E-Book, Deutsch, Band 968, 64 Seiten
Reihe: Jack Slade
Slade Jack Slade 968
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7517-3954-2
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zur falschen Zeit am falschen Ort
E-Book, Deutsch, Band 968, 64 Seiten
Reihe: Jack Slade
ISBN: 978-3-7517-3954-2
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In Wild Creek soll der Halbindianer James Banks den Saloonbesitzer Garret Penning ermordet haben. Der Kopfgeldjäger Ben Morane kann den Verdächtigen in den Bergen aufspüren und bringt ihn zurück in die Stadt. Eigentlich wäre sein Auftrag damit erledigt, doch Ben hat begonnen, an der Schuld des Mannes zu zweifeln. Als Banks zum Tod am Galgen verurteilt wird, trifft er eine Entscheidung ...
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Zur falschen
Zeit am
falschen Ort
In Wild Creek soll der Halbindianer James Banks den Saloonbesitzer Garret Penning ermordet haben. Der Kopfgeldjäger Ben Morane kann Banks in den Bergen aufspüren und bringt ihn zurück in die Stadt. Eigentlich wäre sein Auftrag damit erledigt, doch Ben hat begonnen, an der Schuld des Mannes zu zweifeln. Als Banks zum Tod am Galgen verurteilt wird, trifft er eine Entscheidung ...
»Noch einen, Dave?«, fragte Garret Penning und griff bereits nach der Whiskeyflasche, denn er wusste, dass Dave nicht ablehnen würde. Dave lehnte niemals einen Drink ab, solange er noch einen Dollar in der Tasche hatte, um ihn zu bezahlen. Der große, schwere Mann, der im Mietstall von Tom Dunken arbeitete, schwankte schon, hielt sich aber noch auf den Beinen. Penning schätzte, dass es drei weitere Gläser dauern würde, bis er genug hatte.
Erwartungsgemäß nickte Dave ihm zu, wobei er ihn aus glasigen Augen anstarrte. Penning goss zwei Fingerbreit von der klaren Flüssigkeit in das Glas vor ihm auf dem Tresen. Auf Daves Gesicht erschien ein zufriedener Ausdruck. Mit zitternder Hand griff er danach und trank, wobei er sich einen Rest für den zweiten Schluck aufsparte, wie Penning stirnrunzelnd bemerkte. Das war ungewöhnlich für ihn. Es würde wohl doch keine drei Gläser mehr dauern.
Als das Knarren der Flügeltüren an seine Ohren drang, hob er den Blick. Charles Dixon betrat den Saloon, nickte ihm zu und ging zu dem Tisch hinten in der Ecke, an dem er am liebsten saß. Der Bankdirektor von Wild Creek war der einzige Gast, dem Penning seine Drinks an den Tisch brachte. Dieses Privileg hatte Dixon sich erkauft, indem er seine Rechnungen stets um ein paar Dollar aufzurunden pflegte.
Penning griff nach einer Flasche und einem Tablett. Dabei fiel sein Blick über den Rand der Türen nach draußen. In der Dunkelheit erspähte er auf der anderen Straßenseite einen Schatten. Vor dem Licht, das durch die Fenster des Hauses dahinter fiel, hob sich die Silhouette deutlich ab. Seltsam, sie wirkte irgendwie unförmig. Als hätte jemand einen riesigen Sack auf die Straße gestellt.
Als Nächstes hörte Penning einen Knall. Er spürte einen heftigen Schlag gegen die Stirn. Dann nichts mehr.
?
Sheriff Don Randle schob den Hut in den Nacken und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Garret Pennings tote Augen starrten ihn an. Er lag hinter seinem Tresen auf dem Rücken. Um ihn herum wimmelte es von Scherben und Splittern, und der raue Holzboden glänzte feucht. Die Wucht der Kugel musste den Mann an das Regal geschleudert haben, sodass ein paar Flaschen herausgefallen und auf den Bohlen zerschellt waren. Ein penetranter Geruch nach Whiskey lag in der Luft. Auf Pennings Stirn zeichnete sich ein blutiges kleines Loch ab, beinahe genau zwischen den Brauen.
Randle rückte den Hut wieder zurecht und wandte sich seinen Deputys Gideon Nazareth und Horace Comps zu, die auf der anderen Seite des Tresens standen und die Leiche von dort aus begutachteten.
»Schöne Schweinerei«, knurrte er.
Hinter den Deputys hatte sich das knappe Dutzend Männer versammelt, die im Saloon gewesen waren, als der Mörder Penning von draußen das tödliche Blei verpasste.
Alle blickten betreten drein. Miranda und Brandy, die beiden Huren des Hauses, saßen dicht nebeneinander in einer Ecke und waren kreidebleich. Dave Wilks, der den Sheriff gerufen hatte, hockte mit geschlossenen Augen neben ihnen auf einem Stuhl und machte den Eindruck, als wäre er eingeschlafen. Als er in Randles Büro gestürmt war, hatte er aus allen Poren nach Alkohol gerochen.
»Hat einer von euch was gesehen?«, richtete Randle das Wort in die Runde.
Einige schüttelten den Kopf, andere reagierten gar nicht. Nur Ted Bond trat einen Schritt vor.
»Ich habe etwas beobachtet«, sagte er.
»Schießen Sie los, Mister Bond!«, forderte Randle ihn auf.
»Als ich rausgegangen bin, ist mir auf der Straße eine Gestalt in einem Bärenfell aufgefallen. Wir alle wissen, dass es nur einen Mann gibt, der mit so einem Fell durch die Gegend läuft. Er stand mit einer Waffe in der Hand auf der anderen Straßenseite, hat den Saloon angestarrt und hat dann plötzlich geschossen.«
Randle wusste sofort, wen er meinte. James Banks lebte zusammen mit seiner Schwester Dakota in einer Hütte ein paar Meilen von Wild Creek entfernt am Fuß der Berge. Wie seine Schwester war er Halbindianer und tauchte alle paar Wochen in der Stadt auf, um Einkäufe zu erledigen und sich den einen oder anderen Drink zu genehmigen. Ansonsten bevorzugte er die selbstgewählte Abgeschiedenheit, die ihn im Laufe der Jahre etwas wunderlich gemacht zu haben schien. Jedenfalls gab er sich meistens entweder wortkarg oder brabbelte zusammenhangloses Zeug vor sich hin.
Dakota Banks war anders als ihr Bruder, aufgeschlossen und interessiert, ließ sich aber noch seltener blicken. Randle wusste, dass sie mit Lisa Perkins befreundet war, was etwas heißen wollte, denn Lisa schloss nicht so schnell Freundschaften.
Ach ja, Lisa. Wie sie wohl auf diese Nachricht reagieren würde?
»Ist schon klar«, erwiderte er. »Das Bärenfell ist sozusagen James Banks' Markenzeichen. Aber warum sollte er Garret umlegen?«
»Vergangene Woche hatten sie einen Streit. Einen ziemlich heftigen Streit.«
»Das stimmt, ich hab's mitbekommen«, warf Murphy Stokes ein. Der kleine, drahtige Mann arbeitete im Gemischtwarenladen, wie Randle wusste. Er war bekannt dafür, dass er jeder Lady hinterherglotzte, egal, ob sie sechzehn oder sechzig Jahre alt war. Randle mochte ihn nicht.
»Worum ging's denn?«, fragte er Bond und ignorierte Stokes dabei einfach.
»Soweit ich das mitbekommen habe, hat Banks seit einiger Zeit anschreiben lassen. Garret wollte, dass er endlich seine Zeche zahlt. Banks weigerte sich. Ich schätze, er hatte das Geld nicht. Jedenfalls ist Garret wütend geworden und hat ihm ein paar üble Sachen an den Kopf geworfen.«
»Elendes Halbblut, zum Beispiel«, sekundierte Stokes.
Bond nickte bestätigend. »Er solle sich zu den Indianern scheren, wo er hingehöre. Banks wurde wütend. So habe ich ihn noch nie erlebt. Er hat Garret richtig angebrüllt. Einen Moment lang habe ich geglaubt, er würde sich auf ihn stürzen, aber dann ist er abgezogen.«
Randle stieß ein zufriedenes Brummen aus.
»Damit ist die Sache wohl glasklar«, verkündete er. »Banks hatte mit Garret einen heftigen Streit, und ein paar Tage später wird Garret von einem Mann in einem Bärenfell erschossen. Meine Deputys und ich reiten morgen zur Hütte der Banks. Jetzt ...«
»Morgen früh erst?«, unterbrach ihn Stokes empört.
Verärgert legte Randle die Stirn in Falten. »Es ist dunkel, und der Mond wird von Wolken verdeckt. Ich weiß nicht, ob Sie den Weg zur Hütte kennen, ich jedenfalls kenne ihn. Das Gelände ist unwegsam, und ohne Licht riskieren wir, dass sich die Pferde die Beine brechen. Außerdem kennt Banks da oben jeden Stein. Während wir keine zehn Schritte weit sehen können, könnte er uns mühelos in eine Falle locken. Wir brechen auf, noch bevor es hell wird.«
Stokes sah skeptisch drein, hielt jedoch den Mund.
»Wir sollten den Bestatter holen«, schlug Bond vor.
»Richtig«, stimmte Randle zu. »Stokes, Sie machen das.«
»Wieso denn ich?«, protestierte dieser.
Randle setzte sein finsterstes Gesicht auf, von dem er wusste, dass es seine Wirkung nicht verfehlen würde. »Weil ich es Ihnen sage.«
Ohne weitere Widerworte eilte Stokes aus dem Saloon. Er war kaum draußen, als ein durchdringender Schnarchlaut die Anwesenden zusammenzucken ließ.
»Jemand muss Dave aufwecken«, sagte Randle.
?
Wild Creek war wie so viele andere Städte, die Ben Morane auf seinen Reisen quer durch das Land gesehen hatte. Die durch den Regen der vergangenen Tage schlammige Hauptstraße wurde auf beiden Seiten von Gebäuden gesäumt, von denen einige den Eindruck machten, als wären sie in aller Eile erbaut worden. Ein Haus stand so schief, dass es ihn nicht überrascht hätte, wenn es vor seinen Augen eingestürzt wäre.
Vor seinen Lippen kondensierte sein Atem zu kleinen Dampfwolken. Die Luft war heute deutlich kühler als gestern. Der Herbst ließ die Muskeln spielen, als wollte er die Menschen auf einen frostigen Winter vorbereiten.
Die vergangene Nacht hatte Ben unter freiem Himmel verbracht. Kaum war die Sonne untergegangen, war es elend kalt geworden, und er hatte kaum Schlaf gefunden. Er hätte besser in Rocktown bleiben sollen, wo er den Outlaw Jason Bright gestern abgeliefert hatte, schalt er sich. Was die Entfernung nach Wild Creek anging, hatte er sich gründlich verschätzt. Jetzt war er durchgefroren und sehnte sich nach einem heißen Bad und einem weichen Bett.
Als er darüber nachdachte, beschloss er, zwei Tage Pause einzulegen. Die Jagd auf den Bankräuber hatte ihm einiges abverlangt, denn Bright war ein zäher Bursche gewesen. Außerdem hatte Ben bislang keinen neuen Auftrag ergattert, also konnte er genauso gut die Füße hochlegen und ein wenig ausruhen.
Er war zwar...




