus romantischen Gefühlen in ihr auslöste. Der Sturm gipfelte in der Hochzeit mit dem jungen Doktor und jetzigen Professor Mark. Es folgten zwei Jahre in Glasgow, Schottland. In dieser Zeit vollendete sie ihren ersten Roman - einen Medizinthriller mit einer ordentlichen Portion Romantik. Mit der Rückkehr nach Neuseeland begann ein neues turbulentes Kapitel in ihrem Leben, in dem sich alles darum drehte, sich um ihre kleine Tochter zu kümmern, ein altes Farmhaus zu renovieren, einen großzügigen Garten zu gestalten und ihre kleine Menagerie - Esel, Schafe, Hühner, Hunde und Katzen - zu versorgen. Neben ihrem Zuhause, der Familie und dem Schreiben engagiert sich Alison leidenschaftlich beim Rettungsdienst. Bei dieser Arbeit erhält sie viele Anregungen für ihre Arztromane. Die aufregenden Stunden im Einsatz und die Rettung von Patienten bilden den perfekten Ausgleich für die einsamen Stunden des Schreibens.
Weitere Infos & Material
1. KAPITEL
Es würde nicht leicht sein, das hatte er gewusst.
Auch, dass manche Fälle ganz besonders schwer sein würden.
Doch Dr. Thomas Wolfe hatte nach der dringend benötigten Pause ebenfalls gewusst, dass er bereit war, sich wieder seiner ersten Liebe zu widmen: der Kinderkardiologie.
Gebrochene kleine Herzen zu heilen …
Und natürlich auch die größeren. Das Paddington Children’s Hospital behandelte Kinder und Jugendliche jeden Alters, vom Neugeborenen bis zum Achtzehnjährigen. Nachdem er jahrelang nur mit Erwachsenen zu tun gehabt hatte, war Thomas im Umgang mit Heranwachsenden sicherer geworden, doch im Laufe der letzten Monate hatte er seine Faszination für Babys wiederentdeckt. Und für die Kinder, die alt genug waren, um zu begreifen, wie krank sie waren – tapfere Kinder, von denen sich viele Erwachsene eine Scheibe hätten abschneiden können.
Das Schicksal einiger Kinder berührte ihn besonders, was ihm vor Augen führte, wie wichtig es war, dass er seine Arbeit so gut wie möglich machte. Doch man musste vorsichtig sein. Wenn man die Dinge zu nah an sich heranließ, beeinträchtigte es nicht nur das eigene Urteilsvermögen, es bestand auch die Gefahr, dass es einen am Ende zerstörte.
Und das würde Thomas Wolfe nie wieder zulassen.
Er musste eine kurze Pause einlegen und blieb im Hauptkorridor der kardiologischen Station stehen, direkt neben den riesigen bunten Figuren von Pu dem Bären und seinen Freunden, die den Wandabschnitt zwischen den Fenstern der Patientenzimmer dekorierten. Tiger schien mitten im Sprung auf ihn herabzugrinsen, während Thomas so tat, als würde er eine neue Nachricht auf dem Pager lesen.
Dieser Fall hatte sich seit seiner Rückkehr nach Paddington als der schwierigste entpuppt. Ein kleines Mädchen, das es einem fast unmöglich machte, sichere Distanz zu wahren. Die sechsjährige Penelope Craig, von allen nur „Penny“ genannt, berührte nicht einfach nur die Herzen der Menschen in ihrer Nähe. Sie nahm sie regelrecht gefangen, dass es schmerzte.
Er musste sich nicht daran erinnern, wie wichtig es war, Distanz zu wahren, denn diese Fähigkeit hatte er von dem Augenblick an trainiert, als er erneut durch die Tür dieses erstaunlichen alten Krankenhauses getreten war. Sie war ihm bereits so in Fleisch und Blut übergegangen, dass er sie automatisch anwendete. Er musste nur sicherstellen, dass es in seiner inneren Barriere keine Lücken gab, ansonsten würde Penny sie finden und durchbrechen.
Und das durfte nicht geschehen.
Er nickte, als hätte er auf dem Pager eine wichtige Nachricht gelesen, hob den Kopf und ging zur nächsten Tür. Ohne zu zögern. klopfte er und betrat lächelnd den Raum.
Für den Bruchteil einer Sekunde geriet sein Lächeln ins Wanken, als ihm Pennys Mutter Julia Craig in die Augen sah. In ihrem Blick lag die allgegenwärtige, unausgesprochene Frage:
Ist es heute so weit?
Seine Antwort war ebenso lautlos:
Nein. Heute nicht.
Die Kommunikation zwischen ihnen war so routiniert, dass sie kaum länger als einen Wimpernschlag dauerte. Penny hatte es sicher nicht bemerkt.
„Sehen Sie, Dr. Wolfe! Ich kann tanzen.“
Die Tatsache, dass Penny aufgestanden war, bedeutete, dass heute einer ihrer guten Tage war. Noch immer war die Nasenkanüle mit Klebeband an beiden Wangen befestigt, der lange Plastikschlauch verlief über den Rücken bis zu der Stelle, wo er an die Sauerstoffzufuhr angeschlossen war, aber Penny war auf den Beinen.
Nein, eigentlich stand sie auf den Zehenspitzen und ließ die Arme anmutig über die Rüschen ihres hellrosa Tutus baumeln. Und dann versuchte sie, sich im Kreis zu drehen, doch der Schlauch war im Weg. Sie verlor das Gleichgewicht und setzte sich ruckartig hin, was andere Kinder wahrscheinlich verstört hätte.
Penny lachte einfach.
„Huch.“ Julia schloss ihre Tochter in die Arme, als sich das Gelächter in Keuchen verwandelte.
„Ich kann …“ Penny schnappte erneut nach Luft. „Ich kann … es schaffen. Seht nur!“
„Nächstes Mal.“ Julia setzte Penny aufs Bett. „Dr. Wolfe ist hier, um nach dir zu sehen, und er ist sehr beschäftigt. Er muss sich heute um viele Kinder kümmern.“
„Aber nur um eines, das tanzen kann.“ Thomas lächelte. „Wie ein Ballerinabär.“
Pennys Lächeln konnte einen ganzen Raum erhellen. Sie richtete ihre großen grauen Augen auf den Fernseher an der Wand, wo ihre Lieblings-DVD lief. Eine Truppe flauschiger Bären in Tutus führte einen Tanz auf, der eine Zeichentrickversion von „Schwanensee“ darstellte.
„Ich möchte nur dein Herz abhören, wenn das okay ist.“ Thomas nahm sich das Stethoskop vom Hals.
Penny nickte, wandte den Blick aber nicht vom Fernseher ab. Sie hob die Arme über den Kopf und krümmte einen Finger, während sie versuchte, die Bewegungen der tanzenden Bären zu imitieren.
Thomas fiel die bläuliche Farbe auf, die die Lippen seiner kleinen Patientin angenommen hatten. Er legte den Kopf des Stethoskops an ihre Brust, die Narben von mehreren großen Operationen trug, und lauschte den Klängen ihres Herzens, das sein Bestes gab, um den kleinen Körper ausreichend mit Blut zu versorgen, aber jeden Tag ein wenig mehr versagte.
Die neuen Medikamente halfen, doch es reichte nicht. Vor einigen Wochen war Penny auf die Warteliste für eine Herztransplantation gesetzt worden, und es war die Aufgabe von Thomas und seinem Team, sie bis dahin zu stabilisieren. Einerseits bekam sie Medikamente, die ihr Herz unterstützten, andererseits mussten Komplikationen überwacht werden wie die Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe und in ihrer Lunge. Leider war es mittlerweile notwendig, ihre körperliche Aktivität einzuschränken, und wenn Penny das Zimmer verlassen wollte, musste sie im Rollstuhl sitzen.
Die Chancen, dass rechtzeitig ein passendes Herz verfügbar wurde, standen nicht allzu gut. Doch so erschütternd diese Tatsache auch war, war es doch nicht der Grund, warum dieser spezielle Fall sich als so viel schwieriger erwies als die anderen Patienten, die auf der Transplantationswarteliste standen.
Penny war eine direkte Verbindung zu seiner Vergangenheit.
Der Vergangenheit, vor der er hatte fliehen müssen, um zu überleben.
Er hatte Penny vor mehr als sechs Jahren kennengelernt. Im Grunde schon, bevor sie auf die Welt kam – als sich bei Ultraschalluntersuchungen herausgestellt hatte, dass das Baby einen der schwersten angeborenen Herzfehler besaß: eine der Herzkammern war zu klein. Die erste Operation hatte sie im Alter von nur wenigen Wochen gehabt, und er war der Arzt gewesen, der sie davor und danach betreute.
Er hatte viel Zeit mit Pennys Eltern Julia und Peter Craig verbracht und dabei ihre Ängste so unmittelbar gespürt, als wären es seine eigenen.
So etwas konnte geschehen, wenn man selbst ein Kind hatte …
Gwen war nur etwas älter als Penny und wäre nun acht Jahre alt. Hätte sie die Ballerinabären genauso geliebt? Wäre sie womöglich zum Ballettunterricht gegangen und hätte sich ein rosa Tutu über ihre Sachen gezogen, sogar über den Pyjama?
Der Gedanke war kaum mehr als ein schwacher Stich in seinem Inneren. Thomas hatte gewusst, dass die Arbeit mit Kindern an dem Schmerz rühren würde, den er sorgfältig verdrängt hatte, doch er konnte damit umgehen.
Er wusste, dass er sich von der Gefahrenzone entfernen musste.
Er trat vom Bett zurück. „Heute ist ein schöner Tag“, fand er und hängte sich das Stethoskop wieder um den Hals. „Vielleicht kann Mummy mit dir für eine Weile nach draußen in die Sonne gehen.“
Während er sprach, kam eine Schwester ins Zimmer. Er sah die Nierenschale, die sie in einer Hand hielt, und das Glas Saft in ihrer anderen. „Nachdem du deine ganzen Tabletten geschluckt hast.“
„Haben Sie es eilig?“ Julia erhob sich ebenfalls. „Hätten Sie eine Minute?“ Sie warf ihrer Tochter einen Blick zu, die noch immer wie gebannt den tanzenden Bären zusah. „Ich bin in einer Minute zurück, Schatz. Sei ein gutes Mädchen und schluck die Tabletten für Rosie, okay?“
„Okay.“ Penny nickte abwesend.
„Natürlich macht sie das“, erwiderte Rosie. „Und dann will ich noch mal die Namen sämtlicher Bären hören. Wie heißt der mit dem glitzernden blauen Fell?“
„Saphir“, hörte Thomas Penny sagen, als er Julia die Tür aufhielt. Wenn sie sich um den Zustand ihrer Tochter sorgte, mussten sie woanders hingehen, um darüber zu sprechen.
Das Angehörigenzimmer, das sich ein Stück entfernt befand, war leer. Thomas schloss die Tür hinter ihnen und bedeutete Julia, auf einem der bequemen Stühle Platz zu nehmen.
„Sind Sie sicher, dass Sie Zeit haben?“
„Natürlich.“
„Ich wollte nur … Ich wollte Sie noch etwas zu dem fragen, was Sie gestern gesagt haben. Am Abend habe ich versucht, es Peter zu erklären, aber ich glaube, dass es sich aus meinem Mund sehr viel schlimmer angehört hat … als aus Ihrem …“ Julia kämpfte mit den Tränen.
Thomas schob die Schachtel Taschentücher auf dem Beistelltisch näher, und dankbar zog sich Julia mehrere heraus.
„Sie meinen das ventrikuläre Unterstützungssystem, das VAD?“
Sie nickte und drückte sich die zusammengeknüllten Taschentücher ins Gesicht. „Sie haben gesagt … Sie haben gesagt, es wäre der nächste Schritt, wenn … falls … es schlimmer wird.“
Thomas sprach mit sanfter Stimme. „Es klingt furchteinflößend, ich...




