E-Book, Deutsch, Band 2, 608 Seiten
Reihe: Niceville-Trilogie
Stroud Die Rückkehr
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8321-8750-7
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman (Niceville-Trilogie, Band 2)
E-Book, Deutsch, Band 2, 608 Seiten
Reihe: Niceville-Trilogie
ISBN: 978-3-8321-8750-7
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Carsten Stroud war Surfer, Bootsbauer in Baja California und Berufstaucher in der US Army. Er hielt sich in geheimer Mission in den gefährlichsten Gegenden der Dritten Welt auf. Er ist Journalist und preisgekrönter Sachbuchautor, seine Romane sind Bestseller in den USA. Carsten Stroud hat drei erwachsene Kinder und lebt heute mit seiner Frau in Toronto. Bei DuMont erschienen bislang >Niceville< (2012) und >Die Rückkehr< (2013).
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Was der militärische Ausdruck »vertikale Stationierung im Gelände« wirklich bedeutet
Da steht dieser chinesische Learjet, ganz vorne in der Schlange vor der Startbahn vom Flughafen Mauldar Field, alle Schotten dicht, ein Pfeil auf einer gespannten Sehne, die Turbinen warm gelaufen, mit qualmenden Bremsen und klappernden Startklappen – und dann klingelt im Tower das Telefon – ein lautes blechernes Jaulen – der Boss im Tower, John Parkhurst, schnappt sich den Hörer, und dann kommt – wie er später den Cops erzählt – dieses kreischende Wutgebrüll von dieser großmäuligen –
Okay, damit man das besser versteht, Parkhurst ist in seiner Freizeit Pastor bei den Pfingstlern, also nennt er den Anrufer den Cops gegenüber nur Person und nichts Härteres – jedenfalls, der Typ am Telefon behauptet, er sei vom FBI und er verlange – seine Stimme überschlägt sich fast –, dass dieser Fluch Fluch chinesische Learjet gestoppt wird, aber pronto, mitten auf der Startbahn festgenagelt, und als Parkhurst – ein eher pingeliger älterer Herr, der statt Fluglotse wahrscheinlich lieber Zahnarzt hätte werden sollen – nach seiner ID-Nummer fragt, da knallt der Typ einfach völlig durch – fängt wieder an zu fluchen – nimmt ganz schlimme Wörter in den Mund – und hat schon fast du blöde Fot… gesagt, und man weiß, wo das endet – da drückt Parkhurst ihn weg und knallt das Telefon hin.
Zwei Minuten später donnert der Learjet, eine 60 VR Luxury Edition – locker zehn Millionen – in den Himmel davon, steil im Steigflug, mit Donner und Blitz – die beiden Triebwerke röhren so laut, dass im Umkreis von einer Meile die Fensterscheiben wackeln, und Parkhurst lehnt sich zurück, starrt das Telefon an, mit ganz roten Öhrchen, und sagt oje und achjemine, lässt einen Seufzer fahren, schüttelt den Kopf und denkt: Und das auch noch am Tag des Herrn.
Aber … von dieser bösen Sache abgesehen … er beruhigte sich wieder und blickte in die Runde – die meisten starrten ihn an und fragten sich, was das jetzt wieder war – und dann blickte er aus dem Fenster, und weil es dem Herrn so gefiel, war es noch immer ein wunderschöner frühlingshafter Sonntagvormittag und er konnte am strahlend blauen Himmel kein Wölkchen entdecken … okay, außer diesem irgendwie merkwürdigen Ding da im Südosten. Sah aus wie ein Schmutzfleck, ein schwarzes Rauchfähnchen oder vom Wind aufgewirbelte Blätter vielleicht.
Parkhurst, der beim Alten Testament Trost suchte, grübelte ein Weilchen über den Schmutzfleck nach und machte sich Gedanken über dessen Wesen.
Der chinesische Learjet legte sich währenddessen in 300Meter Höhe und einer Entfernung von einer halben Meile in eine elegante Südkurve.
Parkhurst ließ sich die Psalmen durch den Kopf gehen, als ihn ein leises Unbehagen zwickte. Er drehte sich zum Dopplerradar um. Dort tauchte der Schmutzfleck als diffuses Rauschen wieder auf, ohne sein Wesen preiszugeben. Also griff er zum Fernglas.
Er brauchte ein, zwei Sekunden, bis er das Objekt scharfgestellt hatte, und eine weitere, bis er begriffen hatte, was er sah, aber dann zog sich ihm die Kehle zusammen und ihm wurde kalt.
Das war keine Rauchwolke, das waren auch keine Blätter. Das war ein Krähenschwarm. Ein sehr großer Krähenschwarm.
Mit einem Satz war Parkhurst am Funkgerät – Flight Zero Six Notfall China Lear sofortige Kursänderung auf – aber bei der Geschwindigkeit des Düsenflugzeuges reichte das längst nicht mehr aus. Parkhurst empfing eine kurze Antwort des Kopiloten – Tower wir sind –, gefolgt von einem gebrüllten Fluch auf Chinesisch.
Der purpurgoldene Jet, der in der Vormittagssonne glitzerte, bohrte sich mitten in diesen Krähenschwarm hinein und schoss auf der anderen Seite wieder heraus, Streifen aus Blut und mattschwarzem Gefieder am Rumpf, und aus der Steuerbord-Turbine quoll dünner blauer Rauch. Der Jet verlor schon an Höhe.
Ein weiterer Funkspruch des Piloten – Tower hier Flight Zero Six Vogelschlag wiederhole Vogelschlag – Sicht gleich null –, dann nur noch Knistern und Rauschen.
Im Tower standen alle wie gelähmt da, als der Learjet nach links abschmierte – die Nase senkte sich – aus der Linkskurve wurde eine Rolle, dann eine sich immer enger ziehende Spirale – die Nase senkte sich – immer tiefer – das Flugzeug ging in den Sturzflug – Neuigkeiten aus dem Funkgerät – der Pilot war ins Hakka zurückgefallen und brüllte ins Mikrofon – im Hintergrund waren Stimmen und Schreie und das metallische Knattern des Flugzeugrumpfes zu hören – der Pilot wieder auf Englisch – Tower wir stürzen ab wir stürzen ab.
Den letzten Funkspruch hörten sie alle – sagt meinem Sohn –, dann ein heiserer Schrei – der Learjet krachte in zwei Meilen Entfernung auf, mitten im vierzehnten Grün des »Anora Mercer Golf and Country Club«.
Er ging in einen gelb-rot-schwarzen Feuerball auf, der sich ausbreitete und hoch in den Himmel erhob. Ein paar Augenblicke später spürten die Männer im Tower, wie die Schockwelle auf die Fenster traf, ein dumpfer Schlag, gefolgt von rollendem Donner.
Das wars wohl mit meiner Karriere, dachte Parkhurst. Und dann, im Nachklapp: Die Ärmsten.
Rund dreihundert Meter über der Absturzstelle formierte der Krähenschwarm sich neu, zog sich zu einer dichten Wolke zusammen, die wie eine Sense aussah, flog dicht über die Stadt hinweg, brausend und wirbelnd, erfüllte die Luft mit blechernen Vogelschreien, schwang sich dann wie eine feste Masse auf und verschwand nach Osten in Richtung Tallulahs Wall.
Im Tower herrschte Grabesstille, nur ganz hinten sagte jemand leise und ehrfürchtig: »Ach du Scheiße.«
Parkhurst musste schlucken, was wehtat, und er dachte an Feuer, Hagel, Schnee und Rauch. Während er den Absturz meldete, warf ein Neuer namens Matt Lamar kurz einen Blick auf den Flugverkehrsplan.
Er blickte zu den anderen auf, die noch immer alle gebannt auf die pilzförmige Wolke starrten, die sich über den Golfplatz erhob, nur dass sie einander dabei jetzt anbellten und -kläfften und nacheinander schnappten wie ein Rudel durchgeknallter Labradoodles.
»He, Leute«, sagte er in diesem Lärm, und dann noch einmal lauter: »Leute!«
Alle außer Parkhurst drehten sich zu ihm um.
»Was denn?«
»Morgan Littlebasket ist um 1020 mit seiner Cessna abgehoben, oder?«
»Ja«, sagte einer der anderen. »Na und?«
»Und wo bitte ist der jetzt hin?«
Nach vier Minuten war die Polizei von Niceville am abgestürzten Learjet, gleich darauf kam die Feuerwehr. Das Feuer wütete heftig und rund um die Absturzstelle loderten Lachen aus Flugbenzin. Für Löscharbeiten war es viel zu heiß. Man konnte nicht viel mehr tun als abwarten, bis es heruntergebrannt war, und im näheren Umkreis nach Verletzten suchen.
Sie fanden ein einziges Opfer, das verwirrt herumirrte, ein verhutzeltes Männchen mit einer dicken Binde auf der Nase und einem schwer versengten Gesicht, das seinen Namen als Thad Llewellyn angab.
Seinem hysterischen Gefasel nach klang es ganz so, als hatte seine Frau sich mitten am Einschlagspunkt befunden, als der Learjet donnernd aufs vierzehnte Grün niedergefahren war.
Sie hieß Inge und hatte ihm offenbar den Flaggenstock gehalten, während er versuchte, sich aus einem Sandbunker zu chippen.
Die Streifenbeamten verkniffen sich die auf der Hand liegenden »Mit einem Schlag eingelocht«-Witze – wenigstens in seiner Hörweite – und halfen dem Mann behutsam in einen Streifenwagen in Richtung Lady-Grace-Krankenhaus, mit Festbeleuchtung und Musik.
Dann sperrten sie das Gelände ab, um die Schaulustigen auf Distanz zu halten – hauptsächlich Platzwarte und ein paar Leute, die zum Sonntagsfrühstück in den Hy Brasail Room gekommen waren –, und machten es sich gemütlich, bis ihre Schichtleiter eingetroffen waren und das Feuer weit genug heruntergebrannt war, dass man es sich vornehmen konnte.
Sie sahen so lange zu, wie das Wrack des Learjets zu einem Trümmerfeld aus Glas- und Aluminiumsplittern und Leichenteilen zusammenschmolz, aus dem sich schwarze Rauchschwaden erhoben, mit einem grell orangefarbenen Feuer in der Mitte. Den Rauch trieb der Wind nach Osten, weg von der Karawane aus Polizeiwagen, aber die Hitze konnten sie noch aus dreißig Metern Entfernung spüren. Das Fairway-Gras rund um die Absturzstelle war schwarz.
Kurz, das ganze vierzehnte Grün war ein schwelender Krater, fünfzehn Meter tief und dreißig Meter im Durchmesser. So ist das nämlich, wenn ein Flugzeug vertikal im Gelände stationiert wird.
Ein paar Minuten später waren Nick Kavanaugh und sein Partner Beau Norlett vor Ort. Auf der Spur für die Golfcarts stauten sich die Feuerwehrwagen, und Männer in Schutzanzügen versprühten auf dem ganzen Gelände Schaum. Ein Stück weiter weg standen die Rettungswagen; die Sanitäter lehnten sich vorne an die Stoßstangen oder plauschten in kleinen Gruppen. Für sie war nichts zu tun. Es gab keine Überlebenden. Was immer von den Passagieren oder Thad Llewellyns Frau Inge übriggeblieben sein mochte, würde irgendwann von den Gerichtsmedizinern oder den Jungs von der Flugunfalluntersuchung mit Anhängern versehen und eingetütet werden.
Nick brachte den dunkelblauen Crown Vic hinter einem großen schwarzen Suburban zum Stehen, auf dessen Stoßstange in leuchtenden Goldbuchstaben SUPERVISOR stand. Das war der Schlitten von Mavis Crossfire....




