Buch, Deutsch, 319 Seiten, Format (B × H): 131 mm x 211 mm, Gewicht: 329 g
Roman
Buch, Deutsch, 319 Seiten, Format (B × H): 131 mm x 211 mm, Gewicht: 329 g
ISBN: 978-3-947145-08-9
Verlag: hansanord
Als Christian Holenius im Jahr 1787 ins Haus des Hamburger Domherrn von Welmhoff kommt, um als dessen rechte Hand zu arbeiten, muss er miterleben, wie in dem alten Kurienhaus am Dom eines Tages Furcht und Schrecken Einzug halten. Es ereignen sich unheimliche Dinge und verstören die Kurienbewohner: Klopflaute sind zu hören, Möbel wandern durch die Räume und schemenhafte Gestalten erscheinen. Während Angst und Entsetzen rasch um sich greifen und sich der Spuk mit herabregnenden Steinen und brennenden Gegenständen weiter steigert, will allein der Domherr von alledem nichts wissen und vermutet eine Verschwörung gegen sich. Als schließlich jedoch Todesopfer zu beklagen sind, stößt Holenius nach langer Suche auf ein altes Geheimnis, in dessen Mittelpunkt ein düsteres Sakrileg aus der Vergangenheit des Domkapitels steht …
"Tod im Mariendom" ist ein historischer und zugleich fantastischer Roman, in dessen Mittelpunkt unheimliche und bedrohliche Geschehnisse im Umfeld des Hamburger Mariendoms im Jahr 1787 stehen. Die packende Geschichte ist das jüngste Werk des Hamburger Historikers und Autors Martin Schemm, der im Jahr 2007 mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet wurde.
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Prolog Wenn ich die Ereignisse heute mit dem Abstand von mehrals zwanzig Jahren Revue passieren lasse, so vermag ich noch immer nicht wirklichzu begreifen, was in jenen Wochen im Herbst 1787 geschehen ist. Allzu seltsamund unfassbar – ja, zweifellos übernatürlich – war all das, was uns damals im Umfelddes alten Mariendoms und des Domkapitels zu Hamburg wie eine Heimsuchung ereilthat. Ich sage uns, doch leider ist vondem knappen Dutzend Zeugen jener Vorfälle heute kaum einer mehr da, der sichmit mir erinnern könnte. Viele sind schon von uns gegangen, andere habe ich ausden Augen verloren und manch einer hat das Ganze längst aus seinem Geiste verbannt.Mit diesem Bericht möchte ich die merkwürdigen Geschehnisse nun vor demVergessen bewahren und sie mir zugleich von der Seele schreiben. Ein umsandere Mal habe ich in den vergangenen Jahrzehnten versucht, mir selbst eineplausible Erklärung für das Erlebte zu geben, doch mehr als eine vage, kaumbeweisbare Theorie halte ich nicht in Händen. Mit Gewissheit kann ich lediglichsagen, dass es keine Sinnestäuschungen waren, sondern zweifellos Manifestationenübernatürlicher Kräfte. Durch die chronologische Ordnung und Schilderung der Ereignisseim Rahmen dieses Berichts hoffe ich nicht zuletzt, für mich selbst Klarheitgewinnen zu können. Hierfür werde ich angesichts der bereits verblassendenErinnerung meine alten Aufzeichnungen und Tagebuchnotizen zu Rate ziehen. Meinsehnlichster Wunsch wäre es, nach Vollendung dieser Niederschrift meinen Friedenmit dieser seltsamen Episode schließen zu können. Und sollte es mir als Verstandesmenschnicht vergönnt sein, eine rundum schlüssige Erklärung zu erlangen, so wäre ichdem Allmächtigen schon dankbar, wenn ich das Unbegreifliche schlicht als gottgegebenin mein Weltbild aufnehmen könnte. So wie Shakespeare seinen Hamlet tiefgründigsagen lässt: Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden … Des Weiteren, so mussich zugeben, hege ich mit der Veröffentlichung auch die Hoffnung, nicht längerallein sein zu müssen mit einer Erfahrung, die bei weitem den menschlichenHorizont übersteigt. Warum,mag sich mancher Leser fragen, erfolgt die Niederschrift erst so spät, nachzwanzig langen Jahren? Nun, weil die Zeit bislang noch nicht reif war, würde ichihm entgegnen. Denn erst heute kann mein Bericht keine alten Wunden mehr aufreißen,denn viele, die damals liebe Menschen auf grausige Weise verloren haben, weilennun nicht mehr unter uns – wie insbesondere Seine Hochwürden Domherr vonWelmhoff, mein damaliger Dienstherr, und seine Gemahlin. Der entsetzliche Tod ihrerdamals zwölfjährigen Tochter hat beiden seinerzeit den Lebenswillen geraubt. Siezogen sich auf ihr Landgut zurück und sind dort vor einiger Zeit gramgebeugtverstorben. Auch von den übrigen einst elf Domherren sind heute nur noch dreiam Leben, einer von ihnen in der Irrenanstalt. Diesen letzten drei Kanonikernsind jene alten Geschehnisse zudem unbekannt, sie ereigneten sich vor ihrerZeit. So mag es niemandem Leid oder Schaden zufügen, wenn ich sie heuteoffenbare. Einweiterer Grund, warum ich den Bericht heute schreiben kann, ist, dass der Dom undviele dazugehörige Gebäude jüngst abgerissen worden sind. Dank der von derReichsdeputation beschlossenen Säkularisation war das Domkapitel anno 1803 andie Stadt Hamburg gegangen, die es umgehend auflöste und den Abriss der Bauten besiegelte.Denn der Dom war schon lange Zeit zuvor – auch damals, als ich dort lebte – nurnoch eine verfallende düstere Höhle, in die kaum ein Hamburger mehr seinen Fußsetzte. Es war ein aus der Zeit gefallener Fremdkörper im Herzen der Stadt, vonniemandem mehr als Ort des Gebets genutzt oder als Baukunstwerk verehrt. Somuss Altes eben Neuem weichen. Gerade in unseren heutigen Tagen, da Hamburg vonFranzosen besetzt ist und durch Fremdherrschaft und Not bitter bedrängt wird,erleben wir Wandel und Umbruch, und sei es auch schmerzlich. Für mich war derAbriss des Doms, wie der Leser vielleicht bald verstehen mag, auf jeden Fall eineErleichterung. Erst jetzt, da nichts mehr an die Stätte erinnert, fühle ichmich in der Lage, über das Erlebte zu schreiben. Zudemdanke ich Gott dem Herrn, dass ich mit meiner Gattin und unseren Töchtern schonlange nicht mehr im Umfeld des früheren Doms lebe. Hier am Hopfenmarkt herrschtdas lebendige Treiben der Großstadt, und das nahe Kontorhaus, wo ich seitJahren arbeite, hat nichts Altes oder Verfallendes an sich. Gleichwohl habenjene Erlebnisse tiefe Spuren in mir hinterlassen. Wann immer mich mein Weg durchdie Stadt an dem nun leeren Domplatz vorüberführt, beschleicht mich stets noch einnagendes Gefühl ängstlicher Verunsicherung. Ehe ichden Leser nun mit hineinziehe in das Mysterium, fordert meine Verantwortung, dassich ihn vor den möglicherweise verstörenden Wirkungen der Lektüre warne. Diegeschilderten Ereignisse sind in ihrer Art und Weise erschreckend und haben zudemtragischer Weise Menschenleben gefordert. Für Zartbesaitete könnten die folgendenSeiten also mehr Grauen als Unterhaltung bereithalten. Doch selbst hartgesottenenLesern sollte bewusst sein, dass nicht Dichtkunst, sondern wahre Begebenheitenhier die Feder geführt haben. Christian Jakob HoleniusHamburg, am Michaelstag 1809




