Thomas | Am Rand der Welt | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 408 Seiten

Reihe: Ross-Thomas-Edition

Thomas Am Rand der Welt

Ein Artie-Wu-und-Quincy-Durant-Fall
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-89581-237-8
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Artie-Wu-und-Quincy-Durant-Fall

E-Book, Deutsch, 408 Seiten

Reihe: Ross-Thomas-Edition

ISBN: 978-3-89581-237-8
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Deutscher Krimipreis 1990 Dieser Politthriller spielt unmittelbar nach dem Ende des Marcos-Regimes auf den Philippinen 1986. Als der Terrorismusexperte Booth Stallings seinen Job verliert, erhält er von regierungsnahen amerikanischen 'Geschäftsleuten' den Auftrag, einen 5-Millionen-Dollar-Deal mit einem philippinischen Terroristen abzuwickeln, für ein hübsches Honorar versteht sich. Seine Auftraggeber wollen den Guerillaführer damit in den Ruhestand zwingen. Stallings, der den Guerillero Jahrzehnte zuvor im Zweiten Weltkrieg kennen gelernt hat, zweifelt an den lauteren Absichten seiner Auftraggeber. Er faßt den Entschluß, die Millionen mit der kompetenten Unterstützung von Hochstapler Maurice 'Otherguy' Overby und den Glücksrittern Artie Wu - Anwärter auf den Kaiserthron von China - und Quincy Durant zu stehlen, da sie eine bessere Verwendung dafür haben. 'Am Rand der Welt ist einfach genial. Ross Thomas führt uns, gemeinsam mit einem erstaunlichen Aufgebot an Figuren, an den Rand der Welt, in einer Geschichte, die sich windet und schlängelt und niemals innehält.' Elmore Leonard

Ross Thomas, geboren 1926 in Oklahoma, war ein amerikanischer Autor. Er schrieb bereits als Jugendlicher Sportberichte für eine Lokalzeitung, kämpfte im Zweiten Weltkrieg als Infanterist auf den Philippinen und arbeitete danach als Reporter in Louisiana. In den fünfziger Jahren lebte er in Bonn und richtete dort das deutsche AFN-Büro ein, sowie in Frankfurt am Main. Er arbeitete als Public Relations- und Wahlkampfberater für Politiker wie beispielsweise Lyndon B. Johnson sowie als Journalist und Gewerkschaftssprecher in den USA und Nigeria. Seine Karriere als Schriftsteller begann er erst mit vierzig Jahren mit dem Schreiben vor allem von Politthrillern, in denen er die Hintergründe des amerikanischen Politikbetriebs entlarvt und bloßstellt. Für seinen ersten Roman The Cold War Swap (Kälter als der kalte Krieg) erhielt er den Edgar Allan Poe Award. Ab 1982 verfaßte er auch Drehbücher für Fernsehserien wie Simon und Simon oder Die unglaublichen Geschichten von Roald Dahl. Ross Thomas starb am 18. Dezember 1995 in Santa Monica.
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Um drei Uhr nachmittags zitierten sie Booth Stallings, den Terrorismusexperten, in die Bibliothek des siebenstöckigen Stiftungsgebäudes östlich des Dupont Circle auf der Massachusetts Avenue und feuerten ihn bei einem Glas leidlich guten spanischen Sherry. Es war an den Iden des März, die 1986 auf einen Samstag fielen, und genau zwei Monate nach Booth Stallings’ sechzigstem Geburtstag.

Der Rausschmiß wurde, soweit Stallings erkennen konnte, ohne jeden Skrupel von Douglas House erledigt, dem fünfunddreißig Jahre alten Geschäftsführer der Stiftung. Selbstverständlich erledigte House es höflich, ohne eine Spur von Schärfe und mit etwa demselben Maß an Bedauern, das er ausdrücken würde, wenn er die Vertriebsabteilung der Washington Post anriefe, um sein Abonnement für die Urlaubszeit auszusetzen.

Es war der einundfünfzig Jahre alte Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Frank Tomguy, der ihm pro forma die Ego-Massage verpaßte, für die er eine entschuldigende, gar respektvolle Miene sowie einen seiner dreiteiligen 1100-Dollar-Anzüge trug. Tomguy ließ sich weitschweifig über gravierende Etatkürzungen aus und wandte sich dann der Qualität von Booth Stallings’ Arbeit zu, die, so schwor er, brillant gewesen sei. Keine Frage. Absolut, vollkommen brillant.

Nachdem Tomguys Massage vollendet war, sprach Douglas House von Geld. In Anbetracht der fristlosen Kündigung sollte er drei Monatsgehälter Abfindung erhalten, und die Stiftung wollte sechs Monate lang für Stallings’ Krankenversicherung aufkommen. Von einer Pension war nicht die Rede, da der Terrorismusexperte nur achtzehn Monate bei der Stiftung gewesen war, was immerhin drei Monate länger war, als er es je in einem anderen Job ausgehalten hatte.

Während die trockene Rede fortdauerte, verlor Stallings das Interesse und ließ, vermutlich zum letzten Mal, den Blick über die schwarze Nußbaumtäfelung der Bibliothek schweifen. Schließlich registrierte er die längliche Stille. Nun, da sie dich so nett abserviert und sich so artig entschuldigt haben, erwarten sie, daß du etwas Angemessenes sagst. Also sagte er das einzige, was ihm in den Sinn kam. »Ich habe hier mal gewohnt, wissen Sie.«

Es war nicht das, was Douglas House erwartet hatte, und er rutschte unruhig auf seinem ledernen Ohrensessel herum, als befürchte er, daß Stallings soeben zu einem sentimentalen, gar rührseligen Lebewohl angesetzt hatte. Aber Tomguy, der Vorsitzende, schien ihn besser zu kennen. Er lächelte und stellte die naheliegende Frage: »Was heißt hier, Booth?«

»Genau hier«, sagte Stallings mit einer knappen, aber umfassenden Geste. »Bevor die Stiftung diesen Bau hier – wann war das noch, zweiundsiebzig? – hochgezogen hat, stand hier eine große, alte vierstöckige Villa aus rotem Sandstein, die während des Krieges in Apartments unterteilt wurde.« Er blickte zu Douglas House. »Zweiter Weltkrieg.« House nickte.

»Im Februar einundsechzig habe ich die Wohnung im dritten Stock gemietet«, fuhr Stallings fort. »Teils, weil es von hier nur ein kurzer Fußweg zur Arbeit war, und teils wegen der Adresse – 1776 Massachusetts Avenue.« Seine Lippen verzogen sich leicht; es hätte die Andeutung eines Lächelns sein können, oder auch nicht. »Die Adresse eines Patrioten.«

Tomguy räusperte sich. »Dieser Fußweg führte damals zum Weißen Haus, nicht wahr, Booth? Und Sie waren aus Afrika zurück oder so ähnlich.«

»Ich war gerade aus Stanleyville zurück, und der Weg hat zum alten Executive Office Building geführt – das war damals nicht das Weiße Haus und ist es auch heute nicht.«

»Heiße Zeiten damals«, sagte Douglas House, offenbar nur, um irgend etwas zu sagen.

Stallings, der es dem Geschäftsführer nicht zum Vorwurf machte, daß er 1961 erst zehn Jahre alt gewesen war, musterte House flüchtig. »Antike Geschichte«, sagte er und wandte sich wieder an Tomguy. »Was passiert mit meinem Angola-Bericht?«

Tomguy hatte ein eckiges, zu aufrichtiges rosa Gesicht und nicht sehr viel graublondes Haar, dessen Spärlichkeit er klugerweise nicht zu verhehlen suchte. Hinter einer randlosen Bifokalbrille starrte ein Paar wäßriger, leicht vorquellender brauner Augen auf die Niedertracht dieser Welt, als löse diese bei ihm chronische Verwunderung aus. Dennoch war es ein vertrauenerweckendes Gesicht, das mit seinem markanten Kinn, dem energischen Mund und der aggressiven Römernase alles in allem eine beruhigende Wirkung hatte. Das perfekte Bankiersgesicht, dachte Stallings, wenn es nur fähig wäre zu heucheln, wozu es nicht imstande zu sein schien.

Die Frage nach dem Angola-Bericht veranlaßte Tomguy, sich Unterstützung heischend an den Geschäftsführer zu wenden. Mit einem leichten Lächeln, das alles mögliche bedeuten mochte, musterte Douglas House unverwandt Stallings, der sich auf die unvermeidlichen Ausflüchte gefaßt machte.

»Wir haben ihn ein paar Leuten in der Stadt vorgelegt«, sagte House noch immer lächelnd, die grauen Augen gleichmütig.

Stallings erwiderte das Lächeln. »So, haben Sie das? Welchen Leuten? Den Georgetown-Boys? Den Jungs im Building? Vielleicht ein paar Knaben aus Langley? Fanden ihn alle toll?«

»Sie waren alle der Auffassung, man sollte ihn ein bißchen umarbeiten.«

»Das heißt, sie haben nichts dagegen, daß ich Savimbi brillant nenne, aber es wäre ihnen lieber, wenn ich ihn nicht als

einen brillanten, hinterfotzigen, maoistischen Gauner bezeichnet hätte, was er, wie sie verdammt genau wissen, ist.«

Tomguy, der besonnene Mittler, gab beschwichtigende Laute von sich. »Er ist noch immer zur Veröffentlichung im Sommer vorgesehen, Booth. Als unser Hauptbeitrag.«

»Wenn auch umformuliert.«

»Bearbeitet«, sagte House.

Stallings zuckte mit den Schultern und erhob sich. »Dann lassen Sie meinen Namen weg.« Er widmete der hübschen Bibliothek einen weiteren Abschiedsblick. »Danke für den Drink.«

Tomguy erhob sich rasch mit ausgestreckter rechter Hand. Stallings schüttelte sie, ohne zu zögern. »Tut mir leid, daß es so gekommen ist, Booth.«

»Wirklich?« sagte Stallings. »Mir nicht.«

Er nickte dem immer noch sitzenden Douglas House zu, drehte sich um und schritt zur Tür – ein großer, schlaksiger Mann, dessen Gang einem geschmeidigen Gleiten ähnelte. Sein struppiger Schopf kurzen grauen Haars schmiegte sich wie eine alte Mütze um seinen Kopf. Darunter zeigte sich der Welt ein derart zerfurchtes und wettergegerbtes Gesicht, daß viele, unschlüssig, ob es häßlich oder gutaussehend war, zweimal hinschauten und sich dann für keins von beiden, sondern für ›eigenartig‹ entschieden.

Nachdem Booth Stallings gegangen war, sah Tomguy schweigend zu, wie House sich erhob, ans Telefon trat und auswendig eine Ortsnummer eintippte. Es klingelte nur einmal, dann wurde abgenommen. »Es ist erledigt«, sagte House ins Telefon. »Er ist gerade gegangen.« House hörte sich entweder eine Frage oder eine Bemerkung an, erwiderte: » In Ordnung«, legte auf und wandte sich Tomguy zu.

»Sie sind alle außerordentlich dankbar«, sagte House. »Ich zitiere hier.«

Tomguy nickte mit säuerlicher Miene. »Das sollten sie, verflucht noch mal, auch sein.«

Booth Stallings saß auf seiner Lieblingsbank an der Nordseite des Dupont Circle und trank in kleinen Schlucken vierzigprozentigen Smirnoff aus einer Viertelliterflasche, vorschriftsmäßig getarnt mit der braunen Papiertüte. Von der Nebenbank warf ihm eine hübsche junge Mutter einen weiteren besorgten Blick zu und verstaute schleunigst ihre achtzehn Monate alten Zwillingssöhne in dem aufwendigen, hochmodernen Sport-Kinderwagen, in dem sie, einander gegenübersitzend, nach Hause gekarrt werden würden.

Stallings versuchte es mit einem beruhigenden Lächeln, was offensichtlich ein Fehler war, da ihm die Mutter einen weiteren düsteren Blick zuwarf, dem Kinderwagen einen Schubs gab und davoneilte. Der in Fahrtrichtung sitzende Zwilling fing an zu plärren. Der in Gegenrichtung sitzende gluckste fröhlich und winkte Stallings, der ihm mit der Wodkaflasche zuprostete. Er genehmigte sich noch einen Schluck und steckte die Flasche in eine Tasche seiner acht Jahre alten Wildlederjacke, die er in Istanbul billig erstanden hatte.

Jetzt erst wurde sich Stallings des Wetters und der Tageszeit bewußt. Es war kühl geworden und dämmerte schon fast, was ihn vor das Problem stellte, wie er den Samstagabend verbringen sollte, der sich wie ein Stück Unendlichkeit vor ihm erstreckte.

Stallings’ Auswahl war begrenzt. Er konnte den Abend allein mit einem Buch oder einer Flasche in seiner Mietwohnung an der Connecticut Avenue, gegenüber dem Zoo, verbringen, oder er konnte uneingeladen, unerwartet und möglicherweise unerwünscht entweder bei seiner...


Ross Thomas, geboren 1926 in Oklahoma, war ein amerikanischer Autor. Er schrieb bereits als Jugendlicher Sportberichte für eine Lokalzeitung, kämpfte im Zweiten Weltkrieg als Infanterist auf den Philippinen und arbeitete danach als Reporter in Louisiana. In den fünfziger Jahren lebte er in Bonn und richtete dort das deutsche AFN-Büro ein, sowie in Frankfurt am Main. Er arbeitete als Public Relations- und Wahlkampfberater für Politiker wie beispielsweise Lyndon B. Johnson sowie als Journalist und Gewerkschaftssprecher in den USA und Nigeria.
Seine Karriere als Schriftsteller begann er erst mit vierzig Jahren mit dem Schreiben vor allem von Politthrillern, in denen er die Hintergründe des amerikanischen Politikbetriebs entlarvt und bloßstellt. Für seinen ersten Roman The Cold War Swap (Kälter als der kalte Krieg) erhielt er den Edgar Allan Poe Award. Ab 1982 verfaßte er auch Drehbücher für Fernsehserien wie Simon und Simon oder Die unglaublichen Geschichten von Roald Dahl. Ross Thomas starb am 18. Dezember 1995 in Santa Monica.



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